Die neue Schatzzeit: „Ein Gespür für das Unendliche und Besondere“ Ein Rück- und Ausblick mit zwei Schatzzeit-Autorinnen

Nach der Schatzzeit ist vor der Schatzzeit. Einen Monat nach Ende der erfolgreichen „Schatzzeit im Grünen“ erzählen Stefanie Penker vom Fachreferat Kinderpastoral im Erzbischöflichen Jugendamt und Anna Rieß-Gschlößl von der Fachstelle Religionspädagogik im Elementarbereich, was die vergangene Einheit so besonders gemacht hat und was die Kleinen und Größeren ab September zu erwarten haben, wenn es an jedem ersten Freitag des Monats heißen wird: „Hallo Gott, ich bin’s!“
 
Anna Rieß-Gschlößl und Stefanie Penker
Anna Rieß-Gschlößl und Stefanie Penker
Frau Penker, Frau Rieß-Gschlößl, was ist Ihnen von der zurückliegenden "Schatzzeit im Grünen" besonders in Erinnerung geblieben?

Anna Rieß-Gschlößl: Ich denke an eine Teilnehmerin in meinem Seminar, die mir spontan das Erkennungslied "Schau doch mal zum Fenster raus" von Johannes Seibold vorgesungen hat, das sie so liebt und schon mehrfach mit ihren Kindern eingeübt hat. Hinzu kommen die schönen Bilder von Julia Romeiß, die in allen Einheiten Hand in Hand mit den Inhalten gingen. Besonders gut haben mir die Fotos des Hosentaschenkreuzes in meiner Andacht vom Oktober 2021 gefallen.

Stefanie Penker: Ich erinnere mich auch gerne an eine meiner letzten Einheiten, die mit der Brennnessel vom Juni 2022. Ich hatte mich mit einem befreundeten Wildnispädagogen getroffen, der mich auf die Spur dieser Pflanze gesetzt hat. Er meinte, die Brennnessel stehe immer am Rand - am Rande der Wiese, aber auch des Denkens, weil jeder glaubt, dass die Brennnessel nicht nützlich ist, weil sie nur brennt. Aber es steckt so viel mehr dahinter. Das ist ein gutes Bild für unsere Schatzzeit – auf den ersten Blick mag sie vielleicht unscheinbar sein, dann aber ist sie tiefgründig erlebbar, und man kann entdecken, wie viel in ihr steckt.

Generell hat mir besonders gut gefallen, den Erzieherinnen und Erziehern mit Tonspuren die Handhabung zu erleichtern. Sie mussten nur auf einen Knopf drücken, schon konnten die Kinder Geschichten, biblischen Erzählungen und Liedern zuhören.
Kind am Wasser
Schatzzeit am Wasser
Ist alles so gekommen, wie Sie es sich vor über einem Jahr erhofft haben?

Anna Rieß-Gschlößl: Es ist sogar noch besser gekommen. Es steckt so viel Arbeit dahinter, Höhen und Tiefen in allen Bereichen. Es waren viele Termine und viele Inhalte nötig, und es musste so vieles gut zusammenkommen. Als ich dann meine letzte Einheit Wasser geöffnet habe, bin ich von Stolz erfüllt gewesen, wie wunderschön und ganz besonders diese gesamte Schatzzeit geworden ist.

Stefanie Penker: In der Vorbereitung hatte ich überlegt, wie unglaublich spannend es werden würde, nicht nur an die Kita zu denken, sondern einmal andere Orte einzubinden und dazu in die Natur hinauszugehen. Wir haben überlegt, wie diese Räume zu besonderen Orten werden und wie wir einen kleinen, göttlichen Funken an diesen Orten für die Kinder erlebbar machen können. So ging es zum Beispiel in einer meiner Andachten darum, Orte zu finden, die zu dem Psalm 23 passen, am Wasser zu sein oder auf der Wiese zu liegen und zu erleben, dort bin ich gut aufgehoben.
 
Gab es eine Interaktion mit den Erzieherinnen und Erziehern?

Anna Rieß-Gschlößl: Wir haben in den letzten Jahren viele Rückmeldungen umgesetzt, so zum Beispiel, dass es jetzt ein PDF mit der Andacht zum Herunterladen gegeben hat. Eine Bitte, die immer mal an uns herangetragen wird, ist, alles gesammelt anzubieten, so dass man alles auf einen Blick hat. Wir überlegen, ob man die Schatzzeit handfest in Papierform zur Verfügung stellen kann.
 
Wie kommen Sie auf Ihre Themen und Ideen?

Stefanie Penker: Barbara Jaud, Monika Mehringer, Anna Rieß-Gschlößl und ich versuchen immer so breit und weit wie möglich für unsere Zielgruppen zu denken. Bei der Planung der Schatzzeit im Grünen gab zusätzlich Corona den Anstoß, mit den Einheiten möglichst nach draußen zu gehen. Dazu haben wir überlegt, welche Orte wir mit religiösen Inhalten füllen können.

Anna Rieß-Gschlößl: Wir denken immer mit, was gerade in den Kitas passiert, was die Kleinen und Großen in der Kita gerade beschäftigt und welche religiösen Angebote in diesen Situationen hilfreich sein könnten. Inspiration ziehen wir ebenso aus den Rückmeldungen, die wir in den Seminaren erhalten.
Kleines selbst gebasteltes Holzkreuz in der Hosentasche
Hosentaschenkreuz aus der Einheit "Baum"
Was nehmen Sie aus den Erfahrungen der abgelaufenen Schatzzeit mit in die neue?

Anna Rieß-Gschlößl: Der ritualisierte Einstieg und das Ende haben sich in unseren Augen sehr bewährt. Hier kann sich die ganze Gruppe einfinden und mitmachen. Daran werden wir festhalten. Neu ist zuletzt der Vorspann mit Inhalten für die Erwachsenen gewesen, in dem wir einen ganz kurzen thematischen Einstieg –  eine Art Einstimmung –, für diejenigen versuchen, welche die Einheit dann durchführen. Auch das werden wir weiterführen. Die Abläufe unserer Einheiten sind sehr frei gestaltet und variieren. Diesen Abwechslungsreichtum behalten wir uns bei und möchten damit zeigen, dass religiöse Bildung und Erziehung nicht langweilig sind, sondern Spaß und Freude machen.

Stefanie Penker: Es muss spannend sein, bunt, farbenfroh und kreativ – immer ausgerichtet am Bedarf unserer Zielgruppe. Was brauchen die Erzieherinnen und Erzieher, um gut arbeiten zu können? Wie kann im Jahr 2022 ein religiöses Angebot für Kinder aussehen? Wir versuchen dabei immer, nicht stehenzubleiben. Daher wagen wir uns nun auch auf das wenig bespielte Feld der U3. Wir sind überzeugt, dass auch in dieser Altersgruppe der unter Dreijährigen religiöse Bildung gelingen kann, für die Entwicklung der Kinder sehr wichtig ist.
 
Was ist das Thema der neuen Schatzzeit?

Stefanie Penker: Der Titel lautet „Hallo Gott, ich bin’s!“. Im weitesten Sinne geht es um verschiedene Dimensionen des Betens und das in Kontakt kommen mit Gott in Sprache und im Tun: Bitten, danken, klagen, jubeln, entschuldigen – alles, was es im Gespräch und im Sein mit dem Gegenüber gibt, vor Gott zu tragen.

Anna Rieß-Gschlößl: Wir haben uns gedacht, dass das Gebet ja ganz automatisch in jeder Schatzzeit steckt. Wir nehmen in jeder religionspädagogischen Einheit das Beten auf und tun es einfach. Jetzt möchten wir das thematisieren und konkret darüber sprechen: Was bedeutet das Gebet für uns? Was kann es für dich als Kind bedeuten? Und wir zeigen diese Besonderheit, dass unser Gott mit uns auf Augenhöhe geht, uns liebt, wie wir sind, mit unseren Stärken und Schwächen, der mit uns ebenbildlich ist und kommunizieren will und mit dem wir sprechen können, so wie wir sind. Mit unseren Sorgen und Nöten, mit unserer Freude, mit allem, was uns ausmacht. Da spielt es keine Rolle, ob ich klein oder groß, nichtbehindert oder behindert bin, ob ich schwarz oder weiß bin. Die vielfältigen Wege, wie wir Gott ansprechen können, wollen wir den Kindern zeigen und mit an die Hand geben. Vor Gott darf alles sein und ins Wort kommen.

Stefanie Penker: Martin Buber hat gesagt: „Der Mensch wird am Du zum Ich“. Wenn wir Gott als Gegenüber wahrnehmen und sein Angebot annehmen, kann ich die- oder derjenige werden, die oder der ich bin.
 
Wie brechen Sie das auf einzelne Einheiten herunter?

Anna Rieß-Gschlößl: Wir widmen uns den klassischen Formen des Gebets und Gebetsinhalten, wie es sie schon immer gegeben hat und man sie aus der biblischen Geschichte kennt – das Loben, das Danken, das Klagen. Aber wir haben auch Singen, Tanzen, Jubeln und das kürzeste Glaubensbekenntnis, das Kreuzzeichen, mit dabei. All das spiegelt einerseits das menschliche Leben wider, steht andererseits aber auch in unserer biblisch-christlichen Tradition und verbindet das mit der Lebenswelt der Menschen im Jahr 2022. Wie also kann ich im Hier und Heute mit meiner Sprache das zum Ausdruck bringen, als Teil einer christlichen Tradition, aber auch als individueller Mensch vor Gott?

Stefanie Penker: Das ist so ein bisschen wie ein Handwerkszeug für den Glauben: Wie kann ich mein Leben vor Gott hintragen? Ich darf bitten, mich des Lebens freuen, jubeln, ich darf aber auch mal grantig sein. Das ist ein Gott, bei dem ich mich sozusagen auch „beschweren“ kann. Mir gefällt gut, dass wir eine Klammer versuchen: Wir beginnen mit dem Kreuzzeichen, und führen dann über die Einheiten zu einem persönlichen Glaubensbekenntnis, das die Kinder formulieren, tanzen, singen oder mit Gesten darstellen können.
 
Wie bereiten Sie die Inhalte für die U3 auf?

Anna Rieß-Gschlößl: Für diese Altersgruppe gibt es wenig Literatur, während wir zunehmend diese Altersgruppe in unseren Einrichtungen haben und deren Eltern gerne etwas an der Hand hätten, um die Grundlage für ein Leben aus dem Glauben zu legen. Die Kleinen können ein Gespür für das Unendliche, für das Besondere entwickeln. Es geht nicht darum, dass sie das Kreuzzeichen lernen sollen, sondern sie können spüren, dass sie Teil einer Gemeinschaft und mit anderen verbunden sind. Wenn wir eine solche Atmosphäre, ein Wohlgefühl und ein Gefühl des Angenommenseins schaffen können, haben wir viel richtig gemacht. Das wird sicherlich nicht messbar sein, aber darum geht es ja auch nicht. Wir möchten Kinder auf das Leben vorbereiten und ihnen Ressourcen, ein Vertrauen in die Welt und in sich selbst mitgeben.

Stefanie Penker: Das ist der Grund, der unser Leben trägt. Sonst würden wir das hier nicht tun und auch Persönliches von uns in diesen Andachten preisgeben. Wir möchten zeigen, dass dieses Angebot von Gott, wenn du es annimmst, eine Basis für dein Leben sein kann und dich durch gute wie schlechte Zeiten trägt.
Schatzzeit Wildkräuter Brennnessel
Brennnessel
Worauf freuen Sie sich bei der neuen Schatzzeit?

Anna Rieß-Gschlößl: Dass wir wieder ein komplett neues Feld bespielen. Es hebt sich nochmal von dem ab, was wir schon gemacht haben. Ich empfinde es als Geschenk, dass uns immer wieder etwas Neues einfällt. Und es ist auch ein Geschenk, dass diese vielen Komponenten – die Kinder, die wir im Blick haben, unsere Zielgruppe der Erzieherinnen und Erzieher, der Glauben, der uns so wichtig ist – in einer guten Form zu Papier, in den Ton gebracht werden, verbildlicht werden und so zusammenkommen. Das liegt nicht nur in unserer Hand. Das ist mir in aller Demut bewusst.

Stefanie Penker: Dem ist nichts hinzuzufügen, das ist wirklich so. Wenn wir am Ende dieser kommenden Schatzzeit wieder sagen können, dass wir Erzieherinnen und Erziehern und Eltern mit ihren Kindern in ihrem Tun unterstützt, ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert und die Kinder begleitet haben – darauf freue ich mich am meisten, wenn das so eintreffen würde.
 
Und was erfüllt Sie vielleicht auch mit Ehrfurcht?

Stefanie Penker: Das Thema Beten. Wenn ich zu einer Heiligen oder einem Heiligen arbeite, weiß ich, dass es eine Legende, ein Zeichen, eine Darstellung, ein Bild, eine Geschichte gibt. Beim Beten ist dagegen viel Persönliches von mir dabei, und das ist eine Herausforderung, ein Stück meines persönlichen Glaubens zu teilen.

Anna Rieß-Gschlößl: Für mich ist es das Thema der U3, für das mein Herz schlägt, von dem ich aber auch weiß, dass es eine Herausforderung ist, es umsetzbar zu Papier zu bringen und der Zielgruppe gerecht zu werden. Zugleich freue ich mich über dieses Wagnis.

Stefanie Penker: Ich glaube, Gott ist auf der Seite der Mutigen.
 
Text: Ralf Augsburg, Stabsstelle Kommunikation, Juli 2022
Kinderpastoral
Preysingstr. 93
81667 München
Telefon: 089 / 48092-2217
Kinderpastoral(at)eomuc.de
http://www.kinderpastoral.de

Fachreferentin:   
Stefanie Penker, Gemeindereferentin
Tel.: 089 / 48092-2215
SPenker@eomuc.de
Fachstelle Religionspädagogik im Elementarbereich
Kapellenstr. 4
80333 München
Telefon: 089 2137-1660
Fax: 089 2137-1352
kita-religion(at)eomuc.de
http://www.erzbistum-muenchen.de/kita-religionspaedagogik

Ansprechpartnerinnen:
Barbara Jaud, Sachreferentin
Tel. 089 2137-1640
BJaud@eomuc.de

Anna Rieß-Gschlößl, Sachreferentin
Tel. 089 2137-2545
ARiess-Gschloessl@eomuc.de