Besonders in der protestantischen Theologie wird nach Karl Barth oft Glaube gegen Religion abgegrenzt. Barth sah Religion als eigenmächtigen Weg des Menschen zu Gott an. Gerhard Ebeling, Religionsforscher, betonte ebenfalls die kritische Kraft des Glaubens gegen religiöse Festlegungen und Sicherheiten, sah aber Religion als Lebensbedingung des Glaubens an. Da sehen wir schon: es besteht eine gewisse Polarität zwischen Glaube und Religion. Forscher sind sich ziemlich einig, dass es nie ein Volk ohne Religion gegeben hat. Das Wort „Religion“ selbst hat verscheidene Deutungsmöglichkeiten:
- Im 1. Jhd. v. Ch. meinte Cicero das Wort „religio“ komme von „re-legere“: wider-lesen, mit Eifer beachten, sorgfältig überdenken, achtgeben (auf die rituellen Handlungen im Tempelkult).
- Anfang des 4. Jhd. führte der christliche Apologet und Schriftsteller Lactantius das Wort religio auf religare = „an-, zurückbinden“. Er meint, es handle sich um ein „Band der Frömmigkeit“ das den Gläubigen mit Mitglaubenden an Gott binde (im Sinne einer inneren und äußeren Zugehörigkeit).
- Augustinus meinte das Wort „religio“ komme vom „re-eligere“: sich Gott wieder erwählen.
- Der Religions- und Sprachwissenschaftler Axel Bergmann hat folgende Etymologie vorgeschlagen: „rem ligere“ (eine Sache / Vorhaben „binden“; im übertragenen Sinn: mit Skrupel oder Skepsis betrachten und wegen dieser Bedenken zögern und davor zurückschrecken).
Nun könnten wir zusammenfassend sagen, dass Religion die Betätigung des Glaubens im Kult, Riten, Sitten und Bräuchen ist. Das religiöse Leben bezieht sich in allererster Linie auf äußeren Formen aus: Riten, Sitten, Brauchtum, Kultbilder, Prozessionen, religiöse öffentliche Manifestationen, Kultanlagen usw.
Die Wirklichkeit des Glaubens steht im Vergleich zur Religion, wie die Seele zum Körper. Religion ist der „Körper“ des Glaubens, seine äußere und materielle Gestalt. Dieses Verhältnis kann natürlich ein gesundes und harmonisches sein, es kann aber auch durch viele Diskrepanzen und Unübereinstimmungen gekennzeichnet sein. Wenn letzteres der Fall ist, wird Religion als etwas Negatives und verwerfliches erlebt, wie auch folgende Beispiele zeigen:
- „Religion? Der moderne Ersatz für Glauben“ (Oscar Wilde)
- „Religion ist heilbar“ (Graffiti vor einer evang. Privatschule in Neuruppin)
- „Ich bin ein Gegner der Religion. Sie lehrt uns, damit zufrieden zu sein, dass wir die Welt nicht verstehen“ (Richard Dawkins)
Es gibt aber auch positive Erfahrungen und Äußerungen zur Religion:
- „Religion ist eine der großen zivilisatorischen Einflüsse der Geschichte und in der Beziehung befriedigend“ (Isaac Asimov)
- „Vernünftige Menschen sind für das Gedeihen der Menschheit wichtiger als religiöse Menschen. Allerdings sind die religiösen Menschen oft die vernünftigeren“ (Gregor Brand)
- „Was ist Religion? Sich in alle Ewigkeit weiter und höher entwickeln wollen“ (Christian Morgenstern)
Es ist gut zu bemerken, dass Gesellschaftskritiker wie Ludwig Feuerbach, Karl Marx, Machiavelli, Lenin u. a. primär die Religion kritisiert haben:
- „Religion ist ein Produkt der Phantasie und des Gemütes des Menschen“ (L. Feuerbach)
- „Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur … Sie ist das Opium des Volkes“ (K. Marx)
Diese Sätze beginnen immer mit dem Wort „Religion“ und nicht „Glaube“. Deshalb nennt man solche Kritiker auch Religionskritiker.