Die Erzdiözese München und Freising hat im November und Dezember 2020 eine Befragung mit dem Ziel durchgeführt, die Erwartungen an kirchliche Angebote besser zu verstehen.
Die Erzdiözese München und Freising dankt allen, die teilgenommen haben, sehr herzlich!
Die Auswertung der Ergebnisse finden Sie hier -
auch zum Download.
Zweck und Bedeutung
Die Erzdiözese München und Freising hat im November und Dezember 2020 eine Befragung mit dem Ziel durchgeführt, die Erwartungen an kirchliche Angebote besser zu verstehen.
Die Ergebnisse der Befragung stellen eine Grundlage für die sechs Arbeitsgruppen dar, die sich im Gesamtstrategieprozess der Erzdiözese mit den unterschiedlichen kirchlichen Angeboten befassen. Sie sollen den Austausch durch Zahlen unterfüttern und der Diskussion Impulse geben. Die Ergebnisse sind nur einer von mehreren Impulsen für die Arbeitsgruppen und nicht allein ausschlaggebend für Entscheidungen. In den Arbeitsgruppen werden, auf diesen Impulsen aufbauend, strategische Ziele für die unterschiedlichen Angebote entwickelt, die anschließend zu einem strategischen Zielbild für das zukünftige Handeln der Erzdiözese zusammengeführt werden.
Resonanz
Mit fast 10.000 ausgefüllten Fragebögen erzielte die Befragung eine hohe Beteiligung. Auf Social Media erhielt die Befragung viel positives Feedback. Auch per E-Mail und Telefon erreichten die Erzdiözese zahlreiche Rückmeldungen.
Exemplarischer Kommentar eines Onlinenutzers
Beteiligte Institute und Berater
Bei der Erarbeitung der Inhalte, der Durchführung und der Auswertung der Befragung wurde die Erzdiözese durch das Marktforschungsinstitut SINUS und die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) unterstützt.
Kanäle
Mit 1.000 Teilnehmenden wurde eine repräsentative Befragung der Wohnbevölkerung im Gebiet der Erzdiözese München und Freising durch das Marktforschungsinstitut SINUS primär in Form von Telefoninterviews durchgeführt."
Parallel dazu haben 4.278 Gläubige und Interessierte den identischen Fragebogen online über die Webseite der Erzdiözese ausgefüllt. Um zusätzliche Rückmeldungen von Menschen ohne Internetzugang zu erhalten, wurde in einigen Pfarreien die Befragung auch in Papierform durchgeführt: 346 Gottesdienstbesucher und Gottesdienstbesucherinnen gaben ihre Meinung auf den entsprechenden Papierfragebögen ab. Die Ergebnisse der online durchgeführten und papiergebundenen Befragungen wurden zusammengeführt und spiegeln die Meinung der kirchennahen Zielgruppe wider, die das aktuelle Angebot tatsächlich nutzt oder ihm zumindest nahesteht.
3.954 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende nahmen getrennt davon an einer internen Befragung teil. Ihre Antworten lassen Schlussfolgerungen zu, wie realistisch die am Angebot Beteiligten die Angebote einschätzen.
Demographische Faktoren
An der repräsentativen Befragung nahmen 51% Frauen und 49% Männer teil. In der online und papiergebunden durchgeführten Befragung waren Frauen mit einer Teilnahmequote von 61% hingegen stärker vertreten. Da jedoch in den Antworten nur geringe Geschlechtereffekte auszumachen sind (d.h. Männer und Frauen zeigen tendenziell ein ähnliches Antwortverhalten), hat die vermehrte Teilnahme von Frauen keine Auswirkung auf die Interpretation der Ergebnisse. Ebenso waren die mittleren Altersgruppen (40 bis 59 Jahre) mit einem Anteil von 55% stärker vertreten als in der repräsentativen Befragung (35%). Erwartungsgemäß waren die SINUS-Milieus der Konservativ-Etablierten und Traditionellen in der Befragung der Gläubigen und Interessierten deutlich stärker vertreten (insgesamt ca. 55% gegenüber 28% in der repräsentativen Befragung).
SINUS-Milieus und Altersgruppen der online und papiergebunden durchgeführten Befragung
Der Kern der Befragung befasste sich mit dem Bedarf für kirchliche und gesellschaftliche Angebote und der Frage, inwieweit der Erzdiözese München und Freising die Kompetenz zugesprochen wird, diese Angebote darzustellen. Im Mittelpunkt standen dabei 24 Angebote, mit denen sich die Erzdiözese München und Freising an die Menschen wendet: Seelsorge, Bildung, Beratung, caritatives Handeln, gemeinschafts- und sinnstiftende sowie spirituelle und kulturelle Angebote und vieles mehr. Zu diesen Angeboten wurden die Teilnehmenden gefragt, wie wichtig sie für die Gesellschaft und für sie persönlich sind, ob sie sie nutzen oder Interesse daran haben und für wie kompetent sie die katholische Kirche als Anbieterin einstufen. Des Weiteren wurden die Nutzungsanlässe für kirchliche Räume sowie die Auswahlkriterien bei der Nutzung kirchlicher Angebote und Einrichtungen erhoben. Zuletzt wurden Fragen zur gesellschaftspolitischen Rolle der katholischen Kirche gestellt.
Relevanz der Angebote
Die Teilnehmenden wurden gefragt, welche Angebote sie für die Gesellschaft für wichtig hielten (Frage 1). Sie wurden zudem gefragt, ob diese Angebote auch für sie persönlich wichtig seien (Frage 2). Alle 24 genannten Angebote der Erzdiözese wurden von den Gläubigen und Interessierten als für die Gesellschaft „sehr wichtig“ und „eher wichtig“ eingeschätzt; bei den Teilnehmenden der repräsentativen Befragung waren es 83% der Angebote (20 von 24). Die Gesamtbevölkerung im Erzbistum München und Freising wie auch die Gläubigen und Interessierten halten gleichzeitig die Angebote für die Gesellschaft wichtiger als für sich persönlich (75% der Angebote sowohl in der Befragung der Gläubigen und Interessierten als auch in der repräsentativen Befragung; das entspricht 18 von 24 Angeboten).
Beide Gruppen werteten zwar die sozialen bzw. sozialkaritativen Leistungen sowie Gemeinschaftsangebote als die mithin wichtigsten. Die Teilnehmenden der repräsentativen Befragung haben die Angebote aber nicht durchgehend ähnlich bewertet wie die Gläubigen und Interessierten. Unterschiede zwischen den Antworten beider Gruppen liegen unter anderem erwartungsgemäß in der Zumessung der Relevanz von Gottesdiensten: Gottesdienste machen für Gläubige und Interessierte das wichtigste Angebot aus (bis zu 98% Zustimmung). Grundsätzlich wird in den Arbeitsgruppen des Gesamtstrategieprozesses diskutiert werden, wen die Erzdiözese mit ihren Angeboten erreichen möchte: Richtet sie den Blick vor allem auf die Mitglieder oder alle Menschen?
Rolle der Kirche als Anbieterin, Kompetenz und Auswahlgründe
Es wurde auch gefragt, wie wichtig es den Befragten ist, dass die Angebote durch die katholische Kirche und nicht durch einen Dritten zur Verfügung gestellt werden (Frage 3). Hier fielen die Unterschiede zwischen den Antworten der Bevölkerung und der Gläubigen und Interessierten deutlich aus. Der Gesamtbevölkerung ist die Rolle der katholischen Kirche als Anbieterin weniger wichtig (38% der Angebote, 9 von 24) als den Gläubigen und Interessierten (71% der Angebote, 17 von 24). Es ist also zu vermuten, dass die Gesamtbevölkerung auch Angebote anderer Institutionen und Dienstleister nutzen würde. An der Kompetenz (Frage 5) liegt das nicht; die Kirche wird als kompetent bewertet (79% der Angebote in der repräsentativen Befragung, 19 von 24; 88% in der Befragung der Gläubigen und Interessierten, 21 von 24). Bei genauerer Betrachtung der Auswahlgründe für ein katholisches Angebot (Frage 6) wird deutlich, dass Qualität auch für Gläubige und Interessierte das Hauptargument ist (für 99% der Befragten; Mehrfachangaben möglich), katholische Angebote auszuwählen. Abweichend von der repräsentativen Befragung spielen für die Gläubigen und Interessierten das christliche Menschenbild (90% der Befragten), soziales Engagement und ethische Grundsätze eine besondere Rolle. Logistische Faktoren (Erreichbarkeit, Verfügbarkeit) und der Preis sind, wenn auch etwas weniger, ebenfalls wichtig (für 80% bis 90% der Befragten). Angebote wahrzunehmen, weil es der Tradition entspricht, ist nur in der repräsentativen Befragung relevant (45% der Befragten).
Auswahlgründe für katholische Angebote, Mehrfachnennungen möglich
Nutzung und Interesse
Die Angebote werden im Durchschnitt von 31% der Gläubigen und Interessierten selbst genutzt; bei den Befragten in der Bevölkerung sind es – trotz der vorher bekundeten Relevanz – 15% (Frage 7). Die Häufigkeit der Nennungen der einzelnen Angebote unterscheidet sich dabei. Zudem haben die Gläubigen und Interessierten bei weiteren 41 % der Angebote angegeben, dass sie Interesse haben (27% in der repräsentativen Befragung). Alle Angebote stoßen zumindest auf starkes Interesse, auch wenn sie nicht genutzt werden.
Nutzung und Interesse – Durchschnitt der gegebenen Antworten über alle Angebote
Gesellschaftspolitische Rolle
76% der befragten Gläubigen und Interessierten (57% der Bevölkerung) gaben an, dass die Aussage, die katholische Kirche engagiere sich für soziale Gerechtigkeit, „ganz genau“ oder zumindest „eher“ zutreffe (Frage 8). Die Aussagen, die katholische Kirche gebe Antworten auf die wichtigsten Lebensfragen und trüge viel zur Bildungsgerechtigkeit bei, treffen jeweils auf die Zustimmung von etwa der Hälfte der befragten Gläubigen und Interessierten (24 bzw. 34% der Bevölkerung). 29% der befragten Gläubigen und Interessierten (24% der Bevölkerung) sagen, die katholische Kirche gebe Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit. Die Einschätzungen der Befragten sind relevant für die Diskussion zur gesellschaftspolitischen Rolle der katholischen Kirche im Gesamtstrategieprozess.
Nutzung und Interesse – Durchschnitt der gegebenen Antworten über alle Angebote
Nutzung der Kirchengebäude
Sehr wenige Gläubige und Interessierte (2%) bleiben der katholischen Kirche physisch fern und suchen keine kirchlichen Räume auf (Frage 9). In der Gesamtbevölkerung sucht erwartungsgemäß ein größerer Anteil der Befragten kirchliche Räume überhaupt nicht auf (35%). Ein Großteil der befragten Gläubigen und Interessierten sucht vor allem Sakralbauten auf (61-89% je nach Grund des Besuchs; bei der repräsentativen Befragung 26-39%). Für Seminare und soziale oder gesellschaftliche Interaktionen werden kirchliche Räume, hier verstärkt Zweckbauten wie Gemeindezentren (Pfarrheime), weniger oft aufgesucht. Zu beachten ist, dass nicht nach der Häufigkeit des Aufsuchens der Gebäude gefragt wurde.
Vollständigkeit des Angebotsportfolios
Das Angebotsportfolio, wie es der Fragebogen benennt, wurde als vollständig bewertet; laut den Teilnehmenden wurde kein Angebot, das ihnen wichtig wäre, in der Auflistung vergessen (Frage 4).
Hohe Übereinstimmung zur Befragung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden
Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Erzdiözese wurden in einer internen Befragung um ihre Einschätzung gebeten, wie die Antworten der Gläubigen und Interessierten wohl ausfallen würden. Dadurch sollte ermittelt werden, wie realistisch die Erzdiözese München und Freising ihre eigenen Angebote einschätzt. Ein Szenario hätte sein können, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Wirkung ihrer Angebote unterschätzt, dass also die Gläubigen und Interessierten wesentlich überzeugter vom Angebot sind als vermutet. Besonders wichtig war in diesem Zusammenhang auch die Entdeckung von „blinden Flecken“. Unter einem „blinden Fleck“ würde man unter anderem die Angebote verstehen, die die Zielgruppe sich wünscht, während die Erzdiözese München und Freising diesen Wunsch nicht erkannt hat und folglich kein Angebot zur Verfügung stellt.
In der Auswertung zeigt sich, dass die Antworten der Gläubigen und Interessierten nahe an den Einschätzungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen liegen. Es gibt kaum blinde Flecken. Ansatzweise werden die persönliche Relevanz und die Nutzung der Angebote durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen überschätzt.
Exemplarische Befragungsergebnisse Gläubige und Interessierte vs. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (hier: Frage 8, gewichtet)
Christoph Klingan, Generalvikar der Erzdiözese München und Freising, wertet die Ergebnisse der Befragung als Bestätigung und als Auftrag: „Die Menschen schätzen unsere Angebote und schreiben uns eine hohe Kompetenz bei ihrer Durchführung zu. Das zeigt, dass die Erzdiözese auf einem guten Fundament aufbauen kann.“ Gleichzeitig enthielten die Ergebnisse wichtige Impulse für den weiteren Gesamtstrategieprozess. „Wir werden diskutieren, wie wir am besten für die Menschen da sein können, auch unter sich verändernden Rahmenbedingungen“, sagt Klingan: „Dazu gehört auch die Frage: Wen möchten wir erreichen? Richten wir den Blick vor allem auf unsere Mitglieder oder alle Menschen?“ Auch die Tatsache, dass nur eine Minderheit die Kirche als wichtigen Akteur zu „drängenden Fragen unserer Zeit“ sieht und nur etwa die Hälfte der Befragten von ihr Antworten auf wichtige Lebensfragen erwartet, solle ein Denkanstoß sein: „Es gilt zu überlegen, wie wir die Botschaft des Evangeliums so bezeugen können, dass sie in unserer Gesellschaft wahrgenommen wird und die Menschen sich davon angesprochen fühlen, auch ganz persönlich, in ihrer individuellen Lebenssituation.“
Die Ergebnisse der Befragung stellen eine von mehreren Grundlagen für die sechs Arbeitsgruppen dar, die sich im Gesamtstrategieprozess der Erzdiözese mit den kirchlichen Angeboten befassen. Sie sollen den Austausch durch Zahlen unterfüttern und der Diskussion Impulse geben. In den Arbeitsgruppen wird diskutiert werden, in welchen Bereichen die Erzdiözese künftig Schwerpunkte in ihrem Handeln setzt und wie es gelingen kann, sich angesichts der aktuellen Herausforderungen gut aufzustellen und wirkungsvoll zu agieren. Am Ende soll ein gemeinsames strategisches Zielbild für das zukünftige Handeln der Erzdiözese stehen.