Bei den umfassenden Renovierungsarbeiten der Pfarrkirche St. Vitus vor über 10 Jahren kamen in der kleinen Sakristei der Ministranten zwei alte Heiligenfiguren zum Vorschein, die dort offensichtlich über viele Jahre hinweg in Vergessenheit geraten waren. Beide Figuren wurden in einem leider sehr schlechten Zustand aufgefunden. Bei genauerer Betrachtung erkannte der Mesner Toni Feda darin die Darstellung der Gottesmutter Maria und des Heiligen Johannes. Durch einen großen Zufall, als er nämlich die Festschrift zum 80. Jubiläum von St. Nikolaus in Händen hielt, fiel ihm ein altes Schwarzweiß-Foto auf einer alten Postkarte vom Altar der alten, abgerissenen Kirche in der Dorfstraße auf. Die beiden jetzt gefundenen Figuren stammten ganz offensichtlich aus Argelsried und waren beim Abbruch der alten Kirche nach St. Vitus in Sicherheit gebracht worden.
Beim Neubau der Kirche sind sie vermutlich bewusst unberücksichtigt geblieben – warum auch immer. Fast einhundert Jahre lang lagen sie nun vergessen in der alten Kirche St. Vitus verborgen, überstanden den großen Turmbrand 1944 und andere turbulente Zeiten, bis 2012 der Mesner Toni Feda beim Auffinden der Figuren den damaligen Pfarrer Thomas Tauchert darum bat, die Figuren renovieren zu dürfen. Er wollte damit seine Dankbarkeit für eine langjährige glückliche Ehe ausdrücken und bis zur goldenen Hochzeit die Kreuzigungsgruppe in neuem Glanz erstrahlen lassen. Auf seiner Suche nach einer passenden Kreuzfigur (die ursprüngliche Figur war leider unauffindbar) erhielt er aus dem Nachlass des Gilchinger Schnitzers Franz Meininger einen unvollendeten Korpus von Jesus, den er mit viel Liebe und handwerklichem Geschick vervollständigen konnte. Auch ein passendes Kreuz musste von Toni Feda dazu neu hergestellt werden. Während seiner Renovierungsarbeiten führte ihn eine weitere glückliche Fügung bei seiner Recherche zudem auf die richtige Spur zum Bildhauer und Ursprung der gefundenen Heiligenfiguren. Aus einem Kirchenführer über die Kirchen St. Peter und Paul in Holzkirchen sowie Mariä Geburt in Alling ist nachzulesen, dass die Figuren mit ziemlicher Sicherheit der Künstlerwerkstatt des Allinger Bildhauers und Malers Martin Schmid zuzuschreiben sind, der zusammen mit seinem Sohn Mathias wohl um 1750 diese Figuren schuf. Kunstsachverständige bestätigen, dass diese Figuren bestimmt knapp 300 Jahre alt sind. Auch eines der beiden Podeste, auf dem die Figuren stehen, stammt nachweislich aus dem Jahr 1904; das zweite baute Toni Feda originalgetreu nach und nur sehr geschulte Augen können erkennen, welches nun das ältere ist. Über 500 Arbeitsstunden werkelte Toni Feda an seinem Geschenk an die Pfarrkirche St. Vitus, investierte Geld in notwendiges Material und finanzierte einen Kirchenmaler, der die Figuren am Ende noch farblich fasste – orientiert an den ursprünglichen Farbtönen. Am Palmsonntag heuer war es nun endlich so weit, dass Toni Feda sein Versprechen erfüllen, die Kreuzigungsgruppe in St. Vitus befestigen und von Pfarrer Franz von Lüninck segnen lassen konnte. Die Figuren hängen an der südlichen Seite gleich rechts am Eingang von St. Vitus beim Taufbecken. Wer sich die Geschichte rund um die Renovierung ausführlich erzählen lassen oder dies im Rahmen einer Kirchenführung mit Turmbesteigung erleben möchte, der kann sich gern direkt an den Mesner Toni Feda wenden – dann erfahren interessierte Besucher nicht nur weitere spannende Geschichten rund um den Kirchbau, sondern finden an vielen Stellen zudem weitere „liebevolle Spuren“ von der handwerklichen Fürsorge unseres Mesners von St. Vitus.
Eduard Fuchshuber im August 2023