Archiv - Bibliothek

Aus der Arbeit von Archiv und Bibliothek

Neuigkeiten Mai-August 2023

Herzlich willkommen zur neuen Ausgabe des Newsletters von Archiv und Bibliothek des Erzbistums!

Wir informieren Sie in unregelmäßigen Abständen über Aktuelles aus der Arbeit von Archiv und Bibliothek, z.B. die Bereitstellung von neuen Findbüchern und Digitalisaten im Digitalen Archiv des Erzbistums, bemerkenswerte Neuzugänge oder Medienberichte.

Inhaltsverzeichnis

  1. Neuerscheinung
  2. Späte Rückkehr
  3. Neu im Digitalen Archiv

Neuerscheinung

Kirchliche Quellen zu Sexualität und Partnerschaft

Kirchliche Quellen zu Sexualität und Partnerschaft (Buchcover)
 
München, 22. Mai 2023. Wie kommt Liebe ins Archiv? Mit dieser Frage beschäftigt sich der neue Band der Schriften von Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising: „Kirchliche Quellen zu Sexualität und Partnerschaft. Sechs ‚Fälle‘ im Originaltext“.
 
Dass so persönliche Lebensbereiche wie Sexualität und Partnerschaft im Archiv aufscheinen, setzt voraus, dass eine Behörde sich damit beschäftigte, dabei Schriftstücke produzierte und dass diese auch über die Zeiten erhalten blieben. Ist das aber der Fall, kann gerade das so spröde erscheinende Verwaltungsschriftgut tiefe Einblicke erlauben: Es liefert konkrete Namen, Orte, Daten und Details.
 
Zu bedenken ist dabei freilich: In den amtlichen Akten schlagen sich naturgemäß zumeist problematische Sachverhalte nieder, die nicht kurzschlüssig zu einer Skandalchronik verallgemeinert werden dürfen. Aussagen von Streitparteien sind natürlicherweise interessengeleitet und deshalb entsprechend kritisch zu interpretieren. Oft kann der „Normalfall“ einer Beziehung aber durch die geschilderten Abweichungen von der Norm bzw. den Erwartungen zumindest annähernd erschlossen werden.
 
Welche Quellengattungen gerade kirchlicher Herkunft welche Auskünfte geben, wird hier anhand der Bestände des Archivs des Erzbistums München und Freising als eines der großen katholischen Diözesanarchive in Deutschland erstmals gezeigt. Sechs wahre „Fälle“ beleuchten wichtige Aspekte des Themas – von der gescheiterten Verlobung bis zum sexuellen Missbrauch. Vier Kirchenhistoriker:innen und Historiker:innen haben die bisher unbekannten Texte ausgewählt und aufbereitet. Die jeweils vollständig wiedergegebenen und ggf. auch übersetzten Quellen lassen Menschen vergangener Epochen selbst zu Wort kommen. Sie eröffnen neue Zugänge zum „wirklichen“ Leben und liefern historische Fakten zur aktuellen Diskussion.
 
Der Band erscheint im Zusammenhang mit der vielbeachteten Ausstellung „Verdammte Lust! Kirche. Körper. Kunst.“ des Diözesanmuseums Freising, doch reicht seine Bedeutung weit darüber hinaus. Er richtet sich an Forscher:innen ebenso wie an alle an Geschichte Interessierten. Er macht sichtbar, aus welchen Informationsbausteinen die historische Forschung gerade bei einer quellenmäßig schwer greifbaren Thematik wie Sexualität und Partnerschaft ihre Aussagen aufbauen muss. Die Abbildungen zeigen, mit welchen Originaldokumenten es die Forscher:innen zu tun bekommen und welchen Aufwand Recherche, Transkription, sprachliches Verständnis und inhaltliche Auswertung erfordern. Dabei soll aber auch deutlich werden, dass sich dieser Aufwand letztlich lohnt, weil so Informationen zutage gefördert werden, die auf anderem Wege kaum zu gewinnen sind.
 
Inhalt
  • Johannes Merz / Christoph Kürzeder: Vorwort
  • Roland Götz: Einführung: Quellen zu Sexualität und Partnerschaft im Archiv des Erzbistums München und Freising
  • Christopher Kast: Die Ehezuerkennungsklage von Michael Wolgemut gegen die Malertochter Magdalena vor dem Freisinger Offizialat, 1471
  • Roland Götz: Der Eheverspruchsprozess von Maria Margaretha Fischer gegen Michael Franz vor dem Archidiakonatsgericht Baumburg, 1664-1665
  • Irmgard E. Zwingler: Zwei Fälle von Missbrauch in Münchner Frauenklöstern, 1769
  • Maria Hildebrandt: Der Peitinger Pfarrer Franz Xaver Kuile und die Vergewaltigung der Köchin Maria Elisabeth Lidl, 1783-1784
  • Roland Götz: Die uneheliche Mutter Elisabeth Babl, 1833-1892
 
Buchdaten
  • Roland Götz (Hrsg.), Kirchliche Quellen zu Sexualität und Partnerschaft. Sechs „Fälle“ im Originaltext (= Schriften von Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising 20), Regensburg (Verlag Schnell & Steiner) 2023; 254 S. mit 26 Abb.; ISBN 978-3-7954-3855-5; € 19,90
  • Bezug über den Buchhandel, den Shop des Diözesanmuseums Freising oder den Verlag Schnell & Steiner, Leibnizstraße 13, 93055 Regensburg; Tel. 0941/78785-26, Fax -16; E-Mail: bestellung@schnell-und-steiner.de
 
Veranstaltungen
  • Ein Teil der im Buch abgedruckten Dokumente ist noch bis zum 2. Juli 2023 in der Sonderausstellung „Verdammte Lust! Kirche. Körper. Kunst.“ des Diözesanmuseums Freising zu sehen.
  • Am 25. Mai 2023 und am 16. Juni 2023 werden sie (und weitere Quellen) von Roland Götz in der Veranstaltungsreihe „DIMU-DATE“ erläutert. Anmeldung: Montag bis Freitag unter kunstvermittlung@dimu-freising.de
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Späte Rückkehr

Altbestands-Neuerwerbungen der Diözesanbibliothek

Exlibris des Klosters Höglwörth von 1725 und handschriftlicher Kaufvermerk von 1821
 
München, 4. August 2023. Die Diözesanbibliothek des Erzbistums München und Freising konnte jüngst drei Bände erwerben, die ihre historischen Bestände glücklich ergänzen. Neben der Bereitstellung von aktueller wissenschaftlicher Literatur zu kirchlichen Themen (insbesondere zu Geschichte und Gegenwart des Erzbistums) hat die Diözesanbibliothek auch die Aufgabe, die ihr anvertrauten historischen Buchbestände kirchlicher Institutionen zu pflegen; hierzu zählen u.a. Reste der alten Freisinger Dombibliothek und die Bibliotheken aufgelöster Klöster. Fallweise besteht die Gelegenheit, diese historischen Bestände durch Neuerwerbungen zu erweitern.
 
Zwei Bände aus der Bibliothek des ehemaligen Augustiner-Chorherrnstifts Höglwörth (Landkreis Berchtesgadener Land) wurden für die Diözesanbibliothek aus Privatbesitz angekauft. Sie ergänzen den hier bereits seit 1824 vorhandenen umfangreichen Höglwörther Buchbestand.
 
Das Augustiner-Chorherrenstuft Höglwörth wurde – weil damals noch im Erzstift Salzburg gelegen – nicht in der allgemeinen Säkularisation von 1802/3, sondern erst 1817 durch das Königreich Bayern aufgehoben. Der historisch oder wissenschaftlich interessante Teil der Klosterbibliothek wurde – wie bei früheren Klosteraufhebungen – in die Münchner Hofbibliothek (die heutige Bayerische Staatsbibliothek) überführt. Den Rest bot man im Auftrag von König Max I. Joseph dem Metropolitankapitel München an, das gerade dabei war, in der neuen Bischofsstadt München eine Arbeitsbibliothek für die Diözesanverwaltung und den Klerus aufzubauen. In diesem Zusammenhang verfasste der Priester und frühere Höglwörther Klosterdiener Kasimir Andre einen handschriftlichen Katalog, der 624 Nummern aufführte (AEM FSB3). Für den möglichst kostengünstigen Transport nach München stellte der Teisendorfer Dekan Franz Steinwender sein Pferdefuhrwerk zur Verfügung.
 
Einzelne Bände aus der Klosterbibliothek gelangten jedoch schon zuvor in Privatbesitz; so berichtete Pfarrer Georg Hunklinger 1975 in seinem Aufsatz „Das Ende des Stiftes Höglwörth“, er habe „kürzlich in einem abbruchreifen Bauernhaus“ ein 1737 in Augsburg gedrucktes Altes Testament in Latein und Deutsch gefunden mit dem Vermerk „Mesner von Höglwörth Johann Nepomuk Trauner 1821 gekauft“. Ein ähnliches Schicksal erfuhren zwei großformatige Bände aus den Jahren 1621 und 1622, die in deutscher Übersetzung das Hauptwerk des französischen Staatsmanns und Geschichtsschreibers Jacques-Auguste de Thou (1553-1617) enthalten, eine Darstellung der europäischen Geschichte von 1543 bis 1607.
 
Die ursprüngliche Zugehörigkeit der Bände zur Höglwörther Bibliothek bezeugt ein jeweils vorne eingeklebtes Exlibris von 1725, welches das Klosterwappen (gekreuzte Schlüssel) sowie Wappen und Initialen des Propstes Johann Baptist II. Puechner (amtierend 1725-1743) zeigt. Darüber ist handschriftlich zu lesen: „Johann Nepomuck Trauner Mesner in Kloster Heglwerd gekauft 2 f. im Jahr 1821.“ Dadurch ist sowohl das historische Interesse der Höglwörther Chorherren als auch die Bücherliebe des damaligen Mesners bezeugt, was die Bände zu einmaligen Geschichtsdokumenten macht.
Einbandprägung mit dem Wappen des Regensburger und Freisinger Fürstbischofs Johann Theodor von Bayern
 
Auf einer Buchauktion ersteigert werden konnte ein Band, der durch seine Einbandprägung ausgezeichnet ist: Sie präsentiert auf Vorder- und Rückseite jeweils das Wappen des Herzogs Johann Theodor von Bayern (1703-1763) als Fürstbischof von Regensburg (seit 1721) und Freising (seit 1727), also jedenfalls vor seiner zusätzlichen Wahl zum Bischof von Lüttich (1744) und seiner Erhebung zum Kardinal (publiziert 1746). Das Wappen kombiniert die Insignien der Bistümer Regensburg (Schrägbalken) und Freising („Mohr“) mit denen Kurbayerns (Löwen und Rauten) im Herzschild. Dadurch ist der Band als persönliches Eigentum des Fürstbischofs gekennzeichnet.
 
Das enthaltene Werk wurde 1730 vom Abt des Oberpfälzer Benediktiner-Klosters Ensdorf (Landkreis Amberg-Sulzbach) herausgegeben und hat zum Thema den heiligen Bischof Otto I. von Bamberg (regierend 1102-1139), den das Kloster als seinen besonderen Förderer verehrte. Auf dem Titelblatt wird zudem auf die Klosterstifter aus dem Adelsgeschlecht der Wittelsbacher verwiesen, die der Fürstbischof zu seinen Vorfahren zählen konnte. Das Buch ist mit mehreren Kupferstichen illustriert; sie zeigen u.a. den heiligen Otto, die Klosteranlage von Ensdorf und das vom Kloster betriebene Hammerwerk in Leidersdorf.
 
Beide Werke sind über den Online-Katalog der Diözesanbibliothek recherchierbar und dort auch mit vollständigen Digitalisaten verknüpft (Thou, Band 1Thou, Band 2Ensdorf). Diese geben allerdings andere Exemplare (aus staatlichen Bibliotheken) wieder und zeigen deshalb nicht die exemplarspezifischen Merkmale, die die neu erworbenen Bände für die Diözesanbibliothek gerade interessant machten.
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Neu im Digitalen Archiv

Pfarrmatrikeln, ein verbrecherischer Pfarrer und fünf bedeutende Geistliche

Vorsatzpapier aus dem Sterbebuch der Pfarrei Pürten für die Jahre 1852-1908 (AEM M10421)
 
München, 11. August 2023. Das Digitale Archiv des Erzbistums München und Freising hat bei der jüngsten Aktualisierung sein Online-Angebot erweitert. Bei 663 der im Diözesanarchiv verwahrten Pfarrmatrikel-Bände wurden die durch Ablauf der kirchengesetzlich festgelegten Schutzfristen (vgl. Archivordnung für die Seelsorgestellen und kirchlichen Einrichtungen im Erzbistum München und Freising § 16 Abs. 2) allgemein zugänglich gewordenen Seiten online gestellt. Dies betrifft bei Taufbüchern den Jahrgang 1902, bei Trauungs- und Sterbebüchern den Jahrgang 1922. Darüber hinaus sind nun rund 150 Matrikelbände, die in letzter Zeit aus 30 Pfarreien neu an das Archiv des Erzbistums abgegeben wurden, verzeichnet und - je nach Laufzeit - teilweise oder ganz online nutzbar.
 
Im Zuge der Neuerschließung der umfangreichen Akten der Diözesanverwaltung über Pfarreien („Pfarrakten“) wurde das detaillierte Verzeichnis von 1.250 Akten über die Pfarreien mit dem Anfangsbuchstaben P online gestellt. Die Digitalisierung dieser Akten erfolgt derzeit; nach Abschluss der Qualitätsprüfung und technischer Vorarbeiten ist gegen Ende des Jahres 2024 mit der Online-Stellung der Digitalisate zu rechnen. Bereits vorab online zugänglich gemacht wurde ein umfangreicher Akt zur Pfarrei Peiting (PfarrA16429) aus den Jahren 1777-1784, in dem es um Untersuchungen der Freisinger Geistlichen Regierung gegen Pfarrer Franz Xaver Kuile geht. Dem Geistlichen wurde u.a. die Vergewaltigung einer Dienstmagd vorgeworfen. Teile dieses Akts, der vor allem Protokolle von Zeugenbefragungen enthält, wurden kürzlich in dem Band „Kirchliche Quellen zu Sexualität und Partnerschaft. Sechs ‚Fälle‘ im Originaltext“ (Schriften von Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising 20) ediert, der anlässlich der Sonderausstellung „Verdammte Lust! Kirche. Körper. Kunst.“ des Diözesanmuseums Freising erschien.
 
Darüber hinaus sind nun die Findbücher zu den im Archiv des Erzbistums verwahrten Nachlässen (bzw. Nachlassteilen) von fünf bedeutenden Geistlichen online: Bei den in München tätigen Oratorianern Klemens Tillmann (1904-1984) und Franz Schreibmayr (1907-1985) handelt es sich vor allem um Unterlagen zu ihrer weithin ausstrahlenden religionspädagogischen und katechetischen Tätigkeit; bei den beiden Pfarrern Karl Hobmaier (1911-2003) und Josef Alois Rosenegger (1912-2010) um Materialien aus ihren regionalhistorischen Forschungen zur Geschichte von Oberhaching bzw. des Inntals. Der Nachlassteil von Weihbischof Matthias Defregger (1915-1995) betrifft nur einen Teil seines Wirkens im Erzbistum; er umfasst in erster Linie die alphabetisch abgelegte Korrespondenz Defreggers ab der Mitte der 1980er Jahre (private Korrespondenz, Gratulationen, Korrespondenz aus seiner Mitgliedschaft im Deutschherrenbund ab den 1960er Jahren) sowie die Unterlagen zu seiner Zugehörigkeit zum Metropolitankapitel München (ab 1963). Hier nicht dokumentiert ist sein in jüngster Zeit erneut diskutiertes Handeln als Offizier im Zweiten Weltkrieg.
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Bildnachweise

Archiv - BibliothekName: Archiv - Bibliothek
Bildnachweis: SMB für Archiv und Bibliothek des Erzbistums
Kirchliche Quellen zu Sexualität und Partnerschaft (Buchcover)Name: Kirchliche Quellen zu Sexualität und Partnerschaft (Buchcover)
Bildnachweis: Verlag Schnell & Steiner, Regensburg
Exlibris des Klosters Höglwörth von 1725 und handschriftlicher Kaufvermerk von 1821Name: Exlibris des Klosters Höglwörth von 1725 und handschriftlicher Kaufvermerk von 1821
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Einbandprägung mit dem Wappen des Regensburger und Freisinger Fürstbischofs Johann Theodor von BayernName: Einbandprägung mit dem Wappen des Regensburger und Freisinger Fürstbischofs Johann Theodor von Bayern
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Vorsatzpapier aus dem Sterbebuch der Pfarrei Pürten für die Jahre 1852-1908 (AEM M10421)Name: Vorsatzpapier aus dem Sterbebuch der Pfarrei Pürten für die Jahre 1852-1908 (AEM M10421)
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising