2021 wurde die Erzdiözese – so wie wir sie heute kennen – 200 Jahre alt. Der Bischofssitz und die Verwaltung wechselten 1821 von Freising nach München. Hier ein Blick auf die bewegte Geschichte des Erzbischöflichen Ordinariats München.
18 Jahre nach der Säkularisation und dem Tod des letzten Fürstbischofs von Freising wurde vollzogen, was der Papst und der bayerische König schon 1817 in einem Konkordat vereinbart hatten: Der Freisinger Bischofssitz wurde in die Hauptstadt München verlegt und dort zum erzbischöflichen Sitz erhoben. Der Diözesansprengel wurde um große Gebiete zwischen Inn und Salzach erweitert, die 1000 Jahre lang zum Erzbistum Salzburg gehört hatten. Am 5. November 1821 wurde Lothar Anselm von Gebsattel als erster Erzbischof von München und Freising in der Münchner Frauenkirche als der neuen Kathedrale ins Amt eingeführt. Seinen Dienstsitz erhielt er in einem ehemaligen Adelspalais nahe dem Dom.
Die Bistumsverwaltung hatte bis dahin immer noch in der ehemaligen fürstbischöflichen Residenz auf dem Freisinger Domberg gearbeitet. Nun musste sie natürlich in die neue Bischofsstadt umziehen. Der Staat überließ als erstes Dienstgebäude den ehemaligen Dekanatshof des Stifts Zu Unserer Lieben Frau. Dieser historische Gebäudekomplex direkt vor der Westfassade des Doms erwies sich aber von Anfang an als zu klein.
Die erste Unterkunft der Bistumsverwaltung in München: der ehemalige Dekanatshof des Stifts Zu Unserer Lieben Frau. Lavierte Federzeichnung um 1860.
Eine befriedigende Lösung brachte erst 1844 der Umzug in einen Trakt des ehemaligen Karmelitenklosters an der heutigen Pacellistraße, wo das Ordinariat mit seinen einzelnen Behörden (Allgemeiner Geistlicher Rat, Generalvikariat, Ehe- und Metropolitangericht, Kanzlei) bis zum Zweiten Weltkrieg bleiben sollte. Damals bestand das Ordinariat im Wesentlichen aus den zwölf Domkapitularen, sechs Domvikaren und etwas Kanzleipersonal. Die meisten Domherren erledigten ihre Schreibtischarbeit zu Hause; lediglich die Sitzungen fanden im Ordinariatsgebäude statt.
Die Bomben des Zweiten Weltkriegs legten 1944 das Ordinariatsgebäude in Schutt und Asche. Generalvikariat und Konsistorium wurden auf den Freisinger Domberg verlegt, die Finanzkammer auf die Wohnungen zweier Domkapitulare verteilt. Die Rückkehr ins weitgehend zerstörte München gestaltete sich 1945 als schwierig. Schließlich stellte der Staat als provisorische Unterkunft sein ehemaliges Außenministerium am Promenadeplatz (das „Montgelas-Palais“, inzwischen Teil des Hotels „Bayerischer Hof“) zur Verfügung.
Die Münchner Innenstadt um 1930; Luftaufnahme von Westen. Die hervorgehobenen Gebäudekomplexe von links nach rechts: Rochusstraße, Maxburgstraße, Kapellenstraße sowie oben der Dom.
Der seit 1952 amtierende Erzbischof Kardinal Wendel wollte nicht nur das ganze Ordinariat, sondern auch die Diözesan-Geschäftsstellen der verschiedensten kirchlichen Einrichtungen und Verbände in einem Neubau vereinigen. Das neue Ordinariatsgebäude an der Maxburgstraße wurde bewusst hell und modern gestaltet. 1956 konnten die 135 Zimmer bezogen werden. Die Kirchenzeitung fand besonders erwähnenswert, dass Laien, insbesondere Frauen, in großer Zahl das Haus bevölkern und „in allen Sparten der kirchlichen Verwaltung und der katholischen Organisationen bis in die Vorzimmer der H.H. Referenten sitzen“. Die Hoffnung allerdings, dass der Platzbedarf nun auf absehbare Zeit gedeckt sein würde, trog. Denn die Kirche baute in dieser Zeit ihre Aktivitäten und auch ihre Verwaltung rapide aus. So zogen 1979 das Generalvikariat und mehrere Referate in das alte Karmelitinnenkloster hinter der Dreifaltigkeitskirche, das die Erzdiözese von der Stadt München erworben und grundlegend saniert hatte. Die Verlegung weiterer Dienststellen an verschiedene Standorte der Innenstadt folgte.
Das jüngste Kapitel der Ordinariatsgeschichte begann 2006, als die Erzdiözese das große Gebäude der Landesbodenkreditanstalt an der Kapellenstraße, auf dem Areal des früheren Münchner Jesuitenkollegs, kaufte. Nach Umbauten wurde es 2016 als neues Hauptgebäude des Ordinariats eröffnet. Die Gebäude an der Maxburg- und Rochusstraße gehören aber weiterhin zum Ordinariatskomplex. Denn inzwischen zählen zum Ordinariat rund 800 Beschäftigte. Sie sind weit überwiegend Laien aus den verschiedensten Berufen, und Frauen findet man längst nicht mehr nur in den Vorzimmern, sondern auch in Leitungspositionen bis hin zur Amtschefin. Was die aktuellen Erfahrungen mit dem „Home-Office“ und die Entwicklung der kirchlichen Finanzen für die Arbeitsumstände im Jubiläumsjahr und danach bedeuten werden, bleibt abzuwarten.
Text: Dr. Roland Götz, Archiv und Bibliothek, Dez. 2020