PRÄAMBEL
Als katholische Kirche von München und Freising bekennen wir uns zu unserer Verantwortung für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen. Wir erkennen die Erde als Lebenshaus für alle Geschöpfe an und verpflichten uns, Gottes Schöpfung mit Ehrfurcht zu begegnen und schonend und treuhänderisch mit ihr umzugehen. Wir tragen Verantwortung für die von Gott geschaffene und uns überlassene Welt, die wir nicht nur als Mittel zur Erreichung unserer Ziele behandeln dürfen. Deshalb wollen wir alles tun, um die natürlichen Lebensgrundlagen für alle zu erhalten und die Fülle der Schöpfung auch für kommende Generationen zu bewahren.
Die ökologischen Folgen unseres heutigen Lebens- und Wirtschaftsstils übertreffen alle bisher von Menschen verursachten Umweltveränderungen: Der Klimawandel, der steigende Verbrauch an endlichen Ressourcen, die Belastung von Böden, Wasser und Luft und der Rückgang der Artenvielfalt fordern einen grundlegenden Wandel unserer Art zu leben.
Unsere Lebensweise und unsere Art zu wirtschaften sind weder global übertragbar noch dauerhaft zukunftsfähig. Unsere Gesellschaft muss sich daher von Denk- und Handlungsweisen verabschieden, die auch auf der Ausbeutung von Menschen und natürlichen Ressourcen beruhen. Die Zeit drängt. Noch haben wir die Möglichkeit, die schlimmsten Auswirkungen abzuwenden.
Auch die Kirche muss und will zu den ökologischen Folgen unseres Lebens- und Wirtschaftsstils Stellung beziehen: Sie sind dramatische „Zeichen der Zeit". Sie fordern den Glauben an Gott als Schöpfer, der seine Schöpfung durch die Zeit trägt, auf eine bisher nicht dagewesene Weise heraus.
Als vorrangige Aufgaben sehen wir es an, die negativen Umweltauswirkungen unseres eigenen Handelns fortlaufend zu verringern und in der Gesellschaft zu einem stärkeren ökologischen Bewusstsein beizutragen. Dazu fördern wir das Wissen über ökologische, ökonomische und soziale Zusammenhänge. Vor allem geht es uns um die Einsicht und den Mut zur Umkehr, die Bereitschaft zum Teilen und zum Maßhalten.
Wir legen den biblischen Gedanken der Umkehr auch auf die Änderungen unseres Lebensstils hin aus: „gut leben" ist nicht gleich zu setzen mit „viel haben".
Auf diesem Weg ist die katholische Kirche von München und Freising nicht allein. Sie arbeitet mit Partnern in den anderen Diözesen und in der außerkirchlichen Umweltbewegung zusammen. Sie handelt, indem sie alle Christinnen und Christen sowie die Angehörigen anderer Religionen einlädt, gemeinsam mit allen Menschen guten Willens praktische Verantwortung für Gottes Schöpfung zu übernehmen.
Als Ebenbild Gottes hat jeder Mensch eine unantastbare Würde. Alles von Gott Geschaffene besitzt einen Eigenwert. Die biblische Verheißung von gleichen Lebenschancen gilt allen Menschen, heute und morgen. Daraus folgt für uns:
Gerechtigkeit gegenüber allen Mitbewohnern der Erde
Wir entscheiden und handeln in Solidarität mit den Menschen anderer Regionen. Wir sorgen dafür, dass unser Lebensstil die globalen Lebensgrundlagen nicht gefährdet oder zerstört.
Gerechtigkeit gegenüber den uns folgenden Generationen
Wir richten unser Handeln nicht nur an uns heute Lebenden aus, sondern auch an den Bedürfnissen und Rechten unserer Kinder, Enkelinnen und Enkel, und weiterer Generationen. Wir verringern deshalb den Verbrauch von natürlichen Ressourcen und die Belastung der globalen Ökosysteme durch Abfall und Emissionen.
Nachhaltigkeit als leitende Perspektive
Die Nachhaltigkeitsleitlinien finden ihre Bewährung in der eigenen Praxis. Unser konkretes Tun als Erzdiözese erfolgt deshalb aus einer Perspektive der Nachhaltigkeit.
Das bedeutet: In unseren Entscheidungen nehmen wir eine Perspektive ein, die soziale Fairness, ökologische Tragfähigkeit und ökonomische Effizienz als sich wechselseitig bedingende Größen versteht.
Aktiv werden in die Kirche und in die Gesellschaft
Es ist uns wichtig, dass unser Handeln als Erzdiözese sowohl in die Kirche hineinwirkt als auch von der Gesellschaft wahrgenommen wird. Die eigene Praxis verstehen wir als Teil der kirchlichen Verkündigung und kommunizieren sie daher offensiv.
Für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsleitlinien empfehlen wir, dass sich alle Ebenen und Einrichtungen der Erzdiözese verbindliche und nachprüfbare Ziele innerhalb festgelegter Handlungsfelder setzen. Diese Handlungsfelder sind vor allem:
• Liturgie, Verkündigung und geistliches Leben
• Bildung
• Diakonisches Handeln
• Umgang mit kirchlichem Grundeigentum
• Bauen
• Nutzung von Rohstoffen und Energie
• Einkaufen und Beschaffen
• Abfall, Emissionen, Abwasser
• Mobilität
• Umgang mit Geldanlagen
• Mitarbeitende
• Schöpfungsverantwortung in Politik und Gesellschaft
Das Maß, in dem bereits heute die Nachhaltigkeitsleitlinien in den benannten Handlungsfeldern umgesetzt werden, ist unterschiedlich, ebenso wie die zukünftige Umsetzung nur in unterschiedlichen Geschwindigkeiten geleistet werden kann. Ihre möglichst umfassende Benennung ist dennoch wichtig, um zu einem in sich stimmigen systematischen Gesamtvorgehen zu kommen.
Diese Nachhaltigkeitsleitlinien verpflichten die Verantwortlichen der Erdiözese zu entsprechendem Handeln. Um eine kontinuierliche Umsetzung zu gewährleisten
Die Nachhaltigkeitsleitlinien der Erzdiözese sollen auch als Orientierungshilfe dienen für die Zielfindung der kirchlichen Stiftungen, insbesondere der Pfarrkirchenstiftungen, des Diözesanrates und der Räte auf allen sonstigen Ebenen sowie der übrigen kirchlichen Rechtsträger und Einrichtungen. Die Erzdiözese wird deshalb
München, den 19.03.2015
P. Beer
Generalvikar