Präambel (Vorwort)
Das Schutzkonzept in den Solidarpfarreien Scheyern – Niederscheyern - Gerolsbach besteht aus drei Stufen, die aufeinander aufbauen:
1. Basis (Grundlage): so gestalten wir unser Miteinander
2. Actio (Verhalten): so arbeiten wir mit Menschen
3. Reactio (Reaktion): so ergreifen wir Maßnahmen
Wichtig ist uns, dass auf einer Basis der Achtsamkeit definiert wird, wie wir täglich mit Menschen umgehen und arbeiten. Prävention ist hier keine Last, kein erhobener Zeigefinger, sondern schlicht und einfach eine Selbstverständlichkeit.
Wenn wir reagieren müssen, dann tun wir das sofort und gemäß unserem Reactio-Prozess.
Prävention betrifft viele Bereiche
(a) Macht-/Vertrauensverhältnis
a. Asymmetrische Beziehungen (Instrumentalisierung)
b. Ausnutzen von Schwächen
c. Spiritueller Missbrauch
(b) Nähe/Distanz
a. Non-verbale Übergriffe
b. Verbalisierte Gewalt (fehlender Respekt, Mobbing, Verleumdung)
c. Verbalisierte Gewalt (unreflektiertes Vorgehen, bspw. im Affekt)
d. Persönlichkeitsrechte (Daten/Bilder)
e. Persönlichkeitsrechte (abhebende Merkmale)
(c) Menschenrechte/Kinderrechte
a. Fehlende Ansprechpartner/-innen (Wohin soll ich mich wenden?)
b. Sprachlosigkeit/Ohnmacht
Diese Auflistung zeigt, dass Missbrauch sich nicht allein auf sexuellen Missbrauch beschränkt. Das wäre, auch im Sinne dieses Schutzkonzepts, zu kurz gedacht.
Wir sind stets bestrebt, ganzheitlich zu denken und alle Facetten von Missbrauch zu vermeiden, zu erkennen, zu benennen und dann entsprechend zu handeln.
Das wichtigste Element der Basis unseres Schutzkonzepts ist die Schaffung von Bewusstsein. Das heißt, wir schaffen Transparenz, schulen, sensibilisieren und leben vor.
Transparenz schaffen
Wir definieren Spielregeln für unser Miteinander. Dazu gehören auch, Konsequenzen aufzuzeigen, wenn diese nicht eingehalten werden.
Schulungen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Verantwortung für eine Gruppe übernehmen erhalten Schulungen zu den Themen Prävention und zu unserem Schutzkonzept. Diese Schulungen werden regelmäßig (spätestens nach fünf Jahren) mit unterschiedlichen Schwerpunkten (bspw. Achtsamkeit, Hinsehen und Handeln) und ggf. Aktualisierungen aufgefrischt. Wir begrüßen es, wenn die Durchführung der Schulungen durch externe Referentinnen und Referenten geschieht.
Generell gilt:
Jede Person, die im Rahmen der Gemeindearbeit mit einer Gruppe arbeitet, bekommt zuvor das Blatt Selbstauskunft und Verpflichtungserklärung für Ehrenamtliche in der Erzdiözese München und Freising. Um den Inhalten mehr Nachdruck zu verleihen, lesen wir diese bei Schulungen langsam miteinander, z.B. jährlich im Bereich der Erstkommunionvorbereitung und Firmvorbereitung. Danach unterschreiben es alle, die mit Kinder- und Jugendlichen arbeiten wollen.
Für besonders intensive Betreuungssituationen, z.B. mehrtägige Fahrten mit Übernachtungen, oder bei langfristig angelegten Begleitungssituationen, ist die Ausstellung eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses notwendig, das der Präventionsstelle zu Einsicht und Prüfung zugesandt wird.
Sensibilisierung
Wir legen Wert darauf, dass insbesondere Kinder und Jugendliche stets ermutigt werden, Verhaltensweisen von Erwachsenen, aber auch von Gleichaltrigen zu hinterfragen. Zu den Fragen gehört es aber auch, dass alle im Gespräch ernst genommen werden. Sensibilisieren bedeutet auch, auf die Situation des oder der Geschädigten hinzuweisen. Wer sich in die Lage des Gegenübers hineinversetzt, fühlt dessen Schmerz und hinterfragt sein Handeln.
Vorleben
Christ-sein vorzuleben ist eine solide Grundlage unseres Handelns. Dazu gehört auch das Fördern einer wertschätzenden Haltung gegenüber anderen Menschen, z. B.
· unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen
· unterschiedlicher Lebensformen, bspw. gleichgeschlechtliche Paare, wiederverheiratete Geschiedene, Alleinerziehende.
Bei Aktivitäten achten wir darauf, Gruppenvielfalt zu fördern. Ziel ist es, den Facettenreichtum von Spiritualität und des Lebens zu vermitteln.
Die zweite Stufe unseres Schutzkonzepts ist maßgeblich geprägt von Offenheit. Wir favorisieren offene Räume, das 4-6 Augenprinzip und eine Kultur des Hinhörens und Hinsehens. Unsere Arbeit wird dadurch gestärkt, dass wir bemüht sind, unser Tun in einem Prozess kontinuierlicher Verbesserung an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen.
Offene Räume (Öffentlichkeit schaffen)
Letztlich dient es zum Schutz der Betreuenden und der Betreuten, wenn nichts im Verborgenen passiert, sondern stets eine Form von Öffentlichkeit (wenn auch nur visuell) daran teilnimmt.
4-6 Augenprinzip
Wir achten darauf, dass Gruppen immer von mindestens zwei Betreuerinnen oder Betreuern geleitet werden. Dies dient der Philosophie der offenen Räume und auch der Selbstregelung oder -optimierung der Betreuung, da stets die Möglichkeit zu Reflexion gegeben ist.
Hinhören und Hinsehen
Wir schauen und hören hin. Wir sind erreichbar und ansprechbar, wenn Probleme auftauchen. Wir wissen aber auch, wo unsere Grenzen sind und verweisen dann auf weiterführende Stellen und Gesprächsangebote.
Anlaufstellen
Wenn Ihnen eine Grenzüberschreitung auffällt, können Sie sich direkt an den Pfarrer oder eine andere verantwortliche Mitarbeiterin oder Mitarbeiter wenden.
Um die Neutralität und die Anonymität zu gewährleisten, hat die Erzdiözese München-Freising eine Anlauf- und Beratungsstelle für Betroffene von sexuellem Missbrauch eingerichtet. Psychotherapeutisch erfahrene Berater bieten Gespräche am Telefon an und vermitteln Hilfen: Telefon 089 / 2137-77000.
"Wir stehen an der Seite der Betroffenen" - dieser Grundsatz prägt unseren Umgang und soll ermutigen, im Zweifelsfalle lieber zum Hörer zu greifen als wegzuschauen.
Die Stufen 1 und 2 sind für die Arbeit innerhalb der Pfarrgemeinden und des Pastoralverbunds so ausgelegt, dass Stufe 3 bestenfalls nicht erreicht wird. Sollte dies doch passieren, so lauten unsere Maßnahmen: (vgl. Schaubild, Anhang A).
Schlichten, Vermitteln, Eingreifen und Begleiten. Ziel ist es, verantwortungsbewusst zu handeln. Das bedeutet einerseits, eine unnötige Eskalation von Konflikten zu vermeiden, andererseits aber auch, bei Bedarf, schnell und zielgerichtet zu handeln.
Schlichtung und Vermittlung
Zuhören, moderieren, Mittler sein zwischen Parteien. Je nach Art und Gewicht des Problems können diese Maßnahmen bereits greifen und den Konflikt lösen.
Eingreifen
Wenn wir eine Grenzüberschreitung feststellen, dann weisen wir die übergriffige Person darauf hin. Dies kann in der Gruppe bspw. durch die zweite Betreuungsperson geschehen, aber auch durch Vorgesetzte oder Dritte. Ziel des Schutzkonzepts ist es, mündige Menschen heranzubilden, die Unrecht erkennen, richtig einschätzen, benennen und entsprechend handeln können.
Begleitung
Nach der ersten Beratung und Begleitung durch das Fachpersonal auf Bistumsebene (Anlauf- und Beratungsstelle) vermitteln wir auf Wunsch Vertrauenspersonen vor Ort für eine weitere Begleitung Betroffener.
Im Sinne einer offenen und ganzheitlichen Betrachtungsweise sehen wir die Notwendigkeit einer Begleitung in ähnlicher Weise auch für Täter und Täterinnen.
Schlussklausel
Die meisten Textpassagen sind aus dem Schutzkonzept des Pastoralverbundes Johannesberg, Bistum Fulda, entnommen. Generell gilt die Präventionsordnung im Bistum München-Freising in ihrer jeweils aktuellen Fassung.
Selbstauskunft und Verpflichtungserklärung für Ehrenamtliche in der Erzdiözese München und Freising
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