Etwa zur gleichen Zeit, in der der Streit zwischen dem Bischof von Freising und dem Abt von Herrenchiemsee entschieden wurde, also um 804, wird ein weiteres Mal eine Kirche in Willing in den Freisinger Traditionen genannt. Ein Toto übergab diese Kirche mit einem Herrenhaus und mit sonstigem Besitz an die Domkirche in Freising. Dabei handelt es sich eindeutig um die St. Johanneskirche von Westerham, das damals noch keinen eigenen Namen hatte, sondern wie auch Berbling = Bergwilling zum großen Siedlungsbereich Willing gerechnet wurde. Die Westerhamer Kirche wurde also als grundherrliche Eigenkirche gegründet. Nach der Freisinger Diözesanbeschreibung von 1315 gehörte Westerham zur Pfarrei Aibling, aufgeführt als Kapelle ohne eigenen Friedhof. In der Säkularisation sollte sie abgerissen werden, blieb aber auf Bitten der Dorfbewohner erhalten.
Der heutige Kirchenbau stammt in den unteren Teilen der Langhauswände wohl aus der Spätromanik (1. Hälfte 13. Jahrhundert). An der südlichen Außenwand sieht man neben dem vermauerten ursprünglichen Portal ein etwa 85 mal 55 Zentimeter großes Feld, in dem helle und dunkle Steine schachbrettartig zusammengefügt sind. In der Gotik wurden die Langhausmauern erhöht – die neuen Teile setzen sich durch eine sorgfältigere Schichtung der Quader deutlich ab – und ein neuer, stark eingezogener Chor mit Dreiseitschluß sowie der quadratische, fünfgeschossige Turm angefügt. Im 17. Jahrhundert wurde die heute bestehende Stichkappentonne im Langhaus eingezogen, die 1751 mit Deckengemälden ausgestattet wurde.
Die Deckengemälde, die der Aiblinger Maler Johann Georg Gaill malte, sind auf die Kirchenpatrone ausgerichtet. Die Hauptbilder sind Johannes dem Täufer gewidmet: im Chor die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes, im Langhaus Johannes als Prediger und Salome mit dem Haupt des Täufers. Die nördlichen Kartuschenbilder stellen Szenen aus dem Leben des Evangelisten Johannes dar: das letzte Abendmahl, Johannes unter dem Kreuz, Johannes Ev. im Ölkessel und Johannes auf Patmos. Die südlichen Kartuschenbilder beziehen sich wieder auf den Täufer: auf seine Geburt, sein Leben in der Wüste, sein Auftreten vor Herodes und sein Gefängnis.
An die Stelle des ursprünglichen Altares trat 1883 leider ein neugotischer, der bei der Renovierung 1944 durch den heutigen barocken Altaraufbau ersetzt wurde. Auf ihm stehen wertvolle gotische Figuren aus altem Besitz der Kirche, ein Kruzifixus mit Maria und Johannes Ev. auf den seitlichen Akanthusvoluten und ein Johannes der Täufer auf dem Auszug. Alle diese Figuren stammen aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, die zwei Engel mit den Leidenswerkzeugen neben dem Kreuz sind dagegen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Leider wurde 1883 eine große Zahl von Heiligenbildern und von Statuen, mit denen die Kirche angefüllt war, versteigert. Dennoch sind einige bemerkenswerte Kunstwerke geblieben, darunter ein Johannes Ev. mit Kelch aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts an der südlichen Chorwand, ein weiterer gotischer Johannes Ev. mit Kelch am nördlichen Chorbogen, ein barocker Johannes v. Nepomuk am südlichen Chorbogen, aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein auferstandener Christus, aus dem Rokoko ein Christus an der Geißelsäule und zwei Tonbüsten, die aus dem Umkreis des berühmten Bildhauers Johann Baptist Straub stammen. An der südlichen Langhauswand befindet sich ein Ölgemälde aus dem Ende des 17. Jahrhunderts, das die Kreuzigung Jesu mit Maria, Johannes und Magdalena darstellt. Auch die schöne Georgstatue auf der Empore aus der Zeit um 1670/80, die den Heiligen als Drachentöter auf einem Schimmel darstellt, war 1883 versteigert worden, konnte aber vor dem Ersten Weltkrieg zurück erworben werden. Diese Reiterstatue stand ursprünglich auf dem Hochaltar der in der Säkularisation abgerissenen Georgskapelle in Bad Aibling-Thürham und gehört künstlerisch in den Umkreis der bekannten Wasserburger Bildhauerfamilie Zürn.
Neben Johannes dem Täufer, Johannes dem Evangelisten und Johannes von Nepomuk findet man in Westerham einen vierten Heiligen mit dem Namen Johannes. An der Empore befinden sich drei auf Holz gemalte Bilder von 1750, die Szenen aus der Legende der im Barock hochverehrten „Wetterherren“ Johannes und Paulus zeigen. Diese beiden Brüder sollen um 360 in Rom enthauptet worden sein. Das linke Bild zeigt die beiden in antiker Rüstung mit weiteren Soldaten bei einer Bekehrungsszene, das mittlere ihre Enthauptung und das rechte die Brüder als Schutzpatrone vor Unwettern. Schon die Freisinger Matrikel von 1738/40 berichtet, dass die Westerhamer Kirche am Tag der Heiligen Johannes und Paulus, also am 26. Juni, mit einer Prozession aufgesucht wird, und um 1900 war an diesem Tag noch ein Schaueramt der Dörfer Willing, Mitterham und Westerham üblich.
Wie Willing gehörte auch Westerham jahrhundertelang zur Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Aibling. Seit der Erhebung Willings zur Pfarrei ist das Westerhamer Kirchlein Filialkirche von Willing. So muß es heute das Anliegen der ganzen Pfarrgemeinde Willing sein, diese schon im 8. Jahrhundert gegründete Kirche mit ihrer künstlerisch wertvollen Ausstattung zu erhalten.