Eine wirkungsvolle Methode zur Holzschädlingsbekämpfung Schlupfwespenprojekt trägt zum Erhalt von Kirchenkunst bei

Angeregt und finanziert von der Hauptabteilung Kunst sowie unterstützt von der Abteilung Umwelt im Erzbischöflichen Ordinariat München (EOM) wurde ein Forschungsprojekt an 15 ausgewählten Kirchen ins Leben gerufen, um den gezielten Einsatz von Schlupfwespen zur Schädlingsbekämpfung zu untersuchen. Im vierten Jahr der Anwendung zeichnen sich erste konkrete Ergebnisse ab.
 
Schlupfwespen
Schlupfwespen
Holzwurmbefall kann in Kirchen zu Schäden an Altären, Skulpturen und der Ausstattung führen. Ursache dafür ist meist der sogenannte Gemeine Nagekäfer (Anobium punktatum). Seit einigen Jahren wird eine spezielle Schlupfwespenart, die als natürlicher Feind des Schädlings vorkommt, zu seiner Bekämpfung eingesetzt.
 
Untersuchung auf Schädlingsbefall in einer Kirche
Untersuchung auf Schädlingsbefall
Ein Befall durch Anobien ist vor allem durch das Vorhandensein der lebenden braunen Käfer im Sommer nachweisbar. Das ausgewachsene, circa 4 Millimeter lange braune Weibchen des Gemeinen Nagekäfers legt in der Flugzeit von April bis August die Eier in Holzrissen und alten Schlupflöchern ab. Die Larven zerstören durch ihre jahrelange Nagetätigkeit das Holz. Nach der Verpuppung schlüpfen die Käfer aus, wobei die typischen runden Löcher in der Holzoberfläche entstehen. Ein Auswurf von Holzmehl kann aber auch von weiteren Nützlingen wie dem blauen Fellkäfer, Insekten oder Spinnen stammen, die sich in die Fraßgänge zurückgezogen haben.

In der Vergangenheit wurde mit umweltschädlichen Gasen und Chemikalien gegen den Anobienbefall vorgegangen. Die Belastung der Kunstwerke mit Schadstoffen stellt uns heute vor neue Herausforderungen. Eine biologische Methode bietet hingegen die Bekämpfung des Gemeinen Nagekäfers durch die Aussetzung seines natürlichen Feindes, der Schlupfwespenart Spathius exarator.

Die Wirkungsweise der Schlupfwespe ist dabei folgende: Das Weibchen bohrt seinen Legestachel durch die Holzoberfläche und legt die Eier an die Larven des Holzwurms. Während ihrer Entwicklung ernährt sich die Schlupfwespenlarve von der Anobienlarve, um dann nach der Verpuppung als ausgewachsenes Tier in winzigen Ausfluglöchern wieder auszuschlüpfen.
 

Die Methode der Schlupfwespenbehandlung

 
Papierabklebung zur Schädlingsbekämpfung
Monitoring durch Papierabklebungen
Im Jahr 2020 erfolgte ein Monitoring des bestehenden Zustandes in 15 sehr unterschiedlich betroffenen Kirchen in der Erzdiözese München und Freising. Kriterien wie das Ausmaß des Befalls, die relative Luftfeuchtigkeit in den Kirchen, die Holzfeuchtigkeit am betroffenen Objekt, das natürliche Vorhandensein von Schlupfwespen, anderer Nützlinge sowie weitere Parameter wurden erfasst. Seit Mai 2021 erfolgt viermal im Jahr die Aussetzung einer großen Anzahl von im Labor gezüchteten Schlupfwespen an ausgewählten befallenen Stellen im Kirchenraum.

Die Behandlungen werden durch Dr. Judith Auer und vertretend durch Dr. Christine Opitz von der APC AG ausgeführt sowie von Gerd Wapler, Sachverständigen für Holzschutz, fachlich begleitet und dokumentiert. Unabhängig voneinander wählen die Fachleute in jeder Kirche bis zu 20 befallene Bereiche als Referenzflächen aus, um die Anzahl an Ausfluglöchern von Anobien und Schlupfwespen durch Papierabklebungen, Folien, Fotos etc. zu ermitteln.

Jeweils zum Jahresende erfolgt ein Monitoring, bei dem anhand von neu hinzukommenden Löchern die Parasitierungsrate und die Entwicklung der Befallsstärke ausgewertet werden. Die Vermehrung der Schlupfwespen endet, sobald die Population des Gemeinen Nagekäfers dezimiert ist. Nach Rückmeldung der Kirchenstiftungen stellte die Maßnahme keinerlei Beeinträchtigung für den Kirchenraum oder die Gottesdienstbesucher dar.
 

Erste Ergebnisse

 
Der bisherige Verlauf der Schlupfwespenbehandlung zeigt eine deutliche Reduzierung um rund 70 Prozent des Holzwurmbefalls mit den Larven des Gemeinen Nagekäfers an den beobachteten Referenzflächen. Mit weiteren vier Behandlungen im Jahr 2024 und einer Endauswertung mit Abschlussbericht schließt das Forschungsprojekt ab.

Das mehrjährig und großflächig angelegte Projekt lässt eine differenzierte Betrachtung des Anobienbefalls und seiner Bekämpfung zu. Im Sinne eines nachhaltigen und umweltschonenden Umgangs mit den Ressourcen zeichnet sich ab, dass der gezielte Einsatz von Schlupfwespen eine wirkungsvolle Methode zur Holzschädlingsbekämpfung darstellt und zum Erhalt der Kunstwerke in den Kirchen beiträgt.