Ich weiß nicht, was Sie zu diesem Schritt bewogen hat. Vielleicht sind es die viel zu vielen Skandale, die von der Institution Kirche in den letzten Jahren verursacht worden sind. Falls das so ist, muss ich gestehen, dass auch ich und viele andere, die noch in der Kirche sind, dadurch zutiefst erschüttert und teilweise auch erbost sind.
Ich will Ihnen drei Gründe nennen, warum ich eine Mitgliedschaft in der Kirche trotz all der Vorkommnisse nach wie vor für sinnvoll halte:
- Mir liegt Jesus Christus sehr am Herzen. Und er hat gewollt, dass die, die an ihn glauben, eine Gemeinschaft bilden. Trotz all ihrer Fehler, Schwächen und Verbrechen sind es nur die Kirchen, die sich als Gemeinschaft der Christusgläubigen verstehen. Auch wenn die Kirche zu oft nicht getan hat, was Jesus Christus wollte, bleibt sie doch seinem Ideal verpflichtet. Und durch diese Verpflichtung auf Jesus Christus und seine Botschaft war es der Kirche doch auch immer wieder möglich, vielfältige Dienste für die Menschheit zu leisten, im sozialen, kulturellen und persönlichen Bereich.
- Gerade deshalb, weil die Kirche mit ihrer Verpflichtung auf Jesus Christus durchaus in der Lage sein kann, ein Segen für die Welt zu sein, möchte ich dazu beitragen, dass der Ruf nach notwendigen Re-formen nicht nur von außen, sondern auch aus dem Inneren der Kir-che selbst nicht verstummt.
- Gerade in unserem Erzbistum München und Freising ist in Sachen der Prävention von sexuellem Missbrauch in den letzten Jahren sehr viel geschehen. Diese Maßnahmen zeigen auch schon erste Erfolge. In unserem Bistum wird das Problem des sexuellen Missbrauchs und mögliche Ursachen klar benannt und nach tragfähigen Lösungen zur bestmöglichen Vermeidung weiterer Fälle gesucht.
Ich habe ihnen dargelegt, warum ich eine Mitgliedschaft in der Kirche weiterhin für sinnvoll erachte. Mir liegt sehr daran, unmittelbar von Ihnen zu erfahren, was Sie bewogen hat, Ihren Kirchenaustritt zu erklären.
Deshalb lade ich Sie herzlich ein, dass wir bei einem persönlichen Treffen über die Gründe Ihrer Entscheidung und über Glaube und Kirche, Evangelium und Leben sprechen. Ich schreibe diesen Brief auch im Namen unseres Erzbischofs Reinhard Kardinal Marx in München. Die Bischöfe haben sich verständigt, auf diesem Weg nochmals einen Kontakt mit den Ausgetretenen zu versuchen und die zuständigen Pfarrer damit beauftragt. Wenn Sie in unserem Gespräch weitergehende Fragen haben sollten, kann ich Sie auch gerne an kundige Gesprächspartner vermitteln.
Um negative Überraschungen zu vermeiden, muss ich Sie leider auch darauf hinweisen, dass der Kirchenaustritt den Verlust einer ganzen Reihe von Rechten nach sich zieht:
- Sie dürfen die Sakramente der Eucharistie, der Firmung, der Buße und der Krankensalbung – außer in Todesgefahr – nicht mehr empfangen.
- Sie verlieren das aktive und passive Wahlrecht in der katholischen Kirche; Sie können nicht Mitglied in kirchlichen Gremien und Räten sein; Sie können keine kirchlichen Ämter bekleiden und Funktionen wahrnehmen. Sie dürfen z.B. nicht Tauf- und Firmpate werden.
- Wenn Sie katholisch heiraten möchten, geht das nur, wenn der zukünftige Ehepartner Mitglied der katholischen Kirche ist. Außerdem ist dafür eine besondere Erlaubnis des Bischofs notwendig.
- Es kann Ihnen das kirchliche Begräbnis verweigert werden, wenn Sie vor dem Tod kein Zeichen der erneuten Hinwendung zur Kirche gezeigt haben.
Ich bitte Sie um Verständnis, wenn ich Ihnen die Konsequenzen Ihrer Erklärung des Kirchenaustritts in aller Deutlichkeit dargelegt habe. Dies hängt damit zusammen, dass wir Ihre Aufkündigung der kirchlichen Gemeinschaft ernst nehmen.
Es gibt aber immer auch die Möglichkeit einer Wiederannäherung an die Kirche und einen Weg zurück in die Gemeinschaft. Sie sind uns auch nach Ihrem Austritt nicht gleichgültig. Das sollen diese Zeilen zeigen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und auch für Ihren bisherigen Beitrag zum Leben der Kirche und bleibe mit freundlichen Grüßen und der Bitte um Gottes Segen für Sie und alle, die mit Ihnen verbunden sind.
Ihr
Florian Regner
Pfarrer
Telefon 08636/9822-12
E-Mail FRegner@ebmuc.de