Israel hat ihn Jahrhunderte lang erwartet, den Messias, auf Griechisch den „Christus“ – als Nachkomme Davids sollte er geboren werden und „als König herrschen und weise handeln, für Recht und Gerechtigkeit sorgen im Land“ (Jeremia 23,5). Eine Befreiung aus Israels Unterdrückung und eine endlose Friedenszeit erhoffte man sich von ihm. Eine verständliche Hoffnung in diesem kleinen Volk Israel, das so oft in seiner Geschichte von fremden Mächten unterdrückt wurde: „Seine Herrschaft ist groß und der Friede hat kein Ende. Auf dem Thron Davids herrscht er über sein Reich; er festigt und stützt es durch Recht und Gerechtigkeit, jetzt und für alle Zeiten“ – so heißt es beim Propheten Jesaja (9,6) über den „Friedefürst“ in jener Passage, die übrigens an Heiligabend Lesungstext ist. Für die Christen ist Jesus von Nazaret dieser Messias, obgleich er die in Israels Heilsgestalt gesetzten Hoffnungen nach äußeren Maßstäben nicht erfüllt hat. Weder hat er die Römer aus Israel vertrieben noch die Unterdrückung beendet. Ein gekreuzigter Messias ist für die Juden undenkbar: Eine blasphemische Vorstellung. Israel wartet weiter. Für das Christentum folgt der Weg des Jesus von Nazaret einer anderen göttlichen Logik: „Musste nicht Christus dies erleiden?“, heißt es in der österlichen Emmausgeschichte (Lukas 24,26). In der Begegnung mit dem Auferstandenen werden zwei Jüngern die Augen geöffnet und sie selbst öffnen sich für eine neue Erkenntnis: Der Tod des Jesus von Nazaret entspricht konsequent seinem Lebensweg, seiner Botschaft, den Worten der Propheten und zudem: Er lebt! Auch andernorts werden Zeugnisse von Begegnungen mit dem Auferstandenen zur Geburtsstunde der neuen Religion. Es entsteht ein Bekenntnis: Jesus ist der Christus. Das Kreuz war nicht das Ende. Der Weg des Zimmermannssohnes aus Nazareth, der Friedfertigkeit und Liebe predigte gerade für die Schutzlosen und Entrechteten, endet gegen alle Erwartung nicht auf Golgatha. Der Schöpfergott, der aus dem Nichts Leben erweckt, ist auch und gerade dort anzutreffen, wo menschliches Hoffen und Planen zunichte wird. Für Christen wird das Kreuz zum Symbol der neuen Religion und Jesus nach Ostern erst recht zum Christus, der Gottes Angebot einer unbedingten und schutzlos sich preisgebenden Liebe bis zur letzten Konsequenz der Selbsthingabe formuliert. Diese Botschaft führt mitten hinein ins Leben – und darüber hinaus. Dieser Messias nimmt uns mit auf seinem Weg und braucht dafür nur eines: Vertrauen.
Text: Uwe Rieske