Weihnachten, das Fest von Christi Geburt, ist ein Familienfest. Besonders wenn die Kinder noch klein sind, gibt es feste Rituale, je nachdem kommen auch Tanten, Onkels und die Großeltern, um gemeinsam zu essen und sich zu beschenken. Doch wie verläuft Weihnachten, wenn die Familie auseinandergebrochen ist? Zwei getrennt lebende Mütter erzählen, wie sie Weihnachten gestalten und erleben – im Jahr der Trennung und heute.
„Total vermurkst“ sei das erste Weihnachten nach der Trennung abgelaufen, erzählt Claudia W.* aus München. Sie hatte ihren früheren Lebensgefährten, den Vater ihrer drei Kinder, eingeladen, gemeinsam Heiligabend zu verbringen. Denn sie hegte noch Hoffnung, dass die Familie wieder zusammenfindet.
Also trafen sie sich zur Christmette am Nachmittag, sie, er, die drei Kinder, damals 6, 8, und 14 Jahre, sowie ihre Eltern, die im Anschluss allerdings nicht mit zur Tochter gingen. Es sei eine komische Atmosphäre gewesen, sagt Claudia W. Sie hatte die räumliche Trennung im Sommer 2022 selbst vorgeschlagen. Sie hoffte damals, dass sie sich aus der Distanz gemeinsam anschauen könnten, was in ihrer Beziehung gut, aber eben auch nicht gut gelaufen ist. Um etwas zu ändern, um der Beziehung eine Chance zu geben und die Familie zusammenzuhalten.
Ein schweres Weihnachtsfest in der Trennung
„Ich wollte ihm einerseits Grenzen aufzeigen und andererseits die Hand reichen“, sagt sie. Er sei dazu allerdings nicht bereit gewesen, er habe sich verraten gefühlt. „Das lag beim Treffen an Weihnachten in der Luft: meine Traurigkeit und Verzweiflung, seine Enttäuschung und Verbitterung. Es hat sich alles schwer angefühlt.“ Für die Kinder sei das nicht gut gewesen: „Sie spürten die Angestrengtheit beim Versuch, gut miteinander umzugehen. Sie waren überfordert.“ Letztlich lenkten sie sich mit den Geschenken und mit Fernsehen ab. Lange dauerte das gemeinsame Fest nicht, bald nach dem Essen und der Bescherung verabschiedete sich ihr Ex-Partner, der nur wenige Minuten entfernt wohnt.
Die weiteren Weihnachtstage bis Silvester, als der Vater die Kinder übernahm, gestaltete Claudia W. möglichst abwechslungsreich. Sie unternahm mit den Kindern Ausflüge, besuchte die Großfamilie und organisierte einen Umtrunk mit Freunden – damit erst gar nicht das Gefühl aufkommt, es fehle jemand. Ihr selbst half es allerdings nur eingeschränkt. „Ich fühlte mich nicht komplett, verloren“, erzählt Claudia W.
Auch Anita P.* aus Haar bei München verbrachte das erste Weihnachtsfest nach der Trennung mit ihrem Ex-Partner und ihren zwei Söhnen, damals 6 und 8 Jahre alt. Dass alles entspannter verlief, hatte auch mit einer Idee ihrer Schwägerin zu tun: Sie lud die getrennte Familie zu sich ein, auf „neutralen Boden“. Etwaiger Ballast, den das Fest in der einst gemeinsamen Wohnung mit sich bringen könnte, sollte erst gar nicht zum Tragen kommen.
Schon die Einladung zum Fest war etwas Besonderes: Die Schwester von Anita P., die traditionell die Rolle des Christkinds übernimmt, schrieb einen mit goldenen Fäden versehenen Brief an die Kinder. Das „Engelshaar“ lugte aus dem Briefkasten heraus – das weckte die Neugier der Kinder. „In dem Brief stand, sie sollten nicht traurig sein, dass Weihnachten anders als früher sei. Es werde nicht daheim, sondern bei Tante Ina gefeiert.“ Die Einstimmung auf das Fest war gelungen, und auch Heiligabend selbst verlief harmonisch. Sie und ihr heutiger Ex-Mann besuchten zusammen die Kinderchristmette, wo der „Große“ im Krippenspiel auftrat. Bescherung und Essen folgten im großen Familienverbund, später fuhren die Kinder mit dem Vater mit. „Für die Kinder war schön, dass wir alle gemeinsam gefeiert haben“, sagt Anita P.
Inzwischen hat es sich bewährt, dass die Kinder Heiligabend abwechselnd bei ihr und ihrem Ex-Mann feiern, zum Zweiten Weihnachtsfeiertag erfolgt der Wechsel. Wenn die Kinder bei ihr sind – so wie dieses Jahr -, gibt es eine große Familienzusammenkunft: „Vormittags fahren wir zu meinen Eltern in den Landkreis Dachau, unterwegs holen wir noch meine Schwester ab. Die Mama kocht und hat Plätzchen gebacken. Das ist für alle schön, auch für die Erwachsenen.“ Auf den Kindergottesdienst folgt die Bescherung. Nach wie vor kümmert sich die Schwester als „Christkind“ um die Geschenke, die sie liebevoll einpackt. Mit zum Fest gehört, dass die Kinder ihren Vater anrufen „Die Kinder haben sich daran gewöhnt, sie freuen sich, dass sie zweimal Weihnachten feiern“, sagt Anita P. Wenn die gemeinsamen Söhne Heiligabend beim Vater verbringen, ist sie bei der Familie der Schwägerin willkommen, mit der sie eng verbunden ist. Es kann aber auch sein, dass sie Heiligabend alleine verbringt. „Vor dem ersten Mal hatte ich ein bisschen Angst. Aber dann war es gar nicht schlimm“, erzählt sie. Sie hörte schöne Weihnachtsmusik, machte eine Kerze an und aß Plätzchen. „Es war ganz ruhig. Das ist eine Erfahrung, die jeder Mal machen sollte“, rät sie.
Weihnachten nach der Trennung: Claudia W. findet ihren Frieden
Und was erwartet Claudia W. dieses Jahr zu Weihnachten? „Weihnachten ist immer eine kritische Zeit“, sagt sie. Doch nachdem sie eineinhalb schwierige Jahre überstanden hat, ist sie inzwischen mit sich und der Trennung im Reinen. „Ich habe lange gekämpft, aber jetzt habe ich die Situation angenommen“, sagt sie.
Halt gibt ihr ihre Kernfamilie. Das war schon vor der Trennung und gilt heute umso mehr. Und so wird sie Heiligabend mindestens mit den Eltern, womöglich auch mit den Familien der beiden Schwestern verbringen. Und natürlich mit ihren Kindern – abgesehen vom ältesten Sohn, er ist auf Schüleraustausch in Spanien. „Es wird vermutlich einen Waldspaziergang geben, Stampfkartoffeln, Sauerkraut und Würstel, wie fast jedes Jahr, oder Raclette.“ Die Christmette gehört zum festen Bestandteil genauso wie Telefonate mit der Großfamilie und dem Freundeskreis. Zur weiteren Feiertagsgestaltung zählen wieder der Umtrunk mit Freunden und die traditionelle Fahrt zur Oma in den Bayerischen Wald. Claudia W. hält gerne an Gewohnheiten fest, und sie ist gesellig. Anders als in den ersten beiden Jahren geht es ihr dieses Jahr aber nicht mehr um Ablenkung von der Tatsache, dass sie getrennt lebt.
Bei der Weihnachtsplanung lässt ihr Ex-Partner ihr freie Hand. Allerdings äußern inzwischen die Kinder den Wunsch, auch mal mit dem Papa Heiligabend zu verbringen. Wahrscheinlich wird es 2025 soweit sein. Für sie ist das in Ordnung: „Mich wirft der Gedanke an Weihnachten ohne Familie nicht mehr um.“
*Name ist der Redaktion bekannt
Text: Sandra Tjong, freie Autorin, Dezember 2024
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