Monsignore Walter Waldschütz mit Kindern in Argentinien
Wozu deutsche Jugendliche als Freiwillige nach Argentinien gesandt werden
(Artikel aus der Münchner Kirchenzeitung 3. September 2017 / Nr. 36)
Als mich ein Ministrant und engagierter Jugendlicher in den 1990er Jahren ansprach, ob er auch einen Freiwilligendienst im Ausland machen könnte, machte ich mich auf den Weg, für das ohnehin seit langer Zeit unterstützte Projekt in der Provinz Misiones in Argentinien eine entsprechende Voraussetzung zu schaffen, dass dieser Jugendliche diesen Dienst antreten konnte. Es war auch ein Weg durch die Institutionen, zum Beispiel die Kirchenverwaltung und den Pfarrgemeinderat vor Ort. Dann ging es darum, alle Voraussetzungen als Träger für diesen Freiwilligendienst zu erfüllen, schließlich auch um die Anerkennung als „Anderer Dienst im Ausland“ beim Bundesamt für Zivildienst.
Die Anstrengung hat sich gelohnt. Aus diesem ersten Jugendlichen, Franz Späth, wurde ein Theologe und Sozialpädagoge, der seit seiner Rückkehr in der Projektleitung tätig ist. Seither haben mehr als 190 Jugendlichen diesen Dienst angetreten und erfolgreich beendet.
Für mich und unsere Verantwortlichen in der Pfarrei war dieses innovative Projekt auch eine Herausforderung und eine wegweisende Initiative in der pastoralen Praxis unserer Pfarrei. Plötzlich entstand auch ein missionarischer Geist, nicht zuletzt durch die zurückgekehrten Jugendlichen.
Was aber bringt der „Missionarische Dienst auf Zeit“ (MaZ) diesen Jugendlichen? Welche Ziele sind wichtig, um auch den Jugendlichen Hilfe zu geben und Freude zu bringen?
Wir haben uns in der Vorbereitung von Anfang an auf die Ziele ausgerichtet, die uns in dieser Form der kirchlichen Jugendarbeit wichtig waren. Zusammen mit Franz Späth, dem Bewerber, haben wir uns in der Vorbereitung neben vielen Bibelstellen und dem Aufzeigen der Notwendigkeit der Inkulturation auf einige Ziele festgelegt, die später auch fester Bestandteil des Projektes wurden:
1. Der Missionarische Dienst auf Zeit – damals der Pfarrei Holzkirchen – gilt bis heute als ein sozialer Lerndienst der katholischen Kirche, dessen Fundament die Synodenbeschlüsse der Deutschen Bischöfe zu den Bereichen Mission, Entwicklung und Frieden von 1975 bilden. Der Grundsatz des Projektes, der sich wie ein Faden durch alle Grundsatzziele zieht, ist: „Leben teilen und voneinander lernen.“ Die jungen Erwachsenen gehen nicht als professionelle Entwicklungshelfer in die argentinischen Einsatzstellen, sondern in erster Linie als Lernende! In diesem Lerndienst sollen Menschen anderer Länder kennengelernt, mit ihnen zusammengelebt und gemeinsam Schritte auf dem Weg zu Gerechtigkeit und Frieden gegangen werden. Der MaZ-Dienst soll so die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Erwachsenen und die Bewusstseinsbildung für die „Eine Welt“ fördern.
2. Das MaZ-Projekt will durch die Freiwilligendienste junger Erwachsener Brücken zwischen dem deutschen und dem argentinischen Volk schlagen und die vorhandene Partnerschaft stärken. Durch den personalen Einsatz von MaZ entstehen Begegnungen und persönliche Beziehungen zwischen Deutschen und Argentiniern. Diese Begegnungen und Beziehungen sollen zu einer gegenseitigen Bereicherung und zu mehr Solidarität zwischen den beiden Völkern führen, auch über den MaZ-Dienst hinaus, auch im sozialen Umfeld des MaZlers, etwa in den Pfarreien und Kolpingfamilien, in denen er nach seiner Rückkehr berichtet.
3. Die MaZler sollen in den Sozialprojekten der argentinischen Partnerorganisationen mitarbeiten und so die Bevölkerung unterstützen. Es soll vor allem ein Dienst für die Ärmsten der argentinischen Gesellschaft sein. Dabei sollen diese Sozialprojekte aber keinesfalls von der Mitarbeit der Freiwilligen abhängig und den Einheimischen auch nicht etwaige Arbeitsplätze weggenommen werden.
Der Missionarische Dienst auf Zeit umfasst vier Phasen:
1. Bewerbunsgphase: Die Jugendlichen müssen sich mit Lebenslauf und Motivationsbrief bei uns schriftlich bewerben. Anschließend folgt die Auswahl der Bewerber durch die Projektleitung mit Hilfe von Bewerbertreffen und Gesprächen.
2. Vorbereitungsphase: Jeder Freiwillige muss verpflichtend daran teilnehmen. Je nach Voraussetzung und Situation werden von der Projektleitung mindestens drei Vorbereitungstage und entsprechend der Kenntnisse auch weitere individuelle Treffen vereinbart. Außerdem findet im Rahmen eines Gottesdienstes innerhalb der normalen Liturgie der Pfarrei eine Aussendungsfeier der Missionare auf Zeit statt (siehe Seite 5). Soweit möglich sollten die Jugendlichen ein ein- bis zweiwöchiges sozialpastorales Praktikum in der Pfarrgemeinde oder bei Kolping absolvieren. Außerdem werden sie auch in der technisch-formalen Abwicklung ihres Einsatzes (Visa, Flug, Versicherung, finanzielle Belange und so weiter) von der Projektleitung unterstützt. Für Eltern und Angehörige wird in der Regel ein Info- und Frageabend angeboten.
3. Durchführungsphase: Die Jugendlichen leben und arbeiten mindestens drei und maximal zwölf Monate in kirchlich-sozialen Projekten in Argentinien mit, in der Regel in unserem Kinderdorf. Nach der Eingewöhnung können auch andere Projekte kennen gelernt werden, die Indianerschule, Erwachsenenschulen und andere Einrichtungen des Kolpingwerkes vor Ort, nicht zuletzt auch ein Campo, wo sie mit Studenten der Agrarwissenschaften leben und lernen. Außerdem haben die MaZler die Möglichkeit, in der Sozialpastoral der Pfarrei oder der Kolpingfamilien mitzuarbeiten.
Vor Ort werden sie von ihren argentinischen Einsatzleitern und dem Gesamtverantwortlichen für das MaZ-Projekt eingeführt, angeleitet und begleitet. Zusätzlich hat jeder Jugendliche in Deutschland von den Mitgliedern der Projektleitung, die selber alle einen Freiwilligendienst als MaZ geleistet haben, einen Ansprechpartner. Mit ihm steht er in regelmäßigem E-Mail-Kontakt und hat so eine zusätzliche Reflexionsmöglichkeit seiner Erfahrungen. Darüber hinaus gibt es monatliche Austauschtreffen der Freiwilligen vor Ort, um ihre Erfahrungen zu reflektieren und sich gegenseitig im Dienst zu stützen. Außerdem führt die Projektleitung immer wieder eine Visitationsreise zur Auswertung und Begleitung der Dienste und Projekte durch.
4. Nachbereitungsphase: Nach dem Dienst folgt mindestens ein Auswertungsgespräch, bei Bedarf und Wunsch mehr. Außerdem werden den jungen Erwachsenen Wege aufgezeigt, sich weiterhin in das Projekt einzubringen und nach Möglichkeiten gesucht, die gewonnene Erfahrung weiterzuentwickeln.
Monsignore Walter Waldschütz