Der Florianiberg oder kurz Floriberg, wie er im Volksmund heißt, wird in einer alten Handschrift des Schuhmacher-Sohnes Sebastian Pichler (1744-1806) vom „Schuaster am Graben“ ausführlich beschrieben. Dieser wusste zu berichten, dass schon 1729 und 1790 Kreuzwegstationen auf dem Floriansberg errichtet waren. Pichlers Text haben die Herausgeber des „Aurdorfer Heimgarten“ mit Dr. Georg Schierghofer und seiner Gruppe von Heimatfreunden 1926 veröffentlicht. Der Historische Verein Audorf e.V. hat 2001 eine Faksimile-Ausgabe dieses „Aurdorfer Heimgarten“ herausgebracht. Zudem wird über den Floriberg, seine Kapelle und den Kreuzwegstationen in der Chronik 2. Teil „Unser Audorf“ von Dr. Josef Bernrieder berichtet, der sich wiederum auf Aufzeichnungen des ehemaligen Ortsgeistlichen und Ehrenbürger Oberaudorfs, Fritz Bauer bezieht. Von Bedeutung sind auch die Niederschriften des berufenen Kenners der Kunstdenkmäler im Landkreis Rosenheim, Herr Peter von Bomhard. Aus all diesen heimatkundlich wertvollen Beiträgen soll versucht werden, einen für die heutigen Bedürfnisse erkennbaren Kurzbericht zu fertigen.
Der Floriberg hieß früher Schweinberg, weil dort viele Eichen, Buchen und schütterer Mischwald stand, wohin eine „Überlast von Schweinen im Dorf zum Weiden getrieben wurde“. Der Name Schweinberg erscheint 1580/5 in einer Güterbeschreibung der Auerburg. Geologisch ist der Hügel mit 528 m Höhe der östlichste Ausläufer der Luegsteinwand. Zu Zeiten des ungezähmten Inns erstreckte sich dessen Wasserlauf bis an den „Antenstoa“ heran, der in die Ebene der Innauen übergeht. Als die Pfarrgemeinde anlässlich des großen Brandes vom August 1703 1 durch die Österreicher gelobte, eine Kapelle zu Ehren des Hl. Florian zu errichten, wurde 1710 ein zweijochiger Bau mit dreiseitigem Schluß erstellt, dessen Länge 24 Schuh, Breite 15 Schuh und Höhe 17 Schuh betrug. Als "Principal Erector" wird Paul Neuner (+1709) genannt, dessen Anwesen vom Brand verschont blieb.
Seitdem hat dieses Bergl den Namen Florianiberg bekommen.
Eine von der Gemeinde erbetene Meßlizenz für die Kapelle lehnte das Ordinariat Freising 1711 ab. Diesem Antrag ist zu entnehmen, dass man von der Pfarrgemeinde jährlich zur Wallfahrt auf den Floriberg ging. Vielleicht kann man die erste Kapelle auch mit dem Eremiten in Audorf-Burgberg in Verbindung bringen, dem Christoph Gruber (gest. vor 1641), dessen Einsiedelei man bis heute nicht hat feststellen können.
Notwendige Renovierungsmaßnahmen durch Bildhauer Matthäus Bayer im Jahre 1964 erbrachten neue Erkenntnisse über das Alter der Floribergkapelle. Zum Ausbau von 1710 müssen noch bedeutende Teile einer früheren Kapelle verwendet worden sein. Auch später zeigte sich, dass die kleine Madonnenstatue etwa aus der Zeit 1630-1650 stammt.
Die gefundenen Reste weisen eindeutig auf 1504 hin, als in einer Gefechtslinie vom „Hals“ über Auerburg, Schweinberg, die einheimischen Schützen als freiwillige Kräfte die Heimat verteidigten.
Der junge Hofwirt Anton Margreiter, gebürtig in Schwaz/Tirol, erbte das „Hofwirtssach“ von seinem Vetter, der ohne Erben blieb. Ihm fiel ein „den Creuzweg Jesu, des Welterlesers biß zum Berg Calvari, oder die 14 Stationen zu errichten“. Dies trug er um 1730 S.T.H. Pfleger von Pillmayr vor „der darob das greste wohlgefallen zeig, daß Neben seiner Schloßburg der Kreuzweg oder Stationen errichtet werden und versprach einen Beytrag zu machen“.
So wurde „mit heißisten Eifer die Arbeit angefangen“. Das meiste tat Margreiter selber, der mehrere Stationen aufsetzen ließ. Nachbarn taten sich beim Bau zusammen und sogar Ledige „machten hierzu einen Beytrag mit warmen Eifer zu der Ehre Gottes“. Margreiter hatte auf seine Kosten diese Stationen, so wie sie in Jerusalem vom Haus Pilati bis auf den Berg Calvari zu sehen sind, herbringen lassen „und sind also nach diesem Mase, hier von H. Vicari, H. Pfleger und Margreiter ausgetheilet worden. Nur die Erste Station, so gebühr nach Treffe als das Hauß Pilato, war zwischen Schrannenbachl 2 und Dorf“. Als 14. Station zählte damals die Florianikapelle selbst.
1734 wurde der Kreuzweg durch den Franziskaner-Provinzial eingeweiht. Als Patrozinium galt schon bald der 4. Mai, der Namenstag des hl. Florian.
Den Kreuzweg auf den Floriberg ging man an Feiertagen vor dem ersten Gottesdienst, bei aufgehender Sonne und bei Niedergang. Auch nach Mittag bedienten sich Leute der Andacht und um auch nach dem Vieh zu sehen. Man glaubte sicher, dass einem die Arbeit mit dem Gebet verbunden, leichter von der Hand geht. Alte und Kranke gingen diesen Kreuzweg um ihr hartes Schicksal zu erleichtern.
Etwa um die Mitte des 18. Jahrhunderts dürfte in die Kapelle das große Votivgemälde des Hauses Mayerhofer aus der Guggenau gekommen sein, dessen Einödhöf als einziges Anwesen der Gemeinde 1743 der Brandschatzung der Panduren entging. Das Bild zeigt in eindrucksvoller Weise die Erstürmung der Auerburg und den großen Ortsbrand.
Der offizielle Kreuzweg führte zum Floriansberg mit kurzer fünfzehnjähriger Unterbrechung in der Säkularisationszeit. Anscheinend zum Jahresanfang 1804 traf die Anordnung des aufklärerischen Landrichters August Königer aus Fischbach ein, dass aus Gründen der Reinerhaltung der Religion Kapelle und Kreuzwegstationen abgerissen werden müssten. Der Befund von Namen aus der napoleonischen Zeit an der südlichen inneren Längswand der Kapelle bestätigt den Umstand, dass während der Säkularisation die Mauern nicht abgetragen, sondern nur das Dach entfernt worden war. Am 7. Februar 1804 aber macht Philip Kurz, Pandlkramer 3 den Anfang und hat die erste Station niedergerissen, am 18. März riss die Gemeinde die letzte nieder.
1814 gab auf dringendes Ersuchen der Bevölkerung der Landrichter Wiesent von Kufstein die Bewilligung zur Wiederherstellung der Florianskapelle und ebenso der Kreuzwegstationen.
Mit Eifer nahm sich der Wirt Josef Niederauer von Reisach 4, zugleich Besitzer des Schildmülleranwesens in Mühlbach der Sache an und ließ auf eigene Kosten 1815 die Kapelle als sein Eigentum „für ihn und seine Erben auf ewige Zeiten“ erneuern. Sie ist ein schlichtes, kleines Kirchlein in nachbarocker Form erbaut mit schwach abgesetztem, kreuzgewölbtem Chor mit dreiseitigem Schluß, Langhaus mit Flachtonnengewölbe über Lisenen. Wahrscheinlich hat Bernhard Behamgruber d.Ä., Bauer und Maler (seit 1800 Schindlberger-Bauer in Niederaudorf) um 1815 das Deckengemälde angefertigt. Der Altar bestand aus einem frühklassizistischem Aufbau mit Doppelpilastern und einem Säulenpaar, am Auszug geraffter Vorhang und teilweise noch Rocailledekor. In der Mitte Maria mit dem Kind, stoffgekleidete spätgotische Schnitzfigur, offenbar 1815 hier eingesetzt. Johannes d.T. (Ende 18.Jhdt.) und Apostel ohne Attribut (Ende 19.Jhdt.) bilden die Seitenfiguren. Im Auszug der Hl. Florian in Glorie (Ende 18.Jhdt.) Das Schmiedeisengitter mit seiner reichen Durchbildung ordnet man der 2.Hälfte des 18.Jhdt. zu, könnte aber auch erst von 1815 sein.
Die Kreuzwegkapellchen wurden erbaut von nachfolgenden Familien, welche sich das Eigentumsrecht für sich und ihre Erben erworben haben:
Station 1: Peter Bucher, Häuslwirt v. Oberaudorf
Station 2: Seppenbauer von Wall
Station 3: Dorfgemeinde Niederaudorf
Station 4: Anton Obermayer, Ortbäck v. Oberaudorf
Station 5: Franz Rösch 5 , mit Beihilfe seiner Nachbarn, Kistler v.Burgberg
Station 6: Josef Kloo, Schöttlwirt v. Oberaudorf
Station 7: Josef Wöll, Goglmüller v. Mühlbach
Station 8: Anton Obermayer (jun.), Färber v. Oberaudorf
Station 9: Josef Bichler, Oberbichl am großen Berg und
Simon Waller, Prost v. Watschöd
Station 10: Martin Kurz, Bauer in Mühlbach
Station 11: Johann Lambacher, Oberschmid und
Josef Birkl, Großfuchs
Station 12: Georg Lerch, Müller in Mühlbach
Station 13: Donat Moser, Ortner v. Oberaudorf
Station 14: Josef Niederauer (in der Kapelle), Schildmüller v. Mühlbach
Am 14. März 1818 erhielt Pfarrer Johann Evangelist Schaderer von Flintsbach vom Erzbischöflichen Ordinariat die Erlaubnis zur Einweihung der neuerbauten Florianikapelle.
Das erste Bittamt mit Bittgang fand dann am 04. Mai 1819 statt.
Unterm 14.Juli 1856 erklärte die Königl. bayer. Eisenbahnbau-Sektion Fischbach, dass von den Kreuzwegstationen die ersten sieben in die projektierte Baulinie der von Rosenheim nach Kufstein zu errichtenden Eisenbahn fallen und frägt zwecks Regelung der Abtretungs- und Entschädigungsfragen an, wen die betreffenden Stationen gehören. Selbige Stationen wurden durch neue ersetzt und im Jahre 1859 eingeweiht. Aus diesem Jahr stammten auch die damaligen Bilder der Stationen 6. Dem Aurdorfer-Heimgarten vom 16.04.1926 nach erinnerte sich ein damals noch lebender Bürger, dass vor dem Bahnbau die erste Station des Kreuzweges in der Nähe des Sandgruberanwesens 7 stand. Die Besitzrechte der einzelnen Stationen hatten sich inzwischen wieder geändert, weil die sieben dem Bahnbau zum Opfer gefallenen Kapellchen zwischen die übrig gebliebenen hinein gebaut wurden. So wurde die ehemals neunte Station zur sechsten. Durch Verkauf oder Schenkungen ergaben sich 1926 neue Besitzrechte:
Station 1: Johann Nepomuk Gruber, Hauserbauer v. Oberaudorf
Station 2: Vier Bauern von Wall (Zettl,Seppenbauer, Jäger und Oswald)
Station 3: Dorfgemeinde Niederaudorf
Station 4: Josef Obermayer, Ortbäck v. Oberaudorf
Station 5: Anna Birkl, Fuchsen-Nanni v. Oberaudorf
Station 6: Georg und Michael Waller, Prost- und Weindlbauer, Watschöd
Station 7: Josef Kreckl, Mautkramer, Niederaudorf
Station 8: Anton Brunschmid, Müller in Mühlbach
Station 9: Balthasar Seebacher, Hödlbauer, Watschöd
Station 10: Georg Rechenauer, Ramerbäck v. Oberaudorf
Station 11: Johann Stengel, Sattlermeister v. Oberaudorf
Station 12: Benno Straßer, Gschwendtnerbauer v. Oberaudorf
Station 13: Geschwister Funk, Hofwirt v. Oberaudorf
Station 14: Virgil Funk, Ortner, Bürgermeister v. Oberaudorf
Fortsetzung und Fußnoten siehe Kreuzweg 2: