Geschichtliches:
Anton Benno Höger (+ 1733) und seine Ehefrau Maria Katharina (+ 1706) erbauten 1692 die "Schlosskapelle zum Heiligsten Kreuz" vor dem Schlosseingang.
Die Kapelle wurde am 18. Okt. 1699 durch Fürstbischof Johann Franz Eckher von Liechteneck und Kapfing (1695 -1727) auf den Titel des Hl. Kreuzes geweiht.
Am 17. Sept. 1989 fand nach gründlicher Restaurierung des Bauwerkes die Neuweihe durch Regionalbischof Graf v. Soden-Fraunhofen statt.
Die Kapelle ist der bauliche Rest einer nicht mehr vorhandenen Schlossanlage und ist ebenso reizvolles wie bemerkenswertes Zeugnis barocker Gläubigkeit und Frömmigkeitsübung: Die Fresken warnen vor den Lastern der Welt, die der Christ fliehen soll. Der Katakombenheilige Fidelis ist ein Vorbild christlichen Lebens und auf der Hl. Stiege sollte sich der Beter das Herrenleiden vergegenwärtigen.
Kirchengebäude:
Der Baukörper der Kapelle umfasst einen nahezu quadratischen Innenraum (5,40 m Länge, 4,85 m Breite), dem im Osten eine giebelbekrönte Vorhalle (2,40 m Länge, 3,90 m Breite) vorgelagert ist.
Der apsidenförmige nördliche Seitenarm birgt die Hl. Stiege. Im Westen ragt der hohe, schlanke, gegliederte Turm empor. Insgesamt erscheint das kleine Gotteshaus als ein reizvoller Barockbau.
Ein schmiedeeisernes Gitter trennt die Vorhalle vom Hauptraum. Ihn überwölbt eine Flachtonne.
Der Fußboden ist mit Solnhofener Platten belegt. Die Wände sind durch flache Pilaster gegliedert. Die Stuckornamente in ihrer Verbindung von Eierstab, Blattmuster und Perlstab (Deckenmedaillon-Einfassungen!) sind (früh-)barocke Manier. Die 14 Stufen einer kleinen Hl. Stiege führen in den Kapellenanbau, empor zu einem kleinen Altar.
Fresken:
Die Decken in der Vorhalle und im Hauptraum sind durch drei große Rundfresken geschmückt.
In der Vorhalle ist eine Lasterkelter zu betrachten. "Christus erscheint als Schmerzensmann über einem Heilsbrunn stehend, das Kreuz als Kelterbalken über sich gelegt, das ihn niederdrückt und sein Blut zum Heil der Menschheit aus dem Leibe presst, das in das Becken strömt. Die dargestellten Laster (Zorn, Unmäßigkeit, Verschwendungssucht, Stolz, irdische Liebe, Neid, Geiz) sind als Akteure gezeigt, die die Kelter herniederdrücken. Diese Darstellung ist äußerst selten und hat ihre Vorlagen in der niederländischen Graphik des 16. Jahrhunderts" (Gregor M. Lechner).
Das hintere Deckenfresko (beim Gitter) stellt eine Krönung Mariens vor. Gott Vater und Christus halten die Krone über Mariens Haupt; darüber die Heilig-Geist-Taube. Darunter 12 Heilige, einige an ihren Attributen erkennbar, so Florian mit dem Wasserkübel, Franziskus mit dem Kreuz (dahinter Klara (?).
Links vom Rundfresko mariologische Embleme: Der Garten, Maria im sechseckigen Stern und Maria mit dem Kinde in einer Brunnenschale. Rechts als Begleitfresken: Gott Vater mit dem Schriftband "Maria", die Macht über das Böse aus Jesu Leiden und eine Himmelsleiter mit Gott Vater am oberen Ende.
Das vordere Deckenbild (vor dem Hochaltar) zeigt einen Parusie-Christus; Christus als Richter beim Jüngsten Gericht. Zu seiner Rechten Maria, zu seiner Linken Johannes der Täufer. Hinter dem Haupt Christi Palmzweig und flammendes Schwert als Gerichtssymbole. Unter der Gruppe Erlöste, Büßende und Verdammte.
Begleitfresken links: Ein Mächtiger auf einem Thron übergibt einem vor ihm Knieenden eine Kette mit dem IHS-Monogramm; in der Mitte ein Baum; rechts überreicht ein Engel den Lorbeerkranz einem vor ihm Knieenden. Rechte Begleitfresken: Eine Wolkenhand hält Blitze ("Dise drey spitz brennen wie blitz"); auf dem mittleren Bild haut eine Hand einen Baum um ("Von Gott verflucht, weil du ohn frucht"). Ein Verdammter schützt seinen Kopf mit den Händen vor Schwert, Pfeil und Blitz.
Hochaltar:
Der Hoch- oder Kreuzaltar hat eine gemauerte Mensa, dahinter einen Viersäulenaufbau mit marmoriertem Holz (1698) und ist von einem schlichten Gebälk mit einem Gott-Vater-Bild im Auszug bekrönt. Vor einer einfachen Stadtdarstellung, eingerahmt von hinweisenden Engeln, erhebt sich ein geschnitzter und farbig gefasster Gekreuzigter (Inschrift I.N.I.R.) von guter Barockarbeit.
Zu beiden Seiten die beachtens-werten Holzfiguren Mariens und des hl. Johannes.
Unter dem Kreuz steht hinter einem Tabernakel der Schrein mit dem glasperlenbesetzten, in Klosterarbeit verzierten Leib eines hl. Fidelis, eines Katakombenheiligen (mit marmorierten Holztafeln verdeckt). Diese Reliquien hat Anton Benno Höger 1699 hierher übertragen lassen.
HI. Stiege:
Die dem Leiden Christi geweihte Kreuzkapelle birgt noch ein anderes Zeugnis barocker Frömmigkeit, eine Hl. Stiege.
Sie waren vom Ende des 17. Jhs. bis zur Mitte des 18. vor allem in Kalvarienbergen und in Frauenklöstern strenger Klausur üblich. Das Vorbild der Scala Santa in Rom ist hier wohl aus Platzgründen nur mit 14 Stufen (in Rom 28 Stufen) bei 1,5 m Breite und 3,15 m Länge ausgeführt. Sie ist neben derjenigen im Schloss Rastatt (Baden) die einzige HI. Stiege in Verbindung mit einem Profanbau (Schloss Anzing). In den kleinen Öffnungen der Setzstufen der Treppe waren ursprünglich Heiligenreliquien eingelassen. Es waren hier einst vier vollkommene Ablässe zu gewinnen sowie täglicher Ablass von 100 Tagen.
Quelle: Kirchenführer von Otto Thoma