Der emeritierte Papst Benedikt XVI. und das Erzbistum

Kindheit im „Inn-Salzach-Dreieck“
„Es ist gar nicht so leicht zu sagen, wo ich eigentlich zu Hause bin. Mein Vater wurde als Gendarm wiederholt versetzt, so daß wir viel auf Wanderschaft waren, bis wir 1937, als er mit sechzig Jahren in Pension ging, das Haus in Hufschlag bei Traunstein beziehen konnten, das dann unsere eigentliche Heimat geworden ist. Aber auch alles Wandern vorher blieb in einem begrenzten Radius: im Inn-Salzach-Dreieck, dessen Landschaft und Geschichte meine Jugend geprägt hat", schreibt Joseph Ratzinger in seiner Autobiografie "Aus meinem Leben. Erinnerungen".

Geboren am 16. April 1927 in Marktl am Inn (Diözese Passau) zog Joseph Ratzinger mit seiner Familie 1929 nach Tittmoning, das, wie er selbst sagte, das „Traumland“ seiner Kindheit geblieben ist. Schon 1932 zog die Familie weiter nach Aschau am Inn. Hier ging Joseph Ratzinger in der Maria-Himmelfahrts-Kirche zur Ersten Heiligen Kommunion. 1937 erfolgte dann der Umzug in das eigene Haus in Hufschlag bei Traunstein. Von dort aus besuchte Ratzinger zunächst das humanistische Gymnasium in Traunstein, ehe er an Ostern 1939 in das Erzbischöfliche Studienseminar St. Michael in Traunstein eintrat.
Seminar und Priesterweihe
Nach Reichsarbeitsdienst, Kriegsdienst als Luftwaffenhelfer und Gefangenschaft trat Joseph Ratzinger an Weihnachten 1945 in das Priesterseminar der Erzdiözese auf dem Freisinger Domberg ein. Am 29. Juni 1951 wurde er mit seinem Bruder Georg und weiteren 43 Weihekandidaten durch Michael Kardinal Faulhaber im Freisinger Dom zum Priester geweiht. Seine Primiz feierte er zusammen mit seinem Bruder am 8. Juli 1951 wieder in Traunstein-St. Oswald.
Priester und Professor
Nach einer vierwöchigen Aushilfstätigkeit in München-Moosach kam er für ein Jahr als Kaplan in die Pfarrei Heilig-Blut in München-Bogenhausen. Von 1952 bis 1954, während der Vorbereitung seiner theologischen Promotion, war Joseph Ratzinger bereits Dozent im Erzbischöflichen Klerikalseminar Freising. Von 1954 bis 1957 vertrat er den Lehrstuhl für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Freising. In dieser Zeit wohnte er mit seinen hochbetagten Eltern im Lerchenfeldhof neben dem Dom. Nach Abschluss der Habilitation an der Universität München lehrte Joseph Ratzinger als außerordentlicher Professor weiterhin in Freising.
Nach dem Wechsel an die Universtät Bonn ging der junge Professor als theologischer Berater des Kölner Erzbischofs Joseph Kardinal Frings mit zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Es folgten Jahre als Hochschullehrer an den Universitäten in Münster, Tübingen und Regensburg.
Erzbischof von München und Freising
Am 25. März 1977 wurde Joseph Ratzinger von Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising ernannt. Damit war nach über 80 Jahren wieder ein gebürtiger Altbayer und Diözesanpriester zum Oberhirten des Münchener Metropolitansitzes berufen worden.

Seinen Wahlspruch „Cooperatores veritatis“ (Mitarbeiter der Wahrheit) wählte Erzbischof Ratzinger aus dem dritten Johannesbrief (3 Joh 8). Drei Motive nahm er in sein erzbischöfliches Wappen auf: die Muschel, das Zeichen für die Pilgerschaft, das Unterwegssein, und zugleich Erinnerung an den heiligen Augustinus; den gekrönten Mohren, seit dem Ende des 13. Jahrhunderts das Wappen der Freisinger Fürstbischöfe und seit 1821 der Erzbischöfe von München und Freising; den bepackten Bären als Erinnerung an den Bistumspatron, den heiligen Korbinian. Am 27. Juni 1977 wurde der neue Erzbischof von Papst Paul VI. zum Kardinal erhoben.

In seiner Amtszeit als Erzbischof spielte die Verkündigung für Joseph Ratzinger eine wichtige Rolle. Er nahm zu gesellschaftlichen Fragen und Problemen Stellung und äußerte sich zu seelsorglichen und kirchenpolitischen Themen. Großen Wert legte er auf die Bewahrung des christlichen Erbes Bayerns. Die Verwaltung des Erzbistums unterzog er einer einer umfassenden Reform. Ratzinger weihte sieben Kirchen und zwei Kapellen im Erzbistum. Ein herausragendes Ereignis während seiner Zeit als Erzbischof war der Besuch Papst Johannes Pauls II. im Erzbistum im November 1980.

Amtsgeschäfte und gottesdienstliche Verpflichtungen brachten den Erzbischof regelmäßig zu Besuchen nach Freising, wo er im Juni die Priesterweihe erteilte und im November das Korbiniansfest feierte. Auch in seiner Funktion als Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz, die regelmäßig in Freising tagte, hielt er sich oft in der ehemaligen Bischofsstadt auf. Auch trieb er die Erhebung des Freisinger Doms zur Konkathedrale des Erzbistums München und Freising voran, die 1983 vollzogen wurde.
Abschied vom Erzbistum
Am 25. November 1981 wurde Joseph Kardinal Ratzinger von Johannes Paul II. zum Präfekten der römischen Kongregation für die Glaubenslehre ernannt. Im Februar 1982 schrieb Kardinal Joseph Ratzinger zum Abschied an die Priester, Diakone und Mitarbeiter in der Seelsorge seines Erzbistums:

„Das Amt, das mir übertragen wurde, hat ja in Deutschland keinen guten Ruf. Das Stichwort ‚Inquisition‘ ist nahe bei der Hand; man spricht von Ketzerjäger. Und einige haben mir das Wort vom ‚Wachhund‘ unterschoben. Wenn ich meinen Auftrag recht verstehe, geht es einfach darum, dem Petrusamt zu dienen, das im Neuen Testament mit verschiedenen Stichworten, wie Binden und Lösen, Schlüsselgewalt, Weiden, umschrieben wird. Der Aspekt, indem ich mit meinem Teil Hilfe leisten soll, scheint mir am ehesten anzuklingen in dem lukanischen Herrenwort ‚Stärke deine Brüder‘ (Lk, 22,32). Dem Petrusnachfolger ist damit aufgetragen das Wort des Glaubens immer neu in diese Welt hineinzusprechen und den Maßstab des Evangeliums aufzurichten.“

1992 stieg Joseph Kardinal Ratzinger zum Kardinalbischof innerhalb des Kardinalskollegiums auf; 2002 zum Dekan des Kollegiums. Am 19. April 2005 wurde Joseph Kardinal Ratzinger in der Nachfolge des am 2. April des Jahres verstorbenen Papstes Johannes Paul II. zum Papst gewählt.
Ehrungen in Bayern
Joseph Ratzinger erhielt in Bayern zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen. Er wurde zum Ehrenbürger seiner Wohngemeinde Pentling bei Regensburg (1987), seines Geburtsorts Marktl (1997) und der Stadt Traunstein (2005) ernannt. 2006 folgten die Ehrenbürgerschaften von Regensburg, Tittmoning, Altötting und Aschau am Inn, seit 2010 ist er Ehrenbürger von Freising.

Benedikt XVI. ist Ehrendoktor der Theologischen Fakultät der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (1987). Er wurde ausgezeichnet mit dem Bayerischen Verdienstorden (1977), der Verfassungsmedaille des Bayerischen Landtags in Gold (1985), dem Karl-Valentin-Orden des Münchner Faschings (1989) und dem Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst (1996).
Besuch in der Heimat
Vom 9. bis zum 14. September 2006 besuchte Papst Benedikt XVI. seine bayerische Heimat und das Erzbistum München und Freising. Die Reise stand unter dem Motto „Wer glaubt ist nie allein“.
 
Die Bayern und ihr Papst. Mit Zeitzeugenberichten und einem Gespräch mit Autor Peter Seewald

Kirchweihen

Von Kardinal Ratzinger geweihte Kirchen im Erzbistum München und Freising

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