Pfarrverband Altfraunhofen

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Glaubenszeugnisse aus dem Pfarrverband Warum ich heute glaube und mich in meiner Ortskirche engagiere

Ich bin da

Wie ein roter Faden zieht sich Gottes Zusage „Ich bin da“ durch das Leben von Maria Bayersdorfer, die ich zu einem Gespräch über ihren Glauben in Alltag und Leben treffen durfte. Dieses „Ich bin da“ steht dabei aber auch für all die vielen Begegnungen untereinander, die sie von klein auf geprägt haben.

Maria Bayersdorfer ist als Älteste von acht Kindern in einem kleinen Weiler bestehend aus vier Höfen aufgewachsen. Als Älteste trug sie von klein auf Verantwortung für ihre Geschwister. Vorbild sein, lernen, mitarbeiten, so benennt sie ihre Aufgaben. Sie lebte das „ich bin da“ für ihre Geschwister und in ihrer Familie. Dabei erzählt sie, dass es nicht die Zeit war (über den Glauben und die Kirche) Fragen zu stellen, zu hinterfragen. Man glaubte.

Nach ihrem Schulabschluss und erfolgreicher Ausbildung arbeitete sie im Kindergarten als Erzieherin und dann als Kindergartenleitung. Immer schon hat sich Maria Bayersdorfer für die Bibel und den gelebten Glauben interessiert und so nahm sie jede Gelegenheit wahr, sich damit zu beschäftigen, besuchte Fortbildungen, Kurse und Weiterbildungen. Alles Wissen, jegliche Auseinandersetzung mit den Inhalten und deren Vermittlung floss unmittelbar in ihre Tätigkeiten ein, wie zum Beispiel die ganzheitlichen Zugänge von Franz Kett. Mit ihrem Mann fand sie ihren gemeinsamen Wohn- und Lebensmittelpunkt in Baierbach, wo ihre vier Kinder groß geliebt wurden. Statt Kindergartenleitung stand nun die eigene Familie im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Pfarrei erkannte schnell, welch vielfältigen Fähigkeiten Maria einbringen konnte und so war sie bald als Lektorin und im Kindergottesdienstkreis miteingebunden.

Beruflich wagte sie noch einmal einen neuen Schritt und absolvierte ein Fernstudium in Theologie und Religionspädagogik. Fünfzehn Jahre lang war sie anschließend im Religionsunterricht von Klasse eins bis neun eingesetzt, feierte mit diesen Schulgottesdienste, und auch im Pfarrverband erweiterten sich ihre Aufgaben um Einkehrtage für Frauen, Erstkommunion- und Firmvorbereitung sowie als Wortgottesdienstleiterin und im Pfarrgemeinderat. Maria Bayersdorfer war da für die ihr anvertrauten Kinder und Jugendlichen, für ihre Familie, für die Pfarrei und den Pfarrverband. Das „ich bin da“ Gottes, das ihr gesagt ist, gab sie gerne und oft aus ganzem Herzen an alle weiter, so dass es für alle spürbar und erfahrbar wurde.

Im Gespräch zeigte mir Maria Bayersdorfer ein Buch über Schutzengel, dem man ansieht, dass es oft und gerne zur Hand genommen wird. Es begleitet sie schon mehrere Jahrzehnte. Für jeden Kalendertag gibt es einen Impuls mit Bibelstellen. Zwei Seiten schlagen sich fast von selbst auf: das Datum, an dem ihr Sohn verunfallte und der Tag, an dem ihr Mann starb. Und als wäre dieses Buch genau für sie und diese beiden schweren Tage geschrieben und gestaltet worden, finden sich dort ein Bild von einem Auferstehungsengel – dem einzigen Auferstehungsengelbild im gesamten Buch – und zwei wundervolle Zusagen: „Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht. Er soll dich auf dem Weg schützen und dich an den Ort bringen, den ich bestimmt habe.“ (Ex 23,20) und Gottes Zusage „Ich bin da“ (Ex 3,14). Bei dreißig Grad an diesem Sommertag ein Gänsehautmoment, der mich innerlich tief berührte.

Während unseres Gespräches klingelt das Telefon. Ein Anruf, weil eine gemeinsame Freundin gerade durch macht, was Maria auch schon erlebt hat. Sobald ich gehe, wird sie zu ihr fahren. Da sein. Gottes und menschliches „ich bin da“ erlebbar machen. Maria erzählt, dass ihr geholfen hat, über Mann und Sohn reden zu können, zu erzählen, immer und immer wieder. Aus dieser Erfahrung heraus, ist sie sofort dabei, als Trauerarbeit im neuen Vilsbiburger Hospizverein aufgebaut werden soll. Bald ist sie dort federführend mit eingebunden. Obwohl die ersten Jahre schwierig waren, weil die Menschen dies nicht kannten und nicht immer verstanden, dass darüber reden hilfreich sein kann, blieb sie beharrlich dabei. Ihr offenes Angebot wurde bald gerne angenommen. Für Maria Bayersdorfer eine Selbstverständlichkeit, sich auch hier fachlich fundiert zu schulen. Deshalb absolviert sie die Ausbildung zur Trauer- und Hospizbegleiterin. Viele kommen seit Jahren regelmäßig und gerne. Einige Freundschaften sind dadurch entstanden zwischen Menschen, die sich ohne diesen Treffpunkt nie kennen gelernt hätten. Natürlich wird nicht nur über die Verstorbenen gesprochen oder ihrer gedacht. Auch Wanderungen oder kreatives Gestalten und vieles mehr hat hier seinen Raum, der Mensch, seine Trauer, sein Leben, der Glaube, anschaulich und ganzheitlich, ist willkommen. Alles darf sein. Und durch die Bewegung, das miteinander unterwegs sein, kommt auch das eine oder andere innen in Bewegung. Dies ist Maria sehr wichtig auch für sich selbst: ihre Ausdauer, ihre Kraft und ihre Beweglichkeit ist nicht nur körperlich als Ausdauersportlerin für sie selbstverständlich, sondern auch geistig und geistlich. So schätzt sie sehr, wenn es neue Formen von Gottesdienst und Liturgie gibt und Seelsorger offen dafür sind. Neue Formen und Zugänge, um die Menschen neu und vielleicht besser zu erreichen und anzusprechen. Jesus sagte einmal, der Sabbat ist für die Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat (Mk 2,27). Maria Bayersdorfer lebt das in Bezug auf die Liturgie: der Gottesdienst ist für den Menschen da, nicht der Mensch für die Liturgie.

Eine Form, die sie sehr schätzt ist das Taizé-Gebet. Viele Jahre besuchte sie Taizé und tauchte dort ein in die Atmosphäre von Gebet und Gemeinschaft zwischen Brüdern, Schwestern, Jugendlichen und allen Interessierten. Seit vielen Jahren gehört sie zum Team, das diese Gebetsform auch im Pfarrverband und der näheren Umgebung jeden ersten Montag im Monat anbietet. Jeder ist dazu herzlich eingeladen!

Im Gespräch kommen wir darauf, dass es schwieriger wird, die Menschen zu erreichen. Heutige Kinder und Eltern sind nicht so im Glauben verbunden, dass sie einen Gottesdienst besuchen, selbst wenn er noch so ansprechend gestaltet ist. Man kann es den Menschen nur anbieten und vorleben, was einem selbst wichtig ist, so sind wir uns einig, aber ob es angenommen wird oder nicht, liegt nicht in unserer Hand. Vielleicht, so sinniert sie, kommt es zu einem späteren Zeitpunkt im Leben wieder mehr in den Vordergrund. Sie würde es sich wünschen.

Als ich mich verabschiede, bin ich voller Eindrücke, angefangen von den Hühnern im Garten, dem frisch abgefüllten Johannisbeersaft in der Küche und der Begegnung mit Maria Bayersdorfer selbst. Ihr Leben ist angefüllt mit vielen Begegnungen: Begegnungen mit Trauernden im Trauercafé, mit Sterbenden, deren Angehörigen und den Pflegenden bei ihrer Tätigkeit im Hospizverein, beim Sport alleine und mit Freund:innen, beim Engagement in der Pfarrei und vor Ort, als Mutter und Oma, als Glaubende. Und jede Begegnung steht unter Gottes Zusage: „ich bin da“ und im menschlichen gegenseitigen füreinander und miteinander Dasein. So wie sie mit strahlenden Augen erzählt, wie sie zusammen mit einem bettlägerigen und dementen Patienten im Hospiz gesungen hat, oder auch, wenn sie schweigend am Bett sitzt und der Mensch neben ihr schläft. Er wird es merken, dass da jemand ist. „Ich bin da“. Menschlich. Göttlich. Nah.
 
Im Gespräch mit Maria Bayersdorfer: Lucia Neumann


    

Es gehört zusammen: beten, Leute treffen, sich austauschen und auch was für's Gemüt

In den Glauben bin ich durch meine Eltern so hineingewachsen. Es gehörte einfach dazu. Dabei war nicht alles gut. Der Pfarrer (und der Lehrer) hat früher schon sehr viel Herrlichkeit gehabt. Wenn man ihm auf der Straße begegnet ist, musste man sich hinknien und „gelobt sei Jesus Christus“ sagen. Beim Kommunionunterricht in der Schule saßen wir da, mit Händen nebeneinander flach auf dem Pult. Und wenn man bestraft wurde, musste man knien. Einen hatte der Pfarrer auf dem Kieker, der musste eigentlich immer knien. Der hat mir leidgetan. Ich hatte Glück. Mich hat der Pfarrer gemocht. Erst war ich Ministrant, dann durfte ich auch vorlesen.

Heute denke ich mir über den Glauben: „schaden kann’s ja nicht“. Es muss ja auch mehr geben. Das Leben hier kann ja nicht alles gewesen sein. Wenn ich sehe, wie Leute von anderen Glaubensgemeinschaften für ihre Überzeugungen einstehen! Das finde ich stark und bewundernswert! Wir sind da ja eher locker und nicht so offensiv. Manchmal denke ich mir, wir könnten uns von diesem Einsatz für die eigenen Überzeugungen schon was abschauen.

Als Bub konnte ich mit dem Rosenkranz nichts anfangen, anders als jetzt. Das gemeinsame Gebet ist so meditativ. Und wenn ich in die Kirche gehe, erst Rosenkranz, anschließend Gottesdienst, dann sind ganz schnell zwei und mehr Stunden rum und ich habe es nicht gemerkt. Aber ich merke auch, bei Gottesdiensten, die mich nicht so ansprechen, sind mir schon zehn Minuten länger als normal zu viel.

Ich bin ein großer Marienverehrer und so liegt mir auch die Lourdeskapelle besonders am Herzen. Die Gebete und Lieder und alles – das ist einfach was für’s Gemüt. Genauso spricht mich die Advents- und Weihnachtszeit an. Da ist einfach alles von der Atmosphäre so tiefgehend. Und wenn dann „Stille Nacht“ gesungen wird, geht es ganz ins Herz.

Was mir besonders guttut, ist es, in Gemeinschaft zu beten und sich anschließend zu treffen und auszutauschen. Das wird leider auch weniger – wie die Kirchgänger. Das macht mich traurig, weil der Aufwand für die Kirche ja gleichbleibt, ob zehn gehen oder hundert. Und erhalten muss ja auch alles werden. Das kostet.

Dass ich Kirchenpfleger geworden bin, das ist so passiert. Darum gerissen habe ich mich nicht, aber einer muss es ja machen und wer soll`s tun? Kann ja niemand machen von denen, die nicht in die Kirche gehen. Als Wirt am Ort habe ich ja auch Verantwortung.

Nicht, dass ich denke, wer nicht in die Kirche geht, ist ein schlechterer Mensch und die Kirchgänger die Guten. Ich kenne solche und solche. Manche gehen nicht und ich weiß, dass sind so gute Menschen und andere sehe ich in der Kirche und denke mir meines.

Das Verantwortung-Übernehmen habe ich von meiner Mutter. Die ist mir im Glauben und Leben nach wie vor ein großes Vorbild. Immer hat sie gearbeitet, aber „am siebten Tag sollst du ruhn“. Das war ihr wichtig. Am Sonntag ist das nicht gegangen, aber der Montag war ihr Tag des Herrn – und der Tag, sich selbst etwas Gutes zu tun. Sie hat da ihr festes Ritual gehabt: Friseurbesuch, Gottesdienst, Café und vielleicht noch etwas Schönes einkaufen. Was zusammengehört hat sie hat nie vergessen: liebe Gott, liebe deinen Nächsten und liebe dich selbst.

Sie hat nie gejammert. Ich denk mir heut: „der Herrgott schickt jedem nur so viel, wie er tragen kann.“ Und dabei ist mir meine Mutter ein großes Vorbild. Sie hat immer geschafft, eine Lösung zu finden. Sie hat viel Gutes getan, Patenschaften übernommen, und es war klar, dass der Zehnte an die geht, die es brauchen, bzw. der Kirche gehört.

Ich versuche heute für andere Vorbild zu sein, so wie es meine Mutter für mich war und ist und sie es mir vorgelebt hat.


Kirchenpfleger Georg Obermaier, Altfraunhofen