Die sieben Gaben des Heiligen Geistes Wie Gott zu Veränderung und Wachstum ermutigt

Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Gottesfurcht und Frömmigkeit: Sie gelten als die sieben Gaben des Heiligen Geistes. Daniel Lerch, Pfarrer an der Heilig-Geist-Kirche in München, erklärt, wie sie zu wichtigen Helfern werden können, um den eigenen Weg zu finden, und warum Gott sie den Menschen schenkt, damit sie nicht zu Stubenhockern werden, sondern im Leben und in der Kirche Aufbruch wagen.
Bildliche Darstellungen der sieben Geistesgaben in der Heilig Geist Kirche in München:
Frage einhundert Katholiken: „Was ist das Wichtigste in der katholischen Kirche?“ Und sie werden dir antworten: „Natürlich die Heilige Messe!“
 
Frage dann hundert Katholiken: „Was ist das Wichtigste in der Messe?“ Und sie werden dir antworten: „Das ist natürlich die Wandlung!“
 
Aber sage einhundert Katholiken: „Das Wichtigste in der katholischen Kirche, das ist dann ja die Wandlung!“ Dann werden sie dir sagen: „Um Gottes Willen: Nein! Es soll alles so bleiben, wie es ist!“
Dieses Bonmot passt gut zum Hochfest des Heiligen Geistes, das wir an Pfingsten feiern. Denn zu den herausragenden Wirkungen des Heiligen Geistes im Leben der Kirche zählen Verwandlung, Veränderung und neues Wachstum. Man erkennt sein Wirken eigentlich immer daran, dass etwas Neues entsteht und daran, dass es ganz anders entsteht, als wir es geplant oder erdacht hatten:
 
  • Die verängstigten Jünger im Obergemach: Niemals hätten sie sich vorstellen können, dass sie furchtlos zu tausenden von Menschen über ihren Glauben sprechen würden. Keiner hätte es für möglich gehalten, dass sie dabei sogar in allen Sprachen verstanden werden.
  • Die Judenchristen der jungen Kirche: Für sie war es undenkbar, dass der Heilige Geist auch zu den Heiden spricht und die „Unbeschnittenen“ – ohne einen Unterschied zu machen – genauso in die Nachfolge Jesu beruft wie sie.
  • Die Bekenner und Märtyrer, die in der Zeit der Christenverfolgung um ihr Leben bangen mussten: Niemals hätten sie gedacht, dass es einmal einen getauften Kaiser und ein vom christlichen Glauben geprägtes römisches Reich geben könnte.
 
Der Heilige Geist ist der große „Anders-Führer“. Er lenkt die Geschicke der Gläubigen niemals vorhersehbar, aber immer zum Guten.
 

Wegweiser zu den eigenen Begabungen

Und wie sieht das heute aus? Trauen wir es dem Heiligen Geist zu, dass er – auch durch die Pandemie der vergangenen Monate hindurch – die Kirche in etwas ganz Neues hineinführen will; und zwar auf eine Weise, die für uns jetzt noch völlig unvorstellbar ist?
 
Trauen wir ihm das zu? Wollen wir ihm auf diesem Weg folgen?
 
Dass sich etwas, das man liebgewonnen hat, verändern soll, mag kaum jemand von uns. Veränderungen bringen gewohnte Sicherheiten durcheinander. Das ist unbequem. Das mögen wir nicht. Davor haben wir vielleicht sogar ein wenig Angst.
 
Die Gaben des Heiligen Geistes sind uns geschenkt, damit wir auf diesem herausfordernden Weg gestärkt werden. Sie sind Hilfen für das Leben, die uns Gott mit auf den Weg gibt – als Begleitung und Ermutigung, als Stärkung und Beistand. Sieben Wegweiser, um die eigenen Begabungen zu entfalten.
 

„Download Gottes“

Die Lehre von den sieben Gaben des Heiligen Geistes hat ihren Ursprung in einem Text des Propheten Jesaja (Jes 11,2), in dem es heißt: „Der Geist des Herrn ruht auf ihm: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn.“ Jesaja nennt hier paarweise sechs Gaben. Die siebte Gabe – die Frömmigkeit – wurde erst später ergänzt. Die Zahl Sieben verweist symbolisch auf die Fülle und Vollkommenheit. Sie ergibt sich aus der Verbindung der göttlichen Dreifaltigkeit mit den irdischen vier Elementen.
 
Der Heilige Geist ist ja genau dafür zuständig. Er verbindet den Himmel mit der Erde und Gott mit den Menschen. Ohne ihn könnten wir den Willen Gottes nicht erkennen, dem Bösen nicht widerstehen und noch nicht einmal beten. Er hält die Kirche im Schwung.
 
Der in Jerusalem lebende Priester Stephan Wahl übersetzte die sieben Gaben des Heiligen Geistes einmal als „Download Gottes“. Sie sind ein Programm, das Gott uns Menschen anbietet – ob wir Menschen dieses Programm anklicken, speichern und verwenden, liegt an uns. Darin sind wir letztlich frei, Gott zwingt zu nichts.
 

Die Kirche in Schwung halten

Aber wenn wir in unserem Leben weiterkommen wollen, dann sollten wir den Heiligen Geist darum bitten, uns niemals in Ruhe zu lassen. Die Gaben des Geistes sind uns nicht geschenkt, damit wir bequem vor uns hinvegetieren. „Runter vom Sofa!“, rief Papst Franziskus den Jugendlichen beim Weltjugendtag in Krakau entgegen: In unserer Zeit bräuchten wir keine Stubenhocker, sondern Menschen, die Spuren hinterlassen.
 
Genau dazu gibt uns der Heilige Geist die Stärke. Er kann manchmal sehr unbequem sein, aber genau das brauchen wir, um Kraft zur Veränderung und zum Aufbruch zu finden.
 
„Seht, ich mache alles neu.“ (Offb 21,5) Das ist das Programm unseres Gottes. Er sendet seinen Geist, um zu erneuern.
 
So wie ein Kind jeden Tag Neues lernen muss, um sich immer mehr in dieser Welt zurechtzufinden und dabei die Hilfe seiner Eltern braucht, ist es auch bei uns: Wir brauchen den Antrieb und die Hilfe des Heiligen Geistes, um wachsen und voranschreiten zu können. Das gilt für unser persönliches Leben und für das Leben der ganzen Kirche.
 
Pfarrer Daniel Lerch

Text: Daniel Lerch, Pfarrer in der Pfarrei Heilig Geist in München

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