Als Kind fand ich diese Worte schwierig: Was heißt „seinen eingeborenen Sohn“? Wo hinein, fragte ich mich, wurde denn Jesus geboren? Gab es denn in Israel „Eingeborene“? Aber schmunzelnd wird klar: Nicht nur kindliche Missverständnisse knüpfen sich an diese Worte. Über Jahrhunderte haben Christen die Frage diskutiert, wie Gottes Verhältnis zu Jesus Christus angemessen bestimmt werden kann.
Dass Jesus Gottes Sohn ist, wird in den Evangelien erstmals bei der Taufe Jesu im Jordan deutlich. Es habe sich der Himmel geöffnet und Gott selbst sprach: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen“ – so steht es im Markus-Evangelium (Mk 1,11). Ist dieser Text im Sinne einer Adoption zu verstehen? Aber wie verhält er sich dann zur Geburt des göttlichen Kindes in der Weihnachtsgeschichte des Lukas? Jesus selbst jedenfalls hat Gott stets als seinen Vater angeredet, nicht nur im Vaterunser. Unter seinem Kreuz stehend verstand der römische Hauptmann: „Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!“ (Mk 15,39)
Konzilien der jungen Kirche wollten formulieren, wie die Gottessohnschaft Jesu Christi genau zu verstehen sei. Für die griechische Theologie musste unbedingt der Eindruck vermieden werden, Christus sei ein „zweiter Gott“ – ebenso aber galt es das Missverständnis abzuwehren, er sei nur ein Mensch gewesen. Entsprechend formulierte das Glaubensbekenntnis des zweiten ökumenischen Konzils in Konstantinopel 381, Christus sei „aus dem Vater geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht von Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater.“
Auch diese sorgfältig abgestimmte Formel kann das Geheimnis der Gottessohnschaft Jesu nur umschreiben; erklären kann sie es nicht. Womöglich stellt doch der Kinderglaube die richtigen Fragen: Wo hinein wurde denn „Gottes einziger Sohn“ geboren? In eine Zimmermannsfamilie in Nazaret, in der er aufwuchs, ganz Mensch, ganz Kind des Volkes Israel. Aber zugleich war er mehr als ein Mensch, mehr als ein Prophet oder Rabbi; deutlich wird dies, wenn er Gott vertrauensvoll als „Vater“ anspricht. Ihm selbst gilt der Glaube und das Vertrauen der Christen, das die sich an seinen Namen knüpfende Religion fortan bestimmt: Auch wir haben, wie Paulus schreibt (Röm 8,15), nicht einen von Furcht bestimmten „knechtischen Geist“ erhalten, sondern einen vertrauenden, Gott zugewandten „kindlichen Geist“. Seine Haltung ist frei und offen, wendet sich Gott dankbar und zärtlich zu und stimmt in Jesu Anrede ein: „Abba, lieber Vater!“
Text: Uwe Rieske