80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau Polnische Gefangene stellten die größte Häftlingsgruppe

Am 29. April 1945 befreite die US Army rund 30.000 noch im Konzentrationslager Dachau verbliebene Häftlinge. Damit endete ein grauenvolles Kapitel der nationalsozialistischen Ausbeutungs- und Vernichtungsstrategie auf deutschem Boden, das bereits kurz nach der Regierungsübernahme durch Nationalsozialisten und Konservative 1933 begonnen hatte. In den zwölf Jahren wurden nach Schätzungen über 41.000 Inhaftierte ermordet.
 
Gedenkstätte KZ Dachau
Gedenkstätte KZ Dachau
Es ist kein Konzentrationslager wie andere gewesen: Das 1943 in Dachau errichtete Krematorium mit Gaskammer wurde zum Einäschern der Toten, nicht aber zum industriellen Massenmord genutzt. Und doch bleibt "Dachau" als besonders Sinnbild des Schreckens der NS-Herrschaft im kulturellen Gedächtnis. 

Photographien des Lagers, seiner Toten und Überlebenden durch die Amerikaner trugen sicherlich dazu bei. Vor allem aber war es die gesamten zwölf Jahre des Dritten Reichs und damit wesentlich länger als viele andere der Lager in Betrieb. Damit konnte das KZ vor den Toren Münchens besonders viel Grausamkeit und Horror in allen Facetten herausbilden: Erschießungen, Folter, qualvolle medizinische Experimente an Häftlingen, Tod durch Hunger, Krankheiten und Seuchen, zu Tode Schinden in der Zwangsarbeit bis über die Lagerzäune hinaus, Todesmärsche Richtung Alpenrand.

Bereits im März 1933 ordnete Heinrich Himmler in seiner Eigenschaft als Kommissarischer Polizeipräsident von München die Errichtung des Konzentrationslagers an, in dem Gegner des NS-Regimes inhaftiert werden sollten. Schon im Sommer hatte sich das für alle weiteren Lager stilbildende KZ-Modell mit Hochspannungszaun, Wachtürmen, Häftlingsbaracken, Kommandanturbereich mit Verwaltungsgebäuden und Kasernen herausgebildet – eine autarke Welt, jeglicher Kontrolle durch die Justiz- oder irgendwelchen staatlichen Behörden entzogen. Hier sperrte das Regime Kommunisten, Sozialdemokraten, Liberale, Konservative, Gewerkschafter, Juden, Zeugen Jehovas, Sinti und Roma, Homosexuelle und Kriminelle ein.
 
Gelände KZ-Gedenkstätte Dachau
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs änderte sich die Zusammensetzung der Gefangenen so grundlegend, dass zum Zeitpunkt der Befreiung die deutschen Häftlinge in der Minderheit waren. Aus den überfallenen Ländern wurden Widerstandskämpfer, Juden und Geistliche nach Dachau verschleppt. Zunehmend wurden sie in der Rüstungsindustrie als Arbeitssklaven eingesetzt, um beispielsweise unterirdische Fabrikhallen für die Flugzeugproduktion zu errichten.

Mit rund 41.000 Verschleppten machten Polen dabei die größte nationale Häftlingsgruppe des Lagers aus. Auch der Großteil der inhaftierten Geistlichen stammte aus Polen, 1.780 von 2.720. Diese wurden in den so genannten Priesterblöcken untergebracht. Dass diese Nationalität so dominant war, erklärt sich dadurch, dass Polen als erstes Land im September 1939 von der Deutschen Wehrmacht überfallen worden war. Zu diesem Zeitpunkt existierten die osteuropäischen Vernichtungslager wie Auschwitz noch nicht; sie entstanden erst in der zweiten Jahreshälfte 1941. Damit wurde Dachau in diesen ersten Jahren des Weltkriegs zum Hauptgefangenenlager für die Polinnen und Polen.

Bereits am 16. September und damit zwei Wochen nach dem Überfall auf Polen war der erste Transport mit 25 Gefangenen eingetroffen. Ende 1940 waren dann schon mindestens 13.000 polnische Bürger im KZ inhaftiert, vor allem aus den „neuen Reichsgauen“, aus denen etwa sieben bis acht Millionen Polen entfernt werden sollten.

Bis April 1945 verschleppten die Nationalsozialisten mehr als 40.000 polnische Männer und Frauen nach Dachau, fast 10.000 von ihnen wegen ihrer jüdischen Herkunft. Etwa 8.400 dieser polnischen Gefangenen wurden ermordet.

In den letzten Kriegsjahren wurden auch rund 1.600 polnische Frauen nach Dachau verbracht. In einigen Außenlagern befanden sich laut der Gedenkstättenseelsorge sehr viele oder sogar ausschließlich weibliche KZ-Häftlinge. Diese waren zum Teil sexualisierter Gewalt ausgesetzt, wurden Opfer pseudomedizinischer Versuche oder zur Prostitution im Lagerbordell gezwungen; einige wurden als ausländische Widerstandskämpferinnen ermordet.

Ein Kreuzweg der Katholischen Seelsorge der KZ-Gedenkstätte Dachau in Zusammenarbeit mit dem Kreiskatholikenrat Dachau und dem Dachauer Forum e.V. hat dieses Jahr in der Gedenkstätte im KZ Dachau an diese Frauen und die insgesamt 8.000 weiblichen Gefangenen erinnert. An fünf Stationen wurden exemplarisch fünf Frauen vorgestellt, darunter die Ärztin Ella Lingens, eine Widerstandskämpferin aus Wien, die 1980 von Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet wurde, und Miriam Rosenthal, eine der zahlreichen ungarischen Jüdinnen, die ab 1944 nach Kaufering in ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau verschleppt wurden, wo Rosenthal im Februar 1945 einen Sohn gebar.

Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit
Alte Römerstraße 75
85221 Dachau
Telefon: 08131-32 17 31
JEinsiedel(at)eomuc.de
http://www.gedenkstaettenseelsorge.de
Fachbereichsleiterin:
Judith Einsiedel, Pastoralreferentin
Gedenkfeier zur Befreiung des KZ Dachau vor 80 Jahren

Zu Ehren und in der Erinnerung an alle Opfer im KZ Dachau wird am 26. April 2025 anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung des Lagers eine Deutsch-Polnische Gedenkveranstaltung stattfinden. Von polnischer Seite werden 1.000 Pilgerinnen und Pilger erwartet. Die Gedenkstätte bleibt an dem Tag auch allgemein für Besucher geöffnet.