„Beichten in Corona-Zeiten“ – so steht es auf den Hinweisschildern, wenn man derzeit die Jesuitenkirche St. Michael in der Münchner Innenstadt betritt. Die Bedingungen sind: Der Mund-Nasenschutz muss getragen werden, und das Beichtgespräch darf nicht länger als zehn Minuten dauern. Während des Gesprächs ist im Beichtstuhl eine integrierte Lüftung angeschaltet, die Aerosole filtert. Nach der Beichte werden beide Türen des Beichtstuhls aufgemacht, der Raum durchgelüftet, der Nächste kann eintreten. Doch nicht nur in Pandemie-Zeiten bieten die neuen Beichtstühle von St. Michael einen ansprechenden Raum für Gespräche.
Leicht und doch Schutz-bietend wirken die neuen Beichtstühle in St. Michael, München
„Es war die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt“, ist Pater Karl Kern SJ in der Rückschau zufrieden. Ein Architekturbüro war vor vier Jahren damit beauftragt worden, neue Beichtstühle für die Jesuitenkirche St. Michael in der Münchner Fußgängerzone zu entwerfen. Das Holz der alten waren abgenutzt und porös, auch konnte das im Beichtstuhl gesprochene Wort von außen gehört werden und der Raum war sehr beengt. „Wir wollten die Leute, die zu uns kommen, in einer wohltuenden Atmosphäre empfangen“, erzählt der 72-Jährige, der schon seit mehr als zehn Jahren Kirchenrektor von St. Michael ist. Vor einem Jahr wurden die modernen Beichtstühle in der Jesuitenkirche aufgestellt.
Im Gegensatz zu den bisherigen sind die neuen weißen Beichtstühle technisch gut ausgestattet. Im Inneren gibt es eine Lampe, mit der die Lichtintensität während des Gesprächs gedimmt werden kann. Außerdem wurde ein Schallschutz eingebaut, der auch laute Orgelklänge abschirmt. Dann kam die Pandemie. Es war schnell klar: Die wichtigste Neuerung bei den modernen Beichtstühlen war, dass sie mit einer steuerbaren Lüftung ausgestattet sind.
In St. Michael sind die Beichtstühle in die Nischen der Seitenkapellen integriert. In den Seitengängen davor ist eine doppelte Stuhlreihe reserviert mit dem Hinweis „Für Beichtende“. Hier können Menschen, die beichten wollen, Platz nehmen, sich ins Gebet versenken oder noch einmal im Geist durchgehen, mit welchen Anliegen sie in das Gespräch gehen wollen. Derzeit kommen laut Pater Kern täglich im Schnitt 20 Gläubige zum Beichten in die Jesuitenkirche. „Das sind sehr viel weniger Menschen als vor Corona“, erzählt der Kirchenrektor. Die Jesuiten nehmen die Hygieneregeln sehr ernst: Es ist nur eine zehnminütige Beichte mit FFP2-Maske möglich, Beichtender und Pater sind durch eine Plexiglasscheibe getrennt. Nach dem Gespräch wird der Beichtstuhl gelüftet.
Die Motivation, zur Beichte zu gehen, kann ganz unterschiedlich sein. Das nachsynodale apostolische Schreiben „Sacramentum Caritatis“ aus dem Jahr 2007 lädt alle getauften Gläubigen zur häufigen Beichte ein, vor allem in Bußzeiten der Kirche und vor hohen Festtagen. Zur Beichte gehen daher einerseits Menschen, die dem katholischen Glauben eng verbunden sind.
„Die Mehrheit derer, die zu uns kommen, wünscht eher ein ausführlicheres Gespräch als eine Beichte im klassischen Sinn“, hat Pater Kern die Erfahrung gemacht. Ein solches führen die Beichtväter in Aussprachezimmern im „Zentrum St. Michael“. Es ist direkt über den Eingang des Gebäudes in der Maxburgstraße 1 erreichbar. Dort sind lichtdurchflutete Zimmer mit Fenstern. An den hell getünchten Wänden hängen Bilder in kräftigen Farben. Auf einem runden Tisch mit vier bequemen Sesseln steht eine Kerze. „Unser Gesprächsangebot ist offen für alle, unabhängig von Religion, Konfession, Nationalität, sexueller Orientierung“, ordnet der Jesuit die seelsorgerische Arbeit seines Teams ein.
Pater Kern SJ vor einem der neuen Beichtstühle in St. Michael, München
„Es kommen Menschen, die eine geistliche Begleitung suchen und die sich über die weiteren Stationen ihres Lebensweges klar werden wollen“, berichtet Pater Kern, „auch immer mehr junge Leute.“ Sie suchten den geschützten Rahmen des Gesprächs, um ihre Ängste und inneren Zweifel vor jemandem freizulegen. „Über Sexualität wird freimütig gesprochen. Die engen thematischen Grenzen wie früher gibt es nicht mehr“, sagt Pater Kern. Hin und wieder tauchten auch Menschen auf, die nach Jahrzehnten, in denen sie sich von ihrer Kirche und dem Glauben entfernt hätten, bewusst wieder das Bußsakrament empfangen wollen. Gründe dafür seien oft schwere Lebenserschütterungen oder die erneute Berührung mit dem Glauben, etwa wenn ein Enkelkind erstmals die Kommunion empfange. „In all diesen Situationen wollen wir da sein für die Menschen, ihnen zuhören, sie ermutigen und ihnen helfen, aus eigener Kraft und gestützt auf die Kraft des Sakramentes wieder aufzustehen“, so der Geistliche.
Text: Lisa Schmaus, Redakteurin, März 2021
St. Michael-Jesuitenkirche
Neuhauser Str. 6
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