Viel Wehmut, aber auch viel Dankbarkeit schwang bei der offiziellen Verabschiedung der langjährigen Organistin und Chorleiterin Benedikta Padberg am Samstag, 29. Oktober in St. Vitus mit, als sie zusammen mit vielen Weggefährten die verschiedenen Stationen ihres Lebens und Wirkens Revue passieren ließ:
Benedikta Padberg erblickte am 11. Januar 1931 als zweitjüngstes von insgesamt 13 Kindern des Ehepaars Wurm das Licht der Welt. Voller Hochachtung und Zuneigung denkt sie vor allem auch an ihre Mutter, der das große Kunststück gelungen ist, nach dem frühen Tod des Vaters – er starb bereits im September 1932 im Alter von 45 Jahren, das jüngste Kind war gerade einmal 12 Wochen alt – alle Kinder bei sich zu behalten und gleichzeitig die Gärtnerei am Leitenweg weiter aufzubauen. Alle kirchlichen Feste und auch der Sonntag wurde im Hause Wurm hoch gehalten, man zog sich fein an und deckte den Tisch schön. Auch wurden die Namenstage der Kinder stets gefeiert, der Geburtstag hingegen war unwichtig: „Manchmal wussten wir gar nicht genau wie alt wir eigentlich sind“, erzählt Benedikta Padberg. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können nahm ihre Mutter zur Zerstreuung Zitherunterricht in der Rosenburg und auch die Kinder, die Interesse zeigten, durften ein Instrument erlernen. „So manche Musikstunde haben wir uns durch Botengänge, beispielsweise beim Milchholen, erarbeitet und auch sonst mussten wir Kinder in der Gärtnerei teilweise schon bereits vor der Schule und am Nachmittag sowieso fest mithelfen“ erinnert sich Benedikta „aber am Sonntag wurde bei schönem Wetter der Tisch in den Hof gestellt, die Instrumente wie Zither, Mandoline oder Geige wurden hervorgeholt und wir haben viel zusammen musiziert und gemeinsam gesungen“.
Mit elf Jahren sang Benedikta Padberg schon eifrig im Kinderchor in St. Vitus unter Schwester Castuline und als diese eines Tages zum kommunizieren nach unten ging, sagte sie zu der kleinen Benedikta: „Jetzt setz dich an die Orgel und spiel irgendetwas“. Als sie wieder auf die Empore zurückgekommen ist hat sie das Mädchen sehr gelobt für ihren Mut und hat ihr ein kleines silbernes, liebevoll aus einer Zündholzschachtel gebasteltes Gotteslob geschenkt, das Benedikta Padberg auch heute noch hoch in Ehren hält.
Zu dieser Zeit musste noch der Blasebalg der Orgel getreten werden und wenn eines der dazu abgestellten Kinder dies nicht ordentlich verrichtete, dann hat die Orgel schon recht „gejault“.
Nach acht Jahren Volksschule und zwei Jahren Berufsschule durfte Benedkita Padberg sogar zwei Semester am Händel-Konservatorium studieren nachdem ihr damaliger Klavierlehrer Herr Horn, seines Zeichens Kapellmeister des Vier-Jahreszeiten-Hotels in München, ihre Mutter dazu überredet hatte; anschließend besuchte sie noch die Orgelschule Steinberger. Doch dann wurde sie wieder zu Hause in der Gärtnerei benötig. In dieser Zeit hat das junge Mädchen schon immer an der Orgel von St .Vitus ausgeholfen.
Ganz allmählich hat sich dann jedoch eine Romanze mit dem aus München an den Ressweg gezogenen Franz Padberg angebahnt, 1956 wurde schließlich in Maria Eich geheiratet und das Paar zog gemeinsam sieben Kinder groß, viele Jahre davon in dem Haus in der Kirchgasse des Gilchinger Altdorfes.
Auch in ihrer eigenen Familie hatte die Musik einen großen Stellenwert, ihr Mann spielte Cello, jedes Kind durfte ein Instrument erlernen, es wurde viel Hausmusik gemacht.
1970 kamen dann der Lehrer Hauschild und der Gilchinger Pfarrer auf die junge Mutter mit der Bitte zu, den Kirchenchor zu leiten. Sie ließen ihr eigentlich keine Wahl, denn würde sie nicht einwilligen, wäre es mit der Kirchenmusik in St. Vitus vorerst vorbei, so die beiden Herren. Und so übernahm „übergangsweise“ Ehemann Franz am Sonntag das Kochen und Benedikta den Chor. Doch bald darauf kamen der Kinder- und der Jugendchor dazu und sie spielte die Orgel nicht mehr nur in St. Vitus, sondern auch in St. Sebastian und in St. Nikolaus. Benedikta war immer mit dem Fahrrad unterwegs, immer hat es pressiert – von einer Messe zur nächsten. Und daneben ein ganz normales Familienleben mit sieben Kindern. Einmal war sie gerade beim Kuchenbacken, als sie merkte, dass sie fast zu spät zu einer Beerdigung kommen würde; schnell zog sie sich den Mantel über und fuhr mit dem Rad nach Argelsried zum Orgelspielen. Der Anblick ihrer mehlbestäubten Schürze erheiterte den Chor damals schon sehr.
Überhaupt war das mit der Pünktlichkeit nicht immer ganz so einfach für Benedikta Padberg, aber als sie sich eines Tages bei Pfarrer Hoch dafür entschuldigen wollte, dass sie wieder einmal zu spät in die Kirche zum Orgelspielen gekommen war, entgegnete dieser: „Dikta, wenn mia zwoa net do san, geht Kirch net o“.
In den siebziger Jahren bekam Benedikta Padberg eine spezielle, damals einzigartige „Orgelbrille“ bei welcher der Leseschliff oben angebracht war. Nur leider hat sie diese Brille oftmals zuhause vergessen, dann hat sie eben die vorgegebenen oder auch einmal andere, ebenfalls passende Lieder auswendig gespielt.
Ihr ganzes Talent musste sie in dem Winter unter Beweis stellen, in welchem sie kurz vor Weihnachten im Kirchweg auf dem Weg zur Messe gestürzt war und sich die linke Hand gebrochen hatte. Erst wurde noch die Orgel gespielt, dann in der Nacht die Hand im Seefelder Krankenhaus geschient. Und an Weihnachten hat sie mit der rechten Hand und ganz viel Pedalarbeit alles so ausgeglichen, dass keiner der Anwesenden einen Unterschied bemerken konnte. Unvergesslich sind ihr aus dieser Zeit unter anderem die schönen Weihnachtskonzerte mit dem Kirchenchor.
Besonders viel Freude bereitete ihr seit vielen Jahren die Singgruppe Padberg, einige der jungen Frauen singen bereits seit ihrer Erstkommunion bei Frau Padberg. Für sie ist die St. Vitus-Kirche praktisch die Heimatkirche, hier haben sie unzählige schöne musikalische Gottesdienste gestaltet, Konzerte gegeben oder Hochzeiten und Beerdigungen bereichert.
Doch gerade an Heilig Abend war es immer ganz schwierig Musiker und Sänger zu bekommen, da hat sie dann oftmals Hr. Hartmann mit seinem Klarinettentrio bei der Einstimmung und beim Weihnachtsgottesdienst mit unterstützt, gemeinsam mit einer kleinen, aber feinen Gruppe von Chorsängerinnen.
Eigentlich ist sie stets mit all den vielen Pfarrern, Kaplänen und Mesnern unserer Pfarrei gut ausgekommen, doch so ein kleines bisschen ziviler Ungehorsam brachte so manch einen jungen Kaplan aus dem Konzept, doch die Kirchenbesucher liebten sie dafür. So zum Beispiel, wenn sie am ersten Weihnachtsfeiertag in Geisenbrunn, entgegen ausdrücklicher Anweisung, nachdem sie den Auszug des Priesters abgewartet hatte dann doch noch das „Stille Nacht, Heilige Nacht“ gespielt hat.
Gerne denkt sie auch an die vielen Silvester zurück, an den sie Jahr für Jahr Punkt Mitternacht das „Halleluja“ von G. F. Händel in der St. Vituskirche gespielt hat und vom Oberdorf die Bauern dazukamen und man anschließen gemeinsam für ein gutes neues Jahr gebetet hat.
Seit ersten Juli hat das Ehepaar Padberg nun aus gesundheitlichen Gründen das Haus im Altdorf gegen ein schönes neues Domizil mitten im Zentrum von Gilching getauscht und wenn es ihre Gesundheit zulässt, so möchte die rüstige Dame auch weiterhin mit ihrer Rentnerband, dem „Gilchinger Salonensemble“, kleine Hauskonzerte geben.
Die Familie, die Musik und der Glaube sind ihr Lebenselixier und ihr Halt in allen Höhen und Tiefen, die ein so langes Leben mit sich bringen und ein großer Wunsch von Benedikta Padberg ist es, dass es auch weiterhin der Kirchenmusik gelingt junge Menschen in Gilching zum Mitmachen und Mitsingen zu begeistern.
Und so ließ sie mit ihren federleichten Händen zum Abschluss ihres Abschiedsgottesdienstes noch einmal ein von Herzen kommendes „Großer Gott wir loben dich“ erklingen.
Nicola Sedlmair