Altäre in reinen Renaissanceformen sind im Erzbistum selten. Es gibt glücklicherweise immer noch eine ganze Reihe von gotischen und spätgotischen Altären, deren Formen teilweise noch bis ins 16. Jahrhundert Anwendung finden. Und es gibt eine ganze Vielzahl von barocken Altären. Gerade in der Zeit der katholischen Reform nach dem Konzil von Trient fanden frühbarocke Formen reichlich Anklang, viele Kirchen wurden in dieser Zeit im barocken Stil modernisiert. Der Stötthamer Altar dagegen ist, da sind sich Fachleute einig, so ziemlich das einzige noch erhaltene Beispiel eines Renaissance-Altars im südöstlichen Oberbayern. Er dürfte von Wasserburger Künstlern geschaffen worden sein.
Entwicklungsgeschichtlich wird er zwischen den Altären von Ingolstadt (Münster 1572) und Haimpertshofen, jedoch noch vor jenen von München-St. Michael, Augsburg-St. Ulrich und Afra (1604/07) oder des Freisinger Domes (1624) angesiedelt. Warum sich ausgerechnet in der am Chiemsee gelegenen gotischen Kirche St. Johannes Baptist in Stöttham, einer außerhalb des Dorfes gelegenen Feld- und Taufkirche, ein Renaissancealtar erhalten hat, lässt sich bis heute nicht eindeutig begründen.
Sehr wohl weiß man aber von der Herkunft des Altarretabels. Wie so oft wurden Bildwerke, die in ihrem eigentlichen angestammten Sakralraum ausgedient hatten, weil sie unmodern geworden waren, in Neben- oder Filialkirchen weiterverwendet. So erging es auch diesem Altar. Nur einer solchen Zweitverwendung haben wir es zu verdanken, dass damit einer der bedeutendsten Renaissanceretabel noch erhalten ist.
Geschaffen wurde der Altar einst für die Prälaturkapelle des Augustinerchorherrenstiftes in Baumburg. Auftraggeber war, wie wir am Wappen sehen, der Baumburger Propst Urban Stammler (1587-1622). Über Vorbilder oder Einflüsse, die eine Rolle spielten, dass es in Baumburg zu diesen Renaissanceformen kam, ist bis heute nichts bekannt. Auch wissen wir nicht, welche zentrale Darstellung der Altar einst hatte – vermutlich ein Gemälde, das später durch die Pietà ersetzt wurde. Immerhin ist bekannt, dass es früher noch zwei zugehörige der heiligen Margarethe und des heiligen Jakobus d.Ä. gab.
Erst 1707 wurde der Altar nach einer Restaurierung der Kirche aus dem Stift Baumburg hierher übertragen. Hier ist er durch den Chieminger Mesner und Maler Philipp Wenser restauriert und neu gefasst worden und ersetzte sodann den spätgotischen Flügelaltar. 1880 und 1968 wurde der Altar weitgehend neu gefasst, wobei sich an der Rückseite des Retabels noch originale Farbigkeiten erhalten haben. Leider wurden Kirche und Altar im Jahr 1971 Opfer von Plünderungen, sodass die beiden Assistenzfiguren verloren gingen und später durch neue Figuren ersetzt wurden.
Vor ein paar Jahren machten Vertreter der Kirchenstiftung auf einen extremen Holzschädlingsbefall und auf abplatzende Fassungen aufmerksam. Dies war der Anlass für eine Untersuchung und kunsthistorische Forschung zum Altar. Sodann wurden Musterflächen zur Konservierung und teilweisen Restaurierung erarbeitet. Da seit der Neufassung von 1968 nur noch wenige ältere Schichten erhalten waren, war zunächst nur an eine Konservierung unter Beibehaltung der Sichtfassung gedacht. Gleichwohl bestand bei den sehr ermattet wirkenden blauen Oberflächen der Säulentrommeln Unzufriedenheit, und es wurde eine ältere qualitätvolle Marmorierung wieder aufgegriffen.
Nach der Restaurierung zeigt sich der Altar wieder in einem würdigen Spiel der Oberflächen, wobei Flächen von 1880 und 1960 restauratorisch fortentwickelt wurden.