3.2. Gott formt den Menschen aus Erde Text Genesis 2:
Einheitsübersetzung 2016 |
Lutherbibel 2017 Älter als das Schöpfungslied in Gen 1 ist der sog. „zweite Schöpfungsbericht“ in Gen 2. Der chaotische Urzustand wird anders beschrieben: als
Urwüste (statt Urmeer). Die Weltschöpfung vollzieht sich nach der Weise eines Gartenbaus (statt Raumarchitektur) – als Bewässerung einer Wüste – erzählt aus der Perspektive von Bauern.
Auch die Entstehungssituation von Gen 2 ist vom Exil in Babylon geprägt; doch ist eine ältere Grundschrift vorauszusetzen. Sie skizziert die gegenseitigen Beziehungen Gott-Mensch-Welt in Form einer lebendigen Geschichte, die nicht störungsfrei, sondern ambivalent abläuft.
Gott wird als Handwerker/Töpfer dargestellt, der den Menschen aus Lehm formt; darin spiegelt sich die Überzeugung, dass der Mensch nicht aus seinen erzeugten Gütern, sondern allein aus der Güte und Gabe Gottes lebt. Wir begegnen einem menschlichen Gott, gleich einem Vater/ einer Mutter, der für den Menschen sorgt (anders als in Gen 1, wo er eher wie ein erhabener und mächtiger König/Gott erscheint, der allein durch sein Wort schafft). Wie ein Töpfer formt er den Menschen aus dem Ackerboden zu einem Kunstwerk; es macht ihm nichts aus, sich dabei die Hände schmutzig zu machen; seine mütterliche Fürsorge für den Menschen ist das unvergleichbare Merkmal des Gottesbildes in Gen 2.
Der Mensch als Beziehungswesen wird geschildert mit den Charakteristika: „Erdwesen”/Erdling (hebr.: adama), „Lebewesen” mit Gottes Odem, sorgsam weltgestaltendes Wesen, partnerschaftlich-gemeinschaftliches Wesen, zur Gemeinschaft mit Gott fähig.
Um den Menschen herum ordnet Gott die Welt. Zwischen Gott und Mensch besteht die enge Beziehung von Schöpfer und Geschöpf – die
Urbeziehung des Menschen schlechthin. Ein Menschenbild, in dem Gott nicht vorkommt, ist unvollständig. Aber: Der Mensch ist nicht Gott, sondern nur Geschöpf!
Gott blies in seine Nase den Lebensatem (2,7b):
Lebensatem (hebr. Verständnis vs. griechische Vorstellung:
Seele)
–
der hebräische Mensch unterscheidet zwischen
Leichnam und
Lebendigem Wesen (nicht zw. Leib und Seele). Solange der Mensch atmet, lebt er; das ist an der Nase erkennbar, fühlbar.
Zugrunde liegt diese Vorstellung: Gott bläst das Leben in die Nase des Menschen; d.h. der Mensch verdankt seine Lebendigkeit Gott – vgl. auch Ps 104,29)
Der
Garten symbolisiert die Sorge Gottes um den Menschen als Nahrungsgrundlage, Lebensraum. Die Gaben der Natur (Baumkulturen waren für Israeliten besonders paradiesisch) sind Zeichen der wohlwollenden Fürsorge Gottes: „in Eden, im Osten” – als ideales Land örtlich und zeitlich nicht zu definieren: „in weiter Ferne” und „irgendwann einmal” …
Zwei Bäume spielen eine bedeutende Rolle, die jedoch botanisch nicht näher zu definieren sind: Baum des Lebens - Baum der Erkenntnis von Gut und Böse!
Ein
Strom, der sich in vier Flüsse teilt: eine Voraussetzung für große Fruchtbarkeit (Gihon und Pischon sind nicht sicher lokalisierbar); weist die Gihonquelle in Jerusalem vielleicht darauf hin, dass die Stadt in Verbindung mit dem Paradies steht? – Möglicherweise ist mit 2,10-14 auch eine antike Weltkarte beschrieben.
Das
Verbot (2,16f), vom Baum der Erkenntnis zu essen, weist auf eine Möglichkeit/Fähigkeit des Menschen hin, die er nicht gebrauchen soll; denn darin bestimmt er (autonom), was heilsam und schädlich, zuträglich oder abträglich für das menschliche Leben ist (z.B. heute:
Gen-Schere crispr, Abtreibung, pränatale Diagnostik, genmanipuliertes Saatgut …). Was für den Menschen und sein Leben förderlich oder schädlich ist, soll er sich allein von Gott sagen lassen (vgl. auch Gen 3).
Das besondere Wesen der Frau zeigt sich darin, dass sie „aus etwas vom Mann“ gebaut ist (21-23); d.h. sie ist eng mit dem Mann verbunden und wesensverwandt. Nur der Mensch ist dem Menschen ein entsprechendes, weil wesensgleiches Gegenüber – gleichwertig, aber verschiedenartig; dem Mann nicht untergeordnet, sondern „
beigesellt“ oder gegenübergestellt. Die tatsächliche Unterordnung der Frau unter den Mann ist nach Gen 3 Zeichen der gebrochenen, schulderfüllten Welt. Die vierte Grundbeziehung (Mann-Frau; Mensch-Mitmensch) ist wesentlicher als die Beziehung Mensch-Tier bzw. Mensch-Natur.
Die
Ehe (2,24) entspricht der uralten Erfahrung: Mann und Frau ziehen einander an
. Auffallend ist dabei: die Einheirat des Mannes in die Familie der Frau:
„sie werden ein Fleisch” – d.h. sie werden ein Herz und eine Seele; sie leben in der Ehe ihre Wesensverwandtschaft (das darf man nicht auf das körperliche Einswerden oder die Zeugung reduzieren). Sie waren
nackt, aber sie schämten sich nicht …: 2,25 – in diesem Bild begegnet uns ein ungebrochenes Verhältnis der Menschen zueinander, das Leben im Heil/Shalom.
Zum Weiterdenken- Ist der vielfache Versuch von Genmanipulation (im Dienst höherer landwirtschaftlicher Erträge oder zur Beseitigung von Erbkrankheiten) vom biblischen Auftrag zum Bebauen und Behüten gedeckt?
- Mann und Frau werden ein Fleisch … – gleichgeschlechtliche Partnerschaften und diverse Lebensformen haben davon ausgehend kein Bestandsrecht, oder?