Nach über drei schrecklichen Jahren Krieg in der Ukraine mit vielen Toten und Verletzten auf beiden Seiten, Menschen, die fliehen müssen, unvorstellbare Zer-
störungen kommt es jetzt vielleicht zu Friedensverhandlungen zwischen Trump und Putin, jetzt noch ohne die Ukraine selbst. Wir wissen, wie oft auf dieser Welt Frieden hergestellt wurde und auch wird: meist so, wenn er Herrscher gewaltsam einen Sieg erringt!
Im Kontrast dazu stehe die Worte Jesu in den Abschiedsreden des Johannes-
evangeliums. Sie beginnen im 14. Kapitel und bilden den Versuch, der Jünger-
schaft zu erläutern, warum Jesus sterben wird und wie das Kommende zu ver-
stehen ist. Solche Abschiedsreden haben im Kontext der Zeit Jesu testamentari-
schen Charakter. Man versammelt die Seinen um sich, um zu erklären, was man wem hinterlässt. Jesus spricht: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; einen Frieden, wie ihn die Welt nicht geben kann. Euer Herz beruhige sich nicht.“
Was ist das für ein Frieden, den die Welt nicht geben kann? In der Welt ist Frieden nur durch einen Sieg zu erlangen, der mit Gewalt errungen und mit Gewalt ver-
teidigt wird. Der Weg, den Jesus geht, ist ein anderer. Er reagiert auf die ihm an-
getane Gewalt nicht mir Gegengewalt, sondern mit Ver-gebung. Seine Botschaft kann sich aber nur dann als Wahr erweisen, wenn er zeigen kann, dass die Liebe, die er verkündet, bis zum Ende durchhält, was sie verspricht: stärker zu sein als der Tod. Er-weist sich dies aber, dann gibt es nichts mehr, das zu fürchten wäre. Nichts kann einen mehr bedrohen und somit gibt es auch nichts mehr, das zu verteidigen gilt. Im Erleben dieser Wirklichkeit stellt sich ein Frieden ein, den die Welt nicht geben kann.
Uns fällt diese Perspektive in Zeiten wie den unseren schwer, wenn sie nicht gar unmöglich ist. Das Heilige Land versinkt in einem nicht enden wollenden Blutbad. Auch heute werden and er Front in der Ukraine wieder zahlreiche Menschen sterben, und in Europa werden neofaschistische Parteien in die Parlamente ge-
wählt. Wie schnell passiert es, dass auch wir uns auf eine Seite schlagen, die hof-fentlich den Sieg erringt? Mein Herz ist beunruhigt.
Kann die Perspektive Jesu einen Ausweg bieten? Vielleicht lädt sie uns ein, nicht zu vergessen, dass es auch einen Frieden gibt, der nicht der Logik dieser Welt ent-
spricht. Dass die Worte Jesu und seine Hinterlassenschaft auch uns heute gelten. Das wir diese Erfahrung machen können. Wir müssen sie übersetzen. Wir brau-
chen Erfahrungen, die uns vermitteln, dass die Liebe am Ende das letzte Wort hat, obwohl uns die Welt immer eine andere Geschichte erzählen wird.