„Die Welt ist ein Geschenk Gottes. Gehen wir gut damit um!“ In Ostermünchen gestalteten Grund- und Mittelschüler einen „Schöpfungsweg“ – und lernten praxisnah, Verantwortung für die Natur zu übernehmen

Dichtgedrängt umringen die Schülerinnen und Schüler der Klasse 4a das Diorama im halbdunklen Kelleraufgang der Schule. Gebannt lauschen sie den Worten des Lehrers, lesen die von anderen Schülern angeklebten Sätze am Holzkasten vor und schalten die selbstgebaute Lampe aus dem Technikunterricht ein. Sie stehen an der ersten Station des „Schöpfungsweg“-Projekts. Tag 1: Dunkelheit und Licht. „Wir kennen viele Momente, die uns traurig stimmen“, sagt Religionslehrer Martin Schmölz zu seiner Klasse. „Aber Gott sprach: ‚Es werde Licht‘ – und schenkte uns die Liebe und die Freude!“ Weiter geht es zur nächsten Station im Garten der Fritz-Schäffer-Grund- und Mittelschule in Ostermünchen.      
 
Religionslehrer Schmölz im Gespräch mit seinen Schülerinnen und Schülern
Religionslehrer Martin Schmölz hat mit seinen Schülern an der Grund- und Mittelschule in Ostermünchen einen Schöpfungsweg gestaltet. An den einzelnen Stationen versucht er, ihnen die Schönheit der Schöpfung Gottes zu vermitteln.
 
„Vor einem Jahr hatte ich die Idee, einen Schöpfungsweg von der Schule zur nahe gelegenen Kirche in Ostermünchen anzulegen, mit sieben mobilen Stationen, die von allen Schülerinnen und Schülern gestaltet und zurückgelegt werden“, erzählt Martin Schmölz, der seit neun Jahren in Ostermünchen Religion unterrichtet.

Nachhaltigkeit als wichtiges Bildungsziel im Fach Religion  

Der Impuls dazu kam aus der Abteilung Religionsunterricht an Grund-, Mittel- und Förderschule im Bildungsressort des Erzbischöflichen Ordinariats München. Sie hatte die Religionslehrkräfte in der Erzdiözese dazu angeregt, an ihren Schulen das aktuelle, eher abstrakte Thema „Schöpfungsverantwortung“ durch praxisnahe, nachhaltige Projekte mit Leben zu füllen. Als Motto für die Projektreihe wählte die Abteilung in Anlehnung an die gleichnamige Enzyklika von Papst Franziskus den Titel „Laudato Si“. Schon 2015 hatte der Heilige Vater in diesem Schreiben einen bewussten, sorgfältigen und enkelgerechten Umgang mit der Schöpfung eingefordert. Seitdem ist die Vermittlung von nachhaltiger Entwicklung ein wichtiges Bildungsziel im Fach Religion an allen Schulen im Bereich der Erzdiözese. Junge Menschen sollen sich im Unterricht mit der Schöpfung kreativ auseinandersetzen und im besten Fall selbst schöpferisch aktiv werden.
 
Religionslehrer Schmölz beim Gestalten des Dioramas im Unterricht
Die Kinder der Klasse 4a in Ostermünchen gestalten das Diorama nach ihren eigenen Vorstellungen. Ihr Lehrer Martin Schmölz hilft ihnen dabei.
Das Projekt „Schöpfungsweg“ in Ostermünchen zeigt eindrucksvoll, warum die Schule der ideale Ort dafür ist. Von der 1. bis zur 9. Klasse haben sich alle Schülerinnen und Schüler in den vergangenen Wochen fächer- und klassenübergreifend daran beteiligt. „Ich fand es klasse, dass die Kinder so viele Talente einbringen konnten“, so Schmölz.

Viel Persönliches beim Thema "Licht und Dunkelheit"

Die sieben Dioramen wurden im Werkunterricht gebaut. Im Religionsunterricht wurden die Inhalte der Schöpfungsgeschichte behandelt, im Fach Kunst wurde gemalt und gebastelt, in Deutsch über die Bedeutung der biblischen Vorlage für die heutige Zeit gesprochen. „Die erste Station ‚Licht und Dunkelheit‘ beispielsweise wurde von der 6. Klasse erarbeitet. „Da floss viel Persönliches ein: ‚Wo spürst du Licht und Dunkelheit in deinem Leben? Wann geht es dir gut, wann nicht?‘ Wir haben in der Klasse darüber gesprochen, dass zum Leben auch die dunklen Seiten gehören“, sagt Schmölz. Was sie denn traurig mache, fragt er im Kelleraufgang an diesem Tag die 4a. „Wenn die Großeltern sterben“, antwortet eines der Mädchen, „wenn ich mich mit meiner Freundin gestritten habe“ ein anderes. Und worüber können sie sich freuen? „Wenn wir keine Hausaufgaben aufhaben“, sind sich die Kinder einig.
 
 
Das Bewusstsein für Umweltprobleme ist groß bei den Kindern 

Die Klasse 4a war für die 5. Station verantwortlich – Gott erschuf laut Schöpfungsbericht das Leben im Wasser und in der Luft. Die Kinder töpferten, malten und bastelten im Unterricht Schildkröten, Wale und Vögel – und stellten schnell die Verbindung zur heutigen Belastung der Meere her. „Sie wollten darüber sprechen, das war bei allen präsent“, betont der Religionslehrer. Wie Hannah aus Ostermünchen, die später mit ernster Miene in der Kirche sagen wird: „Wir alle wohnen auf dem gleichen Planeten, sind alle gleich wertvoll und müssen ihn schützen.“ Im Diorama ist daher auch viel Müll zu sehen, der den Lebensraum der Tiere beeinträchtigt. Auch in den Texten, welche die 6. Klasse beisteuerte, spielt Plastik eine große Rolle. Beim Ablaufen des Schöpfungswegs spricht Martin Schmölz über den „Riesenmüllteppich im Meer, so groß wie Mitteleuropa“.
 
Wertschätzung für die Natur und Schöpfung Gottes 

Das „Schöpfungsweg“-Projekt belege eindrucksvoll, so der Pädagoge, dass die junge Generation die Schönheit von Gottes Werk nicht mehr ohne die Schattenseiten bewundern könne. „Ich wollte aber nicht, dass wir uns in der Kritik verlieren, wir Menschen machen alles nur kaputt“, stellt er im Gespräch im Anschluss klar. „Das ist mir zu einseitig und negativ. Wir haben hier an der Schule beste Voraussetzungen – einen schönen Garten, eigene Hühner, blühende Wiesen. Ich möchte meinen Schülerinnen und Schülern vermitteln, dass sie die Natur wertschätzen sollen. Nur dann sind sie bereit, ihre Schönheit zu schützen und zu bewahren.“ Weiter führt er aus: „Als Religionslehrer sehe ich die Schöpfung als Ganzes. Für mich als Theologen ist sie ein Geschenk Gottes. Entscheidend ist, dass wir uns darüber im Klaren sind, was uns geschenkt wurde – und gut damit umgehen!“
 
„Keiner ist wie du. Alle sind verschieden!“

Jede Station setzt andere Schwerpunkte. Über dem Diorama des 6. Schöpfungstages – der Erschaffung aller Lebewesen auf dem Land – steht  in großen Buchstaben geschrieben: „Keiner ist wie du. Alle sind verschieden.“ Die Kinder der 4a sprechen an diesem Tag über die Vielfalt des Lebens und der unterschiedlichen Lebensweisen auf Erden. In der Station sind zahlreiche Tiere aus Ton, Papier oder Plastik aufgebaut, eines nach dem anderen zählen die Kinder auf. Martin Schmölz weist auf ihr unterschiedliches Aussehen hin. Und dass sie unterschiedliche Stärken und Schwächen haben. „Wir alle sind Kinder Gottes und von ihm gewollt“, versichert er den Kindern. Diese urchristliche Botschaft kommt an diesem Tag gut an. Lachend und feixend machen sie sich auf zur nahe gelegenen St. Laurentius-Kirche, zur siebten und letzten Station des Schöpfungswegs.
 
In der Kirche zur Ruhe kommen 
Religionslehrer Schmölz auf der 7. Station des Schöpfungswegs in der Kirche
In der Kirche spricht Religionslehrer Martin Schmölz mit den Kindern über den siebten Tag, der zum Ausruhen gedacht ist, zum Entspannen und Herunterkommen von der Hektik des Alltags.
 
Im kühlen Innenraum ist an diesem Vormittag sanfte Musik vom Band zu hören, vor dem Altar bilden große Buchstaben aus Papier die Worte „Entspann‘ dich“. Die Kinder nehmen in den Kirchenbänken Platz und schauen auf ein eher schlichtes Diorama mit einer Puppe in der Hängematte. Martin Schmölz spricht mit den Kindern über den siebten Tag, der zum Ausruhen gedacht sei, zum Entspannen und „Herunterkommen“ von der Hektik des Alltags. Er fragt sie, wann und wie sie Ruhe finden. „Wenn ich meine Freundinnen treffe“, sagen sie, „beim Musikhören“, „wenn ich allein zu Hause bin“. Anschließend sollen sie zwei Minuten lang in sich gehen und zur Ruhe kommen. Das Erstaunliche ist: Selbst die drei Jungs, die zuvor immer wieder vom Lehrer ermahnt werden mussten, halten sich in der Kirche daran. Bevor es zurück zum Unterricht geht, erinnert Martin Schmölz die Klasse noch einmal an das Geschenk Gottes und die damit verbundene Aufgabe: „Wichtig ist, dass ihr alle mithelft und die Welt ein bisschen besser macht.“
 
Text und Fotos: Christian Horwedel, Freier Redakteur, Juli 2023
 

 

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