Dominikarinnen am Inn
Das Dominikanerinnenkloster Altenhohenau liegt an rechten Ufer des Inns in einer Senke bei Wasserburg, nahe den vormaligen Benediktinerklöstern Rott am Inn und Attel. Am 3. Februar 1235 unterzeichnete Graf Konrad von Wasserburg die Stiftungsurkunde, in der das Kloster in „veteri Hohenawe“, also „Alten Hohenau“, erstmals erscheint. Schon am 8. Juni 1235 nahm Kaiser Friedrich II. das Kloster unter seinen Schutz. 1239 wurde die Peterskirche durch den Weihbischof von Osnabrück, einen Angehörigen des Dominikanerordens, konsekriert. Später wurde das Patrozinium um den hl. Paulus erweitert.
Es gibt Hinweise darauf, dass in Altenhohenau schon vor der Stiftung von 1235 klösterliches Leben geherrscht hatte. So übersiedelte, nach Mitteilungen der Historiker Hund und Meichelbeck, im Jahr 1130 eine Juditha von Beyharting mit ihren sieben Töchtern und weiterem Gefolge zu „frommen Frauen“ nach Altenhohenau. Dort können jedoch noch keine Dominikanerinnen gelebt haben, da der Orden erst 1215 begründet und 1217 von Papst Honorius III. anerkannt wurde. Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass in nur vier Jahren zwischen Stiftung (1235) und Weihe (1239) eine Klosterkirche erbaut worden war. Urkunden belegen auch, dass bereits zuvor am Ort eine Kirche – wohl eine Petruskapelle existiert hatte.
Südlich der Klosterkirche liegt das alte Konventgebäude, der heutige Hubertushof, der das Refektorium beherbergte. Er wurde, wie sein dreischaliges Granitquadermauerwerk vermuten lässt, schon vor der Stiftung des Klosters erbaut. Der Ortsname „Alten Hohenau“ steht ferner als älteres Gegenstück zu „Neuen Hohenau“, einer flussabwärts gelegenen Fischersiedlung. Im Jahr 1137 kam „Newenhochenaw“ unter den Schutz der vom Hallgrafen Engelbert neu gebauten „Wazzirburch“; dieses Ereignis gilt als Gründungsdatum der Stadt Wasserburg. Somit muss eine Siedlung Altenhohenau deutlich vor 1137 bestanden haben. Zudem ist bekannt, dass vor dem Bau der Innbrücke zu Wasserburg die Salzstraße von Traunstein nach München in Altenhohenau als Furt über den Inn führte.
In den Anfangsjahren beherbergte das Nonnenkloster Altenhohenau auch einen männlichen Konvent. Neben Klerikern („capellani“) waren Laienbrüder („conversi“) im Kloster. So finden sich um 1270 in den Regesten von Altenhohenau zwei „capellani“, Rapoto und Ulrich, sowie zwei „conversi“, Friedrich und Rudiger. Es gibt auch Hinweise auf die von den Mönchen übernommenen Ämter wie das des Priors, des Speisers und des Schmieds, daneben sind „Schaffner“, „Läufer“, „Pfister“ und Schuster genannt. Altenhohenau wurde schon früh zum Ausgangspunkt für eine Reihe von Klostergründungen des Dominikanerordens im deutschsprachigen Raum, so 1267 für das Kloster Marienthal bei Rattenberg in Tirol.
Anfang des 14. Jahrhunderts machte ein Brand die Neuweihe der Klosterkirche in Altenhohenau erforderlich. 1379 war ein weiterer Brand der Anlass für einen gotischen Neubau. Die Grundmauern der ersten Kirche aus der Zeit der Romanik sind nur noch im Presbyterium sowie in der Ostapsis erhalten. Von der im Zuge des Neuaufbaus geschaffenen Kirchenausstattung im Stil der Gotik ist heute lediglich eine Figur vom Hochaltar erhalten. Die in Privatbesitz befindliche Skulptur des hl. Petrus gilt als Werk des so genannten Meisters von Seeon.
Im Lauf der Jahrhunderte finden sich immer wieder prominente Namen im Konvent. So lebte Margaret, die jüngere Tochter Herzogs Georgs des Reichen und seiner Frau Hedwig von Polen, von 1494 bis zum Ende des Landshuter Erbfolgekriegs in Altenhohenau. Margaret übersiedelte 1504 in das Benediktinerinnenkloster Neuburg an der Donau, wo sie bald Äbtissin wurde. Solch hochrangige Beziehungen förderten die wirtschaftliche Entwicklung des Klosters Altenhohenau.
Anfang des 16. Jahrhunderts verfügte das Kloster über eine Ziegelei, eine ertragreiche Landwirtschaft sowie eine Viehzucht. Auch Hanf wurde angebaut, aus dessen Fasern Taue zum Ziehen („Treideln“) der Schiffe auf dem nahen Inn gefertigt wurden und aus dessen Körnern in der Mühle zu Weichselbaum Öl gewonnen wurde. Die Dominikanerinnen buken „lecelten“ (Lebkuchen), „Kräpfl“ (Krapfen) und „Klosterfrauenseufzerl“ und verkauften auch eingekochte Pfirsiche und Quitten. Eine Brauerei ist im Kloster erstmalig 1507 nachweisbar, in der „ohne habenden Würth nur zum gesparsamten klostertrunk gesotten werden darf“. Aus dem 18. Jahrhundert ist bekannt, dass es wiederholt zu Geldstrafen für die Abtei kam, da das Klosterbier auch an Kirchenbesucher, Wallfahrer und Dienstbauern des Klosters ausgeschenkt wurde. Die Grundherrschaft der Abtei umfasste Ende des 17. Jahrhunderts von den 153 Anwesen der Hofmark Griesstätt, in der es angesiedelt war, 87 Anwesen, darunter das Schloss Warnbach mit 33 Untertanen und den Sitz Werlham.
Das Vermögen des Klosters wurde jedoch immer wieder „vom Inn verschlungen“ (A. Mitterwieser). Uferverbauungen als Schutz vor dem regelmäßig drohenden Hochwasser kosteten viel Geld. Sie verursachten zudem eine allmähliche Unterspülung des gegenüberliegenden Uferhangs, auf dem das Kloster Attel stand. Der „Uferstreit“ zwischen den Klöstern Attel und Altenhohenau ist seit 1419 nachweisbar. Er erreichte in den Jahren 1550 und 1585 seinen Höhepunkt. Altenhohenau musste sich schließlich auch an den Kosten für die Atteler Uferbauten beteiligen. Allerdings hat dieser Streit auch zu einer ganzen Reihe von wunderschönen Landkarten geführt, die als Beweismittel vor Gericht dienten. Heute bewahrt sie die Plansammlung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs.
Anfang des 17. Jahrhunderts war der Konvent auf 25 Chorfrauen und zehn Laienschwestern angewachsen. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bekam die Klosterkirche ihre heutige bauliche Form. Der Gemeinderaum erhielt ein Gewölbe, der Nonnenchor wurde erneuert und neue Altäre wurden gesetzt. Die Innenausstattung der Klosterkirche entstand ein Jahrhundert später im Zuge einer umfassenden Renovierung. Der Konvent hatte nun mit 30 Chorfrauen und fünfzehn Laienschwestern auch den höchsten Stand in der Geschichte des Klosters erreicht. In den Jahren von 1757 bis 1774 schufen Matthäus Günther und Johann Michael Hartwagner die Deckenfresken und der Bildhauer Ignaz Günther die Altäre. Erst 1773 wurde der alte hölzerne Dachreiter durch einen gemauerten Glockenturm mit einer „welschen“ Zwiebelhaube ersetzt. Um 1775 ließ die Abtei das Obergeschoss und die Dachkonstruktion des uralten Konventgebäudes neu errichten, ebenfalls renoviert wurde das Anfang des 19. Jahrhunderts abgerissene Bräuhaus.
Ende des 18. Jahrhunderts erlitt das Kloster durch die Verfügung, dass keine Novizinnen aufgenommen werden durften, einen gravierenden finanziellen und personellen Aderlass: Der Konvent überalterte immer mehr. Im Zuge der Säkularisation wurde Altenhohenau 1803 zur Aufnahme für Dominikanerinnen aus anderen aufgehobenen Klöstern des Ordens in Bayern bestimmt. Trotz dieser Funktion wurde das Kloster 1804 im dritten Anlauf versteigert und die Nonnen beklagen sich in heute noch erschütternd zu lesenden Briefen an das Ordinariat über die brutale Zerstörung ihres Klosterlebens durch weltliche Personen sowie über den rabiaten Umgang mit den Gräbern und dem Kreuzgang im Kloster. Die Schwestern blieben in Altenhohenau bis zum Tod ihres Beichtvaters Amandus Ruepp. 1822 übersiedelten die letzten drei Nonnen mit ihrer Priorin Maria Claudia Weigl in das ehemalige Benediktinerkloster Rott am Inn.
Bereits am 4. Mai 1804 war die gesamte Klosteranlage mit Genehmigung des General-Landeskommissariats für 21.600 Gulden an den „bürgerlichen Bierwirth“ Georg Adam Riepl versteigert worden. Der Kauf beinhaltete auch die „unbeschränkte Bräu und Bäcken Concession“. Freilich wies der kurfürstliche „Special Commißär“ für das Kloster Altenhohenau, Josef v. Groeller, Landrichter zu Wasserburg am Inn, darauf hin, dass einige Gebäude schon baufällig wären. Riepl bezahlte zwar die Hälfte des Kaufpreises in bar, doch kam er dann offenbar mit der Abzahlung der Restsumme in Schwierigkeiten. Ein resignierter Pfarrer aus Perlach, Dr. Vinzenz Celva, eine schillernde Persönlichkeit, übernahm 1807 die Verpflichtungen, um sich 1809 als ebenfalls zahlungsunfähig zu erweisen. Celva floh und wurde sogar steckbrieflich gesucht. Im Anschluss an dieses Intermezzo übernahm wieder Georg Riepl das Kloster. 1827 übergab er das Anwesen an seinen Sohn Johann Baptist. In den Folgejahren wurden nahezu zwei Drittel der Klostergebäude abgerissen. Im Jahr 1851 erwarb Krafft Freiherr Maximilian von Crailsheim aus Amerang das Kloster Altenhohenau aus der „Gant“, dem Insolvenzverfahren, zum Preis von 65.000 Gulden. Unter seiner Führung entwickelte sich Altenhohenau zu einer der größten Brauereien in der Umgebung.
Am 24. September 1881 kauften die Brüder Josef und Hubert Soyer aus Griesstätt bzw. Grafing das Kloster einschließlich 68 Hektar Grund zum Preis von 167.000 Mark. Hubert Soyer, Mitglied des Historischen Vereins von Oberbayern und Mitbegründer des Stadtmuseums Wasserburg, erkannte den historischen Wert des Orts. So ließen die Brüder die Klosterkirche renovieren und wieder weihen. 1888 wurde bei einer von Hubert Soyer veranlassten Suche das verlorene Grab der Columba Weigl in der Klosterkirche wieder gefunden, einer Mystikerin, die von 1774 bis 1777 Priorin gewesen war.
1922 verkaufte Katharina Soyer, die Witwe des Josef Soyer, das Kirchengebäude nebst zwei Hektar Baugrund an den Orden der Dominikanerinnen. Der Münchner Architekt Franz Xaver Hufnagel baute, nördlich an die Kirche angrenzend, ein neues Klostergebäude und 1926 erstand das wohl traditionsreichste Dominikanerinnenkloster in Deutschland wieder. Die Familie Soyer bewohnt heute noch den ehemaligen Konventbau in Altenhohenau.
(Thomas Stauffert aus der Internetseite der
Haus der Bayrischen Geschichte)