Bereits am 12. September 1944 hatte die US-Armee die deutsche Grenze bei Aachen überschritten und dieses als erste deutsche Großstadt am 21. Oktober erobert. Doch sollte noch ein halbes Jahr schwerer Kämpfe bis zur Kapitulation am 7. und 8. Mai 1945 vergehen. In Bayern marschierten die Amerikaner im April 1945 ein und besetzten unter anderem am 11. April Würzburg, am 20. April Nürnberg, am 30. April München, am 1. Mai Landshut, am 2. Mai Rosenheim und am 4. Mai Bad Reichenhall. In einer fortlaufenden Reihe veröffentlichen wir Tag für Tag Auszüge aus den Kriegs- und Einmarschberichten der Pfarrer aus dem Jahr 1945 - ein eindrückliches Zeitdokument.
Blick vom Nordturm des Münchner Doms über den zerstörten Chor nach Osten zum heutigen Marienhof (Aufnahme von Josef Ebner)
März 1945:
Pfarrei Riedering; Berichterstatter: Pfarrer Peter Huber
"Am 31. März 1945, zwischen 11 und 12 Uhr, warf ein feindlicher Flieger bei Petzgersdorf seine gefährliche Last ab. Gleich unterhalb und östlich der Kapelle gähnten die 10 Trichter in den Feldern. Die Kapelle blieb seltsamerweise stehen. Die Fenster freilich waren zu Verlust gegangen; die kleinen Heiligenstatuen aber im Innern des Kirchleins wurden nicht einmal von ihren Postamenten gerückt."
März 1945:
Pfarrei Petershausen; Berichterstatter: Pfarrer Rudolf Filchner
"Der Religionsunterricht hat durch die vielen Alarme natürlich gelitten, die Erziehungsarbeit war aus den bekannten Gründen erschwert, manche Kinder wurden zu schwerster Feldarbeit herangezogen, die Männer in der Heimat waren zu wenig. Die Gottesdienste konnten regelmäßig abgehalten werden. Über 300 Evakuierte aus München und Schlesien waren in der Pfarrei untergebracht. Nur ein kleiner Teil derselben hat sich am religiösen Leben der Pfarrgemeinde beteiligt. Die Partei hat dem Ortspfarrer weder amtlich noch privat Schwierigkeiten gemacht. Die feindlichen Flieger waren fast täglich in unserer Gegend zu sehen. Am 13. März 1945 beschädigten sie das Bahngeleise in und um Petershausen, später den Bahnhof und die Bahnmeisterei, ferner einige Häuser leicht, dazu die Kistenfabrik."
März 1945:
Pfarrei Flintsbach; Berichterstatter: Pfarrer Alois Rieder
"Noch ein Wort über den Schulbetrieb. War dieser schon den Winter hindurch infolge des häufigen Fliegeralarms vielfachen Unterbrechungen und Kürzungen ausgesetzt gewesen, so wurde in den Monaten März und April die Unordnung besonders groß. Wir sahen bei klarem Wetter die Massen der feindlichen Flieger, hörten sie auch bei Nebel und bei bewölktem Himmel, wenn sie über die Berge her den Inn entlang einflogen und wußten aus Erfahrung, welche verderbengefüllten Maschinen über uns schwebten. Noch mehr wurde der Unterrichtsbetrieb schlimm beeinflußt durch die Beschlagnahme der Schulsäle für die Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten.
Seit Mitte Oktober waren Ungarn im Schulsaal Fischbach einquartiert; der Unterricht wurde als Abteilungsunterricht bis Weihnachten in Flintsbach erteilt, dann in der Gaststube des Wirtes zu Einöden, weil dieses Lokal für die Schulpflichtigen zentraler gelegen war. In Flintsbach wurden die Schulsäle Ende März für Flüchtlinge aus Schlesien beschlagnahmt. Der Unterricht für die drei Schulabteilungen wurde in den Profanfächern erteilt beim Wirt in Oberflintsbach, in der Stube des Bauern in Unterflintsbach und auf dem Speicher des Schulhauses; den Religionsunterricht habe ich in der Pfarrkirche erteilt, ebenso den Religionsunterricht für die Klassen der hier untergebrachten Kinderlandverschickungslager."
März 1945:
Pfarrei Mühldorf-St. Nikolaus; Berichterstatter: Stadtpfarrer Johann Sterr
"Mühldorf ist die Stadt, die von den Provinzstädten der Erzdiözese München-Freising von den Schrecken des Krieges am schwersten betroffen wurde. Neben den allgemeinen Kriegsschäden wurde Mühldorf vor allem von zwei schweren Fliegerangriffen heimgesucht: am 19. März 1945 und am 20. April 1945. Besonders schwer war der 1. Angriff am 19. März 1945; ein Großangriff, der über 2 Stunden gedauert hat und der das zur Expositur St. Peter und Paul gehörige Bahnhofsviertel getroffen und größtenteils vernichtet hat. An Todesopfern hat die Stadt bei diesem Angriff 125 Personen zu beklagen. Kirchengebäude wurden nicht getroffen, wohl aber erhielt der Pfarrhof einen Volltreffer, der sowohl am Pfarrhofgebäude wie an der Einrichtung einen beträchtlichen Schaden angerichtet hat. Den Hauptschaden an der Einrichtung stellt der Paramentenschrank mit den darin geborgenen wertvollen Paramenten dar. Auch das Franziskanerkloster, damals als Wirtschaftsamt verwendet, erhielt einen Treffer, der aber nur eine kleine Ecke weggerissen hat. Einen Volltreffer erhielt auch das neue Schulhaus; es wurde sehr stark beschädigt, läßt sich aber wieder herstellen."
März 1945:
Pfarrei Mößling; Berichterstatter: Pfarrer Andreas Scharl
"Bei den Fliegerangriffen durch Bomber und bei den in der letzten Zeit des Krieges häufigen Tieffliegerangriffen wurden Personen weder verletzt noch getötet. Die kirchlichen Gebäude, Kirche und Pfarrhaus haben die Kriegszeit ohne Schaden überstanden. Beim Angriff auf den Bahnhof Mühldorf am 19. März 1945 wurden die Fenster der Pfarrkirche auf der Südseite durch den Luftdruck teilweise zerbrochen. Viele Bomben explodierten rundum auf den Feldern und Wiesen, in einem Fall auch ganz nahe an einem Hause, wodurch Dachschaden entstand. Das Schulhaus ist gleichfalls unversehrt."
März 1945:
Pfarrei Erharting; Berichterstatter: Pfarrer Heinrich Wandler
"Gegen Ende des Krieges machte sich der „Totale Krieg“ immer stärker fühlbar. Zwar glaubte schon fast kein Parteimensch mehr an den Sieg, doch durfte man erst recht kein offenes Wort mehr wagen. Die Anforderungen an Ablieferung und Zahlungen wurden immer lästiger. Seit Februar 1944 wurde die Gegend auch in den Bereich des Krieges gerückt, immer öfter erfolgten Angriffe der Jagdbomber. Der schwere Luftangriff auf Mühldorf am 19. März 1945 setzte auch unsere Gemeinde in Angst und Schrecken, der zweite Angriff schien noch bedrohlicher, da die Rauchbomben durch den Wind weit nach Osten getrieben wurden, jedoch blieb die Pfarrgemeinde verschont. Seit Mitte März war jedoch die Bahnlinie Mühldorf-Neumarkt tägliches Ziel der Tiefflieger. Die Ortschaft Rohrbach mit der Station hatte viel Angst auszustehen. Züge wurden täglich getroffen und außer Betrieb gesetzt. Auch kleinere Häuser- und Dachschäden waren unvermeidlich. Ein feindlicher Flieger stürzte am 16. März vor dem Bahnhof Rohrbach brennend ab und wurde auf dem hiesigen Friedhof beerdigt. Kirchliche Beerdigung war ausdrücklich verboten worden, doch wurde die Leiche am Abend durch den Pfarrer eingesegnet. (Im Juli 1945 wurde der Sarg des Gefallenen von den Amerikanern nach Ulm überführt.)"
März 1945:
Pfarrei Altmühldorf; Berichterstatter: Pfarrer Otto Gastager
"Während die Bevölkerung die ständig häufiger und ernster werdenden Fliegeralarme sehr leicht hinnahm und die oft zu Hunderten über die Ortschaft hinsurrenden feindlichen Flugzeuge neugierig von der Straße aus betrachtete, wurde es am letzten Josefitage, 19. März 1945, furchtbarer Ernst. Mittags 12 Uhr begann ein sehr schwerer Luftangriff amerikanischer Flugzeuge auf Mühldorf, 2 1/2 Stunden dauernd, durch den die Stadt Mühldorf überaus schwer bombardiert, insbesondere der Bahnhof total zerstört wurde. Dadurch kam auch der an die Stadt und das Bahnhofsviertel angrenzende Teil von Altmühldorf zu Schaden: Es waren 9 Tote in der Pfarrei zu beklagen; 5 Häuser aus der Pfarrei wurden gänzlich, andere mehr oder minder schwer beschädigt, Felder wurden verwüstet. In der Pfarrkirche Altmühldorf wurde ein Fenster im Presbyterium schwer, die beiden anderen Fenster der Nordseite leichter beschädigt. Im Pfarrhofe Altmühldorf wurden 9 Fensterscheiben zerschlagen und Mauerschäden verursacht."
Februar 1945:
Pfarrei Priel; Berichterstatter: Pfarrer Georg Bachmaier
"Am 27. Februar 1945 erlebte die Pfarrgemeinde Priel das traurigste Kriegsgeschehen: nachmittags halb 2 Uhr überflogen Wellen von feindlichen Fliegern unsere Gegend. Ob Notabwurf oder Absicht? ist ungeklärt! Das Filialdorf Enghausen bekam 5 Bomben – (1 Splitterbombe und 4 schwere Bomben) – und 3 große Bauernanwesen wurden schwer verwüstet. Es kam kein Haus ohne Schaden davon. Das Dorf besteht aus 9 Höfen. Auch die Filialkirche hatte im Verhältnis gesehen kleinere Schäden: die Fenster besonders im Chor zersplittert, Risse im Gewölbe, die Dachplatten waren nur im geringen Ausmaße abgeworfen, jedoch lagen sie in Wellen durch- und übereinander auf den Dachlatten. Bis auf die Verglasung sind alle Schäden sachgemäß behoben unter Aufsicht des Landbauamtes Freising.
Schlimmer als all dies aber war das Unglück für die betroffenen Familien in persönlicher Hinsicht: Die Bäuerin Frau Anna Winbürger starb nach 25 Minuten an den Folgen innerer Verblutung; 6 Personen waren schwer verletzt, 3 Personen leichter verletzt. Inzwischen sind die Verletzten alle wieder genesen. Jegliche Hilfe war allseits schnellstens zur Stelle. Dank der Geistesgegenwart eines jungen Burschen von Oberpriel wurde sofort der Priester und Arzt gerufen; so konnte der Pfarrer die Frau Winbürger noch bei ihrem Bewußtsein auf den Tod vorbereiten und auch die schwer Verwundeten vor dem Abtransport an Ort und Stelle versehen.
Die Pfarrgemeinde und die politische Gemeinde halfen dann die kommenden Wochen mit Hand- und Spanndiensten den unglücklichen Familien, um die einstweilen zu behebenden Schäden nach Möglichkeit auszugleichen. Der Landrat Freising hat das Hilfswerk gefördert und viel ist in den letzten Monaten wieder instandgesetzt worden."
Februar 1945:
Pfarrei Finsing; Berichterstatter: Pfarrer Josef Forster
"Luftangriff am 25. Februar 1945 in Neu-Finsing auf die Flakstellung. Das Dienstwohngebäude der Kraftwerks-Ingenieure und das gegenüberliegende Gasthaus wurden zerstört, das Kraftwerk und ein Ökonomiegebäude beschädigt. Die in der Mitte liegende Kapelle erlitt nur leichte Beschädigungen. 1 Mann tot, 2 schwer, einige leicht verletzt. Sonst kamen während des Krieges keine schweren Fliegerangriffe in der Pfarrei vor. Bei gelegentlichen Tieffliegerangriffen im letzten Kriegsjahr entstanden keine Personen- oder Sachschäden."
Das zerstörte Verkehrsministerium in der Arnulfstraße in München am 4. Juli 1945; heute stehen nur noch der Südflügel und ein Tel des Westflügels, die Kuppel, ein Wahrzeichen der Stadt, wurde bereits 1959 abgetragen
Februar 1945:
Expositur Eichenried (Pfarrei Moosinning); Berichterstatter: Expositus Kooperator Josef Forster
"Bei einem Bombenangriff in der Nähe des Großsenders München erlitt das Haus Finsingermoos Nr. 197 durch Abwurf von ca. 16 Sprengbomben größere Luftdruckschäden, ebenso am 23. Februar 1945 das Haus Eichenloh Nr. 122. In den letzten Kampfeswochen wurden mehrmals im Zengermoos Fuhrwerke von Tieffliegern angegriffen, am 23. Februar 1945 ein Leichenwagen zwischen Moosinning und Eichenried. Personenschaden und größerer Sachschaden ist nicht entstanden. Durch auftretenden Luftdruck bei Bombenangriffen auf München wurde an der Kirche in Eichenried öfters der Verputz der Decke und Wände gelockert und erhielt Risse und Sprünge."
Februar 1945:
Pfarrei Obertaufkirchen; Berichterstatter: Pfarrer Jakob Engl
"Gebäude getroffen wurden am 27. Februar 1945 nach Mittag. Es fielen zwei Bomben hintereinander. Die eine schlug ein dicht am Stadel des Bauern in Stierberg. Der Stadel fiel zusammen. Das Dach wurde abgedeckt. Auch die Schäden bei den nächsten Nachbarn in Stierberg waren nicht unerheblich. Die andere Bombe fiel in der Nachbarschaft vor einem Wohnhaus in Öd in den Brunnenschacht. Hauptschäden wurden angerichtet durch Betonklötze der Brunnenanlage, die haushoch geschleudert wurden, das Dach des Wohnhauses durchschlugen und in einigen Zimmern des Obergeschosses Verheerungen anrichteten. Menschenleben waren wie durch ein Wunder nicht zu beklagen. Auch das Vieh kam nicht zu Schaden."
Februar 1945:
Pfarrei Oberdorfen; Berichterstatter: Pfarrer Josef Gammel
"Eigentliche Opfer von Luftangriffen hat die Pfarrgemeinde nicht zu beklagen. Über dem Pfarrbezirk fielen nur einmal 7 Bomben, und zwar am 5. Februar 1945 auf den Wiesen zwischen Esterndorf und Embach, die wohl auf den benachbarten Bahnkörper der Linie München-Simbach gezielt waren. Durch den Luftdruck wurden lediglich eine Anzahl von Fenstern in Esterndorf und Embach, darunter auch 31 Fensterscheiben an der Kirche in Esterndorf, zertrümmert. Am 22. Februar 1945 stürzte beim Bauer an der Pfarrgrenze Oberdorfen-Lengdorf ein feindliches Flugzeug ab. Ein Pole aus Embach nahm einige Bordgeschoße mit und hantierte mit ihnen am Samstag, 24. Februar 1945, herum. Ein Geschoß explodierte und verletzte ihn so schwer, daß er nach einer Stunde unter fürchterlichen Schmerzen starb. 2 kleine Polenkinder und eine weitere Polin wurden ebenfalls verletzt ins Krankenhaus Dorfen eingeliefert und kamen mit dem Leben davon. Die Beerdigung des 33jährigen Polen Adam Brela fand unter den Gesängen zahlreicher Polen in Esterndorf durch H.H. Kooperator Georg Grein am 27. Februar 1945 statt."
Februar 1945:
Pfarrei Bad Reichenhall-St. Zeno; Berichterstatter: Stadtpfarrer Eugen Abele
"Schon seit Februar-Anfang war täglicher Alarm, Tag und Nacht, die stehende Regel; von einem geregelten Schulbetrieb keine Rede mehr; oftmals wurden die Gottesdienste an Sonn- und Festtagen empfindlich gestört."
Februar 1945:
Pfarrei Trostberg; Berichterstatter: Pfarrer Jakob Moser
"Der erste größere Angriff war am 22. Februar 1945 mittags 11.55 Uhr. Ein Bombengeschwader von etwa einem Dutzend Bombern umkreiste die Stadt, flog erst Richtung Baumburg ab, kehrte aber dann wieder zurück und warf 110 Bomben. Der erste Bombenwurf ging auf die Bahnanlage, besonders die Fabrikgeleise der Bayerischen Stickstoffwerke und den dort auch untergebrachten BMW (Bayerischen Motorenwerken). Die Geleise wurden stark beschädigt, das Portierhaus und das Haus der Werkskrankenkasse total zerstört, an den Fabrikhallen viele Fenster eingedrückt. Das Schlimmste war, daß ein Luftschutzraum der Fabrik von einer Bombe durchschlagen wurde und dort 18 Personen getötet wurden.
Die zweite Bombenauslösung bei diesem Angriff folgte ein paar Sekunden später, wäre wohl auf das Wasserstauwerk abgezielt gewesen, verfehlte aber das Ziel und die Bomben gingen über einer Wiese und in die Siedlung Schwarzau nieder. Dort wurden zwei Häuser total zerstört und eine Reihe von Siedlungshäuschen mehr oder weniger stark beschädigt. Es gab in der Schwarzau einige leichter Verletzte, aber keine Todesopfer. Die eigentliche Stadt blieb vom Angriff verschont. Ein Glück war, daß in den Fabrikanlagen die „Linde“ mit Kompreßluft nicht getroffen wurde. Einen Tag später griffen Tiefflieger einen Sauerstoffwagen am Bahnhof an. Größerer Schaden entstand nicht."
Februar 1945:
Pfarrkuratie Lindach; Berichterstatter: Pfarrkurat Michael Huber
"Fliegeralarm war oft, manche Woche jeden Tag fast; viele Religionsstunden sind wegen Fliegeralarm ausgefallen; Februar, März und April 1945 wurden die Religionsstunden am späten Nachmittag nachgeholt. Der Sonntagsgottesdienst oder Werktagsgottesdienst mußte wegen Fliegeralarm nie unterbrochen werden oder ausfallen; die sonntägliche Nachmittagsandacht wurde Februar, März und April regelmäßig zu einer späteren Stunde angesetzt, nämlich um 4 Uhr.
Zu Beginn des Jahres 1945 kamen von allen Seiten her Flüchtlinge: aus Preußen (Berlin, Gotenhafen, Danzig), aus Litauen ca. 20 Personen, aus Österreich ca. 15 Personen, aus dem Rheingebiet (Bonn) ca. 10 Personen. Da schon viele Evakuierte da waren aus München und Münster i.W., aus Köln, Volksdeutsche aus Bulgarien, waren die Häuser überfüllt. Zu den Evakuierten und Flüchtlingen kamen noch die kriegsgefangenen Franzosen, ca. 25 an der Zahl und etwa 40–50 polnische Zivilarbeiter. Dazu kommen noch etwa 5–10 Ukrainer. Das kleine Lindach war also recht gemischt, die Zahl der Fremden war fast ebenso groß wie die die Einheimischen.
Den Polen habe ich jeden 1. Sonntag im Monat Gottesdienst gehalten, zu dem sie auch fast vollzählig gekommen sind (schlechte Schuhe, Kleidung hielten manche von Besuch ab); trotz des Verbotes besuchten die Polen immer auch vereinzelt den Pfarrgottesdienst. Die Franzosen hatten die letzten Jahre im Lager zu Benetsham alle 2 Monate Gottesdienst, gehalten von einem französischen kriegsgefangenen Priester, der von Thalham bei Baumburg, später von Roidham bei Seeon hierher kam. Die Franzosen besuchten nur spärlich ihren Gottesdienst, kaum die Hälfte.
Die Evakuierten und Flüchtlinge beteiligten sich nur wenig am religiösen und kirchlichen Leben der Pfarrei. Die Evakuierten und Flüchtlinge gehörten zum Teil dem evangelischen Bekenntnis an; die evangelischen Christen gehen zum Gottesdienst an den Sonntagen nach Trostberg (alle 14 Tage), andere besuchen regelmäßig unseren Pfarrgottesdienst, andere machen es wie die schlechten Katholiken, sie kümmern sich nicht um ihre Kirche."
Februar 1945:
Pfarrei Engelsberg; Berichterstatter: Pfarrer Stephan Winter
"Ende Februar warfen amerikanische Flieger im Notwurf auf freiem Felde schwere Bomben ab, wodurch in den Höfen von Glonneck und Weichslehen erhebliche Gebäudeschäden entstanden."
Februar 1945:
Pfarrei Haag a.d. Amper; Berichterstatter: Pfarrer Andreas Weingand
"Der Pfarrer selbst mußte 2mal während schwerer Fliegerangriffe, da die Leute in den Schutzkeller gingen, zu Versehgängen, am 25. Februar 1945 nach Untermarchenbach und am 21. April 1945 nach Inkofen (da der Pfarrer von Inkofen sich wegen eines Kriegergottesdienstes in Bergen befand). Im letzten Jahre, insbesonders seit der Landung englischer und amerikanischer Truppen auf französischem Boden schwand im Volk mehr und mehr der Glaube an den Sieg und zuletzt wünschte man nahezu den Einmarsch des Feindes als Erlösung von den Schrecken des Krieges und als Befreiung von der Herrschaft der verhaßten Partei."
Februar 1945:
Pfarrei Sauerlach; Berichterstatter: Pfarrer Lorenz Strobl
"Seit Mitte Oktober 1942 bis zum 25. April 1945 wurde dahier 192mal Flieger-Großalarm gegeben, außerdem noch vielmals Luftgefahrenmeldung. Sehr oft überflogen die Feindflugzeuge unseren Ort, wodurch, besonders durch erscheinende Tiefflieger, unsere Landleute beim Verrichten ihrer Feldarbeiten sehr behindert worden sind. Doch einzig nur am 28. Februar 1945 wurden vier Sprengbomben dahier abgeworfen, sehr wahrscheinlich beabsichtigt auf die unweit dem am Westende des Ortes errichtete und betriebene Rüstungswerkzeugefabrik. Außer vier großen Sprengtrichtern entstand kein Schaden, weder an Menschen noch an Gebäuden."
Februar 1945:
Pfarrei München-Maria Schutz; Berichterstatter: Stadtpfarrer Dr. Johann Ev. Seitz
"Am 25. Februar 1945 fielen Bomben im Sporer-Block, wo das Gasthaus zur Linde arg beschädigt wurde. Brandbomben richteten in der Arnold-Färberei in der Münchner Straße bedeutenden Schaden an."
Februar 1945:
Pfarrei München-St. Wolfgang; Berichterstatter: Stadtpfarrvikar P. Dr. Alois Leinfelder SDB
"Viele Wohnungen hatten über Weihnachten kein Licht. Der Bagger kreischte 10 Tage lang, Tag und Nacht, auch am Weihnachtsfest. Am 25. Februar 1945 fielen einige Bomben in den Splittergraben am Orleansplatz und töteten dort etwa 15 Personen. Beim selben Angriff fiel eine Sprengbombe auch in den Hof der Wolfgangsanstalt und richtete an dem Gebäude ziemlich großen Schaden an. Menschenopfer waren hier nicht zu beklagen."
Januar 1945:
Pfarrkuratie München Zu den hl. 12 Aposteln; Berichterstatter: Pfarrkurat Otto Endres
"Als Auswirkung des letzten Krieges kann als besonderes Merkmal festgestellt werden, daß sich der Leute in den letzten Monaten, da vor allem die Luftangriffe an Stärke und Häufigkeit zunahmen, eine gewisse Teilnahmslosigkeit oder Abgestumpftheit, vielleicht auch Müdigkeit, bemächtigte. Die Leute waren froh, wenn sie immer wieder mit dem Leben und ohne größeren Schaden davongekommen waren. Sie rechneten eigentlich nur mehr von einem Tag auf den andern oder besser gesagt von einem Angriff auf den andern. Es war das zu verstehen, wenn man bedenkt, daß seit Juli 1944 gerade unser Pfarrbezirk infolge seiner Lage an einem wichtigen Gleisdreieck der Bahnanlagen aber auch bei jedem Angriff betroffen wurde. So hatten die Leute tatsächlich nur mehr eine Sorge, wie werden wir durchkommen.
Als dann im Oktober 1944 unsere Notkirche fast gänzlich zerstört wurde, zeigte sich doch wieder das pfarrliche Interesse der Gemeinde. Ohne daß wir nur ein Wort zu sagen brauchten, brachten uns die Leute ganz aus sich selbst heraus ansehnliche Spenden ins Pfarrhaus, „daß wir doch unser liebes Kirchlein wieder aufbauen können.“ So haben wir dann auch unsere Notkirche wieder aufgebaut und das ganz mit freiwilligen Kräften aus der Gemeinde. Männer und Frauen halfen zusammen und opferten ihre ganze Freizeit.
Was das Bild der Pfarrei wesentlich veränderte, war der Umstand, daß ein ganz großer Teil der eigentlichen Pfarrangehörigen aus der Pfarrei weggezogen ist – der Mann war im Heeresdienst und die Frau und Kinder auf dem Lande evakuiert. Seit Herbst 1944 wurden dann die dadurch leerstehenden Wohnungen anderweitig besetzt durch Fliegergeschädigte, die aus anderen Pfarreien zuzogen und oft schon bald wieder wegzogen, wenn ihr eigenes Heim wieder einigermaßen hergestellt war oder sie eine andere mehr zusagende Unterkunft gefunden hatten. Dadurch wurde die Pfarrei richtig gesagt ein wahrer „Taubenschlag“.
Gewiß war ein guter alter Kern der Pfarrei allen Gefahren zum Trotz geblieben, sie waren auch unsere eifrigsten Kirchenbesucher und Helfer beim Wiederaufbau der Kirche. Alle andern aber haben sich nur ganz langsam in die für sie neuen Verhältnisse eingelebt. Trotz der schweren Angriffe auf unseren Pfarrbezirk sind aber doch verhältnismäßig sehr viele Wohnungen gut und zum großen Teil fast unbeschädigt erhalten geblieben, sodaß wir im letzten Halbjahr, wo die Wohnungsnot überall sehr groß wurde, regen Zuzug in die Pfarrei erhielten."
Die durch Bombentreffer zerstörte Münchner Frauenkirche im Jahr 1945
Januar 1945:
Pfarrei München-Herz Jesu; Berichterstatter: Stadtpfarrer Georg Niggl
"Von den vielen Fliegerangriffen hat uns ungefähr die Hälfte getroffen. Die Angriffe im Juli, Oktober 1944, am 7. Januar 1945 trafen uns am schwersten. Großen Häuserschaden hatten wir in der Waisenhausstraße, Simeonistraße, Frundsbergstraße, Ysenburgstraße, Volkartstraße, Leonrodstraße, Blutenburgstraße, Winthirstraße, Ruffinistraße und am Rotkreuzplatz. In den anderen Straßen waren viele größere und kleinere Häuserschäden. Personen kamen zu Schaden: 170 Personen fanden den Tod. In den meisten Fällen trat der Tod sofort ein. Am Rotkreuzplatz, im Anwesen Jagdschloß, sind einige Personen lebendig verbrannt. Die Zahl der Verwundeten war zwischen 100 und 150. Einige Fälle davon waren sehr schwer.
Das Krankenhaus Rote Kreuz wurde am 7. Januar 1945 total zerstört. Die Hauskapelle wurde dabei zerstört, das Allerheiligste wurde gerettet, Personen kamen dabei nicht zu Schaden. Die Kuranstalt Neuwittelsbach wurde am gleichen Tage total zerstört, die Kapelle sehr schwer beschädigt, das Allerheiligste wurde gerettet. Das Blindenheim an der Winthirstraße wurde am 7. Januar 1945 durch Brandbomben total zerstört. Die Blinden waren bereits schon länger in Krumbad untergebracht.
Das Salvatorheim, Romanstraße 20, wurde am 7. Januar 1945 durch Brandbomben hart getroffen. Durch das Eingreifen der Patres konnte die Anstalt vor Zerstörung bewahrt werden. Das Haus ist wieder hergestellt, die Kapelle erhalten. Die Kapelle im Roten Kreuz, Nymphenburgerstraße 163, wurde durch Spreng- und Brandbomben total zerstört. Das Allerheiligste wurde gerettet, ebenso die kirchlichen Gewänder."
Januar 1945:
München, Marienstift; Berichterstatterin: Schwester M. Immaculata Schechtl
"Das Marienstift ist am 7. Januar 1945 durch Fliegerangriff total vernichtet worden. Die Insassen konnten alle geborgen werden, sämtliche Einrichtung ist dem Feuertod verfallen, sowie auch die Hauskapelle samt den Paramenten. Wegen der starken Rauchentwicklung war es unmöglich, noch etwas zu retten. Die Insassen wurden in den Reginabunker gebracht, von da teilweise zu den Angehörigen, Krankenhäusern, Pfarrhöfen oder selbstgewählten Unterkommen."
Januar 1945:
Pfarrei München-St. Bonifaz; Berichterstatter: Stadtpfarrvikar P. Ludger Rid OSB
"Am 7. Januar 1945 riß eine Luftmine, die vor den Resten des Hochaltares niederging, zwei Drittel aller Säulen um, die darauf ruhenden bis zu 23 m hohen Mauern schlugen im Sturz das Gewölbe der Unterkirche durch und vermurten Gruftkapelle und die Zugänge zu ihr. Das Feuer fraß sich durch die Böden in die Gruftgänge und vernichtete dort unter anderem die letzten Musikalien der Chorvereinigung St. Bonifaz."
Januar 1945:
München, Pfarrkuratie des Krankenhauses rechts der Isar; Berichterstatter: Pfarrer Moritz Schmid
"Es entstanden kleine Brände im Verwaltungsbau und im Verbindungsbau zwischen dem Verwaltungsbau und dem Bau 1, die aber rasch wieder gelöscht werden konnten. Die große Kapelle verlor abermals sämtliche Fenster, ein Teil der rückwärtigen Kapellenwand stürzte ein. Vorübergehend war eine Notkapelle im Luftschutzkeller und dann im Geschäftszimmer des Ordens eingerichtet. In ungefähr 14 Tagen waren diese Fenster- und Wandschäden durch Holzverschalungen wenigstens so weit behoben, daß die große Kapelle wieder benützt werden konnte. Die kleine Kapelle im Bau 7 verlor ebenfalls wieder sämtliche Fenster und konnte wegen Einsturzgefahr des Teiles des Bau 7, in dem sie sich befindet, nicht benützt werden. Vorsichtshalber wurde der Altar der kleinen Kapelle im Keller des Bau 7 untergebracht."
Januar 1945:
Pfarrei München-St. Johann Baptist/Haidhausen; Berichterstatter: Stadtpfarrer Dr. Alois Daffenreiter
"Durch Fliegerangriffe während des Krieges ist die katholische Stadtpfarrei St. Johann Baptist zwar auch stark in Mitleidenschaft gezogen worden, aber vielleicht doch nicht in dem Ausmaß wie andere Stadtgebiete. Die große Stadtpfarrkirche am Johannisplatz hat mehrmals durch Brandbomben und durch Luftdruck Schaden erlitten am Dachstuhl, an den Fenstern, der Orgel, der Inneneinrichtung; sie mußte aber nur in der Zeit vom 7.Januar 1945 – 1. April 1945 für den gottesdienstlichen Gebrauch gesperrt werden. Die kostbaren Glasgemälde der großen Fenster wurden rechtzeitig in Sicherheit gebracht.
Die alte Haidhauser Kirche hat nur kleinere Dach- und Fensterschäden erlitten. Stark beschädigt wurde die Nikolaikirche am Gasteig; ganz ausgebrannt ist die anliegende Altöttinger Kapelle am Gasteig und ebenso zerstört und ausgebrannt die Kirche der St. Josefs-Anstalt in der Preysingstraße. Das Pfarrhaus St. Johann Baptist erlitt nur mehrmalige kleinere Schäden in der Bedachung, an Türen und Fenstern. Das katholische Gesellenhaus, Kirchenstraße 6, ist in Wohnungen und Anstaltsräumen fast vollständig ausgebrannt, ebenso wie die St. Josefs-Anstalt in der Preysingstraße; stark beschädigt wurde auch die Maria Theresia-Anstalt am Johannisplatz.
Die beiden Schulhäuser an der Kirchen- und Wörthstraße sind schwer beschädigt und zum größten Teil ausgebrannt. Personen, die zum Kirchendienste gehören, sind durch Fliegerangriffe nicht zu Schaden gekommen; ca. 80 Personen aus der Pfarrei haben bei verschiedenen Fliegerangriffen das Leben verloren; ca. 100 Häuser sind vollständig zerstört, etwa 500 Familien obdachlos geworden."
Januar 1945:
Pfarrei München-St. Sylvester; Berichterstatter: Stadtpfarrer Franz Krieger
"Aber der Großangriff am 7. Januar 1945 traf die Pfarrei wieder sehr schwer. Nachdem durch die erste Angriffswelle das Wohlfahrtsamt (Haimhauserstraße 1) und ein Teil der Umgebung in Brand gesteckt wurde, ist durch die zweite Welle viel Schaden verursacht worden. 2 schwere Sprengbomben trafen das Lazarett (Antonienstraße). Ferner wurden die ganzen Häuser der Antonienstraße und Freystraße sowie die kleinen Häuser in der Kunigunden- und Marschallstraße in Brand gesteckt. Auch ein Haus der Hansaheime brannte ab. Ferner sind die Bedienstetenhäuser im Biederstein ganz ausgebrannt. Die Schule hatte auf der hinteren Seite schwere Fenster- und Türschäden. Die Kirche erhielt eine Stabbrandbombe in den Speicher der alten Kirche, die aber nicht zündete; etwa 40 Fensterscheiben waren kaputt. Die Zahl der Toten war 17 , die Zahl der Obdachlosen ca. 300."
Januar 1945:
Pfarrei München-St. Ludwig; Berichterstatter: Stadtpfarrer Karl Nißl
"Die Pfarrkirche hat große Schäden davongetragen. Sämtliche Fenster zumeist mitsamt den eisernen Rahmen sind zerbrochen und herausgerissen; sämtliche Türen und Portale teils schwer, teils leichter beschädigt. Dach und Dachstuhl des südlichen Seitenschiffes zerstört, dazu 2 Gewölbekuppen eingestürzt. Das Dach des Haupt- und Querschiffs mußte vollkommen umgedeckt werden und ist z.Z. zur Hälfte nur einfach gedeckt. Die alte Marienstatue, ein Weihegeschenk von Erzgießer Miller, wurde am 7. Januar 1945 zertrümmert, 2 große Fresken über Sakr[istei] und Kreuzaltar zum großen Teil abgefallen, die Orgel mindestens zur Hälfte unbrauchbar. Das Hauptgemälde über dem Hochaltar blieb ganz verschont, da die unmittelbar hinter der Kirche gefallene Bombe ein Blindgänger war, die Deckengemälde sind durch Brandbomben und besonders eindringende Nässe vielfach beschädigt. Die Außenfront besonders im Westen und Süden zeigt viele Splitterwirkungen. Einige Balken des Dachstuhles verkohlt. Die Kirche brannte nicht weniger als 4mal, am 13. Juli 1944 zugleich an 5 Stellen mit Pfarrhof und Mesnerhaus. Jedesmal ist es uns noch gelungen, der Brände Herr zu werden."
Januar 1945:
München, Kuratie der I. Universitäts-Frauenklinik; Berichterstatter: Pfarrer Dr. Johann Baptist Hartmann
"Die Flieger flogen überall umeinander. Oberdonau, Chiemseegebiet, Landshut, Tegernsee, Starnberg, Kempten, Innsbruck, Schrobenhausen, Tölz, Freising. Verbände flogen über München nach allen möglichen Richtungen. Hauptzweck: Bahnlinien zerstören und Züge bombardieren. Fast jeden Tag Einflüge nach den bereits obengenannten Orten und Richtungen."
Januar 1945:
Pfarrei Gröbenzell; Berichterstatter: Pfarrer Josef Auer
"Eine böse Nacht war vom Sonntag auf Montag, 7. zum 8. Januar 1945. Nach kurzer Vorentwarnung gegen dreiviertel 10 erfolgte neuer Alarm. Schon war ein schauerliches Brausen und Beben in der Luft. Weiße Leuchtkugeln über Lochhausen, Gröbenzell in westöstlicher und südwestlicher Richtung – die Nacht war zum Tag geworden. Das Trommeln der Einschläge kam immer näher. 3 bis 4 Wellen, von südwestlich kommend, streiften an unserem Ort vorüber und legten ihren „Segen“ ab. Alles erbebte und zitterte. Ein kurzer Blick ins Freie – Feuerpause von oben her – die ganze Umgebung leuchtete in magischem Licht – man hätte staunen mögen, wenn es nicht so grausamblutiger Ernst gewesen wäre! 2 große Brände in nächster Nähe – beim Bauern in der Olchingerstraße und beim Bauern in der Puchheimerstraße.
Noch surrten die Flieger bedrohlich über uns, aber alles rannte an die Brandstellen und griff mutig zu, zu retten, was noch zu retten war. Beim Bauer in der Olchingerstraße brannte der Heu- und Getreidestadel völlig nieder, ohne daß irgendwie geholfen werden konnte. Beim Bauer in der Puchheimerstraße waren ganze Garben von Brandbomben in und um den Stadel geflogen. Alle Vorräte sind verbrannt, das Vieh konnte mit Müh und Not gerettet werden. Das Wohnhaus blieb bis auf den Dachstuhl verschont.
Neben diesen beiden großen Bränden sind noch eine ganze Reihe von kleineren Dachstuhlbränden oder Zimmerbränden festgestellt worden, so besonders im sogenannten Ockumhaus, wo drei Wohnungen von Mietparteien fast völlig ausgebrannt sind. Von mehreren Sprengbomben fiel eine beim Grabenweg, die aber wegen des weichen Bodens wenig Schaden anrichten konnte. Die Gröbenzeller haben sich bei den Löscharbeiten sehr tapfer gezeigt – aber mit der bisherigen Ruhe und Geborgenheit war es vorbei. Menschenleben sind Gott sei Dank nicht gefordert worden."
Die Pfarrkirche Heilig Geist in München nach Einsturz des Gewölbes am 14. Juni 1944
Januar 1945:
Pfarrei Haindlfing; Berichterstatter: Pfarrer Georg Seifüssl
"Im Winter wurde seitens der Bevölkerung die Beschlagnahme der Wohnstuben und anderer guter Zimmer als einschneidende Maßnahme empfunden. Die Wohnungsfrage wurde noch bedrohlicher, als anfangs Januar 1945 auch 45 Wiener Flüchtlinge im Schulhaus untergebracht werden mußten. Der Schulraum wurde in die Gaststube des Wirtshauses verlegt für die Zeit, wo die Wehrmacht diesen Raum nicht benützte, später aber mußte ein etwas dunkler Schuppen eines Nebengebäudes des Haindlfinger Schlosses als notdürftiger Unterrichtsraum dienen, bis die Tiefflieger ein Eintreffen der Kinder unmöglich machten.
Tagtäglich widerhallte der Ort vom schneidigen Gesang marschierender Einheiten, wie auch vom Krachen der Granaten, da nicht allzuweit vom Pfarrhaus weg ein Übungspanzer für das Übungsschießen der Fahnenjunker eingebaut war. Die allgemeine Wehrmachtbetreuung schlug auch ihre Wellen in unser Dörflein, indem nicht nur regelmäßige Kinos stattfanden, zuerst im Schulsaal, zuletzt in einem Heustadel, wozu jedesmal auch die Dorfbewohner eingeladen wurden und auch zahlreich erschienen sein sollen (die Kinder hatten nachmittags eigene Vorstellungen), sondern auch gelegentliche interne militärische Feiern (Beförderungen, Abschied, Weihnachten, Silvester usw.) mit Einladungen an einen bestimmten Kreis durchgeführt wurden. Soweit es möglich war, suchte der Seelsorger mit den Soldaten in Verbindung zu kommen und mancher Theologe oder andere liebe Kamerad fand sich an der Seite des einquartierten Offiziers zu froher Unterhaltung im Pfarrhause ein."
Januar 1945:
Pfarrei Wasserburg-St. Jakob; Berichterstatter: Stadtpfarrer Josef Koblechner
"Im Dezember 1944 tauchte plötzlich von Berchtesgaden her eine Stabsabteilung des Oberkommandos der Luftwaffe unter Leitung eines Generalmajors in Gabersee auf, verließ aber schon Ende April diese Anstalt wieder wegen des Herannahens der alliierten Truppen. Noch eindrucksvoller als durch diese Truppeneinheiten kam den Wasserburgern der Ernst des Krieges durch die Lazarette zum Bewußtsein, die in unserer Stadt und Umgebung erstanden. Das Hauptlazarett wurde im Februar 1942 in der früheren Kreisirrenanstalt Gabersee (2 km von Wasserburg entfernt) mit etwa 700 Betten eingerichtet. Im Laufe des gleichen Jahres wurden in Wasserburg selbst 2 Teillazarette angegliedert, und zwar im Institut der Englischen Fräulein und im Kloster St. Maria Stern auf der Burg. Im Januar 1945 wurden auch die Oberschule und das Schülerheim in Lazarette umgewandelt."
Januar 1945:
Pfarrei Hechenberg; Berichterstatter: Pfarrer Wilhelm Sigl
"Das neue Jahr begann mit überaus starkem Schneefall, so daß es zum Gottesdienst viele Verspätungen und ganze Versäumnisse gab, leider auch von Seite der im Ort selbst wohnenden Fremden und Feriengäste, zum großen Ärgernis der tapferen Kirchenbesucher von auswärts, noch mehr zum großen Leid des Seelsorgers. Zum Christamt am 6. Januar um 7.45 Uhr kamen die Fremden überhaupt nicht, und auch sonst war der Besuch nur mittel, auch ein Zeichen der vielfach auftretenden seelischen Ermüdung. „Es hilft ja das Beten auch nicht mehr!“
Nach dem schweren Flieger-Angriff auf München am 7. Januar wurden die Ferien wegen Heizungsschwierigkeiten allgemein bis zum 29. Januar verlängert! Am 13. Januar Beginn der russischen Großoffensive von der Ostsee bis zu den Karpaten! Warschau, Lodz und Krakau fallen, am 20. Januar stehen die Bolschewisten vor Schlesien und in Ostpreußen! In diese Zeit der höchsten Spannung fällt die Feier der Ewigen Anbetung am 25. Januar, die sehr gut besucht wird. Die herkömmlichen Hindernisse seien übergangen! Schneestürme und verwehte Wege! Die Reichsgrenzen in Flammen! Am 30. Januar 1945 wieder Schulbeginn, nach 2 Tagen schon wieder Schluß mangels Heizmaterial! Die Russen in Pommern, die Anglo-Amerikaner im Rheinland! Die Franzosen im Elsaß!"
Januar 1945:
Pfarrkuratie Lindach; Berichterstatter: Pfarrkurat Michael Huber
"In einer kleinen Seelsorgsgemeinde von kaum 400 Seelen gibt es keine weltbewegenden Ereignisse. Der Krieg 1939–45 ist nicht spurlos an der Gemeinde vorübergegangen: es gab viel Aufregung, viel Einberufungen, viel Tränen und Leid im Laufe der Kriegsjahre. Rund 76 waren im Laufe der Zeit einberufen zum Heeresdienst, zuletzt auch einige 17 und 18jährige, die von der Christenlehre weg einrückten. Die Zahl der Toten und Vermißten kann hier nicht festgestellt werden, da die Berichte der letzten Kriegsmonate noch fehlen. Die jugendlichen Krieger verabschiedeten sich ausnahmslos vom Seelsorger und erhielten entsprechende Verhaltungsmaßregeln, die Erwachsenen kamen vereinzelt zuvor in das Pfarrhaus. Nach der Entlassung aus dem Heeresdienst besuchen die jungen Krieger wieder, wie es hier Brauch ist, die Christenlehre. An Kriegergottesdiensten hat die Pfarrgemeinde regen Anteil genommen.
Heimlich wurde von Gegnern des Regimes unheimlich viel kritisiert über den Nationalsozialismus, über die Partei, über die hiesigen Mitglieder der Partei, über manche öffentliche Ungerechtigkeiten und dörfliche Miß- und Übergriffe der Partei. Schon lange hat man das Kriegsende herbeigesehnt. Regelmäßig jeden Monat wurde an einem Sonntag nachmittags Kriegsandacht gehalten c[um] S[ancti]s[simo]. Je länger der Krieg dauerte und je näher der Krieg herankam, desto mehr wurde gebetet. 1943 wurden 25, 1944 und 1945 wurden 31 Maiandachten angegeben und auch fleißig besucht. Seit November 1944 war der Werktagsgottesdienst auffallend gut besucht; von Januar 1945 an wurde werktags während der hl. Messe am Dienstag und Donnerstag der Rosenkranz unter besonders großer Beteiligung gebetet. Fliegeralarm war oft, manche Woche jeden Tag fast; viele Religionsstunden sind wegen Fliegeralarm ausgefallen."
Zerstörter Kirchenraum von St. Michael in München im Jahr 1945 nach Bombentreffern
Januar 1945:
Pfarrei München-St. Achaz; Berichterstatter: Stadtpfarrer Vinzenz Irger
"In den Spätabendstunden des 7. Januar hatte München wohl seinen schwersten Tag. 2 Angriffe im Abstand von 2 Stunden brachten über die Stadt ein furchtbares Leid. Beim 1. Angriff fielen Leuchtkugeln in den Pfarrgarten. Nur eine von 4 geriet in Brand. Ich war in größter Sorge. Eine Luftmine explodierte in der oberen Plinganserstraße nahe am Bahnkörper, ferner gab es einige Brände in der Pfarrei. Aber sonst ging noch alles gut vorüber.
Dagegen sollte der 2. Angriff durch einen Serienwurf von mindestens 11 Bomben unserer Pfarrei wieder großen Schaden bringen. Das Haus Plinganserstraße 85 wurde förmlich wegrasiert. Die anliegenden Häuser erlitten wieder schwere Druckschäden. Auch die Kirche wurde wieder hart mitgenommen. Das Dach war zum vierten Male nun abgedeckt. Die Notverkleidung der Fenster wieder herabgerissen. Auch das Pfarrhaus hatte schwer gelitten. Immerhin waren die Schäden nicht so groß wie am 27. November 1944. Der Einbruch der Kälte machte Ausbesserungen am Kirchendach unmöglich. Hilfskräfte bemühten sich, den Schnee auf dem Kirchendach zu entfernen. Es war gut, daß das gemacht worden war. Sonst wären die Schäden an der Kirche beim Wärmeeinbruch [am] 31. Januar noch größer geworden, als das tauende Schneewasser in die Kirche hineintropfte und dort unter der kalten Temperatur des Innenraumes zu einer Eisplatte erstarrte.
Glücklicherweise begünstigte das außerordentlich warme Wetter jener Tage, daß das Dach wieder zur Not gerichtet werden konnte und auch das Eis in der Kirche entfernt wurde. Nun kam die Zeit der vielen Tages- und Nachtalarme. Ein geregelter Schulbetrieb war kaum mehr möglich. Die Spätgottesdienste am Sonntag fielen gewöhnlich aus und machten einem Abendgottesdienst Platz."
8. Januar 1945:
Pfarrei München-St. Sebastian; Berichterstatter: Stadtpfarrer Otto Breiter
"Die Pfarrei erhielt noch am [Tag des Bombenangriffs am 31. Juli 1944] von der Wehrmacht die Erlaubnis, den unteren Turnsaal der Hohenzollernschule, die als Reservelazarett verwendet wird, als Notkirche zu benützen. Er wurde zu diesem Zwecke eingerichtet und diente der Pfarrei St. Sebastian, St. Josef (im August) und der evangelischen Gemeinde, der Kreuzkirche, die am gleichen Tag auch ihre Kirche durch Feuer verloren hatte, als sehr guter Behelfsraum, bis er am 17. Dezember 1944 an Türen und Fenstern schwer geschädigt wurde. Bis zum 24. Dezember wurde die Notkirche im Turnsaal wieder völlig hergestellt. Am 7./8. Januar 1945 wurde dieser Kirchenraum durch mehrere Bombentreffer in den Schulhof völlig demoliert. Der Saal hatte in den Weihnachtsfeiertagen bis zu 700 Personen Raum geboten. Bis zum 14. Januar 1945 wurde als 2. Notkirche der Lehrsaal Nr. 12 im Erdgeschoß des gleichen Schulhauses eingerichtet. Die 6 Sonntagsgottesdienste haben durch die Terrorangriffe während der ganzen Katastrophenzeit keine Unterbrechung erlitten."
Die am 7. Januar 1945 zerstörte Notkirche der Pfarrei München-St. Sebastian in einem Turnsaal der Hohenzollernschule. Photographie von Stadtpfarrer Otto Breiter.
7. Januar 1945:
Kuratie der I. Universitäts-Frauenklinik München, Berichterstatter: Pfarrer Dr. Johann Baptist Hartmann
"Wir begingen noch ganz feierlich Epiphanie mit Festamt und feiner Musik und abends dreiviertel 8 Uhr begann der Doppelterrorangriff, bei dem die Klinik einmal gleichzeitig an 6 Stellen brannte. Auch der schöne Kirchenturm sank zusammen. Eine Bombe durchschlug den Löschteich, der auslief. Zudem fror der Motor unserer mutigen Hausfeuerwehr immer wieder ein. Nach dem ersten schrecklichen Angriff eilte ich trotz Abratens in meine Wohnung durch den Südfriedhof, der taghell erleuchtet war durch den Brand des Gesundheitsamtes und benachbarter Häuser. In meiner Wohnung hatte der Luftdruck das seinige getan und die inneren Mauern, Fenster und Türen umgeworfen bzw. zersprengt. Aber es war keine Zeit zum Beraten.
Gegenüberliegende Brände trieben unsere Hauseigentümer zum Löschen. Dort war kurz vor Beginn ein Inwohner nach Krankheit gestorben und mit dem Haus beim Angriff als Leiche verbrannt. Sonst gab es Gott sei Dank dort keine Toten. Neuer Alarm. Ich eilte in die Klinik und kam gerade noch unter Dach, als die zweite Angriffsserie begann, die noch ärger war als die erste. Ich lief nach Vorentwarnung trotz Warnung vor Zeitzündern wiederum nach meiner Wohnung. Aber welches Bild auf dem Querweg durch den Südfriedhof! Vom Eingang bis zum Ausgang lag Baum an Baum über dem Weg, so daß man weite Umwege machen mußte, um hinaus zu kommen. Man durfte an die Gefahr der Zeitzünder nicht lange denken, die besonders groß war. Dazu die grimmige Kälte.
Als ich spät nach Mitternacht wieder in die Klinik kam, brannte sie noch an verschiedenen Stellen. Die Feuerwehr brachte wegen der großen Kälte den Motor nicht in Gang. Man mußte weiterbrennen lassen. Es war eine Situation zum Verzweifeln. Während des zweiten Angriffs kam binnen kurzer Zeit Welle auf Welle. Es war einfach fürchterlich. Ein Halbdutzendmal riß der Luftdruck die Eisentür zum Küchenvorraum auf. Ich zog sie immer wieder mit Beihilfe zu. Draußen heulte die Luft wie eine Meute Hunde. Es folgte Schlag auf Schlag, so daß der Boden und das ganze Haus zu wanken schien. Immer wieder neue Einschläge.
In der Pestalozzistraße standen Möbel an Möbel. Es wurden unter Lebensgefahr immer noch mehr herausgetragen, da oben brennende Stücke herabstürzten. Die dermatologische Klinik brannte oben, ebenso die pathologische Klinik und viele Häuser an der Waltherstraße. Meine Klinikzimmer Nr. 217/218 waren unbeschreiblich verwüstet und zerstört wie noch nie. Bücher hat es auf die Straße gerissen vom Schrank heraus. Fensterstockteile lagen über meinem Bett. Dazu überall unzählige Glassplitter. Die Schranktüren waren zerfetzt, die Zimmertüren zersprengt. Die Nacht war schlaflos. Ich lehnte mich im Rückraum der Notkapelle in einen Lehnstuhl und warf eine Decke übers Knie. Es war das Schrecklichste, was wir bisher erlebt hatten."
Alle Kriegs- und Einmarschberichte finden Sie hier.