Die Passionszeit lädt dazu ein, sich mit der tröstlichen Botschaft sogenannter Arma-Christi-Kreuze intensiver zu befassen. Während sie jahrhundertelang als Zeichen der Volksfrömmigkeit, des Schutzes und der Andacht vielerorts im Alltag präsent waren, sind im Zuge der Aufklärung und Säkularisation sowie in der Nachkriegszeit viele solcher hölzernen „Triumphzeichen“ verloren gegangen. Eine Reise durch das Erzbistum zu fünf beeindruckenden Arma-Christi-Kreuzen.
Angesichts der zerstörerischen Kraft moderner Waffensysteme, wie sie aktuell im Ukraine-Krieg eingesetzt werden, über die „Arma Christi“, die Waffen des Erlösers, zu sprechen, mag vermessen klingen. Und doch lädt gerade die Passionszeit dazu ein, sich mit der tröstlichen Botschaft sogenannter Arma-Christi-Kreuze intensiver zu befassen. Während sie jahrhundertelang als Zeichen der Volksfrömmigkeit, des Schutzes und der Andacht vielerorts im Alltag präsent waren, sind im Zuge der Aufklärung und Säkularisation sowie in der Nachkriegszeit viele solcher hölzernen „Triumphzeichen“ verloren gegangen.
Während man im Allgäu, in Niederbayern, Franken und der Oberpfalz noch häufiger auf zum Teil eindrucksvolle „Arma-Christi“-Bildwerke stößt, sind die Beispiele im Bereich der Erzdiözese München und Freising eher rar gesät. Nichtsdestotrotz finden sich hier qualitativ sehr hochwertige und eindrucksvolle Arbeiten, die sogar Künstler der Gegenwart inspiriert haben. Bei einer Reise zu fünf verschiedenen Orten wollen wir uns eingehender mit den Botschaften befassen.
Für das bessere Verständnis erscheint es zunächst sinnvoll, die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte der Arma-Christi-Kreuze näher zu beleuchten. Bekannt sind sie auch unter dem Namen Passions- oder Kapuzinerkreuz. Der lateinische Ausdruck „Arma“ bedeutet Waffen, Bewaffnung oder auch Werkzeug. Beim Arma-Christi-Kreuz sind statt oder zusätzlich zum Körper auch die Leidens- beziehungsweise Folterwerkzeuge Christi abgebildet.
Auf Fresken aus dem Mittelalter lassen sich die ältesten bekannten Darstellungen nachweisen. Verbreitung fanden Passionskreuze im süddeutschen Raum, Österreich, Südtirol, der Innerschweiz, Teilen Frankreichs und vereinzelt im Rheinland. Die Leidenswerkzeuge dienten bis zum 12./13. Jahrhundert als Zeichen des Königtums und Triumphes Christi über den Tod.
Ab der Gotik im 14. Jahrhundert lässt sich ein Bedeutungswandel hin zum Andachtsbild des Schmerzensmannes beobachten. Die dargestellten Leidenswerkzeuge galten nunmehr der Passionsfrömmigkeit, dem Mitfühlen beim meditativen Betrachten der Passion Christi. Eine weite Verbreitung fanden sie zur Zeit der Gegenreformation im Barock. Speziell die Kapuziner förderten diese Form des Andachtsbildes zur Stärkung des rechten Glaubens und der Volksfrömmigkeit. Deshalb hat sich auch die Bezeichnung „Kapuzinerkreuz“ eingebürgert.
Bis ins 20. Jahrhundert finden sich Darstellungen an der Außenseite von Kirchen oder als Schutzzeichen vor Missernten, Krankheiten und Hungersnöten auf Scheunen und an bäuerlichen Anwesen. Ebenso auf Feldkreuzen und in Form von Standbildern und Hausaltären für die Hausandacht. Neben Miniaturen sind auch Schnitzwerke aus Elfenbein bekannt. Sogar auf alten Werkzeugen von Handwerkern sind stilisierte Darstellungen zu sehen.
Die zum Teil mehr als 30 abgebildeten „Arma Christi“ beziehen sich auf wichtige Stationen der Passion Christi zwischen Verrat und Gefangennahme über die Geißelung bis zum Kreuzestod: Dazu zählen Hammer, Zange und die drei Nägel, die Hellebarde des Longinus und der Stab mit dem Essigschwamm, die Geißelsäule mit Kette, Rutenbündel und Peitsche als Symbol der Geißelung, die Würfel als Symbole des Würfelns um Christi Gewand, der Lohnbeutel für Judas‘ Verrat und der Hahn als Zeichen der Verleugnung durch Petrus. Die Leiter verweist auf die Kreuzabnahme. Durch die Überwindung des Todes im Ostermysterium werden die Folterwerkzeuge des irdischen Leids zu Waffen des Triumphs Christi, der damit auch den Gläubigen Erlösung und Trost gebracht hat.
Stiftskirche St. Peter und Paul in Beuerberg im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen
Feldkreuz in Sulzemoos im Landkreis Dachau
Text: Axel Effner, Freier Redakteur, März 2022
Dr. Martina Außermeier über die Bedeutung der Arma Christi Kreuze:
"Die Arma-Christi-Kreuze zeigen Christus am Kreuz zusammen mit seinen Marterwerkzeugen, wie sie in der Bibel oder apokryphen Schriften benannt werden. Es sind also die Leidenswerkszeuge Christi, wobei der Gekreuzigte selbst als solches angesehen wurde. Meistens sind es die Dornenkrone, Ysop-Stab und Lanze, die Nägel, der Hammer sowie die Würfel, mit denen die Soldaten um sein Gewand gespielt haben. Manchmal sind auch die Geißelsäule, die Leiter, die Silberlinge und das Leichentuch zu sehen. Sie stehen also sinnbildlich für den Leidensweg Christi und veranschaulichen seine Pein.
Bereits im Frühmittelalter ist die Darstellung der Arma-Christi nachgewiesen, im Spätmittelalter erleben sie durch die Passionsfrömmigkeit damaliger Zeit einen Höhepunkt an Verbreitung und Verehrung – dann oft in Verbindung mit dem Schmerzensmann, der als überhistorisches Bild des Dornengekrönten zur Anbetung der fünf Wundmale diente.
In der Gestalt von Kreuzen sind sie uns heute meist aus barocker oder späterer Zeit erhalten geblieben und stehen vor allem außerhalb von Kirchen an Hauswänden oder an Wegen. Bis in die barocke Zeit war das alltägliche Leben durchwirkt von Frömmigkeit, sodass die Arma-Christi-Kreuze stets auf den Opfertod Christi verweisen sollten, auch außerhalb der Fastenzeit. Dabei ging es nicht nur um die Vergegenwärtigung des Leids Christi, sondern vor allem um die Hoffnung auf Erlösung – die Aussicht darauf hat Christus uns durch seinen Opfertod bereitet."
Dr. Martina Außermeier ist Fachreferentin für wissenschaftliche Grundlagen und Kunsttopographie in der Hauptabteilung Kunst des Erzbistums
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