Maria Anna Lindmayr als Terziarin des Karmelitenordens in einem Ölgemälde von 1704
Maria Anna Lindmayr, eine Zeitgenossin von Herzogin Mauritia Febronia, aber anders als diese von keinerlei adligen Abstammung, ist untrennbar mit dem ganzen Komplex an der Maxburgstraße verbunden. Die Bürgertochter, die von 1657 bis 1726 lebte, wohnte gegenüber der heutigen Dreifaltigkeitskirche; ihr Vater war Kammerdiener beim Herzogspaar. Wie dieses war auch die Familie Lindmayr sehr fromm. Aus der kinderreichen Schar wurde eine Reihe von Söhnen Geistliche und mehrere Töchter traten ins Kloster ein. Auch Maria Anna wollte ins Kloster, wurde wegen ihres schwankenden Gesundheitszustandes und der fehlenden Mitgift aber nirgends aufgenommen. So musste Maria Anna im Haushalt ihrer Eltern verbleiben und dort helfen.
Von ihrer Jugend an besaß Maria Anna eine besondere Verbindung ins Jenseits und sah sich als Überträgerin himmlischer Botschaften: Ihr erschienen die Heiligen, die mit ihr sprachen, und sie hatte Kontakt zu den armen Seelen im Fegefeuer. Sie sah ihre Aufgabe darin, durch fromme Akte zu deren baldigen Erlösung beizutragen. Zunächst war sie in geistlicher Betreuung bei den Jesuiten von St. Michael und dann bei den Karmeliten direkt nebenan. Dort wurde sie Terzianin, also Laienmitglied, des Karmelitenordens.
Im Spanischen Erbfolgekrieg zwischen 1701 und 1714 spielt diese junge Frau mit der besonderen Gabe dann eine Rolle. Der Kaiser in Wien und der französische König streiten um das Erbe des spanischen Königs. Kurfürst Max Emmanuel schlägt sich entgegen seiner Pflicht, als Reichsfürst den Kaiser zu unterstützen, auf die Seite Frankreichs - und damit auf die Verliererseite. Österreich verbündet sich mit England und besiegt die bayerisch-französischen Truppen in mehreren Schlachten. Die Armee rückt auf München zu, wo die Angst umgeht, dass die Stadt wie schon andere in Flammen aufgehen wird.
In dieser Situation legt Maria Anna ein Gelübde ab, dass wenn München von der Zerstörung bewahrt bleibt, die Bewohner:innen eine Dankeskirche zu Ehren der Dreifaltigkeit errichten werden. Dieses spricht sich in München herum, mit der Folge, dass sowohl die Bürgerschaft im Rathaus als auch die Geistlichkeit in der Frauenkirche ebenfalls dieses Gelübde ablegen. Als München zwar besetzt, aber nicht zerstört wird, geht die Stadt den Bau der Dreifaltigkeitskirche an. Die Karmeliten und Maria Anna Lindmayr regen an, mit diesem Bau auch die Errichtung eines Karmelitinnen-Klosters zu verbinden. Dazu sollten unter anderem zwei Häuser, die Maria Anna bereits aufgrund der Stiftungen frommer Frauen gehören, und das Kapital der verstorbenen Herzogin Mauritia Febronia eingesetzt werden.
Mit der
„Sammlung Lindmayr“ macht das Archiv des Erzbistums München und Freising einen der umfangreichsten Bestände weiblicher „Ego-Dokumente“ aus der Barockzeit in Bayern online zugänglich und eröffnet so neue Forschungsmöglichkeiten.