Archiv - Bibliothek

Aus der Arbeit von Archiv und Bibliothek

Neuigkeiten April 2024

Herzlich willkommen zur neuen Ausgabe des Newsletters von Archiv und Bibliothek des Erzbistums!

Wir informieren Sie in unregelmäßigen Abständen über Aktuelles aus der Arbeit von Archiv und Bibliothek, z.B. die Bereitstellung von neuen Findbüchern und Digitalisaten im Digitalen Archiv des Erzbistums, bemerkenswerte Neuzugänge oder Medienberichte.

Inhaltsverzeichnis

  1. Denkmäler aus Papier
  2. Schlüsselfigur in zweiter Reihe
  3. Korbinian, der Bär und mehr

Denkmäler aus Papier

Archiv des Erzbistums erhält Sammlung von Sterbebildern

Vertragsunterzeichnung im Archiv des Erzbistums
 
München, 23. April 2024. Durch eine Schenkung der Sammlerin Irmgard Jörg werden die Sammlungen des Archivs des Erzbistums München und Freising in Zukunft um rund 650.000 Sterbebilder bereichert. Eine entsprechende Vereinbarung haben Frau Jörg und Archiv- und Bibliotheksdirektor Prof. Dr. Johannes Merz am 22. April 2024 in München unterzeichnet.
 
Irmgard Jörg (67) aus Lippertshofen, einem Ortsteil des Marktes Gaimersheim nördlich von Ingolstadt, war lange in verschiedenen Bereichen einer Autozulieferer-Firma tätig und sie arbeitet heute noch auf einigen Volksfesten. Einen Großteil ihrer Zeit widmet sie jedoch ihrem Hobby, dem Sammeln von Sterbebildern. Sie kam dazu über die Erforschung der eigenen Familiengeschichte. Inzwischen hat sie ein großes Beziehungsnetz geknüpft und erhält immer weitere Sterbebilder, sei es von anderen Sammlern, sei es von älteren Personen, die nicht wollen, dass diese Zeugnisse ihrer Familien- und Heimatgeschichte verloren gehen.
Sterbebild für den Bäckermeister Christoph Bergler aus Amberg, 1851
 
Die Sammlung umfasst derzeit rund 650.000 Sterbebilder aus dem gesamten deutschsprachigen Raum mit dem Schwerpunkt Bayern. Meist geht es dabei um „normale“ Leute, aber auch internationale Prominenz ist vertreten. Zur Aufbewahrung der Sammlung wurde vom Ehemann ein eigener Raum ihres Hauses mit Regalen eingerichtet. Motiv für die nunmehr vollzogene Übereignung an das Münchner Diözesanarchiv war sicherzustellen, dass die Sammlung geschlossen bewahrt und allen Interessierten zugänglich bleibt.
 
Ein für das Archiv des Erzbistums entscheidender Grund für die Übernahme war, dass Frau Jörg die Sterbebilder nicht nur in langjähriger Arbeit zusammengetragen und nach verschiedenen Gesichtspunkten geordnet, sondern auch digital erschlossen und großenteils digitalisiert hat. Dies ermöglicht zusammen mit der großen Stückzahl nicht nur die Nutzung für Familien- und Ortsgeschichte, sondern auch wissenschaftliche Forschungen zur Frömmigkeits- und Sozialgeschichte sowie zur religiösen Volkskunde.
 
Solange sie kann und mag, wird Frau Jörg ihre Sammlung weiter betreuen und auch erweitern. Sie freut sich über Zusendungen. Kontakt: anton3920@t-online.de
 
Für das BR Fernsehen hat kürzlich die Autorin Traudi Siferlinger Frau Jörg zu Hause besucht und mit ihr über ihre Sammelleidenschaft gesprochen. Der Beitrag wurde am 8. Dezember 2023 in der Sendung „Zwischen Spessart und Karwendel“ erstmals ausgestrahlt und ist bis auf weiteres in der Mediathek greifbar (ab Minute 2:30).
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Schlüsselfigur in zweiter Reihe

Findbuch zum Nachlass von Weihbischof Neuhäusler online

Weihbischof Johannes Neuhäusler
 
München, 26. April 2024. Weihbischof Johannes Neuhäusler (1888–1973) war lange Jahre der wichtigste Mann in der „zweiten Reihe“ der Erzdiözese München und Freising. Er gilt zudem als Schlüsselfigur des deutschen Katholizismus in der Zeit der NS-Diktatur. Ein detailliertes Findbuch zu seinem umfangreichen und vielschichtigen schriftlichen Nachlass ist nun im Digitalen Archiv des Erzbistums online zugänglich.
 
Johannes Neuhäusler wurde als zehntes Kind eines Bauern und Fuhrunternehmers in Eisenhofen im Dachauer Land geboren. Während seiner Schul- und Studienzeit in Scheyern, Freising und München fiel er bald durch hohe Begabung auf. 1913 empfing er in Freising die Priesterweihe und legte 1917 den „Pfarrkonkurs“ als Jahrgangsbester ab. In der Folge wurde er mit vielfältigen Aufgaben betraut: Präsident des Ludwig-Missions-Vereins (heute: missio München), Aufbau des Exerzitienhauses und Spätberufenenseminars in Schloss Fürstenried, Präsident des Landeskomitees für Pilgerfahrten (heute: Bayerische Pilgerbüro). 1932 wurde Neuhäusler ins Metropolitankapitel München aufgenommen. Ab 1933 war er im Auftrag von Erzbischof Michael Kardinal von Faulhaber als kirchenpolitischer Referent verantwortlich für die Beobachtung kirchenfeindlicher Agitation des NS-Regimes, für die Koordination von Gegenmaßnahmen sowie für Kontakte mit den staatlichen Stellen. Bereits 1933 erstmals kurz verhaftet, wurde er 1941 „wegen Verbindung mit dem politischen Katholizismus im Ausland“ unter dem Verdacht der Spionage und des Volksverrats von 1941 an bis zur Befreiung 1945 zunächst im Konzentrationslager Sachsenhausen, dann in Dachau gefangen gehalten. In seiner 1946 erschienenen Dokumentation „Kreuz und Hakenkreuz“ verteidigte er die Haltung der Katholischen Kirche in der NS-Zeit. Zugleich setzte er sich für angeklagte Nationalsozialisten ein. 1947 zum Weihbischof für das Erzbistum München und Freising bestellt, engagierte sich Neuhäusler u.a. für die Errichtung der Landvolkshochschule auf dem Petersberg bei Dachau, die Vorbereitung und Durchführung des Eucharistischen Weltkongresses in München 1960 sowie für den Bau einer Gedenkkapelle und eines Klosters der Unbeschuhten Karmelitinnen auf dem Areal des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau.
 
Aufgrund der zahlreichen und vielfältigen Aufgaben finden sich schriftliche Niederschläge von Neuhäuslers Tätigkeit in verschiedenen Beständen des Archivs des Erzbistums: Dienstliche Akten aus der Zeit vor der Bischofsweihe 1947 – insbesondere solche des politischen Referenten – sind der Überlieferung des Generalvikariats (Realia) zugeordnet, Unterlagen zur Tätigkeit beim Ludwig-Missions-Verein, beim Bayerischen Pilgerbüro und bei der Organisation des Eucharistischen Weltkongresses der Überlieferung dieser Institutionen. Der von Neuhäusler übernommene und in seine Unterlagen eingearbeitete Nachlass des Gefängnisseelsorgers Karl Morgenschweis bildet heute wieder einen eigenen Bestand (mit Online-Findbuch).
 
Eine strikte Trennung von dienstlichen und privaten Unterlagen ist angesichts der Ämterfülle und Arbeitsweise Neuhäuslers sowie seiner ausgedehnten Sammeltätigkeit nicht möglich, für seine Zeit als Weihbischof auch nicht sachgerecht. So finden sich in den 822 Verzeichnungseinheiten des „Nachlasses“ neben privatem wie dienstlichem Schriftgut auch eine Briefmarkensammlung und zahlreiche Fotos. Inhaltlich umfasst der Bestand persönliche Notizen und Dokumente, eigene Publikationen, Korrespondenz, Unterlagen zu Kongressen und Pilgerreisen sowie umfangreiche Materialsammlungen zur Rolle der Kirche im Dritten Reich, zu Widerstandsbewegungen, Figuren des Nationalsozialismus, Konzentrationslagern, zum Umgang mit dem Nationalsozialismus nach 1945 und zu Kriegsverbrecherprozessen.
 
Die komplizierte Geschichte des Bestandes und seine archivische Bearbeitung sind in einer ausführlichen Einleitung zum Online-Findbuch erläutert. Alle Verzeichnungseinheiten sind sicht- und recherchierbar. Die Bestellbarkeit richtet sich nach den von der Kirchlichen Archivordnung (KAO) festgelegten Schutzfristen; unter bestimmten Voraussetzungen ist für wissenschaftlichen Forschungen jedoch deren Verkürzung möglich.
 
Neuhäuslers Wirken während der NS-Diktatur und seine spätere Darstellung der Rolle der Katholischen Kirche in dieser Zeit sind Gegenstand einer Dissertation, die derzeit am Institut für Kirchengeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München entsteht. Darüber führte die Katholische Nachrichtenagentur kürzlich ein Interview mit dem Doktoranden Fabian Flohr.
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Korbinian, der Bär und mehr

Ein „Ratsch“ über 1300 Jahre Bistumsgeschichte

Der Freisinger Dom in der zum Korbiniansjubiläum 1724 erneuerten barocken Gestalt. Kupferstich von Franz Joseph nach Entwurf von Cosmas Damian Asam (Ausschnitt)
 
München, 29. April 2024. Anlässlich der bayerischen Landesausstellung „Tassilo, Korbinian und der Bär. Bayern im frühen Mittelalter“, die vom 7. Mai bis 3. November 2024 im Diözesanmuseum Freising zur sehen ist, traf sich BR-Redakteurin Hermine Kaiser am 26. April mit dem stellvertretenden Direktor von Archiv und Bibliothek des Erzbistums, Dr. Roland Götz, in der Hörfunk-Reihe „Habe die Ehre“ auf einen „Ratsch“ über 1300 Jahre Bistumsgeschichte.
 
Leitfaden war dabei die Online-Ausstellung von Archiv und Bibliothek des Erzbistums „Bistumsgeschichte original. Historische Quellen von Korbinian bis heute“. In ihr geht es um historische Dokumente aus verschiedenen Archiven und Bibliotheken, die etwas über die Geschichte des Bistumsgebiets erzählen. Aus den 18 Themenbereichen der Ausstellung wurden für die Sendung sieben ausgewählt. Sie spannen einen weiten Bogen vom heiligen Korbinian bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs:
  • Ein Bistumsgründer für Freising?
  • Salzburg in Bayern
  • Eine Herrscherin für Bayern
  • Barocke Geschichtsbilder
  • Musikalische Botschaften
  • Poesie und Provokation
  • Kirche zwischen Krieg und Frieden
Daneben ging es auch um die Frage, wie man heute mit modernen digitalen Mitteln möglichst vielen Interessierten Geschichte näherbringen kann.
 
Das gut einstündige Gespräch kann über die Homepage des Bayerischen Rundfunks nachgehört und als Podcast heruntergeladen werden.
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Bildnachweise

Archiv - BibliothekName: Archiv - Bibliothek
Bildnachweis: SMB für Archiv und Bibliothek des Erzbistums
Vertragsunterzeichnung im Archiv des ErzbistumsName: Vertragsunterzeichnung im Archiv des Erzbistums
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Sterbebild für den Bäckermeister Christoph Bergler aus Amberg, 1851Name: Sterbebild für den Bäckermeister Christoph Bergler aus Amberg, 1851
Bildnachweis: Irmgard Jörg
Weihbischof Johannes NeuhäuslerName: Weihbischof Johannes Neuhäusler
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Der Freisinger Dom in der zum Korbiniansjubiläum 1724 erneuerten barocken Gestalt. Kupferstich von Franz Joseph nach Entwurf von Cosmas Damian Asam (Ausschnitt)Name: Der Freisinger Dom in der zum Korbiniansjubiläum 1724 erneuerten barocken Gestalt. Kupferstich von Franz Joseph nach Entwurf von Cosmas Damian Asam (Ausschnitt)
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising