Wo ist er eigentlich, der Himmel? Für die Schilderung der Himmelfahrt Jesu in der Apostelgeschichte ist der die Erde überwölbende blaue Himmel Gottes Ort. Nach seiner Auferstehung sei Jesus 40 Tage auf der Erde geblieben und vor den Augen der Apostel dann auf einer Wolke zu seinem Vater gehoben worden (Apg 1,9f). Die himmlische Herrlichkeit, auf die er mit seiner Menschwerdung in Betlehem verzichtete, habe ihn wieder aufgenommen. Denn vom Himmel aus, so das antike Weltbild, regiert Gott die Erde und hier wie dort gehorchen ihm Engel wie einem irdischen König die Diener – offensichtlich auf mehreren Ebenen: Paulus schreibt, dass er „bis in den dritten Himmel“ entrückt worden sei (2. Kor 12,2). In diese Sphären wurde Christus erhoben.
Der sich nach oben erweiternde Himmel ist zugleich ein Ort der Sehnsucht. Der „Himmel“ wartet auf uns und wird so zum „Paradies“. Darum gehört die Himmelfahrt Jesu zum christlichen Glauben und fand zu Recht Eingang ins Credo. Himmel – das ist der größere Raum. Sich zum Himmel zu wenden, heißt auf Gottes Macht zu hoffen. „Wie im Himmel, so auf Erden“ soll Gottes Wille geschehen, der mehr vermag als unsere beschränkten irdischen Möglichkeiten ahnen lassen. Der Himmel ist das Gegenbild zur irdischen Begrenztheit.
In John Lennons populärem Song „Imagine“ wünscht dieser sich eine Welt ohne Vertröstung auf den Himmel: „Above us only sky – über uns nur Luftraum“. Doch recht verstanden, ist die christliche Sicht auf den Himmel kein „Opium für das Volk“. Sie stellt mitten hinein in das irdische Leben im Hier und Jetzt, aber überlässt es nicht sich selbst. Christus regiert mit himmlischem Weitblick unser geschenktes Leben und seine Kirche. Leben heißt, sich auf diese Einsicht einzulassen, zu handeln und lieben zu lernen – uns selbst und andere mit allem irdischen Realitätssinn im Vertrauen auf Gottes himmlische Macht. Wo dies passiert, da beginnt er, der Himmel. Da ist Gott mit seiner ureigenen Kraft am Werk, dass Auferstehung möglich wird und Friede und Einklang auch. Möglichst bald – genau hier unten bei uns.
Text: Uwe Rieske