"Bei uns berühren sich Himmel und Erde" lautet der Titel des neuen Profils für die Kindertageseinrichtungen in der Erzdiözese. Vier Protagonisten, die dieses Profil entwickelt haben und nun damit arbeiten, erzählen im Interview, welche Wirkungen das Profil für Kinder, Eltern und Erzieher:innen zeitigt.
Von links: Lukas Jaeger, Anna Rieß-Gschlößl, Christine Schwarz und Michael Kulhanek
Zum Interview über das neue Profil versammelten sich Anna Rieß-Gschlößl und Lukas Jaeger von der Fachstelle Religionspädagogik im Elementarbereich, Christine Schwarz, Leiterin des Katholischen Kindergartens St. Leonard in München-Menzing, und Michael Kuhlanek, Verwaltungsleiter für Kindertagesstätten im Erzbistum.
Online-Redaktion: Frau Schwarz, wann haben Sie als Kita-Leiterin zum ersten Mal mitbekommen, dass ein neues Profil für die Kindertageseinrichtungen entwickelt wird?
Christine Schwarz: 2019 hörte ich davon, dass da etwas entstehen soll, und habe dann an der dazugehörigen Umfrage teilgenommen. Ich war sehr gespannt, was daraus werden würde, habe das Thema allerdings durch die Corona-Wirren aus den Augen verloren. Von einer ganz anderen Seite kam es wieder an mich heran: Ich gebe auch Seminare im Caritas-Institut für Bildung und Entwicklung für Erzieherinnen und Erzieher. Dort sollte ein Seminar zum Kita-Profil gehalten werden, nachdem es fertig gestellt worden war und in die Breite getragen werden sollte. Dadurch konnte ich es als eine der Ersten mit in die Praxis nehmen.
Online-Redaktion: Ging die Umfrage damals an alle Kita-Leitungen im Erzbistum?
Anna Rieß-Gschlößl: Ja, aber die Leitungen waren aufgefordert, die Umfragen auch mit ihren Teams zusammen zu bearbeiten. Das war uns sehr wichtig, um den Ist-Stand vor Ort genau erfassen zu können: Wie wird ein christliches Haus heute in der Fläche gelebt? Dazu haben wir auch die Kinder mit Hilfe der von uns entwickelten Einheit „Mein schönster Augenblick“ miteinbezogen, in denen sie äußern konnten, was ihnen an ihrer Kita besonders wichtig ist.
Mappe mit dem Kita-Profil "Bei uns berühren sich Himmel und Erde"
Daneben befragten wir noch die Pastoralverantwortlichen vor Ort, die Seelsorge und die Weiterbildungsinstitute nach ihren Erwartungen für das Profil und berieten uns mit ihnen. Und es gab eine exemplarische Elternbefragung in einigen Kitas. Das durchzuführen und auszuwerten, war eine Heidenarbeit, aber notwendig, damit sich die Menschen, die Tag für Tag vor Ort arbeiten, in dem Kita-Profil wiederfinden.
Online-Redaktion: Hat das Profil auch für die Eltern eine Relevanz?
Anna Rieß-Gschlößl: Eltern suchen nach Orientierung in der Kita-Welt, in der man heutzutage alle möglichen Ausrichtungen für die Kita-Betreuung seiner Kinder bekommen kann. Und solche interessierte Eltern sehe ich durchaus auch als Zielgruppe. Daher haben wir extra einen Flyer entwickelt, der für Eltern mit den wichtigsten Punkten des Profils eine kleine Übersicht gibt.
Die Eltern orientieren sich doch viel besser, wenn wir Position beziehen und klar formulieren, wofür wir stehen. Unsere christlichen Werte und die Hintergründe der Bibel haben wir im Profil gut in eine heutige Sprache und in die heutige Lebenswelt der Menschen übersetzt. Je klarer die Dinge auf den Punkt gebracht sind, umso leichter ist es für Menschen, sich mit Kirche auseinander zu setzen.
Online-Redaktion: Herr Kulhanek, spielt das Profil für die Mitarbeitergewinnung eine Rolle?
Michael Kulhanek: Bei uns in den Verbünden und Einrichtungen auf jeden Fall. So ein Profil zieht sich wie ein roter Faden durch alle Ebenen. Auch wir als Arbeitgeber fragen uns, was uns als katholische Einrichtung ausmacht in der Kita-Landschaft. Wenn man die Mitarbeitenden fragte, dann waren bislang beliebte Standardantworten, dass wir im Morgenkreis beten oder die katholischen Feste feiern. Aber es ist ja so viel mehr als das. Wir können darstellen, was das Arbeiten in einer katholischen Kita besonders macht, was es zwischenmenschlich bedeutet und welche Zufriedenheit und Freude es bringt. Es hilft uns, wenn wir das in unsere Konzeptionen und Öffentlichkeitsarbeit einarbeiten.
Vier Profis, ein Ziel: "Das Profil stärkt Haltungen"
Christine Schwarz: Ich habe zwei Mitarbeiterinnen, die sich bewusst für uns entschieden haben – eine, die nach einigen Trägerwechseln den Beruf schon aufgeben wollte, und eine andere, die von einem privaten Träger gekommen ist. Beide sehen das Gemeinschaftliche und das Wertschätzende ebenfalls als die höchste Qualität an. Die Mitarbeiterinnen wissen genau, worauf sie sich einlassen und wo sie mitgehen können und wo nicht. Bei den Familien ist es so, dass sich ein muslimischer Vater bewusst für sein Kind für unsere Einrichtung entschieden hat, nachdem er auf einem Tag der offenen Tür den Flyer mit der Vorstellung des Profils mitgenommen hatte. Er hat uns gesagt, dass er möchte, dass sein Kind genauso mit den dort dargestellten Werten aufwächst.
Michael Kulhanek: Das kann ich nur unterstreichen. Das Geniale am Profil ist, dass so viel Katholisches drinsteckt und es trotzdem der Türöffner zu jeglicher Religion ist, weil dort Werte formuliert werden, die jede Religion so teilen kann. So haben wir unter anderem muslimische Familien in unseren Einrichtungen, die sich aufgrund dessen bewusst für uns entschieden haben.
Lukas Jaeger: Das Profil stärkt Haltungen, was ich gerade für die pädagogische Arbeit sehr wichtig finde. Es wirft vielleicht auch Fragen auf, über die man im Team diskutieren und für sich selbst klären kann, was dieser Rahmen konkret für die eigene Arbeit bedeutet und wie er vielleicht Dinge auch neu anstößt. Ein besonders wichtiges Anliegen von uns ist die Würdigung der Arbeit im christlichen Alltag vor Ort. Das Profil ruft dazu auf, ins Gespräch zu kommen, und das in einer Zeit, die sehr unruhig ist und bei der man das Gefühl hat, dass gemeinsame Gespräche über verschiedene Standpunkte schwierig geworden sind. Das Profil legt den Fokus auf das Verbindende. Das benötigen wir gerade auch für die Kitas. Wir brauchen Kita-Mitarbeitende, die zusammen an etwas Gutem arbeiten und Ideen haben, wo sie in aller Vielfalt hinwollen.
Christine Schwarz: Das Profil lässt dabei die Unterschiedlichkeit der Einrichtungen zu. Wir sind zum Beispiel ein Kita-Verbund mit fünf Einrichtungen und jeweils völlig unterschiedlichen und vielfältigen Konzepten. Die Kolleginnen finden es bereichernd, dass das Profil mit der christlichen Wertegrundhaltung den gemeinsamen Nenner bildet, in dem wir uns alle wiederfinden. Ich nehme es regelmäßig mit in die Teamsitzungen und nutze es als Impuls zu einzelnen Themen. Wir diskutieren, was die jeweiligen Punkte für uns bedeuten und wo es möglicherweise noch Entwicklungsbedarf gibt.
Online-Redaktion: Bleibt zum Schluss die Frage, was bei den Kindern ankommt…
Christine Schwarz: Es gibt einen Ordner mit vielen Praxisideen für Gesprächsimpulse, um mit den Kindern Themen aufzugreifen. Das fängt bei der Schöpfung an, wenn wir im Frühling in unserem Garten die Baumstämme umdrehen und die Käfer suchen und dann auf unserem Ratschbankerl ewig darüber philosophieren oder theologisieren, wie die Schöpfung und das Leben an sich sind.
Anna Rieß-Gschlößl: Wir haben versucht, die einzelnen Themenbereiche für die Kinder griffig zu machen. Zum Grundkonzept haben wir eine Einheit „Kleine Kreuze sind wir“ entwickelt, mit der man, ganz konkret am christlichen Menschenbild orientiert, eine religionspädagogische Einheit durchführen kann. Das zieht sich durch alle Themenfelder. Beim Kernthema „Visionen entwickeln“ können das zum Beispiel ein Gottesdienst, eine religionspädagogische Einheit oder pädagogische Einheit sein. Im Laufe das Jahres wird das zu jedem Thema erscheinen. Es ist uns sehr wichtig, dass die Kita-Mitarbeitenden mit diesen religionspädagogischen Materialien unkompliziert arbeiten können. Die Kita-Welt ist geprägt von Zeit- und Personalmangel. Es fehlen einfach die Ressourcen, selbst solch solche Materialien zu entwickeln. Daher stellen wir Impulse zur Verfügung, die einfach umsetzbar sind.
Fachstelle Religionspädagogik im Elementarbereich
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