Der unterlebensgroße Korpus (128 cm × 30 cm × 20 cm) der Christusfigur mit parallel liegenden Beinen entstammt dem Ende des 14. Jahrhunderts. Von den Armen ist lediglich der lose rechte Arm erhalten, der beinahe die Hälfte der Gesamtlänge des gesamten Korpus ausmacht.
Bei der Auffindung befand sich die Fassung der Christusfigur in einem absolut desolaten Zustand, blätterte in großen Schollen ab und war vollständig mit staubigen Ablagerungen überdeckt. Für die Notbergung durch die Dachluke wurden die Schollen mit einem flüchtigen Bindemittel gesichert.
In den Restaurierungswerkstätten der Diözese entwickelte man daraufhin in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege ein Konzept zur Festigung der Fassung mit modifizierten Methylcellulosen. Der Erfolg war sichtbar: Die Festigung sicherte nicht nur die Substanz, sondern trug auch zur Formklärung bei. Schnitztechnische Feinheiten und ihre Qualität treten nun deutlich zutage.
Erst nach Abschluss der substanzerhaltenden Konservierungsarbeiten konnte der Korpus erstmals gedreht werden: Die Rückseite ist abgeflacht, sorgfältig ausgehöhlt und war vermutlich mit einem Brett verschlossen. Hinweise auf ein Sepulchrum wurden nicht gefunden. Es wurde aber entdeckt, dass die Seitenwunde auf der linken Vorderseite des Korpus bis zur Rückseite hin durchgeschnitzt ist.
Die Fassung konnte, flankiert von naturwissenschaftlichen Untersuchungen, gereinigt werden. Aufgrund der Ergebnisse kann man sich den Korpus in seiner ersten Farbfassung in einem hellrosafarbenen Inkarnat mit leuchtend roten Wundmalen sowie dunkelbraunen Haaren und Bart vorstellen. Dazu war das Lendentuch in einem hellen Gelb gefasst und entlang des Saums mit einem schmalen blassroten Streifen verziert.
Die Retusche wurde zurückhaltend ausgeführt. Die Anlage der Augenlider lässt darauf schließen, dass die Christusfigur mit geöffneten Augen stehend auf einem Suppedaneum präsentiert war. Mit der schnitztechnischen Ergänzung der Schultergelenke und der Anbringung des losen Armes macht dieses "handelnde" Bildwerk um 1380 bis 1390 das Geschehen um den Tod Christi eindrücklich erlebbar.
Die seltene Christusdarstellung wird in der Karwoche 2023 als bewegendes Andachtsbild zurück in den Kirchenraum der ehemaligen Stiftskirche Berchtesgaden gestellt.