„Wer tut, was ihm Freude bereitet, darf sich berufen fühlen“ Zum Weltgebetstag um geistliche Berufungen

Am Weltgebetstag um geistliche Berufungen beten wir für diejenigen, die ihr Leben dem Dienst Gottes widmen und dafür einstehen, dass die christliche Heilsbotschaft auch im 21. Jahrhundert ihren Weg zu den Menschen findet. Doch wer sind diese geistlich Berufenen, diese „Arbeiterinnen und Arbeiter im Weinberg des Herrn“? Wie zeigt sich eine solche Berufung? Welche Voraussetzungen sollten sie mitbringen? Wir haben mit Pater Felix, dem Fachreferenten für Berufungspastoral im Erzbistum München und Freising, darüber gesprochen und auch einiges über seine persönliche Berufung erfahren.   
Weg zu einem Strand
Foto: unsplash / Alice Donovan Rouse
Seit 2002 gehört der 37-jährige Pater Felix Meckl dem Augustinerorden an. Er lebt im Kloster Maria Eich nahe Planegg im Würmtal, wo er neben seiner Tätigkeit im Ordinariat als Wallfahrtsseelsorger arbeitet. Wobei „arbeiten“ für ihn nicht der richtige Ausdruck zu sein scheint: Pater Felix gehört vielmehr zu den nicht wenigen Menschen, die sich „von Gott in den Dienst haben rufen lassen, um die Botschaft Jesu zu verbreiten und dadurch Sinn und Heil zu vermitteln“, wie es in einer Pressemitteilung zur 24-Stunden-Gebetsaktion „Werft die Netze aus“ zum Weltgebetstag 2020 am 3. Mai heißt.

In der Berufungspastoral des Erzbischöflichen Ordinariats kommt ihm unter anderem die Aufgabe zu, bei der Entdeckung der Berufung zu einem Lebensweg als Priester oder im geweihten Leben zu helfen und die Gläubigen zu einem ehrenamtlichen Dienst in der Kirche zu motivieren. Dort finden Frauen und Männer Informationen und Beratung zur ganzen Vielfalt der kirchlichen Dienste in Seelsorge, Bildung / Beratung / Begleitung und Verwaltung. Die Grundlage für die Beratungen ist das Papier der Deutschen Bischofskonferenz, „Gemeinsam Kirche sein“, mit seinem weiten Berufungsbegriff.

Während Berufung im Neuen Testament nur im rein juristischen Sinne genutzt wurde (im Sinne von „Berufung beim Kaiser einlegen“) und auch die Kirche traditionell eine eher enge Auslegung pflegte, im Sinne von „berufen zum Priester und Ordenspriestertum“, gehören für Pater Felix drei Aspekte dazu. Das sind: die Berufung zum Menschsein, im Sinne von erwachsen zu werden, das Leben aktiv zu gestalten und die Endlichkeit in den Blick zu nehmen; zum Christsein, das mit der Taufe beginnt und viele Rechte und Pflichten umfasst. „Die Taufe kann uns keiner mehr nehmen. Sie macht uns vor Gott alle gleich, mit ihr übernehmen wir Verantwortung, in seinem Sinne zu leben und zu handeln“, sagt Pater Felix, der es für einen Meilenstein hält, dass die Taufberatung in dieser Form Eingang in das Papier der Deutschen Bischofskonferenz gefunden hat. Als dritten Aspekt nennt er, sein Christsein entsprechend zu leben und damit sich und die Botschaft Jesu zu verwirklichen. Eine eigentliche Berufung sieht er darin, diese drei Aspekte anzunehmen, zu verwirklichen und stets weiterzuentwickeln.  

„Wer etwas tut, was ihm Freude bereitet, darf sich berufen fühlen“

Gott habe zu allen Zeiten Menschen in unterschiedliche Aufgaben berufen, sagt er. Eine solche Berufung sei immer dann ein Glücksfall, wenn sie als eine besondere Gabe angenommen und wahrgenommen werde. „Wenn andere bestätigen können, dass jemand seiner Berufung folgt, heißt das, dass Gott in ihm wirkt. Das gilt nicht nur für die Kirchenämter, sondern auch vom Manager bis zum Autoverkäufer, vom Fußballprofi bis zum Krankenpfleger. Wer etwas tut, was ihm Freude bereitet und ihn glücklich macht, darf sich berufen fühlen“, sagt Pater Felix und betont, dass er sich immer freue, solchen Menschen zu begegnen. Zugleich kenne er aber auch viele, die ihre Berufung noch nicht erkannt haben oder sie nicht leben können. „Manche verzweifeln darüber, andere wiederum wollen es ändern und in ihrem Leben etwas anderes machen.“

Dabei gebe es vor allem ein Problem: „Die meisten Menschen wollen alles haben – ein glückliches Leben, Geld, viel Freizeit, einen erfüllenden Beruf, wenig Stress. Aber das geht nicht! Oft muss man aus der Vielfalt an Möglichkeiten auswählen und eine Entscheidung treffen, sich im wahrsten Sinne des Wortes ent-scheiden.“ Dann stelle sich vielen die Frage: Trauere ich dem hinterher, was ich ausgeschlossen habe? Oder nutze ich das, was mir geblieben ist, als Chance und versuche, das Beste daraus zu machen – was immer das am Ende heißen mag. "Die Berufung setzt immer auch einen inneren Entwicklungsprozess in Gang!“  

Er selbst hat im Laufe seines Lebens seine unterschiedlichen Berufungen erkannt und angenommen. Es gab kein „Aha-Erlebnis“, wie er sagt, kein Blitz am Himmel, der ihn auf den richtigen Weg gebracht habe, sondern wie bei vielen anderen auch ein eher langsames Hineinwachsen. Als Schüler am Augustiner-Internat in Weiden fragte er mit 18 Jahren den Ausbildungsleiter des Ordens, was es braucht und bedeutet, um ein Leben im Kloster zu führen. Er müsse es für sich selbst ausprobieren, bekam er als Antwort zu hören – was er dann auch tat. Nach dem Abitur absolvierte er das Noviziat, die Ausbildung zur Aufnahme in eine Ordensgemeinschaft, studierte anschließend in Würzburg und Rom Theologie und wurde nach einer weiteren zweijährigen Berufsausbildung 2010 zum Priester geweiht. Im Jahre 2007 trat er auf Lebenszeit in den Augustinerorden ein.
Landstraße im Sonnenuntergang
Foto: unsplash / Karsten Würth

Die Corona-Krise als Chance für die Berufung

Das Bemerkenswerte an Pater Felix ist bis heute, dass er seine Berufung auf unterschiedliche Weise spürt und ihr auf mehreren Wegen nachgeht. In der Berufungspastoral führt er viele Gespräche mit Menschen, die sich verändern wollen und darüber nachdenken, ihr Leben noch stärker als bisher in den Dienst der Kirche zu stellen. Dabei begegnet er immer mehr Menschen, die sich dieser Frage stellen und sich an ihn wenden. In der Corona-Krise sieht er sogar eine Chance für die Berufung der Menschen, weil sich bei vielen etwas verändern wird und nicht Wenige gezwungen sein werden, neu über ihr Leben und ihre Berufung nachzudenken. Hier will er Mut machen und eher die Chancen als den Verlust aufzeigen.

Auch als Wallfahrtsseelsorger in Maria Eich kommt er mit vielen Menschen in Kontakt, und da er in Zeiten wie diesen keine öffentlichen Gottesdienste feiern darf, kann das auch die Begegnung am Kerzentisch der Wallfahrtskirche sein, wo er mit den unterschiedlichsten Menschen gute Gespräche führen kann. „In Ausnahmezeiten kann Gott anders präsent sein, als wir es gewohnt sind.“

Kompetenzen für die geistliche Berufung

Was die Voraussetzungen für die geistliche Berufung betrifft, nennt er weiter bestimmte Kompetenzen, die man brauche, um diesen Weg bis ans Ende gehen zu können. Wenn sie vorhanden und mit den offiziellen Anforderungen deckungsgleich sind, kann man sich in seiner Berufung bestätigt fühlen. Er zählt dazu den Umgang mit Menschen, der einem liegen müsse, und die Fähigkeit, Stille auszuhalten. In seinem speziellen Fall als Ordensbruder komme hinzu, dass man die soziale Kompetenz dafür haben muss, in einer Gemeinschaft zu leben, die ihren Besitz im Sinne einer Gütergemeinschaft teilt und in der sich jeder nur das nimmt, was er notwendig zum Leben braucht. Gehorsam und Ehelosigkeit sind weitere Marksteine auf dem Weg zur Berufung als Ordensmann.  

Wie die Entscheidung am Ende auch immer ausfallen wird: Pater Felix ist fest davon überzeugt, dass sich jede und jeder der eigenen Berufung stellen muss – sonst hole sie einen eines Tages ein. „Fatal wäre nur, überhaupt keine Entscheidung zu treffen.“ In diesem Fall würden alle darunter leiden: der Betroffene selbst, aber auch die Familie, Freunde und Angehörige.

Diejenigen, die sich gern in den Dienst der Kirche und ihrer Werte stellen möchten, aber beispielsweise vor dem Zölibat zurückschrecken, finden in der Kirche auch andere Berufe, um ihre Berufung zu leben. Sie können beispielsweise als PastoralreferentIn in der Seelsorge mitarbeiten. Auf Familie müssen sie nicht verzichten. „Das ist ein großartiger kirchlicher Beruf, der sich nicht so stark auf die Lebensform auswirkt“, sagt Pater Felix.  

Die Kirche als Dienstleisterin an den Menschen

Darüber hinaus bietet die Kirche mehr Quereinstiegsoptionen, als viele denken. Sie versteht sich auch als Dienstleisterin am Menschen, als Sinnstifterin und wichtige Orientierungshilfe bei Entscheidungen. In der Berufungspastoral ist Pater Felix gerade dabei, für das Erzbistum ein Netzwerk an Berufungs-Coaches aufzubauen, die Menschen stärker als bisher unterstützen sollen, ihrer Berufung nachzugehen. Auch hier kennt sich Pater Felix aus: Schließlich hat er eine Ausbildung zum systemischen Berufungs-Coach absolviert. „Die Nachfrage dürfte groß sein“, sagt er. Im Herbst 2020 soll das Ganze an den Start gehen.

Text: Christian Horwedel

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