Prof. DDr. Michael Hartmann
Orgelsachverständiger für die Erzdiözese München und Freising
6. August 2022
Pfarrverband Schweitenkirchen
Kirchenweg 4, 85301 Schweitenkirchen
- Orgel in Schweitenkirchen-St. Johannes d. Täufer —
Sehr geehrter Herr Pfarrer Weber, sehr geehrter Herr Verwaltungsleiter Leib,
sehr geehrte Damen und Herren!
Am 26. Juli habe ich die von der Firma Anton Staller, Grafing, 1992 erbaute
Orgel untersucht und gespielt. Bei dieser Gelegenheit waren auch die Wünsche
Ihres Kirchenmusikers Herrn Kieferl nach einem Austausch des Registers
Cymbel 1' im Schwellwerk gegen eine Zungenstimme (Oboe 8‘)
Gesprächsgegenstand. Nachstehend erhalten Sie meinen Bericht.
I. Notwendige Arbeiten
Das Instrument bedarf 30 Jahre nach seiner Erbauung einer gründlichen
Wartung. Naturgemäß sind nach einer solchen Zeitspanne starke
Verschmutzungen zu konstatieren. Auch sollten Stockflecken nachhaltig
entfernt werden, um einen Schimmelbefall zu unterbinden.
Auffällig ist hinsichtlich der Spieltraktur eine nicht mehr ausgeglichene
Anschlagsart — was durch den jahrzehntelangen Gebrauch erklärt werden kann.
Die Traktur muss also komplett nachgestellt und neu einreguliert werden:
Angleichung des Tastengangs und des Anschlagsgewichts.
Besonders das Spiel auf dem 1. Manual (Koppelmanual) ist durchaus
schwergängig und bisweilen hart. Hier ist sicherlich durch Reinigung und
Neujustierung der Abstrakten, Wellen, Winkel und Ventile großes
Verbesserungspotential gegeben.
Im Großen und Ganzen ist die Orgel aber in einem guten Zustand.
II. Zur Disposition und Klangstruktur der Orgel:
Das Instrument orientiert sich in seiner Klanggestalt an einem neobarocken
Ideal, das durch die Integration der Siemann-Register (Streicher, Flöten)
zusätzliche „romantische“ Facetten aufweist.
Die Einrichtung des Nebenwerks als Schwellwerk ist dabei nicht als Indiz für
eine ursprünglich angestrebte durchgehend romantische Intonation bzw.
Klangwelt zu interpretieren, sondern als Erweiterung der dynamischen
Möglichkeiten bei der Begleitung von Solisten, Chor oder Instrumenten.
Die Einrichtung des Krummhorns auf diesem Manual bezeugt dies klar.
Wäre ein romantisches Klangbild angezielt worden, hätte selbstverständlich
hier eine Oboe anstelle des Krummhorns gut gepasst.
Das Gesamtbild der Orgel aber ist mit der bestehenden Disposition
einwandfrei, da in sich homogen und dennoch vielfarbig.
Kritik an mangelnder Schwellwirkung geht fehl, da diese Kritik das Klangideal
einer von Dezibel-starken Zungenstimmen und weit mensurierten Prinzipalen
geprägten (französischen) Klangwelt voraussetzt. Dieses Ideal ist dieser Orgel
wesensfremd. Um das bestehende Instrument weiter in Richtung französisch-
symphonischer Klangwelt zu trimmen, soll nun nach Willen des
Kirchenmusikers die Cymbel des Nebenwerks durch eine Oboe ersetzt werden.
Dies wäre von großem Nachteil für die bestehende Orgel, da sie ihrer
obligatorischen Klangkrone beraubt und zugleich noch zungenlastiger
erscheinen würde.
Durch die 2005 und 2008 vorgenommenen Neuintonationen der
Zungenstimmen sind diese nun nicht mehr optimal in das Gesamtklangbild der
Orgel integriert, sondern dominieren den Sound und sind für den überlauten
Gesamteindruck des Instruments verantwortlich. Weiter in diese Richtung zu
gehen hieße, die Gemeinde noch stärker akustisch zu bedrängen.
Der Austausch der Cymbel ist also nicht zu rechtfertigen.
III. Ausschreibung
Für die oben unter I. vorgeschlagenen Arbeiten — die im Übrigen nicht sukzessiv
auf Teilwerke beschränkt durchgeführt, sondern in einem Arbeitsgang erledigt
sollten, da sonst der in den jeweils unbehandelten
Teilwerken/Windladen/Kanälen angesammelte Schmutz immer wieder auch
durch die frisch gesäuberten Elemente geblasen würde - ist bei dem zu
erwartenden Kostenumfang eine Ausschreibung unter mindestens drei
Orgelbauern verpflichtend.
Für weitere Beratung stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Hartmann
Orgelsachverständiger