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| Zwischen Leonhardifahrt und TraktorensegnungDokumentation religiösen Brauchtums in den 1950er Jahren | München, 6. Dezember 2023. Immer wieder in den letzten zwei Jahrhunderten mussten die Pfarrer für das Münchner Ordinariat den aktuellen Stand ihrer Pfarreien beschreiben oder schriftliche Ausarbeitungen zu pastoralen Themen einsenden. Die Pfarrer mag dies weniger gefreut haben. Doch sie schufen damit höchst aufschlussreiche Quellen, die Einblicke in das kirchliche Leben der näheren und ferneren Vergangenheit erlauben. Im Archiv des Erzbistums München und Freising umfasst der Bestand „Pastoralkonferenzen“ den Zeitraum 1943-1965. Er versammelt die Einsendungen zu Themen, die das Ordinariat vorgab und mit denen sich die Geistlichen eines Dekanats bei ihren regelmäßigen Treffen zu befassen hatten. Darin geht es um verschiedenste pastorale Herausforderungen der jeweiligen Gegenwart (wie die Auswirkungen von Krieg und NS-Diktatur, die Integration von Flüchtlingen oder die Situation der christlichen Ehe), um Fragen des Religionsunterrichts, aber auch um historische Themen, die die Pfarrer anhand ihres Pfarrarchivs bearbeiten sollten. Die vierte „These“ des Jahres 1958 hatte das „noch erhaltene, absterbende oder bereits abgestorbene religiöse Brauchtum des Seelsorgsbezirkes“ zum Thema. Für Vergangenheit und Gegenwart sollten sich die Pfarrer auf persönliche Erlebnisse, mündliche Berichte und historische Aufzeichnungen stützen. Sie sollten aber auch zukunftsweisende Anregungen und Vorschläge zur Erhaltung oder Wiederbelebung wertvoller Bräuche geben und Ansätze zur Bildung neuen Brauchtums aufzeigen. Besonders interessant macht die Berichte der Umstand, dass sie aus einer gesellschaftlichen Umbruchszeit stammen, in der nicht nur in Kirche und religiösem Brauchtum vieles in Frage stand. Bisher wurden die rund 1.600 (!) Seiten zum Thema nie vollständig ausgewertet. Ein Beitrag in der jüngsten Ausgabe des Magazins „Gemeinde creativ“, die dem Thema „Bräuche und Riten im Wandel“ gewidmet ist, bietet einige Streiflichter, die zur weiteren Forschung anregen sollen. Die Berichte zur Pastoralkonferenz von 1958 sind – nach Dekanaten geordnet – online unter folgenden Signaturen über das Digitale Archiv des Erzbistums einsehbar:
- PastK119 (Dekanate Abens, Aibling, Baumburg, Chiemsee)
- PastK120 (Dekanate Dorfen, Ebersberg, Egenhofen, Erding, Stadtkommissariat Freising, Dekanate Fürstenfeldbruck, Gars, Isen, Stadtkommissariat Landshut, Dekanate Miesbach, Mühldorf)
- PastK121 (Dekanate München-Innere Stadt, München-Nordost, München-Nordwest, München-Süd, München-Südost, München-Südwest, München-Land)
- PastK122 (Dekanate Rosenheim, Rottenbuch, Scheyern, Schloßberg, Seeon, Tegernsee, Teisendorf, Tittmoning)
- PastK123 (Dekanate Tölz, Traunstein, St. Veit bei Neumarkt, Wartenberg, Wasserburg, Weihenstephan, Werdenfels, Wolfratshausen).
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| Zum Beispiel NußdorfNeue „Pfarrakten“ im Digitalen Archiv | München, 14. Dezember 2023. Mit rund 3.000 weiteren digitalisierten Akten zu den einzelnen Pfarreien des Erzbistums München und Freising setzt das Archiv des Erzbistums die Online-Bereitstellung dieser wichtigen Aktengruppe fort. Umfasst sind die Pfarreien von Niederaschau bis Pfrombach. Insgesamt sind nun rund 17.000 „Pfarrakten“ online verfügbar. In den „Pfarrakten“ (die nicht mit den Unterlagen aus Pfarrarchiven verwechselt werden dürfen) sind alle pfarrlichen Angelegenheiten dokumentiert, mit denen sich die jeweilige kirchliche Oberbehörde zwischen dem späten 16. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts befasst hat, seien es Personal-, Bau- und Seelsorgethemen oder die Regelung des Nachlasses verstorbener Geistlicher. Anschauliche Beispiele der thematischen Vielfalt und des Quellenwertes der „Pfarrakten“ sind die Unterlagen zur Pfarrei Nußdorf am Inn. Der Nußdorfer Sprengel - lange Zeit Filiale bzw. Vikariat der Tiroler Pfarrei Erl - lag bis 1811 im Archidiakonatsbezirk Chiemsee des Erzbistums Salzburg, wurde dann provisorisch vom Freisinger Domberg aus verwaltet und gehört seit 1821 zum Erzbistum München und Freising. Folglich setzen sich die „Pfarrakten“ zu Nußdorf im Wesentlichen aus Unterlagen des Archidiakonats Chiemsee und des Erzbischöflichen Ordinariats München zusammen. Bis ins 17. Jahrhundert zurück reichen die Akten zur „Pfarrbeschreibung“, in denen die wichtigsten historischen und rechtlichen Informationen zur Pfarrei zusammengestellt sind. Im (traditionell so benannten) Gliederungspunkt „Akten vermischten Inhalts“ geht es um die Erhebung des Vikariats zur Pfarrei, aber auch um Beschwerden der Gemeinde gegenüber ihren Geistlichen, u.a. wegen Verleumdung und Schulden. Die umfangreichen Akten zu den „Verlassenschaften“ bieten mit detaillierten Inventaren des Nußdorfer Vikariatshauses Einblicke in die materielle Lebenswelt der Seelsorgegeistlichen. Im Gliederungspunkt „Pfarrkirchen- und Pfarrhofbauten“ geht es u.a. um den Neubau der 1754 durch Blitzeinschlag und nachfolgendes Feuer zerstörten Nebenkirche St. Leonhard in Nußdorf. Besonders vielfältig sind die unter „Pastoral- und Kultusgegenstände“ versammelten Themen: Errichtung und Aktivitäten der örtlichen Skapulierbruderschaft, Bau eines Altars zu Ehren des hl. Antonius von Padua (1683) und eines neuen Hochaltars (1735), eine Klage wegen eines nicht eingehaltenen Eheversprechens (1725), die Bestrafung eines 13-jährigen Bauernsohns wegen einer Rauferei mit Blutvergießen in der Kirche (1756), die Entstehung eines Leonhardiritts (1767) und die Weihe eines Kreuzes auf dem Heuberg (1919). Bemerkenswert erscheint, dass im 19. Jahrhundert zwischen der Pfarrgemeinde und dem Pfarramt ein Vertrag über die Abhaltung der Fastenpredigten und der Festpredigten an den Hochfesten im Gegenzug zum Verzicht auf mehrere Tanzveranstaltungen geschlossen wurde. Zahlreich sind im Gliederungspunkt „Filial- und Nebenkirchen“ die Unterlagen zur Tätigkeit von Einsiedlern an der Filial- und Wallfahrtskirche Kirchwald. Ebenso ist die Erweiterung und Weihe der Kirche dokumentiert, die sich 2022 zum 300. Mal jährte. Die Neuverzeichnung, Digitalisierung und Online-Stellung der „Pfarrakten“ wird kontinuierlich fortgesetzt. Den Abschluss wird die Bearbeitung der umfangreichen Akten zu den Münchner Pfarreien bilden. | [nach oben zum Inhaltsverzeichnis] |
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| Bayern und die WeltAkten des Ludwig-Missionsvereins online | München, 15. Dezember 2023. Mit den Akten des 1838 gegründeten Ludwig-Missionsvereins sind im Digitalen Archiv ab sofort wichtige Quellen zur weltweiten Geschichte des Christentums online verfügbar. Sie dokumentieren die frühe Tätigkeit des heutigen Missionswerks „missio München“. Nach französischem und österreichischem Vorbild entstand mit Unterstützung Königs Ludwigs I. 1838 in München ein bayerisches Missionswerk zur Unterstützung der jungen Kirche in Nordamerika und Asien. Ziel des nach seinem Protektor benannten Ludwig-Missionsvereins war es, hauptsächlich die aufblühenden nordamerikanischen und asiatischen Missionen mit Geldmitteln zu unterstützen, regelmäßig und solidarisch für sie zu beten sowie mit Schriften das Interesse an ihnen zu fördern. Einen Schwerpunkt bildete in der Anfangszeit die religiöse Unterstützung der zahlreichen deutschen Emigranten in Nordamerika durch die Gewährleistung deutschsprachiger Seelsorge und die Errichtung von Kirchen, Klöstern und kirchlichen Schulen. 1922 von Pius XI. in den Rang eines „Päpstlichen Werks der Glaubensverbreitung” erhoben, firmiert der Verein seit 1972 unter der Bezeichnung „missio – Internationales Katholisches Missionswerk Ludwig Missionsverein KdöR" (kurz: „missio München“) als bayerisches Schwesterinstitut des in Aachen ansässigen Hilfswerks „missio“. Es fördert bis heute alljährlich zahlreiche Projekte in Afrika, Asien und Ozeanien. 2017 hat „missio München“ u.a. seinen umfangreichen Archiv-Altbestand zum Ludwig-Missionsverein als Depositum dem Archiv des Erzbistums München und Freising übergeben. Nach Ordnung und Verzeichnung wurden die Akten nun vollständig digitalisiert und können online von allen Interessierten genutzt werden. Neben der fast vollständigen Reihe der Sitzungsprotokolle der „Zentraldirektion“ des Vereins von 1839 bis 1942 sind insbesondere die nach Ländern und Orten gegliederten Akten zu den einzelnen unterstützten Gemeinden bzw. Projekten bemerkenswert. So sind z.B. Korrespondenzen mit nicht weniger als 85 nordamerikanischen Partnern aus der Zeit zwischen den 1830er Jahren und dem Ersten Weltkrieg überliefert, die Einblicke in die frühe Geschichte der katholischen Kirche in den USA gewähren. Die Schreiben sind in der Regel in deutscher Sprache (und deutscher Schrift), nur fallweise in Englisch oder Französisch abgefasst. | [nach oben zum Inhaltsverzeichnis] |
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| Weihnachtsstress um 1500Das Mesnerpflichtenbuch des Freisinger Doms | München, 20. Dezember 2023. Während für die Meisten der vorweihnachtliche Stress an den Feiertagen hoffentlich nachlässt, sind bestimmte Berufsgruppen in dieser Zeit besonders gefordert. Dies betrifft nicht nur Polizei, Rettungs- und Pflegedienste, sondern insbesondere auch kirchliche Beschäftigte. Einen Blick zurück um mehr als 500 Jahre erlaubt das Mesnerpflichten- bzw. Verrichtungsbuch des Freisinger Doms, das im Archiv des Erzbistums München und Freising erhalten und über das Digitale Archiv des Erzbistums online zugänglich ist. In diesem Buch sind die Anweisungen gesammelt, die die Freisinger Dommesner – in der Regel ein Ober- und ein Unter-„Custerer“ – das Kirchenjahr hindurch bei der Vorbereitung der Gottesdienste zu beachten hatten. Dies betraf das Zusammenläuten, das Bereitlegen der Paramente in der richtigen liturgischen Farbe, die Bereitstellung sonstiger Utensilien (z.B. Weihwasserkessel, Rauchfässer und das Vortragekreuz für Prozessionen), das Aufstellen von Reliquiaren auf den Altären und das Anzünden von Kerzen. Im mittelalterlichen Dom war auch darauf zu achten, wann am Hochaltar (der 1443 vom Wiener Jakob Kaschauer geschaffen wurde) die äußeren bzw. auch die inneren Flügel zu öffnen waren, so dass der Schrein mit den Statuen der Dompatrone (Maria, Korbinian und Sigismund) sichtbar wurde. Hatten die Mesner Zweifel, was zu tun war, sollten sie den Domdekan befragen und sich nach seinen Anweisungen richten. Mit dem gänzlichen Öffnen des Hochaltars begannen am Morgen des 24. Dezember die Weihnachtsvorbereitungen. In einer Kathedrale waren nicht nur die allgemein üblichen Messen, sondern auch die vom Domklerus zu verschiedenen Tag- und Nachtzeiten verrichteten Chorgebete zu berücksichtigen. Zur Vesper am Heiligen Abend läutete man mit sämtlichen Glocken. Im Altarraum anwesend waren der Fürstbischof, der Weihbischof, das Domkapitel und (als Singknaben) die Schüler der Domschule mit ihrem Lehrer. Zwei junge Domherren hatten die auf den beiden Seiten des Chorgestühls Sitzenden mit Weihrauch zu „rauchen“. Für die langen nächtlichen Gottesdienste war insbesondere dafür zu sorgen, dass alle Beteiligten mit Kerzen ausgestattet waren. Wenn der Bischof selbst die Festmesse zelebrierte, waren für ihn über die normalen Paramente hinaus Mitra und Stab in der Sakristei bereitzulegen. In ähnlicher Weise sind die Vorkehrungen für alle weiteren Festzeiten des Jahres, aber auch für die „normalen“ Zeiten aufgeführt, so dass auf dieser pragmatischen Ebene die damalige Domliturgie umfassend dokumentiert ist. Neben dem spätmittelalterlichen Verrichtungsbuch, von dem übrigens auch eine Abschrift aus dem frühen 19. Jahrhundert existiert, sind im Digitalen Archiv noch drei weitere derartige Instruktionen zu finden: Die nächstjüngere (mit dem Titel „Verzaichnus der Articl, so die zwen Custer betreffentt“) stammt wohl vom Anfang des 17. Jahrhunderts, jedenfalls von vor 1625, als der mittelalterliche Hochaltar noch stand. Bald darauf, 1633, wurde eine Neufassung für den nun im frühbarocken Stil umgestalteten Dom erstellt. Mit dem Verrichtungsbuch von 1743 ist auch der Stand nach der (zweiten) Barockisierung durch die Brüder Asam (1723/24) erfasst. Damit stehen für die Forschung Quellen bereit, welche die Entwicklung der Domliturgie über einen Zeitraum von rund 250 Jahren nachvollziehen lassen. | [nach oben zum Inhaltsverzeichnis] |
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| Name: Archiv - Bibliothek Bildnachweis: SMB für Archiv und Bibliothek des Erzbistums |
| | Name: Leonhardi-Fahrt in Bad Tölz (Foto-Postkarte aus dem Gebirgskarten-Verlag Peter Triem, München) Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising |
| | Name: Nachlassinventar des Vikars Kajetan Wazinger von Nußdorf am Inn, 1793 (Ausschnitt) Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising |
| | Name: „Salesianum“ (heute: Saint Francis de Sales Seminary) in St. Francis bei Milwaukee (Bundesstaat Wisconsin), Briefkopf eines Schreibens von 1862 Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising |
| | Name: Beginn der Anweisungen zum Weihnachtsfest Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising |
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