Mit den Psalmen betreten wir eine Sprach- und Bilderwelt, die uns heute oft fremd anmutet. „Gott ist König“ – wer würde das heute von sich aus noch sagen? Wir kennen am Ende des Kirchenjahres das Christkönigsfest, das zum Beginn des letzten Jahrhunderts eingeführt wurde. Damals atmete es die Atmosphäre dieses Psalms. In einer Umwelt, in der durch Revolutionen der Bestand von immer mehr Monarchien gefährdet war und demokratische Verfassungen sich durchsetzten, bekannte die Kirche Gott als den einzig wahren König. Doch durch die Reform des Zweiten Vatikanischen Konzils veränderte sich der Charakter des Festes, was an den an diesem Tag gelesenen Evangelien zu erkennen ist, die aus der Passionsgeschichte entnommen sind: Der am Kreuz leidende und sterbende Christus ist unser König. Da ist nichts mehr von einem Triumph zu spüren. Dennoch bekenne ich Gott gerne als König, wie er in dem Psalm verstanden wird. Denn Gottes Herrschaft ist für mich doch eine große Entlastung. Ich darf mich ihm ganz anvertrauen, er sorgt für mich. Ich bin sein Untertan, weil er mich erhebt. Nie bin ich geborgener, als wenn ich vor Gott mein Knie beuge.
Das Zweite, was uns fremd anmutet, ist die Begeisterung des Betenden. Wie David vor der Bundeslade Gottes tanzte, so jubelt der Beter im Psalm. Warum ist es uns so fremd geworden, vor Gott zu jubeln und zu tanzen? Trauen wir uns nicht oder haben wir keinen Grund zu jubelnder Freude? Vor Gott darf ich mich gehen lassen – im positiven Sinne des Wortes. Ich muss meiner Freude keine Schranken auferlegen, weil Gott für uns Menschen alle Grenzen überwinden wird: die Grenzen zwischen Menschen, die Grenzen zu ihm und in Jesus Christus sogar die scheinbar unüberwindbare Grenze des Todes.
Der Psalm 47 ist ein Himmelfahrtspsalm. Gott ist der König des Himmels und adelt dadurch die Erde und die Menschen.
Text: Tillmann