Klage statt Anklage
von Rainer W. Janka
Übervoll war die Kirche St. Georg in Bad Aibling beim Konzert der Chorgemeinschaft Bad Aibling unter der Leitung von Konrad Liebscher. Auf dem Programm stand das Mozart-Requiem. Davor erklang das "Ave verum" von Mozart - und das schien fast die Interpretationsrichtung vorzugeben: Kein Höllengedonner, keine Angst vor dem Weltgericht, sondern milde Klage.
Daran tat Konrad Liebscher gut, denn seine Chorgemeinschaft ist kein krachender Donnerchor, sondern ein Chor, dessen Hauptaufgabe die musikalische Gestaltung der liturgischen Hochfeste ist, der also nicht ständig große Passionen zu singen imstande ist. So hielt Liebscher auch das Orchester relativ klein besetzt, ließ diese Musiker auch eher sanft unterstützend begleiten und ließ sie selten musikalisch hervortreten. Die spielten denn auch fein, ein bisschen gedämpft, aber wohlgestaltet und wohlabgewogen. Vor allem im "Lacrimosa" war das angenehm zu hören, da herrschte ein fein singender Geigenklang und alles war sorgfältig phrasiert und artikuliert. So nahm Liebscher diesem Requiem alle Schärfe, vermied jegliche klanglich-dynamische Zu- und Überspitzung und dramatische Überzeichnung, erzielte so insgesamt einen milden Gesamtklang: tönende Klage über statt verzweiflungsvolle Anklage gegen den Tod.
Die Frauen- und Männerstimmen standen sich deutlich getrennt gegenüber, das ergab zum Beispiel im "Confutatis" einen passenden Stereo-Effekt: entflammte Männer- gegen flehende Frauenstimmen, durch ein kleines Ritardando noch dramaturgisch unterstützt. Auch im Chor war alles auf Transparenz und einen behutsam-milden, niemals übersteuerten Gesamtklang bedacht, keine Stimme drängte sich vor, die Fugen waren gut durchhörbar. Ein großer Ernst und eine authentische Innigkeit prägten den Chorklang.
Die Solisten fügten sich gut in dieses Konzept: Dagmar Gareis entfaltete alles aus einem klingenden Piano heraus, Ursula Bommer überzeugte durch die unbeirrbare Festigkeit ihres Altes, Richard Eschlbeck forcierte bisweilen ein wenig seinen hellen Tenor, der Bassist Martin Kreidt setzte auf neutrale Solidität.
Langer Applaus belohnte die Leistung der Sänger und Musiker und auch Konrad Liebscher wurde mit Konzertkarten belohnt für zehn Jahre kirchenmusikalisches Wirken in Bad Aibling.