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| Entwerfen – Dokumentieren – StreitenHandgezeichnete Pläne jetzt online | München, 6. April 2022. Das Archiv des Erzbistums München und Freising besitzt eine Sammlung von rund 1.050 handgezeichneten Plänen und Landkarten aus der Zeit vom 17. bis ins 20. Jahrhundert. Diese einmaligen Stücke sind oft künstlerisch sehr reizvoll. Sie zeigen Bau- und Kunstwerke sowie Landschaften aus dem ganzen Bistumsgebiet und darüber hinaus. In Kooperation mit dem bayerischen Kulturportal bavarikon wurde die Sammlung vollständig und in hoher Qualität digitalisiert. Sie ist nun sowohl über bavarikon als auch über das Digitale Archiv des Erzbistums kostenlos recherchier- und nutzbar. Unter Plänen im archivischen Sinn sind handgezeichnete Darstellungen von Bau- und Kunstwerken oder Landkarten zu verstehen. Sie entstanden beim Entwurf neuer Werke, um bestehende Zustände festzuhalten oder um in Streitfällen Sachverhalte zu veranschaulichen. In der Regel handelt es sich um Unikate, die nur in diesem einzigen Exemplar existieren. Den Kernbestand der Sammlung des Archivs des Erzbistums bilden die Pläne aus amtlichen kirchlichen Stellen (Ordinariat, Pfarreien). Sie entstanden vor allem im Zuge von Bauplanungen kirchlicher Institutionen und deren Genehmigung durch die kirchliche Oberbehörde. Unter den zahlreichen Plänen, die darüber hinaus als Sammlungsgut erworben wurden, befinden sich neben interessanten Einzelstücken auch einige Gruppen von Plänen, die angesichts ihrer relativen Geschlossenheit von besonderer Bedeutung für die Forschung sind und die man zum Teil nicht in einem Diözesanarchiv vermuten würde: - Pläne mit Bezug zum Augustiner-Chorherrenstift Weyarn (18. Jh.)
- Ansichten von Orten in der Kurpfalz (um 1699)
- Musterentwürfe für Kistlerarbeiten (18. Jh.)
- Nachlass des Malers Balthasar Mang d.Ä. (1720-1803)
- Nachlass des Bildhauers Wilhelm Joseph Niessen (1827-1903)
Die Online-Präsentation der gesamten Sammlung erfolgt in Kooperation mit dem bayerischen Kulturportal bavarikon, das Projekte zur Digitalisierung von Kulturgut in Bayern fördert. Für das Jahr 2021 wurden Fördermittel bewilligt, die bei einem Teil der erforderlichen Arbeitsschritte (Konservierung, Erschließung, Digitalisierung, Qualitätsprüfung, Einbindung der Digitalisate in verschiedene IT-Systeme) den Einsatz von externen Dienstleistern ermöglichten. Eine Auswahl von charakteristischen Plänen aus allen Teilen der Sammlung wird auch in der Online-Ausstellung „Entwerfen – Dokumentieren – Streiten. Die Plansammlung des Archivs des Erzbistums München und Freising“ vorgestellt und inhaltlich erläutert. | [nach oben zum Inhaltsverzeichnis] |
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| Wunder über WunderMirakelbücher im Digitalen Archiv des Erzbistums | München, 28. April 2022. Mit der Online-Stellung von 53 Mirakelbüchern aus 13 Wallfahrtsorten erweitert das Digitale Archiv des Erzbistums sein Quellenangebot zu einem zentralen Bereich katholischer Frömmigkeit. Die Mirakelbücher stammen aus Pfarreien, in denen – oft schon seit dem Mittelalter – Wallfahrten bestanden. Zahlreiche Menschen pilgerten dorthin, um an den Reliquien von Heiligen oder vor ihrem Bildnis um ihre Fürsprache bei Gott in verschiedensten Anliegen zu bitten oder um ihnen für erfahrene wunderbare Hilfe zu danken. Dieser zweite Aspekt ist in den Mirakelbüchern dokumentiert: Gläubige, die überzeugt waren, dass ihre Gebete erhört worden waren, meldeten dies den Geistlichen des jeweiligen Wallfahrtsortes entweder brieflich oder (in der Regel) persönlich bei der gelobten Dankwallfahrt. Diese Geschichten wurden handschriftlich in den Mirakelbüchern aufgezeichnet und einmal im Jahr öffentlich von der Kanzel verkündet. Sie bieten eindrucksvolle Schilderungen der Sorgen und Nöte des früheren Lebens, sei es im Alltag oder bei besonderen Ereignissen (wie Kriegen oder Seuchen). Die Mirakelaufzeichnungen machen nicht nur Angaben zu Anliegen, Verlöbnis, Votivgaben und Zeugen sowie Datierung, sondern nennen regelmäßig auch Namen, Stand und Herkunftsort der Votanten, die somit eindeutig identifizierbar sind. Die nun im Digitalen Archiv zugänglichen Mirakelbücher kamen meist durch die Deponierung ganzer Pfarrarchive, teils auch auf anderen Wegen ins Diözesanarchiv. Fallweise wurden Mirakelbücher aus Pfarrarchiven, die bis heute vor Ort verwahrt werden, eigens digitalisiert, um Forscherinnen und Forschern eine einfachere Nutzung zu ermöglichen. Sie stammen aus folgenden Pfarreien bzw. Wallfahrtsorten: Dorfen, Egern, Endlhausen, Föching, Grunertshofen (Luttenwang), Irschenberg (Wilparting), Ismaning, Miesbach, Mittenwald, München-Forstenried, Neukirchen bei Weyarn (Reichersdorf, Esterndorf, Holzolling), Tegernsee und Wang. Es sind also große und bis heute bestehende Wallfahrten wie die von Dorfen ebenso vertreten wie kleine, nur regional bekannte oder erloschene. Ziele der Pilger waren meist Gnadenbilder der Gottesmutter Maria, aber auch die Reliquien von Heiligen (wie des heiligen Quirinus in Tegernsee oder der Heiligen Marinus und Anian in Wilparting am Irschenberg). Die Bücher decken den Zeitraum von ca. 1640 bis Säkularisation von 1803 ab, die für die meisten Wallfahrten ein zumindest vorläufiges Ende bedeutete. Die Zahl der darin aufgezeichneten Gebetserhörungen dürfte mehrere 10.000 erreichen. Nur ein Teil davon war bisher bekannt und erforscht. Auch wenn die nun online zur Verfügung stehenden Quellen nur einen Teil der aus dem Erzbistum insgesamt überlieferten Mirakelbücher ausmachen (vgl. den Versuch eines Gesamtverzeichnisses von Georg Brenninger, Teil 1 und Teil 2), so erleichtern sie nicht nur lokale oder regionale Forschungen, etwa zur Entwicklung einer Wallfahrt oder zu Herkunft und Anliegen der Wallfahrer. Ihr Umfang ermöglicht auch die Bearbeitung übergreifender Fragestellungen zu diesem zentralen Bereich barocker Frömmigkeit, etwa zu Votivbrauchtum, Medizin- und Alltagsgeschichte. Die digitalisierten Mirakelbücher finden sich im Digitalen Archiv des Erzbistums unter der Rubrik „ausgewählte Objekte“ und sind dort nach den Pfarrorten geordnet. | [nach oben zum Inhaltsverzeichnis] |
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| Augenzeugen zum Ende des Zweiten Weltkriegs„Kriegs- und Einmarschberichte“ nun online | München, 4. Mai 2022. Mit den rund 560 „Kriegs- und Einmarschberichten“ von Geistlichen des Erzbistums München und Freising besitzt das Archiv des Erzbistums einen der wichtigsten Quellenbestände zum Ende des Zweiten Weltkriegs im südlichen Bayern. Die vollständige Edition dieser Berichte, die 2005 in Buchform erschien, ist seit langem vergriffen. Nun wird der komplette Text online gestellt. Als im Gebiet des Erzbistums der Zweite Weltkrieg in den letzten April- und ersten Maitagen 1945 mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen zu Ende ging, hatten die Behörden des nationalsozialistischen Regimes ihre Tätigkeit bereits eingestellt; die Wehrmacht befand sich in Auflösung. Die kirchlichen Verwaltungsstrukturen funktionierten dagegen weiterhin. Dies war die Voraussetzung dafür, dass die Ereignisse vor 77 Jahren heute noch fast unmittelbar nachverfolgt werden können: Am 7. Juni 1945 forderte der Münchner Generalvikar Ferdinand Buchwieser alle Seelsorgestellen auf, über die Kriegsereignisse und speziell das Kriegsende in der jeweiligen Pfarrei zu berichten. Die so entstandenen, zwischen August 1945 und Juni 1946 im Ordinariat eingegangenen „Kriegs- und Einmarschberichte“ bieten eine Fülle von Informationen zum Kriegsende an fast jedem Ort des Bistumsgebiets. Sie beruhen größtenteils auf eigenem Erleben der Geistlichen und wurden sehr bald nach den Ereignissen niedergeschrieben, auch wenn man bei der Auswertung natürlich stets den subjektiven Blickwinkel der einzelnen Berichterstatter berücksichtigen muss. Entsprechend oft wurden und werden die Berichte genutzt, seitdem das Archiv sie 2005 erstmals vollständig in Buchform veröffentlicht hat. In vielen Ortsgeschichten sind sie zitiert. Zahlreiche Schülergruppen haben mit ihnen gearbeitet, um das Kriegsende in ihrer Heimatregion zu erforschen und mit Dokumenten von amerikanischer Seite sowie mit Berichten noch lebender Zeitzeugen zu vergleichen. Sie wurden genutzt, um die Vergewaltigung deutscher Frauen bei Kriegsende zu dokumentieren und sogar um Blindgänger auf Baugrundstücken aufzuspüren. Vor allem aber bieten sie den einzelnen Pfarrgemeinden die Möglichkeit, diesen einschneidenden Moment ihrer Geschichte besser kennen zu lernen und die Erinnerungen ihrer früheren Seelsorger etwa bei Gedenkveranstaltungen zum Kriegsende einzubeziehen. Besonders eindrucksvoll und u.a. für Unterrichtszwecke gut einsetzbar sind z.B. folgende Berichte:
- Pfarrei München-St. Sylvester (Dekanat München-Nord) mit einer Beschreibung der Erstkommunion kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner, während der bereits Kanonendonner vom Stadtrand her zu hören ist.
- Pfarrei Pullach (Dekanat München-Süd) mit dem eindrucksvollen Bericht über die Ermordung eines alliierten Fliegers kurz vor und der Tötung des NS-Ortsgruppenleiters kurz nach dem Kriegsende
- Pfarrei Dachau-St. Jakob (Dekanat Dachau) mit (diskussionsbedürftigen) Aussagen zur Befreiung des Konzentrationslagers und zum Wissen bzw. Nichtwissen der Dachauer über die NS-Verbrechen
- Pfarrei Degerndorf (Dekanat Wolfratshausen) mit einer bewegenden Schilderung des „Todesmarsches“ von KZ-Häftlingen, der durch den Ort führte.
Die anhaltende Nachfrage nach den Berichten hat das Archiv des Erzbistums verlasst, den gesamten, 1.498 Seiten umfassenden Buchtext der Edition mit Einverständnis des Verlags Schnell & Steiner (Regensburg) in seinem Internetangebot online zu stellen. Mit Hilfe des Ortsregisters können alle gesuchten Einzelberichte schnell aufgefunden und dann heruntergeladen oder ausgedruckt werden. Die Texte sind mit kurzen Angaben zu den berichtenden Geistlichen versehen. In einer ausführlichen Einleitung werden Entstehung und Quellenwert der Berichte sowie (vom renommierten Münchner Landeshistoriker Prof. Dr. Walter Ziegler) der Verlauf des Kriegsendes im Erzbistum dargestellt. | [nach oben zum Inhaltsverzeichnis] |
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| Oberammergau 1633Das pfarrliche Sterbebuch als „Gründungsurkunde“ des Passionsspiels | München, 12. Mai 2022. Mit dem Sterbebuch der Pfarrei Oberammergau ist im Digitalen Archiv des Erzbistums das einzige im Original erhaltene Dokument zur Entstehung des weltbekannten Passionsspiels online einsehbar. Das Oberammergauer Passionsspiel hat nach der lokalen Überlieferung seinen Ursprung in einem Gelübde der Einwohner Oberammergaus in einer Pestepidemie während des 30-jährigen Kriegs. Angesichts zahlreicher Seuchenopfer hätten 1633 die Oberammergauer gelobt, alle zehn Jahre ein Passionsspiel aufzuführen. Von da an sei kein Mensch mehr gestorben. Ein schriftliches Original des Passionsspielgelübdes gibt es jedoch nicht – oder nicht mehr. Dass Oberammergau jedoch wirklich von der Pest heimgesucht wurde, lässt sich durch das Sterbebuch der Pfarrei für die Jahre 1621-1660 belegen. Starben in normalen Jahren zwischen 7 und 19 Personen, so erreichte die Zahl der Verstorbenen 1633 mit 69 Toten einen Spitzenwert. Unter dem 28. Januar und 19. März sind mit Primus Cristeiner und Marcellus Fatiga, beide Augustiner-Chorherrn aus Rottenbuch, sogar zwei Oberammergauer Pfarrer als verstorben verzeichnet. Allein im März 1633 starben 20 Oberammergauer. Angegeben sind im Sterbebuch allerdings immer nur das (Beerdigungs-)Datum und der Name, nie eine Todesursache. Die Tatsache einer Epidemie ist also nur aus dem Ansteigen der Sterblichkeit zu erschließen. Erst Ende Juni pendelte sich die Zahl der Todesfälle wieder auf das übliche Maß ein. So dürften 1632/33 etwa 10 % der Pfarrangehörigen der Pest zum Opfer gefallen sein. Das Gelöbnis eines Passionsspiels ist in dieser lebensbedrohlichen Situation gut vorstellbar. Die „Pestmatrikel“ erhält so als einzig erhaltene Quelle, die über den Ursprung des Spiels Auskunft gibt, die Bedeutung einer ersatzweisen „Gründungsurkunde“ des Passionsspiels. 1634 fand wohl die erste Aufführung der Passion statt, weitere 1644 und 1654. Von 1662 ist ein erstes Textbuch überliefert. Seit 1680 sind die Aufführungen (in der Regel) jeweils in runden Zehnerjahren. Die Spieltradition wurde durch Krisen und Kriege hindurch bis heute beibehalten. Das Digitale Archiv des Erzbistums bietet ein Volldigitalisat des Sterbebuchs (AEM Matrikeln 4736). Die entscheidenden Einträge finden sich hier auf Blatt 200 und 201 (Bild [203]-[204]); sie sind buchstabengetreu transkribiert im kleinen Ausstellungskatalog „Die ‚Gründungsurkunde‘ der Passionsspiele Oberammergau 1633“ (S. 17-20).
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| Name: Archiv - Bibliothek Bildnachweis: SMB für Archiv und Bibliothek des Erzbistums |
| | Name: Deckenfresko der Pfarrkirche Rattenkirchen. Entwurfszeichnung von Balthasar Mang d.Ä., 1765 (AEM PLS20088; Ausschnitt) Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising |
| | Name: Das Marien-Gnadenbild von Egern am Tegernsee. Kupferstich im Mirakelbuch „Marianischer Wunderbaum“, um 1710 (Ausschnitt) Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising |
| | Name: Anweisung zur Erstellung der Kriegs- und Einmarschberichte, 7. Juni 1945. Hektographie (Ausschnitt) Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising |
| | Name: Einträge im Sterbebuch der Pfarrei Oberammergau zum März 1633 (Ausschnitt; Kontrast verstärkt) Bildnachweis: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising |
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