Pfarrverband Palling - Freutsmoos

Pfarrei Mariä Geburt Palling
Pfarrei St. Laurentius Freutsmoos
Pfarrei Palling Kopfzeile

Pflegende Angehörige zwischen Zuneigung und Pflicht


Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der Herbstversammlung

für Sachbeauftragte Caritas und Soziales der Arbeitsgemeinschaft Caritas und Sozialarbeit der Ehrenamtlichen der Dekanate Traunstein und Baumburg
v. 02. November 2011

Vortrag „Pflegende Angehörige zwischen Zuneigung und Pflicht“ mit Frau Höwing (Caritas-Zentrum Erding). Auszug aus den folgenden Hauptpunkten die sie vorstellte:

Situation der pflegenden Angehörigen

* Hier wurde besonders herausgestellt, dass ¾ der Patienten zu Hause, in der Regel meist von Frauen (Töchter, Schwiegertöchter) versorgt werden. Dabei ist oft von einem 24-Stunden-Job und einer durchschnittlichen Pflegezeit von 8 Jahren auszugehen! Häufig pflegen Ältere (70-Jährige) Menschen noch ältere Patienten, wie z.B. den Ehepartner und zusätzlich noch die Eltern. Als großes Problem stellt sich dabei heraus, dass Ehepartner, dass Eltern wieder zum „Kind“ werden, bzw. dass sich die Kranken unzufrieden fühlen oder auch aggressive Züge und Handlungen zu Tage legen. Aus diesen verschiedensten Situationen folgt oft die Einsamkeit bzw. Isolierung des Pflegenden Angehörigen.

Motive zur Pflege

* Sie ergeben sich aus den verschiedensten Motiven. So können sie emotionale oder auch finanzielle Gründe haben. Auch das Gefühl der moralischen Verpflichtung spielt oft eine Rolle. Die Hoffnung auf lange vermisste Anerkennung als Grund zur Pflege kann, muss aber nicht gut gehen. Weitere Motive sind der Wunsch der Pflegebedürftigen oder aber auch die Ablehnung eines Heimes.

Auswirkungen der Pflege

* Hier unterscheidet man zu einem zwischen den körperlichen Belastungen, die sich u.a. in der körperlichen Pflegearbeit, in der gestörten Nachtruhe oder auch in der Inkontinenzpflege auswirken. Zum anderen ergeben sich strukturelle Belastungen aus der Doppelbelastung durch Pflege und Beruf, unzureichende Wohnverhältnisse, organisatorische und finanzielle Belastungen oder die ständige Kontrolle durch fremde Leute im Haus. Die zeitlichen Belastungen wirken sich dahingehend aus, dass man immer weniger Freizeit durch die ständige notwendige Anwesenheit hat. Auch die fehlende Perspektive, die eine Zukunftsplanung fast unmöglich macht, zählen zu den zeitlichen Belastungen. Hieraus folgt u.a. die soziale oder auch die psychische Belastung. Unter soziale Belastungen versteht man die sich evtl. ergebenden Spannungen in der Familie zwischen Partnern, Kindern oder Geschwistern. Aber auch fehlende Kontakte bis hin zur gänzlichen Isolierung, gerade bei der Pflege von Demenzkranken, führen schnell zur „Verabschiedung von der Umwelt“! Die fehlende Aussicht zur Änderung zum Besseren, die Unausweichlichkeit der ganzen Situation, fehlende Rückzugsmöglichkeiten, Hoffnungslosigkeit, Angst, geistige Veränderungen der zu Pflegenden, emotionale Spannungen, Rollenwechsel oder auch Schuldgefühle führen häufig zur psychischen Belastung. Folge hieraus sind psychische, psychosomatische Erkrankungen, Formen der häuslichen Gewalt (psychisch wie auch physisch) oder letztendlich doch die Heimeinweisung.

Unterstützungen für Pflegende

* Unterstützung findet man unter einer Vielzahl von Angeboten. Diese sind z.B.


+ Pflegeberatung bieten u.a. Sozialstationen, Caritas Pflege-Hotline, Pflegestützpunkte, Krankenkassen, Bürgertelefon des Bundesministeriums (01805-996603), Sozialstation berät über Pflegestufe und ist auch, wenn nötig dabei, wenn der Medizinische Dienst kommt.
+ Pflegekurse: Hauspflegekurse der Sozialstationen werden bei Vorliegen einer Pflegestufe von der Pflegekasse übernommen. Angebote gibt es auch über die Pflegekassen in Form eines Kurses oder auch durch Demo-Videos!
+ Betreuungsangebote werden bis zur Höhe von 200 Euro im Monat von den Pflegekassen übernommen. Hierbei kann zwischen Gruppenangeboten oder stundenweiser Betreuung im Haushalt durch gut geschulte Ehrenamtliche gewählt werden.
+ Wohnberatung: Es besteht die Möglichkeit eines Zuschusses von der Pflegeversicherung. Wer seinen Wohnraum seinen Bedürfnissen anpassen möchte und nicht weiß, wie er das anstellen soll, kann eine Wohnberatungsstelle aufsuchen. Hier werden nicht nur konkrete Lösungsvorschläge erarbeitet, sondern auch informiert, wie ein solcher Umbau finanziert werden kann. In manchen Fällen können auch Zuschüsse beantragt werden. Pflegebedürftige, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, können bei ihrer Pflegekasse einen Antrag auf einen Zuschuss für eine Verbesserung des Wohnumfeldes stellen.
+ Selbsthilfegruppen: Hier gibt es je nach örtlichem Angebot verschiedenste Gruppen. Dies können z.B. Angehörigengruppen, Behindertenorganisationen, Selbsthilfegruppen sein. Beratungsstellen, wie z.B. gemeindeorientierte soziale Beratungen geben gerne Auskunft über vorhandene Gruppen.
+ Finanzielle Hilfen: Auskunft über Leistungen und Unterstützungen geben die Pflegekassen sowie auch das Sozialamt. Das Versorgungsamt klärt, ob Anspruch auf Schwerbehindertenausweis und damit auch Anspruch auf Vergünstigungen (Bahn, Taxe, usw.) besteht.
+ Pflegezeit für Beschäftigte: Für die Dauer von maximal 6 Monaten hat ein Arbeitnehmer, der einen Angehörigen pflegt, einen Anspruch auf Pflegezeit. In dieser Zeit ist er sozialversichert, bezieht jedoch kein Gehalt. Diese Regelung gilt allerdings nur für Betriebe mit mehr als 15 Beschäftigten. In einer akut auftretenden Pflegesituation kann sich ein Arbeitnehmer ohne Lohnfortzahlung bis zu 10 Tage freistellen lassen. Er ist dann ebenfalls sozialversichert. Diesen Anspruch haben auch Arbeitnehmer in Betrieben mit weniger als 15 Mitarbeitern.
+ Kurzzeitpflege: Pflegende haben einen Urlaub oft bitter nötig. Bei anerkannter Pflegebedürftigkeit übernimmt die Pflegekasse einen Teil der Kosten für einen vorübergehenden Aufenthalt im Heim. Leistungen für Kurzzeitpflege gibt es maximal für 28 Tage pro Kalenderjahr, bis zu einer Höhe von 1.510 Euro.
+ Kuren und Urlaub: Einige wenige Kranken- und Pflegekassen finanzieren pflegenden Angehörigen spezielle Kuraufenthalte, bei denen Pflegebedürftige oder behinderte Kinder mitreisen dürfen. Kostengünstige Urlaubsangebote bieten Wohlfahrtsverbände oder Organisationen der Behindertenhilfe an.
+ Verhinderungspflege: Sollte auf Grund Krankheit oder Urlaub eine Pflegeperson ausfallen, so finanziert die Pflegeversicherung unter bestimmten Voraussetzungen eine Ersatzpflegekraft im Haushalt des Pflegebedürftigen. Dafür steht je Kalenderjahr, für höchstens 28 Tage, ein Betrag in Höhe von max. 1.510 Euro zur Verfügung. Verhinderungspflege kann auch tage- oder stundenweise in Anspruch genommen werden.

Herausforderungen bzw. Hilfemöglichkeiten

* Es stellt sich die Frage, wie wir ein Klima, in dem Menschen sich angenommen und wertgeschätzt fühlen, schaffen. Dies gilt bezogen auf den schwachen, alten und kranken Menschen, als auch auf den verletzlichen pflegenden Menschen. Hierzu können bereits Gespräche zwischen Eltern und Kindern fördernd beitragen. Ermunterung, sich mit dem Alter realistisch auseinander zusetzen. Ansprechpartner sein für Thema Pflege, Schulungsangebote organisieren, Vermittlung zu Fachdiensten fördern, Beratungsangebote fördern und unterstützen, Bildung von Helferkreisen, Gruppen für pflegende Angehörige, Vernetzung Ehrenamt/Seelsorge/Verbände, entlastende Angebote schaffen. Wichtig ist auch, dass man Aufklärungsarbeit betreibt. So können Vorträge mit Vorbeugethemen wie Patientenverfügungen bzw. Patientenvollmacht angeboten werden. Umgang mit Schuldgefühlen – „Es reicht nie!“; die Pflegenden bleiben hinter den Erwartungen zurück; realistisches Maß für Engagement finden; Umwelt redet zu viel! Bei Migranten muss man beachten, dass hier ein anderes familiäres Umfeld besteht, andere Sprache die zu sprachlichen Verständigungsproblemen führen kann.
U.a. stehe in jedem Pfarrbüro bzw. Internet (http://www.caritas-traunstein.de/Page023093.htm) der Caritas-Beratungsführer mit vielen Angeboten zur Verfügung. Wichtig sei hier nochmals zu erwähnen, dass dieser keine abschließende Aufzählung führe.