Frauen in Führungspositionen „Kirche im Mentoring“ – aktueller Einblick und ein Rückblick

 
Mit dem Programm „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“ der Deutschen Bischofskonferenz und des Hildegardisvereins werden auch in der Erzdiözese München und Freising Frauen gefördert. Drei Mentees werden aktuell von drei Mentorinnen begleitet. Eine der „Tandems“ sind Ressortleiterin Dr. Sandra Krump und ihre Mentee Gabriele Bognitschar. Wir haben dieses Tandem im Juli 2021 vorgestellt. Im Folgenden erzählen die beiden, wie sie das Programm seither erleben. Und ein Tandem aus dem Jahr 2016/17 berichtet, wie es das Programm im Rückblick beurteilt.
 

Im Tandem in Richtung Führungsaufgabe Was Gabriele Bognitschar von ihrer Mentorin Dr. Sandra Krump lernen kann

 
Auf dem Foto sind zwei Frauen zu sehen. Dr. Sandra Krump übergibt  Gabriele Bognitschar ein
Bis Juni 2022 arbeiten die Mentorin Dr. Sandra Krump (links) und Gabriele Bognitschar noch zusammen.
„Bei Frau Dr. Krump habe ich bisher schon viel lernen dürfen“, freut sich Gabriele Bognitschar. Die Fachreferentin im Ressort Bauwesen und Kunst bildet seit 2021 ein so genanntes „Tandem“ mit Ordinariatsdirektorin Dr. Sandra Krump, die das Ressort Bildung leitet. Zum Beispiel durfte Gabriele Bognitschar ihrer Mentorin bei der Vorbereitung von Ressortkonferenzen digital über die Schulter blicken. „Es ist für mich sehr hilfreich zu erleben, wie Frau Dr. Krump strukturiert, leitet und Informationen weitergibt. Wann hat man sonst schon die Chance, etwas über derart wichtige Themen von einer Führungskraft zu erfahren. Dafür bin ich wirklich dankbar“, sagt die 40-Jährige.

Einmal im Monat verbringt das Tandem eine Stunde Zeit miteinander. Aufgrund der Corona-Pandemie leider immer noch ausschließlich digital. Bei diesen regelmäßigen Gesprächen gibt die Mentee die Themen vor – so sieht es das Konzept des Programms vor. Einige Tage vor dem Treffen leitet Gabriele Bognitschar ihre Anliegen an Dr. Krump weiter, damit diese sich darauf vorbereiten kann. Ein Thema stammt in der Regel aus den beruflichen Erfahrungen und Erlebnissen von Gabriele Bognitschar. Auch die Fortschritte ihres Projekts, das sie während des Mentoring-Programms bearbeiten soll, werden erörtert.

Manchmal tauschen sich beide ebenso über aktuelle Themen aus, wie gerade die Debatte über den Umgang mit Missbrauch in der Kirche. Ist das hilfreich? „Ja, das hilft schon“, betont Gabriele Bognitschar und ergänzt: „Ich erfahre von Frau Dr. Krump, wie sie als Führungskraft mit diesem Thema umgeht und wie sie Informationen dazu weitergibt. Das ist für mich eine gute Orientierung.“
 
Für beide eine Chance
Auch ihre Mentorin empfindet die Kooperation im Tandem für sich als bereichernd. „Ich habe dadurch die Chance, auf ganz zentrale Fragen von Führung und Leitung noch einmal neu draufzuschauen. Dazu regen mich die Fragen von Frau Bognitschar ebenso an wie der Austausch über ihre Erlebnisse“, erklärt Ordinariatsdirektorin Krump. Die Ressortleiterin hat sich zum zweiten Mal als Mentorin zur Verfügung gestellt und will sich für diese Aufgabe auch künftig bereithalten. Die Strukturen des Mentoring-Programms seien zwar immer gleich, aber jede Mentee habe eine andere Persönlichkeit. Insofern sei jedes Tandem ein neuer und spannender Prozess. „Wir haben leider das Pech, dass die Corona-Pandemie uns schon so lange beeinträchtigt. Persönliche Treffen wären natürlich angenehmer. Aber diese Situation birgt auch eine Chance: Man lernt, sich im beruflichen Kontext auf Situationen einzustellen, die nicht vorhersehbar waren“, sagt Dr. Sandra Krump.

Die Leiterin des Bildungsressorts ist sich sicher, dass sich die Struktur der Tandems bewährt hat. Allerdings wünscht sie sich für die Mentees eine besser planbare Perspektive. „Man sollte darüber nachdenken, wie der Arbeitgeber den Teilnehmerinnen konkrete Entwicklungsmöglichkeiten anbieten könnte“, betont Dr. Krump. Natürlich bedeute das nicht, dass eine Mentee sofort nach Beendigung des Programms Abteilungsleiterin werde. Aber eine mittelfristige Karriereperspektive wäre eine zusätzliche Motivation für Frauen, die sich für die Übernahme einer Führungsaufgabe zur Verfügung stellten.

Bis Juni 2022 arbeiten Mentorin und Mentee noch zusammen. Beide wünschen sich, dass die Abschlussveranstaltung mit allen Tandems nach Möglichkeit in Präsenz stattfinden kann. Das wäre ein „runder“ Schlusspunkt für eine Kooperation, die beide als bereichernd empfinden.
 
Ruth Lentner
Ruth Lentner, Fachreferentin im Bereich Strategische Personalgewinnung,
begleitet die Mentees im Verlauf des Programms.
Die nächste Auswahlrunde läuft bereits
Derweil läuft gerade die nächste Auswahlrunde für das Programm „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“, wie Ruth Lentner berichtet, die als Fachreferentin im Bereich Strategische Personalgewinnung daran beteiligt ist und später die Mentees im Verlauf des Programms begleitet. Auch 2022/23 werden wieder drei Frauen aus der Erzdiözese die Chance erhalten, am bundesweiten Programm teilzunehmen. „Die Bewerbungen übersteigen deutlich die Zahl der vorhandenen Plätze. Da haben wir die Qual der Wahl, weil wirklich viele beeindruckende Kompetenzen und Fähigkeiten bei den Bewerberinnen vorhanden sind“, erklärt Lentner.

Das Mentoring-Programm bewertet sie als sehr erfolgreich. Bisher hätten Frauen im Alter von Ende zwanzig bis Ende vierzig teilgenommen. Darunter sind Frauen mit und ohne Familie beziehungsweise Care-Aufgaben, die sich für eine Leitungsaufgabe interessieren. „Durch das Programm erreichen wir mehr Diversität in Bezug auf künftige Führungskräfte“, ist sich die Fachreferentin sicher. Erreicht werden Frauen in allen drei Feldern, in denen Beschäftigte der Erzdiözese arbeiten: in der Seelsorge, im Bereich Bildung/Beratung/Begleitung sowie in der Verwaltung.

Mehr Klarheit, mehr Selbstbewusstsein und konkrete Entwicklung
Die Absolventinnen hätten nach Abschluss des Programms nachweislich einen Zugewinn an Klarheit über ihre eigenen Entwicklungsschritte erhalten. Außerdem seien sie selbstbewusster, besser vernetzt und in der Organisation präsenter. Im Rückblick lässt sich feststellen, dass viele Frauen sich innerhalb einiger Jahre nach dem Mentoring-Programm auch weiterentwickeln können. Zwei Drittel der Frauen haben sich im Anschluss an das Programm beruflich verändert, etwa die Hälfte der Teilnehmerinnen hat eine erste Führungsposition übernommen.
 

Erfolgreiches Team Dr. Gabriele Rüttiger und Julia Mokry über ihre gemeinsame Zeit im Projekt „Frauen steigen auf – Kirche im Mentoring“ 2016/17

 
Rüttiger+Mokry
Dr. Gabriele Rüttiger (li.) und Julia Mokry gehörten 2016 und 2017 zu den Tandems des ersten Jahrgangs von „Frauen steigen auf – Kirche im Mentoring.
 
„Wir haben uns in zahlreichen Einzelgesprächen ausgetauscht“, erinnert sich Dr. Gabriele Rüttiger an die Zeit, als sie die Mentorin von Julia Mokry war. „Dabei ging es um die ganze Vielfalt von Themen, die bei einem Mentoringprogramm auftauchen können: von Fragen des Führungsstils bis hin zur Fähigkeit, im Urlaub oder am Wochenende auch einmal das Diensthandy ausschalten zu können.“

Dr. Gabriele Rüttiger ist seit Juli 2019 im Ruhestand. Sie und Julia Mokry gehörten 2016 und 2017 zu den Tandems der zweiten Gruppe des ersten Jahrgangs von „Frauen steigen auf – Kirche im Mentoring“. Von Dr. Rüttiger wollten gleich drei Frauen begleitet werden. Die damalige Leiterin des Ressorts Grundsatzfragen und Strategie entschied sich nach Vorgesprächen dann für Julia Mokry.

Die Theologin, die 2007 in den pastoralen Dienst ausgesandt wurde, hatte bis dahin in zwei Pfarrverbänden gearbeitet, und war zu diesem Zeitpunkt an der Katholischen Jugendstelle Freising tätig. Schließlich wurde sie Landjugendseelsorgerin für Bayern und Geistliche Verbandsleiterin der Katholische Landjugendbewegung Bayern. Fast zeitgleich erhielt sie die Zusage zum Mentoringprogramm. „Das hat mir sehr geholfen, denn ich hatte dort Personalverantwortung“, berichtet Julia Mokry. „Von den gemeinsamen Reflexionen damals kann ich heute noch zehren“, ist sich die 42-Jährige sicher.

Zum Beispiel beim Thema „Abgrenzung“: Julia Mokrys Mann ist ebenfalls Theologe. Beide sind auch Eltern. „Wenn wir zu Hause die Dienstgeräte nicht auch bewusst ausschalten, dann würden immer Fragen aus der Arbeit mit am Tisch sitzen. Im Mentoring-Projekt habe ich gelernt, dass es gesünder ist, sich Privaträume zu schaffen. Ohne Mentorin würde ich mich das vielleicht bis heute nicht trauen.“

Die eigene Position finden
Auch über Fragen der Personalführung hat sich Julia Mokry öfter mit Dr. Gabriele Rüttiger ausgetauscht. „Das war für mich enorm wichtig“, schildert die 42-Jährige diesen Aspekt des Programms. „Durch das Mentoring konnte ich Führung erlernen und habe mich dann auch getraut, Leitung wahrzunehmen“, ergänzt sie.

Seit November 2021 ist Mokry nun Leiterin der Abteilung „Ausbildung und Berufseinführung“ im Erzbischöflichen Ordinariat München. Dabei ist sie für die pastorale Ausbildung zuständig, aber auch für andere Berufe. Sie hat also den entscheidenden Schritt auf der Karriereleiter gemacht. „Im Rückblick kann ich sagen, dass das Mentoring ein sehr gutes Instrument ist, um die eigene Position zu finden: Was will ich in Zukunft tun? Welche Art von Leitung möchte ich?“, beschreibt sie ihren inneren Entwicklungsprozess.

Auch das Netzwerk, das sie im Bistum und bundesweit durch das Mentoring-Programm aufbauen konnte, möchte sie nicht missen. „In der Erzdiözese wurde im Rahmen des Projekts von Anfang an sehr gut gearbeitet“, ist sie sich sicher. Auf ihre gemeinsame Zeit schauen beide gerne zurück. Und sie sind sich einig: „Das hat damals einfach gepasst mit uns.“

Texte: Gabriele Riffert, freie Redakteurin, Februar 2022
 

„Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“

2014 beschloss die Deutsche Bischofskonferenz, den Anteil von Frauen in Führungspositionen innerhalb der katholischen Kirche auf mindestens 30 Prozent zu erhöhen. Dazu wurde unter anderem das Programm „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“ aufgelegt, das vom Hildegardisverein verantwortet wird und in Kooperation mit mehreren Bistümern konzipiert wurde. 2016 startete der erste Durchgang.

Die Erzdiözese beteiligt sich an diesem Programm seit dessen Beginn und ermöglicht pro Jahr jeweils drei Frauen diese Qualifikation. Seit 2019 erhält auch je eine Mentee des Hilfswerks Renovabis die Möglichkeit zum Cross-Mentoring durch eine Führungskraft der Erzdiözese. Im Juni startete die aktuelle, nunmehr sechste Kursphase.

Das Programm basiert auf drei mehrtägigen Seminaren zu Führungsthemen, der Begleitung durch erfahrene MentorInnen, Intervisionsgruppen der Mentees und nicht zuletzt auf der praktischen Ausarbeitung eines Projekts jeder Mentee. Im Jahr 2024 soll überprüft werden, wie sich der Anteil an weiblichen Führungskräften in der Kirche entwickelt hat. Weitere Informationen bietet die Webseite https://www.kirche-im-mentoring.de