Archiv - Bibliothek

Aus der Arbeit von Archiv und Bibliothek

Neuigkeiten Juli 2022

Herzlich willkommen zur neuen Ausgabe des Newsletters von Archiv und Bibliohek des Erzbistums!

Wir informieren Sie in unregelmäßigen Abständen über Aktuelles aus der Arbeit von Archiv und Bibliothek, z.B. die Bereitstellung von neuen Findbüchern und Digitalisaten im Digitalen Archiv des Erzbistums, bemerkenswerte Neuzugänge oder Medienberichte.

Inhaltsverzeichnis

  1. Archivalientausch sorgt für mehr Klarheit für die Forschung
  2. Wichtige Quellen zur Geschichte des Klerus
  3. Vom Kriegsende bis zur Liturgiereform

Archivalientausch sorgt für mehr Klarheit für die Forschung

Archiv des Erzbistums tauscht historische Unterlagen mit Staatlichen Archiven Bayerns

Symbolischer Vollzug des Archivalientausches
 
München, 21. Juni 2022. 542 Urkunden, Bände und Akten wurden am Montag, 20. Juni, zwischen den Staatlichen Archiven Bayerns und dem Archiv des Erzbistums München und Freising ausgetauscht. Dieser große Archivalientausch, der in der Generaldirektion der Staatlichen Archive in München vollzogen wurde, soll insbesondere die archivarische Forschung erleichtern. Die nun zwischen Generaldirektorin Margit Ksoll-Marcon und Archiv- und Bibliotheksdirektor Johannes Merz ausgetauschten Archivalien waren durch verschiedene historische Umstände vor längerer Zeit ins „falsche“ Archiv gelangt.
 
Ein solcher Tausch ist im Archivwesen ein zwar fachlich anerkannter, jedoch eher seltener Vorgang. So bedurfte er einer längeren Vorbereitung und beiderseits der Genehmigung der vorgesetzten Stellen, unter anderem einer Einschätzung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst hinsichtlich der Gleichwertigkeit der zum Tausch vorgesehenen Archivalien. Auch wenn durch den nun vollzogenen Tausch noch nicht sämtliche Fragen bei der Verteilung von Beständen bereinigt sind, bedeutet er eine wesentliche Vereinfachung für die Forschung, da nun klarer ist, an welcher Stelle welche Unterlagen zu finden sind. Er ist überdies ein weiterer Beleg für die seit Langem bestehende vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Staatlichen Archiven und dem Archiv des Erzbistums, die sich auch in der Mitwirkung kirchlicher Archive an der Ausbildung staatlicher Archivarinnen und Archivare und in der gemeinsamen Beteiligung an wissenschaftlichen Projekten zeigt.
 
Vom Archiv des Erzbistums wurden an die Staatlichen Archive zwei geschlossene Unterlagenkomplexe abgegeben. Zum einen Unterlagen der Stiftungsadministration Wasserburg: Bei der Stiftungsadministration handelt es sich um eine staatliche Behörde, die von 1807 bis 1817 die Vermögensverwaltung und Rechnungslegung für alle Kirchen, Bruderschaften und anderen kirchlichen Stiftungen im Bereich des ehemaligen Land- und Pflegegerichts Kling wahrnahm.  Dafür standen ihr auch ältere Serien von Kirchenrechnungen zur Verfügung. Insgesamt handelt es sich um 146 meist umfangreiche Bände mit Rechnungen der Kirchen in den Pfarreien Eggstätt, Eiselfing, Evenhausen, Grünthal, Höslwang, Obing und Schnaitsee aus den Jahren 1700 bis 1803, sowie 78 weitere Bände und Aktenkonvolute aus den Jahren 1672 bis 1847. Die Unterlagen wurden 1985 vom Archiv des Erzbistums von der Empore der Pfarrkirche Schnaitsee geborgen, wohin sie auf unbekanntem Weg gelangt waren.
 
Zum anderen Professurkunden des Zisterzienserklosters Kaisheim (bei Donauwörth): Die 96 Urkunden aus dem Zeitraum 1575 bis 1727 wurden meist von den Novizen eigenhändig auf Pergament geschrieben, die damit ihren Eintritt in die Klostergemeinschaft vollzogen. Sie wurden bei der Säkularisation der bayerischen Klöster 1803 offenbar nicht wie das übrige Klosterarchiv von den staatlichen Archiven übernommen und kamen über die Sammlung des historisch überaus interessierten Münchner Dompropstes Martin von Deutinger (1789-1854) ins Archiv des Erzbistums.
 
Die vom Archiv des Erzbistums abgegebenen Unterlagen werden künftig in den jeweils zuständigen staatlichen Archiven verwahrt und schließen dort Lücken in der Überlieferung: die Unterlagen der Stiftungsadministration im Staatsarchiv München, die Kaisheimer Professurkunden im Staatsarchiv Augsburg.
 
Von staatlicher Seite wurden dem Archiv des Erzbistums vielfältige Einzelstücke übergeben. Bei der in den letzten Jahren im Bayerischen Hauptstaatsarchiv vorgenommenen genaueren Analyse der Bestände, in die die Freisinger Archivalien im 19. Jahrhundert eingeteilt worden sind, haben sie sich als zur geistlichen Verwaltung gehörig herausgestellt. Nach der Säkularisation des Hochstifts Freising 1802 war die Trennung zwischen Unterlagen der geistlichen Verwaltung, die bei der Freisinger Bistumsverwaltung verblieben und heute den Altbestand des Archivs des Erzbistums bilden, und solchen der weltlichen Regierung des geistlichen Fürstentums Freising, die mit der Übernahme von dessen Territorien vom neuen Landesherrn übernommen wurden, nicht immer sauber vollzogen worden. Das wurde nun durch den Archivalientausch korrigiert.
 
Aus dem Hauptstaatsarchiv gingen an das Archiv des Erzbistums 222 Archivalien der geistlichen Regierung des Bistums Freising (Offizialat, Geistlicher Rat beziehungsweise Geistliche Regierung, Generalvikariat) aus den Jahren 1418 bis 1802 mit sehr vielfältiger Thematik. Sie betreffen unter anderem Synoden, Visitationen, kirchliche Ehegerichtsverfahren und Klöster im Bistumsgebiet. Die dem Archiv des Erzbistums übergebenen Unterlagen werden in nächster Zeit in die entsprechenden Verzeichnisse eingearbeitet, dann gescannt und online im Digitalen Archiv des Erzbistums zur Nutzung bereitgestellt.
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Wichtige Quellen zur Geschichte des Klerus

Findbücher zu Priester- und Studienseminar Freising online

Titelseite der Chronik des Priesterseminars 1945-1959 (Ausschnitt)
 
München, 18. Juli 2022. Rund 150 Jahre lang war der Freisinger Domberg der zentrale Ort der Priesterbildung für das Erzbistum München und Freising. Zu den Unterlagen zweier dafür wichtiger Institutionen – des Priesterseminars (früher Klerikalseminars) und des Studienseminars (früher Knabenseminars) Freising – stehen im Digitalen Archiv des Erzbistums nun detaillierte Online-Findbücher zu Verfügung. Damit existiert eine neue Grundlage für wissenschaftliche Forschungen zur Geschichte des katholischen Klerus.
 
Am 22. Februar 1826 befahl Ludwig I. von Bayern die Errichtung eines Klerikalseminars in Freising zur Ausbildung von Diözesanpriestern. Dazu stellte er die ehemalige fürstbischöfliche Residenz zur Verfügung, so dass Erzbischof Lothar Anselm von Gebsattel die Eröffnung am 30. November vornehmen konnte. 1828 folgte die Gründung eines „Knabenseminars“ (d.h. eines Internats für Gymnasiasten), parallel die Errichtung eines humanistischen Gymnasiums, das – anfangs personell eng mit dem Knabenseminar verbunden – von 1858 an eine rein staatliche Schule war und seit 1949 Dom-Gymnasium heißt. Abschließender Schritt war 1834 die Errichtung eines Königlichen Lyzeums als staatlicher Studienanstalt für die philosophische und theologische Ausbildung der Priesteramtskandidaten, die 1923 in Philosophisch-Theologische Hochschule umbenannt wurde. Somit war ein räumlich wie organisatorisch eng verzahntes System entstanden, in das fromme und begabte Knaben mit Beginn der Gymnasialzeit eintraten und das sie im Idealfall erst als im Freisinger Dom frisch geweihte Priester wieder verließen. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde die Priesterausbildung im Erzbistum neu geregelt, das Priesterseminar 1968 nach München verlegt, die Hochschule im selben Jahr, das Studienseminar 1972 geschlossen.
 
Während sich das Archiv der Hochschule im Staatsarchiv München befindet, wurden die Unterlagen von Klerikal- und Knabenseminar in der Folge dem Archiv des Erzbistums übergeben. In den vergangenen beiden Jahren wurden sie hier neu geordnet und in detaillierten Online-Findbüchern erschlossen.
 
Die Bestände umfassen 2.251 (Studienseminar Freising) bzw. 2.235 (Priesterseminar) Verzeichnungseinheiten aus dem gesamten Zeitraum von der Gründung bis zur Aufhebung bzw. Verlegung und sind damit sehr umfangreich. Sie enthalten Unterlagen der jeweiligen Seminarverwaltung und betreffen Organisations-, Personal-, Bau- und Finanzfragen. Bemerkenswert sind insbesondere die Seminarchroniken, die Korrespondenzen der Seminarvorstände mit Seminaristen, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg Kriegsdienst leisteten, bzw. mit deren Familien und die Akten zur Inanspruchnahme der Seminargebäude in der NS-Zeit. Da der Regens des Priesterseminars zugleich Rektor der Domkirche war, enthält das Archiv des Priesterseminars auch zahlreiche Dokumente zu Unterhalt und Ausstattung des Freisinger Doms. Ebenso sind die Akten zu den ehemaligen Seminargebäuden, die heute als Bildungszentrum und Diözesanmuseum des Erzbistums genutzt werden, von hoher Bedeutung für die derzeitige Neugestaltung des Dombergs.
 
Für die Schülerakten des Studienseminars gelten, was die Anzeige im Online-Findbuch und die Nutzbarkeit betrifft, die einschlägigen Vorschriften zum Daten- und Persönlichkeitsschutz. Die Personalakten zu den Alumnen des Priesterseminars bildeten nach der Weihe den Grundstock für die Priester-Personalakten des Ordinariats und sind deshalb heute in den Beständen des Generalvikariats (BB001/2 „Personalia“ und BB009/2 „Personalakten pastoraler Mitarbeiter“) zu suchen.
 
Alle bereits nutzbaren Unterlagen können über das Digitale Archiv online zur Vorlage im Lesesaal bestellt und dort im Original eingesehen werden.
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Vom Kriegsende bis zur Liturgiereform

Zentrale Quellen zur jüngeren Orts- und Pfarrgeschichte

Fragebogen B für die Pfarrei Holzkirchen (Ausschnitt)
 
München, 27. Juli 2022. Mit der Online-Stellung von Findbüchern bzw. Digitalisaten mehrerer Berichtsserien hat sich die Forschungssituation zur jüngeren Orts- und Pfarrgeschichte weiter verbessert. Im Digitalen Archiv des Erzbistums stehen diese zentralen Quellen nun flächendeckend für das gesamte Bistumsgebiet zur Verfügung.
 
Immer wieder in den letzten zwei Jahrhunderten mussten die Pfarrer für das Münchner Ordinariat den aktuellen Stand ihrer Pfarreien beschreiben oder schriftliche Ausarbeitungen zu pastoralen Themen einsenden. Die Pfarrer wird dies weniger gefreut haben. Doch für die historische Forschung schufen sie damit höchst aufschlussreiche Quellen, die Einblicke in die Ortsgeschichte und in das kirchliche Leben erlauben.
 
Bereits seit einiger Zeit online nutzbar sind die Pfarrbeschreibungen von 1817, die sozusagen die „Eröffnungsbilanz“ des neuen Erzbistums bildeten, die gedruckte Bistumsbeschreibung von Anton Mayer und Georg Westermayer aus den Jahren 1874-1884 und Fragebogenaktionen aus den Jahren 1936/44 und 1954. Seit April dieses Jahres ist auch die vollständige Edition der „Kriegs- und Einmarschberichte“ von 1945/46 verfügbar. Nunmehr kommen eine weitere Fragebogenaktion und zwei Berichtsserien hinzu.
 
Im Juli 1946 sandte das Erzbischöfliche Ordinariat München allen Klerikern des Erzbistums drei Fragebögen zum Thema „Nationalsozialistische Verfolgung“ zu: Neben dem Schicksal der Geistlichen selbst (Fragebogen A) und antikirchlichen Maßnahmen sachlicher Art (Fragebogen C) ging es im Fragebogen B um die Verfolgung katholischer Laien. Die Geistlichen sollten melden, wer in ihrem Seelsorgebezirk von solcher Verfolgung betroffen war, die Art der Verfolgung (von „1. Zur Rede gestellt“ bis „24. Hingerichtet“) und deren „Vorwand oder Anlaß“; hierbei waren drei Hauptgruppen vorgegeben: „1. Persönliche katholische Gesinnung und Betätigung“; „2. Apostolische Tätigkeit“; „3. Antinazistische Gesinnung oder Tätigkeit“. Aber auch nach „Sippenhaftung“ und Zwangssterilisierung und Ermordung aufgrund von „Geisteskrankheit“ wurde gefragt. Die Antworten dokumentieren – teils knapp, teils in ausführlichen Schilderungen – zahlreiche, anderweitig kaum überlieferte Schicksale mutiger Menschen, die mit dem NS-Regime in Konflikt gerieten.
 
In den „Seelsorgeberichten“ hatten seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die Pfarrer alljährlich dem Ordinariat Bericht über die pastorale Situation in ihren Pfarreien zu erstatten. Von dem so entstandenen riesigen Datenbestand sind die älteren Teile (bis einschließlich des Berichtsjahrs 1943) bei Bombenangriffen 1944 größtenteils zerstört worden; in der Regel ist allenfalls eine Komplementärüberlieferung im jeweiligen Pfarrarchiv zu erhoffen. Die Berichte für die Jahre 1944-1966 sind dagegen fast vollständig erhalten. Sie umfassen eine Vielzahl von Informationen, u.a. zur Seelenzahl, zur soziologischen Situation und zum religiös-sittlichen Stand der Gemeinde, zu den Schulverhältnissen, zum Bauzustand der Kultusgebäude, zu kirchlichen Vereinigungen und pastoralen Herausforderungen. Sie zeichnen damit ein differenziertes Bild der kirchlichen Wirklichkeit, sind aber auch aussagekräftig für die Sichtweise der Geistlichen, die diese gegenüber ihrer vorgesetzten Behörde beschrieben. Im letzten, die Jahre 1964-1966 betreffenden Bericht werden bereits die ersten Auswirkungen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) sichtbar: die Liturgiereform und die Einführung von „Pfarrausschüssen“ als Vorläufern der Pfarrgemeinderäte.
 
Der Bestand „Pastoralkonferenzen“ umfasst den nahezu gleichen Zeitraum 1943-1965. Er versammelt Ausarbeitungen zu vom Ordinariat vorgegebenen Themen, mit denen sich die Geistlichen eines Dekanats bei ihren regelmäßigen Treffen zu befassen hatten. Darin geht es um verschiedenste pastorale Herausforderungen der jeweiligen Gegenwart (wie die Auswirkungen von Krieg und NS-Diktatur, die Integration von Flüchtlingen, die Situation der christlichen Ehe oder das Schwinden frommen Brauchtums), um Fragen des Religionsunterrichts, aber auch um historische Themen, die die Pfarrer anhand ihres Pfarrarchivs bearbeiten sollten. Diese Ausarbeitungen, die teilweise pro Dekanat, teilweise aber für jede einzelne Pfarrei erstellt wurden, ergänzen die jährlichen Seelsorgeberichte um zahlreiche dort nicht oder nur knapp behandelte Aspekte.
 
In welcher Form diese Berichtsbestände über das Digitale Archiv genutzt werden können, hängt davon ab, ob darin daten- oder persönlichkeitsschutzrechtlich sensible Belange berührt werden, auf die nach staatlichen und kirchlichen Vorschriften Rücksicht zu nehmen ist. Zum Teil sind sie vollständig (Fragebogen C; Pastoralkonferenzen) oder größtenteils (Fragebogen A) online einsehbar; zum Teil (Fragebogen B; Seelsorgeberichte) sind sie durch detaillierte Findbücher erschlossen, somit über das Digitale Archiv recherchierbar und in den Lesesaal zu bestellen.
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Bildnachweise

Archiv - BibliothekName: Archiv - Bibliothek
Bildnachweis: SMB für Archiv und Bibliothek des Erzbistums
Symbolischer Vollzug des ArchivalientauschesName: Symbolischer Vollzug des Archivalientausches
Bildnachweis: Bayerisches Hauptstaatsarchiv
Titelseite der Chronik des Priesterseminars 1945-1959 (Ausschnitt)Name: Titelseite der Chronik des Priesterseminars 1945-1959 (Ausschnitt)
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
Fragebogen B für die Pfarrei Holzkirchen (Ausschnitt)Name: Fragebogen B für die Pfarrei Holzkirchen (Ausschnitt)
Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising