Die Bayerische Landesgartenschau (LGS) 2024 in Kirchheim bei München öffnet erst im Mai nächsten Jahres ihre Pforten, doch bereits jetzt sind Planungen und Vorarbeiten weit fortgeschritten. Auch die Erzdiözese München und Freising wird auf der Gartenschau vertreten sein – und hat gemeinsam mit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Bayern den Künstler Bruno Wank beauftragt, die kirchliche Präsenz auf dem Ausstellungsgelände zu koordinieren.
Vorbild für die Landesgartenschau: Die "Basilika im Gras" in Görisried
Herr Wank, Sie sind seit 30 Jahren freischaffender Künstler. Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit der Kirche als Auftraggeberin oder mit christlich motivierter Kunst gemacht?
Bruno Wank: 2015 gab es eine spannende Zusammenarbeit mit der Diözese Augsburg zu einer Ausstellung mit dem Titel „Die sieben Todsünden“. Mein Beitrag waren 15 Masken, in Bronze gegossen, in Anlehnung an eine Kritik von Papst Franziskus „15 Krankheiten der Kurie“. Mit der Erzdiözese München und Freising konnte ich 2017 eine liturgische Neugestaltung der Kirche St. Margaret in Markt Schwaben realisieren und im gleichen Jahr auch die Figur des heiligen Bonifatius auf der Korbinianbrücke in Freising.
Kirche, Gartenbau und Kunst – für die Landesgartenschau 2024 sollen Sie helfen, diese drei Welten zusammenzubringen. Was ist die gemeinsame Schnittmenge?
Bruno Wank: Uns war der Gedanke wichtig, auch inhaltlich mit dem Titel der Gartenschau („Zusammen. Wachsen.“) an das Thema heranzugehen. Es geht im Wesentlichen um Zusammenhänge, um die Zusammenhänge der Dinge in ihrer großen Vielschichtigkeit und auch Widersprüchlichkeit. Alles hängt mit allem zusammen. Die gemeinsame Schnittmenge dabei sind wir Menschen.
Kernstück Ihrer Arbeit wird ein Kunstwerk namens „Holy Place“ („heiliger Ort“) sein, das eine römische Basilika darstellt. Worum geht es da?
Bruno Wank: Dieses Kunstwerk besteht aus den Grundrissmauern einer römischen Basilika, nur dass es keine Mauern sind, sondern ein Grundriss in Form von Blumen. Die römische Basilika war in ihrem Ursprung Marktplatz für das Volk und auch Justizplatz. Heute wird dieser Grundriss eindeutig als Grundrissform einer Kirche rezipiert. Diese Form hatte ich bereits während der Covid-Pandemie in der Zeit des Lockdowns, in Görisried im Allgäu, wo ich mit meiner Frau die Ausstellungshalle „VerpackereiGö“ betreibe, ins Gras geschnitten. Auf dieser Fläche hatten wir dann die Werke von 13 Künstlerinnen und Künstlern ausgestellt. Der Titel dazu war „HOLY PLACE NO KISS NO TOUCH“.
"Basilika im Gras" in Görisried
Welche Erkenntnis gewinnen Sie aus dieser doppelten Lesart der antiken Basilika – als heiliger wie auch profaner Raum? Welche Botschaft möchten Sie damit vermitteln?
Bruno Wank: Auf der Suche nach einer wiedererkennbaren Grundform in der Architektur ist als einzige Form der Grundriss einer Kirche übrig geblieben. Dieses doppelte Quadrat mit einem Halbkreis stammt aber ursprünglich von der römischen Basilika. Das war für mich eine neue Erkenntnis – für mich hat sich dadurch der heutige Kirchenraum neu definiert. Die Kirchen sollten den Kirchenraum wieder mannigfaltiger öffnen, das ist meine Botschaft.
In den Begleitinformationen zu Ihrer Arbeit heißt es, die Idee zu „Holy Place“ stamme von Ulrich Schäfert – dem Fachbereichsleiter Kunstpastoral der Erzdiözese –, das Konzept hingegen von Ihnen, und die Kuratierung erfolge durch Sie beide. Wie muss man sich in diesem Fall die Zusammenarbeit oder auch die Arbeitsteilung zwischen „Idee“, „Konzept“ und „Kuratierung“ vorstellen?
Bruno Wank: Ganz einfach, das ursprüngliche Gesamtkonzept stammt von mir und wurde in Görisried schon einmal umgesetzt. Ulrich Schäfert hatte mich mit seiner Idee, dieses Konzept auf der Landesgartenschau zu zeigen, angesprochen. Zusammen haben wir dann die verschiedenen Künstlerpositionen kuratiert.
Sie deuten es schon an: Es bleibt nicht bei der Basilika – diese wird ergänzt durch diverse Skulpturen und Installationen einer ganzen Reihe von Künstlerinnen und Künstlern. Was erwartet die Besucher da?
Bruno Wank: Bei der Auswahl der verschiedenen künstlerischen Positionen für die Landesgartenschau war uns wichtig, Figuren und Installationen zu finden, welche, ohne sich näher damit beschäftigen zu müssen, alleine für sich selbst sprechen. Darüber hinaus war uns aber auch wichtig, das Thema der fünf „Sphären“ der Landesgartenschau – Garten, Wald, Wasser, Wiese und Wildnis – inhaltlich aufzunehmen und für jede Sphäre mit einem Kunstwerk abzudecken. Alles hängt mit allem zusammen.
Das noch unbebaute Gelände der LGS in Kirchheim
Welche Rolle spielen in Ihrem Gesamtkonzept Nachhaltigkeit und Schöpfungsverantwortung?
Bruno Wank: Im Wesentlichen geht es um Zusammenhänge. „Alles ist mit allem verbunden“, dieses schlichte Statement von Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“ ist heute aktueller denn je. „Alles hängt mit allem zusammen“ hat auch Humboldt schon formuliert. Ökologische Zusammenhänge, Zusammenhänge vor Ort - in diesem Fall Kirchheim und Heimstetten - und Nachhaltigkeit.
Zusammenhänge der fünf Sphären und unsere Ortsgestaltung mit thematischen Werken dazu. Zusammenhänge profan und heilig in der Form der Basilika. Zusammenhänge der Dinge in großer Vielschichtigkeit und auch Widersprüchlichkeit, für die keine einfachen Schwarz-Weiß-Lösungen funktionieren, sondern für die eben Kunstwerke eine stimmige Annäherung sein können. So wie auch die Kirchen versuchen, der Komplexität der Welt in ihrer Vielschichtigkeit gegenüberzutreten.
Wie sehen die nächsten Arbeitsschritte aus? Liegen Sie zeitlich im Plan?
Bruno Wank: Der nächste Arbeitsschritt ist, dieses Jahr noch den Grundriss der Basilika so vorzubereiten, so dass er kommendes Jahr als Blumenform wachsen kann. Zu ihrer letzten Frage gibt es ein herrliches Zitat von Mark Twain: „Gäbe es die letzte Minute nicht, so würde niemals etwas fertig.“
Text: Joachim Burghardt, Redakteur bei der Münchner Kirchenzeitung, September 2023