Nr. 01 | 1. Oktober 2015

„Weg in die Armut“

"Eine kirchliche Gemeinschaft in der Nachfolge Jesu hat es hinzunehmen, wenn sie vor den 'Klugen und Mächtigen' (1 Kor 1,19-31) verachtet wird. Aber sie kann es sich – um dieser Nachfolge willen – nicht leisten, von den 'Armen und Kleinen' verachtet zu werden, von denen, die keinen Menschen haben (Joh 5,7). Sie nämlich sind die Privilegierten bei Jesus, sie müssen auch die Privilegierten seiner Kirche sein. Sie vor allem müssen sich von uns vertreten wissen. (…) Wir werden unsere intellektuellen Bezweifler eher überstehen als die sprachlosen Zweifel der Armen und Kleinen." (Würzburger Synode, Beschluss „Unsere Hoffnung", Teil III, 2.)

Es überrascht auf den ersten Blick, dass im Synodenbeschluss „Unsere Hoffnung“ ein Kapitel mit „Weg in die Armut“ überschrieben ist, erwarten wir doch eher einen Satz wie „Weg aus der Armut“. Der Weg in die Armut kann als Erlernen einer Haltung verstanden werden und fordert uns zum Perspektivwechsel auf.

Die Mittel und Instrumente, die Reichtum und Macht uns an die Hand geben, verpflichten in besonderer Weise, sich der Armen und Benachteiligten anzunehmen. Beim Ruf nach einer armen Kirche geht es aber nicht nur darum, aus dem Überfluss etwas abzugeben, sondern auf eigene Wünsche und Vorhaben freiwillig zu verzichten. Reichtum und Macht erfordern ein großes Maß an Demut und Verpflichtung. Es wird darum gehen, unsere Ressourcen so einzusetzen, dass wir Armen und Benachteiligten Teilhabe ermöglichen. Es wird uns auch nichts anderes übrigbleiben: Die Grenzen des Rohstoff- und Energieverbrauchs, Umweltbelastungen und Klimaveränderungen lassen uns gar keine andere Möglichkeit.

„Erleuchte, die Macht und Reichtum besitzen, damit sie sich hüten vor der Sünde der Gleichgültigkeit, das Gemeinwohl lieben, die Schwachen fördern und für diese Welt sorgen, die wir bewohnen.“ (Papst Franziskus, Gebet am Ende seiner Enzyklika „Laudato si“)

Papst Franziskus rief angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen nach Europa alle Pfarreien, religiösen Gemeinschaften und Klöster auf, eine Familie aufzunehmen. Das wäre eine konkrete Geste der Solidarität und der christlichen Nächstenliebe mit denen, die alles verloren haben, Hab‘ und Gut, Freunde und Verwandte, ihre Heimat. Die vielen Gruppen, die sich in der Erzdiözese für Flüchtlinge engagieren, sind ein „gutes Beispiel“. Sie helfen Vorurteile abzubauen und fördern einen Prozess des gegenseitigen Verstehens und Lernens. Sie helfen auf dem Weg aus der Armut.

Autor dieses Synodennewsletters

Bernhard Utters (66)
Volkswirt und Soziologe, war viele Jahre im internationalen Geschäft einer großen Bank tätig, jetzt Dekanatsratsvorsitzender Fürstenfeldbruck und Mitglied im Vorstand des Diözesanrats.

Hinweise

Unter dem Titel „Kirche geht auch anders: Synodentexte für heute“ erinnert der Diözesanrat der Katholiken der Erzdiözese von Oktober 2015 bis Juli 2016 an Texte der Würzburger Synode (1971-75).

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Am Samstag, 7. November 2015, findet im Kardinal Döpfner Haus in Freising ein Studientag zur Würzburger Synode statt. Unter dem Motto Kirche geht auch anders wird es darum gehen, einflussreiche Impulse der Würzburger Synode zu „verheutigen“. Die Workshops werden daher jeweils von Tandems aus Zeitzeugen/innen und heutigen Funktionsträgern/innen geleitet. Ziel ist es, über aktuelle Herausforderungen ins Gespräch zu kommen. Der Austausch will dazu anregen, eigene Erfahrungen einzubringen und Impulse für die eigenen Gemeinden zu sammeln. [Programm und Anmeldung]

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www.dioezesanrat-muenchen.de

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