Spitalkirche St. Joseph

St. Josef Außenansicht

Geschichte

Wie die Heilig-Geist-Kirche geht auch die Spitalkirche St. Joseph in der Innstraße auf eine private Stiftung zurück. Der Rosenheimer Handelsherr Simon Peer ließ die Spitalkirche in den Jahren 1618 und 1619 vor dem Inntor des Marktes errichten. Der Kirchenbau schloss sich an das Bürger- und Armenspital an, das hier bereits seit dem 15. Jahrhundert bestand, und von wo aus das Gotteshaus auch unmittelbar zugänglich war. Eine Gedenktafel aus Rotmarmor von 1619 außen über dem Rundbogenportal erinnert an den Stifter Simon Peer.
Ursprünglich war die Kirche in den Formen der Spätgotik errichtet. Nach dem Stadtbrand von 1641, bei dem der Bau bis auf die Außenmauern abbrannte, ließ sie der Sohn des Stifters, Andreas Peer, um 1645 wiederherstellen. Nun erhielt die Spitalkirche ihre heutige Gestalt als Saalbau mit Tonnengewölbe und einem markanten Turm mit Laterne und Zwiebelhaube.
Die letzte Renovierung erfolgte von 1988 bis 1990.
St. Josef Hochaltar

Ausstattung

Der Quadraturstuck mit seiner ganz typischen Ausprägung der Schliersee-Miesbacher Stuckatorengruppe aus der Mitte des 17. Jahrhunderts ist eine besondere Zierde des Innenraums. In zartem Grau betont die Felderteilung im Gewölbe und an den Wänden die Linien der Barockarchitektur. Rosetten und geflügelte Engelsköpfchen setzen Akzente. Die Decke schmücken in Gold abgesetzte Symbole der Hl. Dreifaltigkeit und der Hl. Familie, so über dem Hochaltar drei verschlungene Kreise mit der Inschrift: "PATER - FILIVS - SPIRITVS S. - DEVS2; ferner das IHS-Monogramm; Joseph und Maria und ein Kreuz.
 
Der Rokoko-Altar von 1755 ist, gemäß der Zunftordnung, ein Gemeinschaftswerk dreier Rosenheimer Künstler. Den Altaraufbau schuf der Kistler Johann Georg Keill (Bürgeraufnahme 1752- gestorben um 1788), die Figuren der Bildhauer Jakob Dibeller (1708-1771) und das Altarblatt sowie das Auszugsbild der Maler Joseph Anton Höttinger (1722-1798).

Leider wurde der deckenhohe Altar 1844 anlässlich einer Renovierung durch Georg Lagler vom Samerberg zu seinem Nachteil verändert. Schnitzdekor wurde entfernt und die Sockelzone grundlegend umgebaut mit den nazarenischen Darstellungen der vier Evangelisten.

Auf dem Altarblatt schildert Höttinger die Hl. Familie. Das Auszugsbild zeigt den Gnadenstuhl. Als Seitenfiguren erscheinen die Eltern Mariens, der hl. Joachim (links) und die hl. Anna (rechts). Die äußeren Seitenfiguren stellen die Namenspatrone der Stifter dar. Rechts der hl. Simon für den Stifter Simon Peer und links der hl. Andreas für den Wiedererbauer nach dem Stadtbrand, Andreas Peer. Der Altar zeigt einen delikaten Farbklang von grünlichem Grau und rötlicher Marmorimitation, akzentuiert durch Gold. 
St. Josef Andreasfigur
St. Josef Josefsfigur
Die Kanzel aus der Zeit um 1755 verdankt sich ebenfalls den beiden Rosenheimern Johann Georg Keill und Jakob Dibeller (Figuren).
St. Josef Kanzel
Neun große Wandgemälde, um 1750 von Joseph Anton Höttinger und seinen Schülern geschaffen, schildern Szenen aus dem Leben des hl. Joseph und liefern in Schriftkartuschen in holpriger Barocklyrik die jeweiligen Erläuterungen dazu.:

1.) Joseph als Bräutigam erhält eine Lilie als Preis der Keuschheit.
2.) Joseph lehrt Jesus schreiben.
3.) Joseph lenkt das Schiff.
4.) Joseph als Gärtner pflückt eine Rose, das Symbol Mariens.
5.) Vereinigung des Willens von Joseph mit dem göttlichen Willen.
6.) Flucht nach Ägypten.
7.) Joseph lehrt Jesus arbeiten.
8.) Joseph lehrt Jesus sich einzuschränken.
9.) Das Jesuskind eilt zu Joseph.

Die Brüstungsbilder an der Empore aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts berichten ebenfalls aus dem Leben des Kirchenpatrons: Vermählung Josephs, Geburt Jesu, Traum Josephs, Flucht nach Ägypten, Rückkehr der Hl. Familie, Tod Josephs.

Auffallend in St. Joseph ist eine mehrfache Betonung der jesuitischen Trinität mit Maria, Joseph und dem Jesuskind. Wir finden dieses populäre Thema der Gegenreform im Deckenstuck, auf dem Altarblatt sowie in den beiden Joseps-Zyklen. Auf welche Anregung hin die Familie Peer gerade dem hl. Joseph eine Kirche widmete, wissen wir nicht. Genauso wenig ist bekannt, ob und wie Verbindungen aus Rosenheim zu den Jesuiten in München bestanden. Nur aus diesem Umkreis lässt sich die Herkunft des Bildprogramms erklären.

Ein Rotmarmorstein links vom Altar erinnert an den Stifter Simon Peer (gestorben 23.08.1634). Die Weihwasserschale aus Weißmarmor ist eine Salzburger Arbeit und wurde 1671 dort erstanden. Das Abschlussgitter stammt aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Rokokofigur des hl. Johann Nepomuk  aus der Mitte des 18. Jahrhunderts erinnert an den Brückenheiligen und seine Bedeutung für die Innschiffer.

Bemerkenswert ist das Votivbild, das anlässlich des Pandureneinfalls in Rosenheim am 22.10.1744 gelobt wurde. Das Bild - ein ähnliches befindet sich in der Loretokapelle - zeigt den Innübergang der kaiserlichen Truppen und die Beschießung des Marktes

Orgel

St. Josef Orgel
Die Orgel der St.-Josephs-Kirche (5 Register und Subbass) wurde 1846 von Josef Wagner aus Glonn aufgestellt. Bei der Kirchenrenovierung 1987 entfernte man die obere zweite Empore. Umständehalber wurden dabei spätere Orgelum- und -anbauten durch die Firma Hubert Sandner (Dillingen an der Donau) in den Originalzustand zurückgeführt und ein elektrisches Gebläse eingebaut. Es handelt sich um eine typisch süddeutsche Schleifladenorgel mit kurzer Oktave.
Text: Dr. Evelyn Frick, Rosenheim