St. Johannes der Täufer

Kirchenweg, 85301 Schweitenkirchen, Telefon: 08444-7279, E-Mail: PV-Schweitenkirchen@ebmuc.de

Kirchenführer

Der Ort Schweitenkirchen trägt seine Kirche bereits in seinem Namen. Das ist ein erster Hinweis, daß es sich um eine Siedlung aus der Zeit der Christianisierung Bayerns handelt, was auch in einer Schenkungsurkunde aus dem Jahr 806 bestätigt wird. Von der ältesten Kirche Schweitenkirchens ist nichts bekannt, vermutlich stand am Anfang eine Holzkapelle, die durch eine romanische kleine Kirche, einem Backsteinbau, ersetzt wurde (Reste davon kann man wegen der vermauerten Rundbögen im Turmuntergeschoß vermuten). Um 1450 erfolgte der Bau einer gotischen Kirche. Die im Barock mehrfach verändert wurde und schließlich dem Neubau zu Anfang des 20. Jahrhunderts weichen mußte.

Der Kirchenbau

Unter dem rührigen Pfarrer Jakob Straßer wurde, anfangs noch ohne Genehmigung des Ordinariates, mit der Planung einer neuen und viel größeren Kirche begonnen. Planung und Bauleitung hatte der renommierte Münchener Architekt Johann Baptist Schott (31. Januar 1853 - 14. Juli 1913) inne. Er war einer der meist beschäftigten Kirchenbaumeister des späten Historismus. Als typischer Eklektizist schuf er, je nach Wunsch der Auftraggeber, Gebäude in neuromanischen, neugotischen oder neubarocken Stilformen, wie hier in Schweitenkirchen. Sein OEuvre umfasst immerhin 45 Kirchenneubauten sowie 32 Umbauten bzw. Erweiterungen bestehender Kirchen. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag im Gebiet der Diözese Passau, Regensburg und München-Freising. (nach Führer Kath.Stadtpfarrkirche St.Josef, Weiden, Verlag Schnell+Steiner). Sein bekanntester Bau dürfte die große Wallfahrtsbasilika in Altötting sein.

Neben der gewählten, klassischen Langhaus-Lösung legte Schott auch einen Plan zu einer typisch barocken Bauform mit griechischem Kreuz als Grundriß vor, aus der dann leider nichts wurde.

1906 begann man mit dem Abriß, von dem lediglich der Turm verschont blieb. Er ist somit die alleinige authentische und zugängliche Quelle zu den Vorgängerbauten. Aufgrund seiner harmonischen, barocken Ausführung wurde er zum Vorbild für die Außengestaltung der Kirche. Im Turm hängen heute vier Glocken aus dem Jahr 1950. Die älteste Schweitenkirchener Glocke, gegossen von Ulrich von Rosen im Jahr 1454, hängt heute in der Filialkirche Hirschhausen.

Im gleichen Jahr noch erfolgte die Grundsteinlegung und die Erstellung des Rohbaus. In drei Jahren entstand so ein formschöner, lichter und breiter Saalbau mit 450 Sitzplätzen im Stil des Neubarock und im September 1909 war das neue Gotteshaus, samt Altären und Schmuck, vollendet und es konnte Kirchweih gefeiert werden. Die früheste schriftliche Erwähnung des Kirchenpatrons, Johannes des Täufers, stammt aus dem Jahr 1524.
GD Weihnachten Stöckl

Der Kirchenraum

Beim Betreten der Kirche fällt einem als erstes der mächtige Hochaltar mit seinem zentralen Schnitzwerk, einem gotischen Gnadenstuhl, auf. Gerahmt wird dieses hervorragende Schnitzwerk von Drehsäulen und zwei lebensgroßen Engelsfiguren, die aus der Pfarrkirche von Zolling stammen und dem Barock (um 1730) zuzuordnen sind. Dieser Gnadenstuhl wird einem Meister zugeschrieben, dessen Name nach langen Forschen als Sigmund Haffner erkannt wurde. Bis dahin hat die Kunstgeschichte den Schnitzer nach seinem Hauptwerk, dem Altar in der Kirche von Rabenden, Meister von Rabenden genannt. Rabenden, nördlich des Chiemsees gelegen, ist der Ort, in dem sein wichtigstes Werk, ein Jakobusaltar, steht. Dieser Meister gehört mit Hans Leinberger und Erasmus Grasser zu den großen spätgotischen, bayrischen Bildschnitzern.


Die Wandaltäre, also Hochaltar und Seitenaltäre sowie die Kanzel kommen aus der Werkstatt des Bildhauers und Schreiners Josef Erhard aus Freising. Sie stammen aus dem Jahr 1909 und wurden eigens für die neue Kirche in Auftrag gegeben. Vermutlich stammen aus Erhards Werkstatt auch das Gestühl und die Kommunionbank. Der ursprüngliche Figurenschmuck wurde später durch wertvolle alte Schnitzwerke aus dem Besitz der Schweitenkirchener Kirche ersetzt.

Der linke Seitenaltar ist dem Heiligen Sebastian geweiht, in dessen Zentrum auch eine Figur des Heiligen aus der Zeit um 1600 steht.

Den rechten Seitenaltar ziert eine wertvolle Muttergottesstatue aus der Zeit um 1630, die dem Typus der Münchener Mariensäule nachgebildet ist.
Katharina


Auf der Nord- und Südseite, zwischen den Wandpfeilern sind die 14 Stationen des Kreuzweges angebracht. Diese sind in Öl auf Leinwand gemalt, in ovaler Form mit Rokokoschnitzereien versehen und stammen aus dem Weihejahr der Kirche, 1909. Der Maler ist unbekannt.
An der Nordwand des Kirchenraumes befindet sich am ersten Wandpfeiler eine Statue der Heiligen Katharina von Alexandrien aus der 2.Hälfte des 17. Jahrhunderts, am zweiten Wandpfeiler ein großes Holzkreuz mit einem geschnitzten Corpus, darunter eine Darstellung der Schmerzhaften Muttergottes. Die Gruppe stammt aus der Zeit um 1700, wohl ebenfalls aus der Vorgängerkirche.
Bereits in den Jahren 1957/58 erfolgte die erste größere Umgestaltung der Pfarrkirche. Neben den zu begrüßenden Änderungen beim Figurenschmuck der Altäre, wurde das Tonnengewölbe des Hauptschiffes von J.P.Weingartner mit einem zeitgemäßen Deckengemälde versehen. Vergleicht man den heutigen Zustand mit einem Foto aus dem Jahr 1920 (siehe den Link zum Hochalter), so erkennt man, daß der Maler nicht nur das Hauptdeckengemälde geschaffen hat, sondern, daß er auch bereits vorhandene Fresken in den Stuckmedaillons der Gewölbezwickel übermalte. Zudem wurden Teile des Stuckes abgeschlagen um eine weite, glatte Fläche für das Deckengemälde zu erreichen. Es ist anzunehmen, daß damals auch die farbige Fassung des Stucks einfach mit weißer Farbe übertüncht und dafür die restlichen Deckenflächen rosa eingefärbt wurden. Dadurch wirkt der an sich schon kräftige Rest-Stuck noch schwerer.
Weitere Änderungen betrafen die farbige Angleichung der Drehsäulen an den Altären, ursprünglich weiß marmoriert, erhielten sie die gleiche Rotfärbung wie der Rest der Altäre. Die Orgel wurde ebenfalls umgebaut (siehe Link zur Orgel im Bereich Kirchenmusik).


Bei der nächsten Renovierung der Pfarrkirche (1979-1984) wurden wiederum zahlreiche Änderungen vorgenommen. So bekam die Kirche anstelle der Ölwarmluftheizung eine elektrische Stuhlheizung. Das Pflaster im Kirchenschiff wurde ausgetauscht und gibt jetzt dem Kirchenraum einen angenehmen warmen Ton.
Die Altäre wurden gereinigt und man hat ihnen ihre ursprüngliche Farbfassung wieder gegeben. So konnte eine der "Sünden" aus dem Jahr 1958 wieder gut gemacht werden.


An der Westseite hängt eine Muttergottesikone, von der es in der Pfarrbeschreibung aus dem Jahr 1822 heißt, sie stamme aus Ungarn. Diese ist in einen barocken Rahmen, wohl aus der Asamschule, eingespannt und verdrängte im 19. Jahrhundert sogar den gotischen Gnadenstuhl aus dem Hochaltar.

An zentraler Stelle stehen seit der letzten Teil-Innenrenovierung Volksaltar und Ambo aus dem Jahr 1984. Er wurde geschaffen vom ortsansässigen Bildhauer Urban Huber nach den Vorgaben des damaligen Pfarrers, Monsignore Engelbert Wagner. Das gleiche gilt auch für Ambo und Sedile. Damit hat die Kirche einen würdigen Mittelpunkt gefunden. So fügen sich heute in unserer Kirche die Werke aus Moderne und Gotik im neubarocken Kleid harmonisch zusammen.


Zeitgleich wurde auch die Sakristei neu gestaltet und mit neuen Möbeln ausgestattet. Die Pfarrei Schweitenkirchen verfügt über wenige, dafür ausgesuchte liturgische Geräte. Darunter eine Monstranz aus Silber, ca. 1690, ein Ciborium, Messing frühes 19. Jahrhundert, einen Kelch, Silber, vergoldet von 1732, einen Kelch aus dem 18. Jahrhundert, einen weiteren um 1880. Dazu ein Segenskreuz mit einem Partikel des Kreuzes Jesu, ein Altarkreuz, beide ebenfalls aus dem 18.Jahrhundert. Die Ewig-Licht-Ampel wurde um 1830 angefertigt.

Leider konnten bei der letzten Innenrenovierung Decke und Stuck nicht gereinigt und deren Farbfassung in den ursprünglichen Befund zurückgeführt werden. Es steht zu hoffen, daß die nächste Innenrenovierung diese Schäden wieder gut zu machen weiß.

Die letzte größere Baumaßnahme (1992) war die Erneuerung der Orgel. Nach Vorgabe des Denkmalamtes wurden große Teile des Pfeifenwerkes übernommen, auch das Gehäuse musste erhalten werden, was leider zu etlichen Kompromissen bei der Anordnung der Werke führte. In ihr erklingen heute 29 Register auf 2 Manualen und Pedal zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen.

Zur 100 Jahrfeier (2009) wurde in einem Schnellverfahren die Kirche innen renoviert: die Deckengemälde wurden abgebürstet, die Farbfassung von Wand, Deckenflächen und Stuck erneuert, wodurch die Kirche jetzt einen etwas befremdlich bunten Eindruck (noch dazu im Kontrast zum grauverschleiterten Deckengemälde) auf den Betrachter macht.

Manfred Kieferl