Es ist eine der uralten Sehnsüchte der Menschheit, ein von allem Leid und der schmerzhaften Begrenzung durch den Tod befreites Leben. Die Bibel datiert den Traum von der Unsterblichkeit zurück an den Anfang der Zeit: Adam und Eva, so berichtet der zweite Schöpfungsbericht, hätten im Paradies sündlos gelebt, ohne den Tod zu kennen; erst als sie die Frucht vom Baum der Erkenntnis antasteten, seien sie sterblich geworden (Genesis 2,16f). Seither richtet sich die Hoffnung auf Überwindung des Todes auch im Judentum auf das Ende der Zeit, zu der Gott die Verstorbenen aus der Scheol, der Unterwelt, befreien werde: „Viele, die unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen, die einen zum ewigen Leben, die andern zu ewiger Schmach und Schande“ – so heißt es im Danielbuch (Daniel 12,2).
Im Christentum wird die Hoffnung auf ewiges Leben mit der Erwartung der Wiederkunft Christi verbunden: Paulus war überzeugt, dass Christus noch zu Lebzeiten einiger Zeitgenossen „vom Himmel herabkommen“ werde: „Zuerst werden die in Christus Verstorbenen auferstehen; dann werden wir, die Lebenden, die noch übrig sind, zugleich mit ihnen auf den Wolken in die Luft entrückt, dem Herrn entgegen. Dann werden wir immer beim Herrn sein.“ (1. Thessalonicher 4,16-18) In der zeitlichen Prognose der Wiederkunft Christi hat sich Paulus offenkundig getäuscht – ist damit auch die Hoffnung auf ewiges Leben erledigt und überflüssig geworden?
Kaum. Für viele Christen wird die Frage nach dem ewigen Leben konkret, wenn geliebte Menschen sterben; dass diese in einer anderen Wirklichkeit, im „Himmel“ weiterleben, ist vielen eine tiefe Gewissheit. Die innere Richtung auf ein von Schmerz und Trennung befreites Leben gehört zum Christentum und ebenso auch die hoffende Sehnsucht auf Gottes Macht, die eine uneingeschränkt lebendige Zukunft heraufführen und uns mit denen zusammenbringen kann, die wir lieben. Für den Evangelisten Johannes wird diese Hoffnung nicht erst am Ende der Zeit, sondern bereits mitten im Hier und Jetzt real mit einem lebendigen Christus-Glauben (Johannes 5, 24): „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.“
Text: Uwe Rieske