Erzbistum München und Freising
2012 1. München-Hl. Geist
2. Oberndorf (PV Steinhöring)-St. Georg
3. Hohenpeißenberg, Wallfahrtskirche „Maria Himmelfahrt“
4. Georgszell (PV Velden), St. Georg
5. Garmisch, alte St. Martins -Kirche
6. Landshut, Frauenkapelle bei St. Martin
7. Thansau (PV Rohrdorf), Hl. Familie
8. Freising, Kardinal-Döpfner-Haus, alte St. Martins-Kapelle
2011 1. Benediktinerabtei Schäftlarn
2. Moosburg, Filialkirche St. Pius
3. München, St. Ursula
4. München, St. Wolfgang in Pipping (Obermenzing)
5. Filialkirche Haselbach, St. Margaretha (Pfarrei Oberndorf, PV Steinhöring)
6. Filialkirche Harthofen (PV Forstern-Tading)
2010 1. Peterskirchen, St. Peter und Paul (PV Tacherting)
2. Irschenberg, St. Johann Baptist
3. München-Moosach, St. Martin
4. Ilmmünster, St. Arsatius
5. Velden/Vils, St. Petrus
6. Schliersee, St. Sixtus
7. Kloster Scheyern, Basilika Hl. Kreuz und Mariä Himmelfahrt
8. St. Martin in Landshut: Wiederherstellung eines echten „Classicums
2007 1. Freisinger Dom
2. Jetzendorf, St. Johannes
3. Keferloh, St. Aegidius
4. Gröbenzell, St. Johann Baptist
2004 1. Patrona Bavariae in Oberschleißheim
2. Mariae Himmelfahrt in Walkersaich (PV Buchbach)
3. St. Florian in München-Riem (Messestadt)
4. St. Georgskapelle (Ascholding, PV Dietramszell)
2001 Neue Geläute
1. St. Peter und Paul in Oberroth, Dekanat Dachau
2. St. Nikolaus in Langenbach, Dekanat Moosburg
3. St. Johannes in Babenried, Dekanat Fürstenfeldbruck
Geläuteergänzungen
1. St. Valentin in Altenhausen, Dekanat Freising
2. St. Peter und Paul in Peterswahl, Dekanat Moosburg
3. Mariä Opferung auf Frauenchiemsee, Dekanat Chiemsee
4. Mariä Himmelfahrt in Miesbach
5. Liebfrauendom in München
In den letzten Jahren wurden wieder etliche neue Glocken für die Erzdiözese gegossen; Zugüsse und gänzlich neue Geläute hielten sich die Waage. Es fällt auf, dass hauptsächlich der Ersatz von Eisenhartgussglocken zum Thema wird, die wegen ihrer Materialeigenschaften in absehbarer Zeit „virulent“ werden; hierzu ein kurzer Exkurs:
„Eisenhartguss“ ist Gusseisen, ein typischer Ersatzstoff für Glocken aus der Zeit nach den beiden Weltkriegen - mit sehr schlechten Klangeigenschaften, die noch deutlich unter denen von Gussstahl liegen. Eisenhartguss ist aber v. a. technisch hochproblematisch: Aufgrund vieler Gussblasen („Lunker“) ist das Material sehr spröde und zudem wegen seines hohen Kohlenstoffanteils von 4 % (zum Vergleich: bei Gussstahl höchstens 0,8 %) äußerst rostanfällig. Dieser Rostvorgang kann in den „Lunkern“ im Innern der Glocke zu einer fatalen Volumenzunahme und damit zum Bersten des Materials führen. Materialexperten gestehen deshalb dem Werkstoff nur eine technische Lebensdauer von unter 100 Jahren zu, wobei gerade auch Glocken aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg oft ein noch schlechteres Bild ergeben. Zudem haben Eisenhartgussglocken im Vergleich mit tongleichen Bronzeglocken deutlich größere Proportionen bei Durchmesser und Gewicht (bis zu 20 Prozent) und sind damit eine entsprechend höhere Belastung für den Turm. Die bei diesen Maßverhältnissen oft benötigten Stelzenjoche sind ein weiterer Angriffspunkt für den Rost; zumeist führen gerade hohe Investitionskosten für dieses Equipment zum Nachdenken über eine absolute Neulösung.
Der Turm der bekannten Kirche am Münchener Viktualienmarkt wurde mit einer vierten Glocke ergänzt:
alt: f1 + 4 „Hl. Geist“ ca. 800 kg Ignaz Bauer, München 1860
g1 + 2 „Mutter Gottes“ ca. 650 kg Czudnochowsky, Erding 1950
a1 + 12 „St. Josef“ ca. 450 kg Gebr. Ulrich, Kempten 193?
neu: c2 + 6 „Brezenreiter“ 346 kg kg/81 cm Rudolf Perner, Passau 2012
Der Name der neuen Glocke erinnert an eine mittelalterliche Tradition des Heilig-Geist-Spitals, ebenso ihre (lateinische) Aufschrift aus Mt 25: „Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben…“ Im Zusammenklang mit der neuen Glocke wird die aus dem musikalischen Rahmen fallende dritte Glocke eher als b1-Glocke wahrgenommen.
In Oberndorf wurden zwei typische Eisenhartgussglocken von Ulrich, Apolda 1920, durch neue Bronzeglocken ersetzt.
neu: f1+ +13 1032 kg/118 cm Rudolf Perner, Passau 2012
alt: a1 + 11 Wolfgang Steger, München, 16. Jahrhundert
neu: c2 + 11 259 kg/75 cm Rudolf Perner, Passau 2012
Mit den neuen Glocken wurde die alte Vorkriegsdisposition wiederhergestellt; die alte Denkmalsglocke ist (im Gegensatz zu vorher) musikalisch wieder eingebunden. Unter Verwendung historischer Glockenstuhlteile wurde die gesamte Anlage erneuert.
Bislang taten im Turm der bekannten Wallfahrtskirche 4 Gussstahlglocken des „Bochumer Vereins“ von 1949 Dienst. Vor allem deren marodes Equipment (tiefgekröpfte Stelzenjoche mit deutlichem Rostbefall und ein direkt im Mauerwerk verankerter Stahlglockenstuhl mit hohen Körperschallübertragungen) führten zum größten Neuguss des Jahrs 2012:
neu: c1 + 1 2040 kg/153 cm alle: Rudolf Perner, Passau 2012
e1 - 1 1178 Kg/121 cm
g1 + 1 787 kg/103 cm
a1 - 1 541 kg/93 cm
c2 + 2 415 kg/82 cm
Die fünf Glocken aus drei unterschiedlichen Rippenkonstruktionen (I: Ulrich, II-IV: Schilling, V: Speranza) verbinden sich zu einem großen „Salve-Regina“-Motiv mit einer intensiven Klang-rede.
Bei dieser schönen spätgotische Filialkirche wurden zwei Eisenhartgussglocken aus dem Jahr 1949 tongleich ersetzt:
neu: g1 + 1 704 kg/106 cm Rudolf Perner, Passau 2012
b1 + 3 425 kg/89 cm Rudolf Perner, Passau 2012
alt: c2 + 2 Hahn, Landshut/Bad Reichenhall 1923
Der Rostfraß hatte den beiden Eisenhartgussglocken aus der problematischen „Baureihe“ nach dem zweiten Weltkrieg deutlich zugesetzt; die Jahreszahlen waren kaum mehr erkennbar. Zusammen mit der alten Hahn-Glocke ergibt sich wieder ein gutes „TeDeum“ – Motiv.
Die drei Eisenhartgussglocken aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg gaben mit ihren deutlich hörbaren „unsauberen“ Innenharmonien einen sehr charmanten „gotischen“ Gesamtklang wieder. Eine durch Rostbefall nötig gewordene Gesamtsanierung im Bereich der Joche und des Glockenstuhls führte - vernünftigerweise - dennoch zu ihrer tongleichen Ablösung.
neu: b1 + 2 481 kg/89cm alle: Gebr. Grassmayr, Innsbruck 2012
des2 + 2 283 kg/75 cm
es2 + 1 202 kg/67 cm
Die neuen Glocken schließen mit ihrem aus statischen Gründen leicht verlangsamten Läuterhythmus nahtlos an das Klangbild der alten Gusseisenglocken an und erbringen den Beweis, dass gerade auch kleine Dispositionen - ähnlich wie beim Orgelbau - ein musikalisch sehr interessantes Ergebnis erbringen können.
Die Landshuter St.-Martins-Basilika besitzt eines der wertvollsten historischen Geläute Deutschlands: eine großes Glockentrio aus dem Jahr 1767 wird ergänzt durch sechs weitere Glocken, die hier im Lauf der Jahrhunderte zusammengefunden haben.
Einige dieser Glocken wurden bei der daneben stehenden „Frauenkapelle“ aus deren Glocken-stube entnommen, so dass diese - eigentlich nur eine Dachöffnung über dem Chor - nun wieder frei war. So konnte man nun versuchen, die sich zwischen der siebten und achten historischen Glocke (s. o.) ergebende musikalische Lücke „aufzufüllen“: zum ersten Mal kommen damit in das Gesamtklangbild von St. Martin moderne Glocken dazu - ein hochinteressantes Experiment; zugleich erhält die Kapelle ein eigenes Geläute für die in ihr stattfindenden Gottesdienste.
neu: d2 – 6 202 kg/67 cm alle: Rudolf Perner, Passau 2013
e2 – 4 159 kg/ 62 cm
Ursprünglich sollte für die auf einem Hügel etwas versteckt liegende Pfarrkirche ein neuer hoher Turm an einer über die Durchgangsstraße führenden Fußgängerbrücke gebaut werden. Als sich diese Pläne zerschlugen, ließ sich die Gemeinde für den kleinen Dachreiter der Kirche ein exquisites Kleingeläute gießen:
neu: e2 + 5 171 kg/65 cm alle: Gebr. Grassmayr, Innsbruck, 2013
fis2 + 6 120 kg/57 cm
a2 +6 73 kg/48 cm
h2 + 5 49 kg/42 cm
Damit wurde anstelle des weithin sichtbaren neuen Wegzeichens ein äußerst reizvolles akustisches Rufzeichen für die zusammenkommende Feiergemeinde geschaffen - ad multos annos.
Auf dem glockenbegeisterten Freisinger Domberg hat eine kleine historische Glocke wieder in den Läutebetrieb hinein gefunden: diese bislang ohne Funktion gebliebene 30kg-Glocke aus dem Jahr 1776 wurde mit hohem technischen Aufwand in den Turmaufsatz über der alten
St. Martins-Kapelle eingebracht, wo sie nun auf die Aufforderung durch einen Handsender reagiert. Ihre Aufschrift („In honorem B.M.V et S. Rocchi / opus Francisci de Blasiis fund. Romae“) weist sie als sog. „Loretto“ - Glocke aus - also ein Wallfahrtsmitbringsel aus Italien.
Nicht unerwähnt bleiben darf auch das neue kleine Glockenspiel im Dachreiter des Freisinger Rathauses, ein Werk der Glockengießerei Perner, Passau 2012.
Neben einigen aufwändigen Turmsanierungen (mit z. T. schwierigen Eingriffen in die Glockenmusik) kam es im letzten Jahr in unserem Erzbistum zum Neuguss von neun Glocken:
Der Münchner Glockengießer Bernhard Ernst hatte im Jahr 1652 sechs Glocken für die Abteikirche gegossen. Bei der Säkularisation 1803 mussten zwar drei Glocken abgegeben werden; der Rest hatte aber als seltenes Glockentrio aus einer Gießerhand die beiden Weltkriege überlebt und wurde später mit einer vierten Glocke wieder ergänzt. Die beiden leeren Plätze des originalen Holzglockenstuhls konnte im Herbst 2010 zur alten Sechsstimmigkeit wieder aufgefüllt werden.
alt: es1 + 8 Bernhard Ernst, München 1652
ges1 + 11 Czudnochowsky, Erding 1962
as1 + 7 Bernhard Ernst, München 1652
b1 + 14 Bernhard Ernst, München 1652
neu: des2 + 12 250 kg/73 cm Rudolf Perner, Passau 2010
es2 + 12 180 kg/66 cm Rudolf Perner, Passau 2010
Der Weg mancher Glocken wird immer im Dunkel bleiben. So hat sich auch auf dem Turm von St. Pius in Moosburg eine spätgotische Glocke erhalten, deren Herkunft unklar ist. Nach ihrer Reparatur im Nördlinger Glockenschweißwerk Lachenmeyer konnte ihr durch eine großzügige Spende eine zweite Glocke beigesellt werden.
Neu: fis1 + 6 770 kg/105 cm Rudolf Perner, Passau 2010
alt: a1 + 8 unbekannt, 1491(?)
Im Jahr 1897 hatte der Münchner Glockengießer Ulrich Kortler eine durch den Komponisten Josef Rheinberger vorgegebene Disposition verwirklicht: h°- dis1 – fis1 – gis1 – h1. Wie bei vielen Geläuten dieser Zeit hatte nur die kleinste Glocke die Weltkriege überlebt und erhielt 1948 ein Gussstahlgeläute des Bochumer Vereins an die Seite. Mit b°- des 1 – es1 – ges1 war das Geläute nicht nur zu tief, sondern wegen der ausladenden Rippenkonstruktion (an tief-gekröpften Stahljochen hängend) auch zu schwer für den campanileartigen Turm. Nach seiner grundlegenden Sanierung wurde nun wieder die alte Rheinberger-Disposition verwirklicht.
neu: h° + 3 2977 kg/170 cm Rudolf Perner, Passau 2010
dis1 + 1 1630 kg/138 cm Rudolf Perner, Passau 2010
fis1 + 3 837 kg/113 cm Rudolf Perner, Passau 2010
gis1 + 2 656 kg/ 101 cm Rudolf Perner, Passau 2010
alt: h1 + 2 Ulrich Kortler, München 1897
Zwei Glocken (gis1/a1) des Münchner Meisters Ulrich von Rosen aus dem Jahr 1485 hängen hier in einem uralten Glockenstuhl. Bei dessen Aufarbeitung wurden Spuren eines sog. „Da-Vinci-Lagers“ entdeckt. Leonardo da Vinci hatte in einer Zeit, da es noch keine Kugellager gab, eine Konstruktion erfunden, die eine fast reibungslose Auflagerung der Jochachsen bei Glocken gewährleisten (s. originale Zeichnung). In St. Wolfgang wurde durch Gordian Pechmann aus Roggenburg (Fa. Hörz, Ulm) ein konstruktiver Nachbau unternommen, der die handgeläuteten Glocken vollkommen geräuschlos ausschwingen lässt - eine kleine kulturhistorische Kostbarkeit.
In der kleinen Filialkirche wurde eine Eisenhartgussglocke von 1920 durch eine Bronzeglocke ersetzt:
neu: a2 +/-0 62 kg/ 46 cm Perner; Passau 2011
alt: cis3 spätbarock
Zudem wurde das gesamte Equipment auf dem Turm erneuert. Ein ortsnaher Zimmereibetrieb integrierte dabei die brauchbaren Reste des historischen Holzglockenstuhls in idealer Weise in die neue Eichenholzkonstruktion (mit Holzdübeln etc.) – eine Arbeit mit absolutem Vorbildcharakter.
Die größere der beiden Glocken (Czudnochowsky, Erding 1945) hatte einen Riss bekommen. Da das Material aus der direkten Nachkriegszeit – zeitbedingt - sehr schlecht war, wurde auf ein Schweißen verzichtet und eine neue Glocke mit dem gleichen Nominal nachgegossen.
neu: d2 - 5 195 kg/ 66 cm Perner; Passau 2011
alt: f2 - 5 Joseph Bachmair, Erding 1866
Somit ist in Harthofen wieder ein typisches Dorfgeläute im Kleinterzabstand zu hören. Die neue Glocke verkündet in ihrer Inschrift ihr „Lebensmotto“: Die Lebenden ruf ich - die Toten beklage ich – die Gewitter zerschlag ich.
Die letzten beiden Jahre im Glockenwesen der Erzdiözese waren geprägt durch den Ersatz einiger maroder Stahlgeläute und einigen Ergänzungen zu vorhandenen Geläuten.
Neben vier Gussstahlglocken des „Bochumer Vereins“ von 1947 (schlechtestes Gussjahr!) hatte dort stumm(!) eine bemerkenswerte Barockglocke die Zeiten überdauert: eine es1-Glocke von Johann Baptist Stecher, Burghausen 1780.
Anstatt der aufwändigen Erneuerung der maroden Technik des Stahlgeläutes (Stahlglockenstuhl mit gekröpften Stahljochen) entschloss man sich zu einem neuen Salve-Regina-Geläute unter Einbeziehung der alten Glocke: zugleich der deutlich hörbare Anstoß einer Gesamtsanierung des ungewöhnlich großen Kirchenbaues.
alt: Glocke 1 es1 – 3 Joh. Bapt. Stecher, Burghausen 1753
neu Glocke 2 g1 – 2 706 kg/105 cm alle Rudolf Perner, Passau 2008
Glocke 3 b1 +/-0 523 kg/93 cm
Glocke 4 c2 – 1 335 kg/81 cm
In äußerster Enge waren in der Glockenstube von Johann Baptist fünf Eisenhartgussglocken aus dem Jahr 1925 eingebaut. Eine Erneuerung der stark angerosteten stählernen Stelzenjoche war angesichts des schlechten Allgemeinzustands des Geläutes betriebswirtschaftlich kaum mehr zu vertreten. Deshalb entschloss sich die Kirchengemeinde zu einer Neulösung mit einem erweiterten Salve-Regina-Motiv (in Anlehnung an die alte Disposition).
neu: Glocke 1 es1 – 2 1387 kg/133 cm Rudolf Perner, Passau 2009
Glocke 2 g1 – 3 691 kg/105 cm
Glocke 3 b1 – 1 421 kg/89 cm
Glocke 4 c2 – 3 289 kg/79 cm
Glocke 5 es 2 – 1 195 kg/68 cm
Im Zuge einer Turmrenovierung wurde das mächtige 5er-Geläute (erw. Salve-Regina) mit einer neuen Glocke ergänzt; der in der Glockenmusik nicht alltägliche neue Halbtonschritt erlaubt in der Läuteordnung viele neue Einzelmotive.
alt:
Glocke 1 h° + 10 2111 kg Czudnochowsky, Erding 1955 (Bronze?)
Glocke 2 dis1 + 9 1000 kg Czudnochowsky, Erding 1950 (Euphon)
Glocke 3 fis1 + 10 670 kg Czudnochowsky, Erding 1949 (Euphon)
Glocke 4 gis 1 + 8 495 kg Czudnochowsky, Erding 1949 (Euphon)
neu:
Glocke 5 ais 1 + 7 442 kg Rudolf Perner, Passau 2009
alt:
Glocke 6 h1 + 8 Czudnochowsky, Erding (Bronze?)
Der statisch äußerst schwierige Turm (zwei Eigenfrequenzen!) der ehemaligen Stiftskirche besitzt mit seinen fünf Bachmair-Glocken von 1880 eines der ganz wenigen erhaltenen Geläute aus dem 19. Jahrhundert. Alle vier großen Glocken fanden nach dem zweiten Weltkrieg den Weg vom Hamburger Glockenfriedhof zurück zur in Ilmmünster verbliebenen fünften Glocke. Die sechste und kleinste Glocke, die bei der Turmabnahme zerstört worden war, wurde tongleich ersetzt, so dass die ursprüngliche Sechsstimmigkeit jetzt wieder hörbar wird.
alt: Glocke 1 h° + 1 Anton Joseph Bachmair, Erding 1880
Glocke 2 dis1 – 2
Glocke 3 fis1 + 1
Glocke 4 gis1 + 3
Glocke 5 h1 + 8
neu: Glocke 6 dis2 + 8 Rudolf Perner, Passau 2009
Velden besitzt ein großes Euphon-Geläute, typisch für die Nachkriegszeit („Euphon“ ist ein „zinn-freier“ Glockenersatzstoff aus Kupfer, Silizium und Zink); das 5er-Geläute wurde zum „Idealsextett erweitert:
alt: Glocke 1 b° + 4 alle Czudnochowsky, Erding 1949, Euphon
Glocke 2 des1 + 4
Glocke 3 es2 +/-0
Glocke 4 f1 + 5
Glocke 5 as 1 + 1
neu: Glocke 6 b1 + 4 Grassmayr, Innsbruck 2009, Bronze
1951 erhielt der Turm der ehemaligen Klosterkirche zu seinen wertvollen Denkmalsglocken (1489 und ca. 1300) zwei tiefe Gussstahlglocken des „Bochumer Vereins“ hinzu. Vermutlich ihre Schubkräfte veränderten die Turmeigenfrequenz in der Folgezeit dramatisch und brachten die Statik des Turms an ihre Grenze. Unter Verzicht einer zweiten großen Glocke und unter Aufbietung aller glockentechnischen Möglichkeiten (Gegenpendelanlage und Verschiebungen innerhalb der natürlichen Glockenanschlagszahlen) wurde zusammen mit drei neuen Glocken ein neue zukunftssichere Geläutedisposition erstellt, hier eine tabellarische Aufstellung:
Nr. Nom. Gewicht Anschl./Min.(optimiert/normal) Glockengießer
1 d1+/-0 1400 kg (leicht) 49/51 (bei nur 45-50° Läutewinkel) Grassmayr,
Innsbruck, 2009
2 g1-2 ca. 800 kg langsamer: 51 statt 55 von Rosen,
München, 1489
3 a1+6 ca. 400 kg 58/58 gleich durch Gegenpendel von Rosen,
München, 1489
4 h1+3 306 kg (mittel) schneller: 66 statt 63 Grassmayr,
Innsbruck, 2009
5 d2+1 224 kg(mittel) schneller: 67 statt 65 Grassmayr,
Innsbruck, 2009
6 e2-6 ca. 150 kg etwas schneller: 68 statt 67 Anonym,
um 1300
1947 erhielt Kloster Scheyern vom „Bochumer Verein“ fünf Gussstahlglocken (darunter die größte Süddeutschlands), stark gekröpft aufgehängt in einem neuen Stahlglockenstuhl und ohne Einbezug der beiden verbliebenen alten Bronzeglocken. Als der Rostbefall der gesamten Anlage hohe Investitionen verlangte, stellte sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit, zumal mittlerweile zwei der Stahlglocken mit der Turmeigenfrequenz reagierten und das Mauerwerk dauerhaft zu beschädigen drohten. Vor diesem Hintergrund kam es unter Neubelebung der beiden historischen Glocken zu einer Neulösung, die im Prinzip aus zwei Geläuten (in zwei Glockenstuben) unter bzw. über dem dynamisch „verbotenen“ Bereich (cis1 bis fis1) besteht; dabei konnte durch die Schenkung einer gis2-Glocke noch ein Zimbelgeläute darauf gesattelt werden.
Gl. 1 „Christus Salvator“ e° alle: Perner, Passau 2009
Gl. 2 „Maria“ gis°
Gl. 3 „Benediktus“ h°
Gl. 4 „Hl. Kreuz“ cis1
Gl. 5 „Martin/Korbinian“ fis1 Spannagl, Landsberg 1816
Gl. 6 „Maria Magdalena“ gis1
Gl. 7 „St. Josef“ ais1 Wohlfahrt, Lauingen 1921
Gl. 8 “Johannes der Täufer” h1
Gl. 9 “Schutzengel” cis2
Gl.10 “Matthäus” e2
Gl.11 „Markus“ fis2
Gl.12 „Herz Jesu“ gis2 Maria Laach, 2004
Gl.13 „Lukas“ a2
Gl.14 „Johannes“ h2
Die „Christus Salvator“ - Glocke ist mit 10100 kg die größte Glocke Süddeutschlands
Die Stiftsbasilika St. Martin in Landshut besitzt mit ihren insgesamt 11 Glocken den vermutlich größten historischen Glockenbestand Süddeutschlands - ein einzigartiger Querschnitt durch die Glockengeschichte. Bis 2008 befanden sich von den neun Glocken des Turms überhaupt nur sechs im Läutebetrieb: drei im historischen Glockenstuhl, drei in einem provisorischen Aufbau darüber; drei waren ganz verstummt, weil man sie aus Sicherheitsgründen aus ihren alten Auflagern genommen und am Boden der Glockenstube abgestellt hatte. Der Holzglockenstuhl von 1500 ist nun wieder gut als historische Einheit sichtbar. Darüber wurde für die restlichen sechs Glocken anstelle des alten Provisoriums ein neuer Holzglockenstuhl aufgebaut, der sich in seiner Form und Gestaltung deutlich von der historischen Anlage abhebt. Somit haben alle 9 Glocken des Turms wieder ideale Bedingungen:
Gl. 1
„Propstglocke“ Lorenz Kraus, München 1767, ca. 6500 kg, 210 cm gis0
Gl. 2
„Dechantglocke“ Lorenz Kraus, München 1766, ca. 5000 kg, 186 cm h0
Gl. 3
„Pfarrglocke“ Lorenz Kraus, München 1767, ca. 3000 kg, 147 cm dis1
Gl. 4
„Rosenkranzglocke“, J.M.Langenegger & B.Ernst, 1723, 1600 kg, 135 cm, cis1/d1
Gl.5
„Ave-/Sperrglocke“, unbekannter Gießer, datiert 1370, 1100 kg, 120 cm, g1
Gl.6
„Bayerin“, Matthias Herl, Landshut 1488, 840 kg, 110 cm, a1
Gl. 7
„Christenlehrglocke“, Bartholomäus Wengle, München 1626, 314 kg 83 cm, h1
Gl. 8
„Schwedenglocke“, Hans Graf, Landshut 1519, 224 kg, 62 cm, g2
Gl. 9
„Lorettoglocke“, Franz Antoni Rode, Villa(?) 1738, 56 kg, 50 cm, g2
Im Dachreiter an der Langhaus-Ostseite:
Gl. 10 ehem. „Zügenglocke“ von Andreas Gartner, Salzburg, um1700
In einem fahrbaren Schauglockenstuhl:
Gl. 11 Majuskelglocke“, 14. Jahrhundert, (Eröffnungsglocke für Festgottesdienste)
Das Glockenwesen der Erzdiözese war im letzten Jahr geprägt von einigen exemplarischen Restaurierungsmaßnahmen, jeweils verbunden mit dem Zuguss neuer Glocken:
Der Freisinger Bischof Moritz von Sandizell hatte nach einer Brandkatastrophe 1563 acht Glocken mit einem Gesamtgewicht von über 9 Tonnen an den Münchener Glockengießer Wolfgang Steger in Auftrag gegeben. Mit diesem - was die Anzahl der Glocken betrifft - größten Glockenauftrag der Renaissancezeit kam der Glockengießer an die Grenze seines Könnens: einerseits gelang ihm mit der größten Glocke (Stürmerin oder Marienglocke, Nominal c1) eine echte „Jahrhundertglocke“, die wegen ihres Werts auch in Zeiten der Glockenbeschlagnahmungen immer im Turm verblieb; andererseits scheinen Steger drei Glocken beim Guss zu tief geraten zu sein, so dass zwei jeweils klangidentische Glockenpaare entstanden: Marien- und Kreuzglocke auf e1, und Lantpert- und Nonnosusglocke auf g1; über die Alexanderglocke (b1) lässt sich nur spekulieren. Die folgende Darstellung versucht eine mögliche Erklärung:
Im 20. Jahrhundert wurde die Marienglocke (durch Ausdrehen) nachträglich tiefer gestimmt, um zumindest im unteren Bereich die Möglichkeit eines C-Moll- und C-Dur-Dreiklangs zu erreichen. Mit Lantpert- und Nonnosusglocke verblieben zwei tongleiche g1-Glocken im Turm (Lantpert mit seiner verdunkelten Innenharmonie besser zur Mollskala passend, Nonnosus mit seiner klaren hellen Tonsprache eher in Korrespondenz mit der Durterz e1). Als man sich in den 50er Jahren wegen baulicher Schwierigkeiten von zwei Glocken trennen musste, glaubte man am ehesten auf Alexander und Justinus verzichten zu können, weil beide Glocken mit ihrem relativ spannungsarmen G-Moll-Dreiklang zum Plenum wenig beitrugen: beide Glocken wurden an andere Freisinger Kirchen (Pallottiner- und Freisinger Wies-Kirche) abgegeben, die kleine Friedensglocke kam weiter im Totenkult zum Einsatz.
Das oberste Ziel der gesamten Freisinger Glockenaktion war selbstverständlich immer die Zusammenführung dieser acht Glocken, die als Klangdenkmal vermutlich einmalig in der ganzen Welt bestehen: absolute „Originalmusik“ aus dem 16. Jahrhundert. Die Glocken hängen zu ihrer Schonung und zu ihrer besseren Klangentfaltung nun wieder im eichenen Glockenstuhl an den richtigen Eichenholzjochen – wieder vereint als Klangzeichen für die nun kommenden Zeiten.
Glocken sind Sinnbild für fühlbare Kontinuität: als für die Kirche zeichenhafte Instrumente stehen sie in der Zeit und sie stehen für die Zeit. Besondere Ereignisse, die für kommende Generationen festgehalten werden sollten, waren deshalb immer Auslöser für Glocken-stiftungen, konnte so doch die Erinnerung für viele Jahrhunderte wach gehalten werden: durch die Glockenaufschriften, aber v. a. durch ihr Klangzeugnis. So lag es auch in Freising nahe, mit (im Vergleich zum Gesamtvolumen) relativ wenig finanziellem Aufwand der vermuteten Originaldisposition durch zwei Zugüsse näher zu kommen: die neue a1-Glocke wird die kommenden Jahrhunderte als „Benediktglocke“ an den denkwürdigen Freisinger Papstbesuch im September 2006 erinnern; die neue „Ottoglocke“ wird im Hinblick auf die diesjährige Feier seines 850. Todestags das Gedenken an den großen Freisinger Bischof Otto wach halten.
Diese zehn Glocken des Nordturms werden nach unten ergänzt durch die berühmte Korbiniansglocke, die als eine der besten Barockglocken Süddeutschlands mit ihren ca. 5200 kg ebenfalls eine Rarität ersten Ranges darstellt: gegossen 1724 aus vor Belgrad erbeuteten türkischen Kanonen - eine Stiftung des bayerischen Kurfürsten Max Emanuel.
Dieses Instrumentarium, das gleichzeitig Dur- und Mollskala beinhaltet, wird mit einer genau abgestimmten Läuteordnung das geistliche Leben auf dem Freisinger Domberg die nächsten Jahrhunderte begleiten.
In Jetzendorf war bei einer der ersten Nachkriegsglocken der Erzdiözese (Aufschrift: „im Notjahr 1945“) ein Riss im Bereich der Krone festgestellt worden. Als die weitere Untersuchung einen völlig desolaten Materialzustand ergab, musste die Glocke ersetzt werden; sie ist heute als Zeitzeugin am Kriegerdenkmal abgestellt.
Glocke 1 cis1 – 2 Czudnochowsky, Erding 1953
Glocke 2 e 1 – 3 Czudnochowsky, Erding 1953
neu:
Glocke 3 fis1 – 2 Glockengießerei Maria Laach 2006
Glocke 4 gis1 – 4 Lorenz Kraus, München 1763
Als kleine kulturhistorische Sensation kann ein Fund auf dem Turm der alten Keferloher Kirche gelten: neben einer Glocke von 1667 fand sich – als eines der ältesten Instrumente der Erzdiözese - eine Glocke aus der Entstehungszeit der Kirche: wegen ihrer Majuskelaufschrift der vier Evangelistennamen kann ein Gussdatum zwischen 1100 und 1400 vermutet werden. Die beiden alten Glocken wurden an neuen Eichenholzjochen in einem neuen Holzglockenstuhl aufgehängt und durch eine neue Totenglocke ergänzt - ein echtes mittelalterliches Klangereignis:
Glocke 1 c 2 + 1 12./14. Jhdt 79 cm/ ca 250 kg
Glocke 2 des2 – 3 Bernhard Ernst, München 1667, 75 cm/ ca. 200 kg
neu:
Glocke 3 a 2 – 1 Rudolf Perner, Passau 2007, 46 cm/ 60 kg
Die drei Gussstahlglocken des Gröbenzeller Geläutes (Bochumer Verein, 1925) stammen aus der Erbauungszeit der Kirche. Wegen ihres unverwechselbaren und auch sehr einheitlichen Originalklangs (sog. „Septimenglocken“, s. u.) und wegen ihres noch befriedigenden technischen Zustands sollen sie für die Zukunft erhalten bleiben. Sie wurden durch eine neue Grundglocke in „Dur-Rippe“ ergänzt. Ein Blick auf die Innenharmonien der Glocken ist sehr interessant (in Halbtonsechzehnteln, altes „Pariser“ a1 = 435 Hz):
Glocken Nr. 1 – NEU - Nr. 2 (alt) Nr. 3 (alt) Nr. 4 (alt)
Perner,
Passau, 2008 BV 1925 BV 1925 BV 1925
Nominal des 1 + 7 es + 5 ges 1 + 4 as 1 + 11
Prime des 1 + 6 es 1 – 4 ges 1 – 1 as 1 – 2
Terz f 1 – 1 (DUR) ges1 + 2 bb 1 + 2 ces 1 + 7
Quinte
(Sext/Septim) as 1 + 2 des 2 + 4 es 2 + 7 ges 2 + 6
Oberoktav des 2 + 7 es 2 + 5 ges 2 + 4 as 2 + 11
Unterton (Oktav/Septim) des° + 7 f° + 11 as° + 3 b° + 11
Damit wird der typische Klang eines Geläutes aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen für die Zukunft konserviert.
Weitere große Sanierungsobjekte waren
Rosenheim St. Nikolaus: neuer Holzglockenstuhl (90° gedreht) und neue
Holzjoche
München St. Peter: neue Holzjoche für eines der größten Geläute
der Erzdiözese
In Planung sind
Landshut St. Martin: Umbauten am Glockenstuhl mit Wiederinbetriebnahme
von drei historischen Glocken
Thansau (Rohrdorf): neuer Turm mit neuem Geläute
St. Thomas – München: neuer Turm mit neuem Geläute
Ersatz von Stahlglocken von 1947 (schlechtestes Produktionsjahr, „Sekundschlagglocken“)
Peterskirchen (Tacherting): drei neue Glocken auf historischer Grundglocke
Hohenpeißenberg: neues 5er-Geläute
Kloster Scheyern: neues Großgeläute auf e° (mit zwei historischen Glocken)
Neuried, neue Kirche: hier erhält die ehemalige „Piusglocke“ des
Liebfrauendoms eine neue Heimat.
Der Trend der letzten Jahre hat sich im Glockenwesen unserer Erzdiözese weiter fortgesetzt: Vor allem Eisenhartgussglocken der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurden durch neue Bronzegeläute ersetzt. Auf dem neuen Turm des Kirchenzentrums der Riemer Messestadt wurde erstmals eine ökumenische „Simultanturmlösung“ versucht.
Glocke 1 2 3 4 5
Gießer/Gussjahr Perner 04 Erding 1957 Perner 04 Perner 04 Bernhard Ernst,
München 1653
Nominal (HT/16) e1 +6 gis2 +4 h1 +6 cis2 +6 ~ f2
Rippe mittelschwer leicht schwer schwer
Gewicht 1086 kg 397 kg 284 kg
Durchmesser 1233 mm 874 mm 768 mm
In Oberschleißheim wurde eine Generalsanierung des Turms dazu benutzt, drei alte stark angerostete Eisenhartgussglocken von 1919 zu ersetzen: Die vorhandene Bronzeglocke von 1957 wurde in idealer Weise in ein neues „Salve-Regina“-Geläute integriert; die Denkmalsglocke von 1653 fungiert auch weiterhin als Totenglocke.
Glocke 1 2 3 4
Gießer/Gussjahr Perner 04 Perner 04 Perner 04 Perner 04
Nominal (HT/16) as1 +2 c2 -1 es2 +2 f2 +1
Rippe schwer schwer überschwer überschwer
Gewicht 595 kg 312 kg 324 kg 243 kg
Durchmesser 1003 mm 808 mm 740 mm 669 mm
In einem einmaligen finanziellen Kraftakt hat die kleine 200-Seelen-Kuratie mit einem neuen Bronzegeläute („Salve-Regina“) ihr altes viel zu groß dimensioniertes marodes Eisenhartgussgeläute ersetzt. Von ihm ist noch die große Glocke (es1) in der unteren Glockenstube verblieben: fest arretiert für den Stundenschlag – und auch als Zeitzeugnis.
Glocke 1 2 3 4 5
Gießer/Gussjahr Perner 05 Perner 05 Perner 05 Perner 05 Perner 05
Nominal (HT/16) fis1 +3 gis1 +3 a1 +5 h1 +3 cis2 +3
Rippe schwer schwer DUR schwer überschwer
Gewicht 988 kg 633 kg 403 kg 390 kg 332 kg
Durchmesser 1162 mm 1024 mm 915 mm 858 mm 797 mm
Der schlanke hohe Turm des neuen Kirchenzentrums der Riemer Messestadt besitzt mit seinem 5er-Geläute ein Novum: ein Gloria-TeDeum-Quartett (fis´-gis´-h´-cis´) wird durch eine a´-Glocke in ihrer Mitte zu einer Molltonleiter ergänzt. Diese von der evangelischen Gemeinde gestiftete „VaterUnser“-Glocke besitzt als sog. „Dur“-Glocke einen ganz eigenen Charakter; durch ihren Einsatz lassen sich „katholische“ und „evangelische“ Läuteordnung voneinander unterscheiden.
Glocke 1 2
Gießer/Gussjahr Perner 2005 Perner 2005
Nominal a1 +4 c2 +7
Gewicht 65 kg 36 kg
Durchmesser 470 mm 390 mm
Durch eine Stiftung der Veranstalter des alljährlichen Georgi-Ritts konnte eine kleine Weißgussglocke (Notglocke aus Siegertshofen) durch zwei neue Bronzeglocken ersetzt werden. Wegen der erhöhten Lage des Kirchleins wird das ansprechende 2er-Geläute weithin hörbar sein.
Seit der Jahrtausendwende wird es immer deutlicher, dass die Eisenhartgussglocken aus der Zeit nach den beiden Weltkriegen nicht nur wegen ihrer musikalischen Minderwertigkeit sondern vor allem wegen hoher Sicherheitsbedenken aus dem Läutebetrieb genommen werden müssen.
Eisenhartguss war nach schweren Kriegszeiten ein preiswerter Ersatzstoff für die sonst übliche Glockenbronze (78 % Kupfer/ 22 % Zinn). Gusseisen besitzt aber eine äußerst porige Innenstruktur, deren unaufhaltsames Rosten auch durch Schutzanstriche niemals aufgehalten werden kann. Mit dieser Korrosion geht immer eine Volumenzunahme innerhalb der Glocke einher, die durch die hieraus resultierenden Materialspannungen zum partialen Bersten führt. Materialwissenschaftler gehen darum beim Eisenhartguss von einer technischen Lebensdauer von deutlich unter 100 Jahren aus. Da diese Glocken seit den 20er Jahren erzeugt wurden (Ulrich, Schilling & Lattermann/Apolda, Weule/Bockenem), werden sie im Hinblick auf ihre Betriebssicherheit virulent. Mindestens im gleichen Maß bedrohlich ist oft die Situation in ihrem technischen Umfeld: die zumeist genieteten Glockenstuhlkonstruktionen sowie die oft tiefgekröpften Stelzenjoche sind durch den jahrzehntelangen Läutebetrieb verschlissen. Dies gilt in etwas abgeschwächtem Maße auch für Glocken und Konstruktionen aus dem in seiner Dichte kompakteren Gussstahl (v. a. Bochumer Verein), deren Ende für die beiden nächsten Generationen absehbar ist. Bei anstehenden Turmsanierungen muss deshalb auf einen rechtzeitigen Ersatz solcher Geläute hingewiesen werden.
Glocke 1 2 3 4
Gießer/Gussjahr Perner 01 Perner 01 Perner 01 Perner 01
Nominal (HT/16) a1 +4 cis2 +/-0 e2 + 4 fis2 +4
Rippe mittelschwer mittelschwer überschwer überschwer
Gewicht 502 kg 250 kg 190 kg 147 kg
Durchmesser 94 cm 75 cm 64 cm 59 cm
In Oberroth wurde die Chance einer Generalsanierung genutzt, ein total marodes „Salve-Regina-Geläute“ aus Eisenhartguss (Ulrich und Weule, Apolda-Bockenem, 1921) tongleich in Bronze zu ersetzen. Zwei Jahre nach dem Glockenguss konnte das neue Geläute in einem neuen Eichenholzstuhl in idealer Weise in Dienst genommen werden.
Glockenträger mit schwingender Grundglocke und Glockenspiel
Gießer/Gussjahr
Perner 01 13 Glockenspielglocken: as2 – b2 – c3 – des3 –es3 – f3 – ges3 –
g3 – as3 – b3 – c4 – des4 – es4
Nominal (HT/16) as1 + 6
Rippe überschwer
Gewicht 785 kg
Durchmesser 102 cm
In Abstimmung zum Geläute der alten Nikolauskirche (f1-as1-b1-des2) erhielt der filigrane Glockenträger vor der neuen Kirche ein absolutes Novum:
Vom Glockenspiel können zum jeweiligen liturgischen Anlass passende Kirchenliedmelodien abgerufen werden (auch „live“ über ein Midi-Keyboard). Zur schwingenden Grundglocke können die kleinen Glocken im Taktschlag in Annäherung zur Läutepraxis der orthodoxen Kirche hinzutreten. Das benachbarte Rathaus (Standesamt) hat den Zugang zu „einschlägigen“ Motiven wie Hochzeitsmarsch oder Bayernhymne.
Glocke 1 2
Gießer/Gussjahr Perner 2003 Perner 2003
Nominal (HT/16) h1 – 1 d2 +/-0
Rippe mittelschwer schwer
Gewicht 350 kg 239 kg
Durchmesser 83 cm 70 cm
Die beiden Eisenhartgussglocken aus dem Jahr 1922 auf dem Turm dieser zur Kuratie Aich (FFB) gehörigen Nebenkirche waren (wie ihr eiserner Glockenstuhl) so stark angerostet, dass ihr Betrieb eingestellt werden musste. Obwohl in der kleinen Kirche nur noch sehr selten Gottesdienste stattfinden, war der Wunsch nach neuen Glocken groß: ein eindrucksvoller Beweis für die Identifikationskraft dieser „signa ecclesiae“ (mittelalterlicher Ausdruck für Glockengeläute: „Zeichen der Kirche“).
Glocke 1 2 3
Gießer/Gussjahr Perner/Passau ~ 1500 vor 1400 (?)
Nominal (HT/16) d2 + 1 f2 + 4 a2 ~0
Rippe mittelschwer gotische ohne
Minuskeln Aufschrift
(unlesbar) (frühgotisch)
Gewicht 195 kg
Durchmesser 70 cm
Die notwendig gewordene Erneuerung des Glockenstuhls wurde zur Vergrößerung des Geläutes dieser Filialkirche der Pfarrei Marzling genutzt. Wesentliche Teiltöne der neuen Glocke sind mit denen der alten kongruent und schaffen eine sehr gute klangliche Ergänzung.
Glocke 1 2 3
Gießer/Gussjahr Perner 2002 Perner 2002 Bachmair 1882
Nominal (HT/16) h1 + 1 dis2 – 4 fis2 - 2
Rippe Dur-Rippe mittelschwer
Gewicht 306 kg 204 kg
Durchmesser 84 cm 69 cm
Die kleine Glocke der Erdinger Gießerei Bachmair war nach dem 2. Weltkrieg mit Eisenhartgussglocken ergänzt worden (Weule, Bockenem 1947), die stark angerostet waren. Die Generalsanierung der Turmspitze wurde genutzt, neue Bronzeglocken einzubringen; somit hat sich die zeittypische Disposition des Dur-Dreiklangs aus dem Jahr 1882 bis heute erhalten.
Glocke 1 2 3 4 5
Gießer/Gussjahr Czudnochowsky 1950 Löffler, Innsbruck 1573 Bachert 2003
Nominal (HT/16) dis1 – 3 fis1 – 3 gis1 – 7 h1 -2 dis2 - 3
Im mächtigen Holzglockenstuhl von 1626 haben sich mit den beiden Löffler-Glocken zwei Instrumente des besten Glockengießers seiner Zeit erhalten. Sie wurden 1950 ergänzt durch zwei Glocken der Erdinger Gießerei Czudnochowsky. Leider sind beide Glocken schwach dimensioniert (Glocke 3 ist größer und schwerer als Glocke 2!) und relativ resonanzarm (Euphon-Glocken). Anstelle einer einst vorhandenen „Tassiloglocke“ konnte nun durch die Glockengießerei Bachert aus Bad Kochendorf das Geläute nach oben zum historisch verbürgten Fünfklang ergänzt werden.
Glocke 1 2 3 4 5 6
Gießer/Gussjahr Oberascher/1948 Kraus, München/1784 Perner/04 Kraus/1784
Nominal b° + 5 d1 + 8 f1 + 9 g1 + 6 a1 + 3 ~ h2
Rippe leicht
Gewicht 643 kg
Durchmesser 98 cm
Mit den vier Glocken des Münchner Gießers Johann Lorenz Kraus besitzt die Miesbacher Pfarrkirche eines der einheitlichsten Geläute aus der Zeit des Rokoko. 1948 wurde es nach unten ergänzt durch die Münchner Gießerei Oberascher mit dem vermutlich ersten ganz großen Glockenguss der Nachkriegszeit. Da die a1-Glocke aus der Nominallinie deutlich herausfällt (sie ist zu tief und klingt eher nach as1!), wurden die gut aufeinander abgestimmten drei Grundglocken durch die Gießerei Perner mit einer neuen g1-Glocke zu einem „Salve-Regina-Quartett“ ergänzt. Die neue Glocke musste wegen der Platzverhältnisse in der unteren Glockenstube sehr schmal dimensioniert werden.
In einer aufsehenerregenden Aktion wurde Ostern 2004 durch die Passauer Gießerei Perner das Geläute der Münchner Domkirche wieder zu seiner historisch belegten Zehnstimmigkeit erweitert. Da z. Zt. eine eigene Schrift zum Domgeläute erstellt wird, kann hier eine kurze Zusammenfassung genügen:
Die 1958 gegossene Pius-Glocke (g1 + 2) war eindeutig zu tief geraten und verunstaltete die trotz der sehr alten Glocken relativ einheitliche Nominallinie. Als Stiftung der Mitglieder der Münchner Domsingschule wurde sie nun ersetzt; zudem konnte mit zwei kleineren Glocken die klangliche Lücke zur kleinsten Glocke geschlossen werden – mit deutlicher Aufhellung des Gesamtklangs.
Glocke 1 2 3 4 5
1490 1617 1617 1451 1592
a°+5 c1+5 d1+8 es1+16 e1+9
8000 kg 3000 kg 2100 kg 2000 kg 1600 kg
206 cm 166 cm 147 cm 142 cm 132 cm
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6 7 8 9 10
2004 1492 2004 2004 ~1400
g1+12 a1+12 h1+10 c2+12 es2+14
866 kg 800 kg 549 kg 445 kg 350 kg
106 cm 105 cm 88 cm 83 cm 74 cm
Die neuen Glocken wurden ohne bauliche Veränderungen in den historischen Glockenstuhl des Südturms an den alten immer noch sichtbaren Auflagerstellen eingehängt.